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  BFH-Urteil vom 31.10.1991 (X R 9/91) BStBl. 1992 II S. 241

Die Steuerermäßigung nach § 34 f Abs. 2 EStG 1987 kann auch für ein Appartement in Anspruch genommen werden, das außerhalb des Ortes des Familienwohnsitzes belegen ist und das der Steuerpflichtige sowie ein dort studierendes Kind bewohnen.

EStG 1987 § 34 f Abs. 2, § 10 e Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und wurden im Streitjahr 1987 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie bewohnen zusammen mit ihren drei Kindern ein Einfamilienhaus in N, das als Familienwohnsitz dient.

Im Jahre 1987 erwarb der Kläger eine in K belegene, 30,84 qm große Eigentumswohnung. Die Kläger nutzten diese Eigentumswohnung "zu eigenen Wohnzwecken". Hierzu hat das Finanzgericht (FG) festgestellt: Der Kläger ist als Vorstand bzw. Geschäftsführer der V sowie der V-GmbH & Co. KG schwerpunktmäßig in D und K tätig. Seine regelmäßigen Dienstzeiten liegen je nach Schicht und Art der Tätigkeit zwischen 22.00, 04.00, 12.00 und 17.00 Uhr arbeitstäglich. Im Streitjahr fand sich der Kläger an zwei bis drei Tagen je Woche zu unregelmäßigen Tages- und Nachtzeiten in der Niederlassung seines Unternehmens ein und wohnte "an diesen Tagen häufig in dem Appartement in K". Die in K studierende Tochter R wohnte im Streitjahr ebenfalls in der Familienwohnung und im Appartement in K.

In der Steuererklärung für 1987 machten die Kläger einen Abzugsbetrag nach § 10 e Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1987 und die Steuerermäßigung für drei Kinder nach § 34 f Abs. 2 EStG i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung der steuerrechtlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums (WohneigFG) geltend. Dies lehnte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ab. Im Klageverfahren hat das FA unter Änderung des angefochtenen Bescheides die Steuervergünstigung des § 10 e EStG anerkannt.

Das FG hat der Klage stattgegeben und zur Begründung u. a. ausgeführt:

Entgegen der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) setze § 34 f Abs. 2 EStG 1987 nach seinem Wortlaut nicht voraus, daß ein begünstigtes Objekt geeignet und bestimmt sein müsse, den durch die Haushaltszugehörigkeit der Kinder erhöhten Wohnbedarf des Steuerpflichtigen zu befriedigen. Die Bestimmung enthalte weder direkt noch indirekt eine Aussage über den von ihr geförderten Wohnraum. Während § 34 f Abs. 1 EStG von einem zu eigenen Wohnzwecken genutzten "Objekt" spreche, erwähne § 34 f Abs. 2 Satz 1 EStG den geförderten Gegenstand nicht, sondern nehme Bezug auf die Voraussetzungen des § 10 e EStG bzw. § 15 b des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG). Aus dem Tatbestandsmerkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" in § 34 f Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG könne nicht auf Anforderungen an den subventionierten Wohnraum geschlossen werden. Dieses Tatbestandsmerkmal bezwecke, den weiter gefaßten Nutzungsbegriff des § 7 b EStG einzugrenzen. Auch das Tatbestandsmerkmal der Haushaltszugehörigkeit (§ 34 f Abs. 2 Satz 2 EStG) rechtfertige es nicht, den Anwendungsbereich der Bestimmung teleologisch einzuschränken; es diene lediglich dazu, den für die Gewährung des sog. Baukindergeldes maßgeblichen Begriff des "Kindes" zu erläutern. Die Zahl der Kinder habe lediglich die Bedeutung eines Multiplikators für die Berechnung der Höhe des Baukindergeldes. Diese Auslegung nach dem Wortlaut und dem Sinnzusammenhang werde durch die Gesetzesmaterialien bestätigt. Der Gesetzgeber habe bei Steuerpflichtigen mit zwei und mehr Kindern den Erwerb von Wohneigentum besonders fördern wollen (BTDrucks 9/796 S. 8 = BTDrucks 9/843 S. 10; Begründung zum WohneigFG BTDrucks 10/3633 S. 10; 10. Subventionsbericht der Bundesregierung BTDrucks 10/3821 S. 233). Den - hinsichtlich des Förderungsziels sehr allgemein formulierten - Materialien könne nichts dafür entnommen werden, daß der Gesetzgeber gerade den Erwerb von speziell auf die Bedürfnisse größerer Familien zugeschnittenem Wohnraum habe fördern wollen; insbesondere sei nirgendwo von einem "erhöhten Wohnbedarf" die Rede. Der Gesetzgeber habe nur allgemeine wohnungs- und familienpolitische Zwecke verfolgt. Auch ließen sich keine Maßstäbe dafür finden, von welcher Quadratmeterzahl an eine Wohnung dem Wohnbedarf entsprechend der jeweiligen Familiengröße genüge.

