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  BFH-Ergänzungsurteil vom 22.10.1991 (VIII R 81/87) BStBl. 1992 II S. 147

Die außergerichtlichen Kosten eines Beigeladenen sind nach § 139 Abs. 4 FGO aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei oder der Staatskasse aufzuerlegen, wenn der Beigeladene durch seinen Prozeßbevollmächtigten nicht nur die Zurückweisung der Revision beantragt, sondern auch erklärt, daß er auf mündliche Verhandlung verzichte.

FGO § 139 Abs. 4.

Vorinstanz: FG München

 

Mit Urteil vom 26. März 1991 hat der Senat die Revision des Beklagten und Revisionsklägers (Finanzamt - FA -) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) M zurückgewiesen. Die Kosten des Revisionsverfahrens sind dem FA auferlegt worden.

Für den Beigeladenen hatten im Revisionsverfahren die Rechtsanwälte W mit Schriftsatz vom 4. November 1987 beantragt, die Revision kostenpflichtig zurückzuweisen, und sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung bereit erklärt. Zur Begründung hatten sie lediglich vorgetragen: "Die Rechtsausführungen des Finanzamts M aus dem Schriftsatz vom 21. 09. 87 sind rechtlich unzutreffend. Zutreffend sind hier einzig und allein die Ausführungen im angefochtenen Urteil des Finanzgerichts."

Das Senatsurteil vom 26. März 1991 ist am 29. Juli 1991 mit eingeschriebenem Brief an die Prozeßbevollmächtigten des Beigeladenen abgesandt worden.

Mit Schriftsatz vom 2. August 1991 - beim Bundesfinanzhof (BFH) eingegangen am 5. August 1991 - beantragen die Prozeßbevollmächtigten des Beigeladenen, "das Urteil vom 26. März 1991 dahin zu ergänzen bzw. zu berücksichtigen, daß der Beklagte aus dem Revisionsverfahren auch zu tragen hat die Kosten des Beigeladenen".

Das FA vertritt demgegenüber den Standpunkt, daß es nicht der Billigkeit entspräche, die außergerichtlichen Kosten dem FA aufzuerlegen, weil der Beigeladene mit seinem Antrag auf Zurückweisung der Revision kein eigenes Kostenrisiko getragen habe. Er habe das Revisionsverfahren auch nicht wesentlich gefördert, da er sich lediglich den Ausführungen in dem angefochtenen FG-Urteil angeschlossen habe.

Die Voraussetzungen des § 109 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für eine Urteilsergänzung sind gegeben, weil in dem Senatsurteil vom 26. März 1991 nicht darüber entschieden worden ist, ob die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen erstattungsfähig sind (§ 139 Abs. 4 FGO).

Nach § 139 Abs. 4 FGO sind die außergerichtlichen Kosten des Beigeladenen nur dann erstattungsfähig, wenn das Gericht sie aus Billigkeitsgründen der unterliegenden Partei oder der Staatskasse auferlegt.

Dem FA ist darin zuzustimmen, daß der Beigeladene mit den Ausführungen in seinem Schriftsatz vom 4. November 1987 das Revisionsverfahren nicht wesentlich gefördert hat, was gegen eine Erstattungsfähigkeit aus Billigkeitsgründen spricht (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 2. Aufl., § 139 Anm. 34, m. w. N.).

Auch der Umstand, daß der Beigeladene die Zurückweisung der Revision beantragt hat, kann eine Kostenerstattung nach § 139 Abs. 4 FGO nicht rechtfertigen, weil der II. Senat des BFH in dem Beschluß vom 10. August 1988 II B 138/87 (BFHE 153, 519, BStBl II 1988, 842) entschieden hat, daß die eigene Antragstellung des Beigeladenen im Revisionsverfahren dann zu keiner Erstattungsfähigkeit der außergerichtlichen Kosten führt, wenn er dadurch kein eigenes Kostenrisiko i. S. des § 135 Abs. 3 FGO trägt. Ein solches Risiko trägt ein Beigeladener nach dem Urteil des II. Senats des BFH vom 23. Januar 1985 II R 2/83 (BFHE 143, 119, BStBl II 1985, 368) dann nicht, wenn er beantragt, die Revision zurückzuweisen, weil ein derartiger Formalantrag, der das Gericht nicht zu einer sonst nicht erforderlichen Entscheidung oder anderen gerichtlichen Maßnahme zwinge, nicht unter § 135 Abs. 3 FGO falle.

Die Voraussetzung "Billigkeit" i. S. des § 139 Abs. 4 FGO ist im Streitfall aber deshalb gegeben, weil der Beigeladene sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt hat. Ohne eine solche Entscheidung hätte nicht durch Urteil ohne mündliche Verhandlung entschieden werden können (§§ 121, 90 Abs. 2, 122 Abs. 1 FGO). Die Einverständniserklärung zur Entscheidung ohne mündliche Verhandlung kann ein Beigeladener im Revisionsverfahren nicht selbst, sondern nur durch eine nach Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs (BFHEntlG) vertretungsberechtigte Person abgeben, da es sich dabei um eine prozeßgestaltende Prozeßhandlung in der Form einer einseitigen Erklärung gegenüber dem Gericht handelt, die unter den Vertretungszwang des Art. 1 Nr. 1 BFHEntlG fällt (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 13. Aufl., § 90 FGO Anm. 3 und § 62 FGO Anm. 2).