Jedenfalls trage die Eigentumswohnung in K ungeachtet ihrer Größe auch zur Deckung des Wohnbedarfs der ganzen Familie bei. Denn durch den Erwerb dieser Wohnung werde der Familienwohnsitz entlastet; während der Abwesenheit eines Familienmitgliedes stünde für die übrigen mehr Raum in der Familienwohnung zur Verfügung.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts. Das angefochtene Urteil weiche ab von den Entscheidungen des BFH vom 14. März 1989 IX R 45/88 (BFHE 157, 80, BStBl II 1989, 776), und vom 21. November 1989 IX R 327/87 (BFHE 159, 77, BStBl II 1990, 215). Darüber hinaus diene die Eigentumswohnung nicht dem durch die Anzahl der Familienmitglieder (5 Personen) erhöhten Wohnbedürfnis. Die Wohnung sei in erster Linie von der in K studierenden Tochter bewohnt worden. Daß für die Tochter im elterlichen Haus kein ausreichender Wohnraum zur Verfügung gestanden hätte, sei nicht vorgetragen worden und bei der Größe dieser Wohnung (ca. 204 qm) auch nicht ersichtlich. Die Kläger selbst hätten die Eigentumswohnung nur gelegentlich aus beruflichen Gründen genutzt. Eine gemeinsame Nutzung durch die Familie sei nicht gegeben und bei einer Wohnungsgröße von ca. 31 qm auch nur schwer vorstellbar; eine Nutzung durch die beiden anderen Kinder sei nicht einmal vorgetragen worden.

Das FA beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision zurückzuweisen.

Die Kläger haben den geänderten Bescheid vom 4. April 1991 zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. § 34 f EStG gewährt ausweislich seiner amtlichen Überschrift eine "Steuerermäßigung für Steuerpflichtige mit Kindern bei Inanspruchnahme erhöhter Absetzungen für Wohngebäude oder der Steuerbegünstigungen für eigengenutztes Wohneigentum".

Nach § 34 f Abs. 1 EStG (= § 34 f EStG in der vor 1987 geltenden Fassung) ermäßigt sich bei Steuerpflichtigen, die erhöhte Absetzungen nach § 7 b EStG oder § 15 BerlinFG in Anspruch nehmen, die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um je 600 DM für das zweite oder jedes weitere Kind des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten. Voraussetzung hierfür ist,

1. daß der Steuerpflichtige das Objekt, bei einem Zweifamilienhaus mindestens eine Wohnung, zu eigenen Wohnzwecken nutzt oder wegen des Wechsels des Arbeitsortes nicht zu eigenen Wohnzwecken nutzen kann, und

2. daß es sich einschließlich des ersten Kindes um Kinder i. S. des § 32 Abs. 1 bis 5 EStG handelt, die zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehören oder in dem für die erhöhten Absetzungen maßgebenden Begünstigungszeitraum gehört haben, wenn diese Zugehörigkeit auf Dauer angelegt war.

Nach dem hier einschlägigen § 34 f A b s. 2 EStG 1987 ermäßigt sich bei Steuerpflichtigen, die die Steuerbegünstigung nach § 10 e Abs. 1 bis 5 EStG oder nach § 15 b BerlinFG in Anspruch nehmen, die tarifliche Einkommensteuer auf Antrag um je 600 DM für jedes Kind des Steuerpflichtigen oder seines Ehegatten i. S. des § 32 Abs. 1 bis 5 EStG. Voraussetzung ist, daß das Kind zum Haushalt des Steuerpflichtigen gehört oder in dem für die Steuerbegünstigung maßgebenden Zeitraum gehört hat, wenn diese Zugehörigkeit auf Dauer angelegt ist oder war (§ 34 f Abs. 2 Satz 2 EStG).

2. Das FA hat den Klägern für das Appartement in K den Abzugsbetrag nach § 10 e EStG gewährt. Es geht also davon aus, daß die Kläger selbst die Wohnung - wenn auch als Zweitwohnung - nutzen und insofern die Voraussetzungen für die Grundförderung des § 10 e EStG erfüllen. Es kann dahingestellt bleiben, ob dies im Rahmen des § 34 f Abs. 2 Satz 1 EStG nachgeprüft werden kann. Denn das FG hat die Eigennutzung durch die Kläger in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise festgestellt.

Nach Auffassung des FA, das sich insoweit auf die Rechtsprechung des BFH zu § 34 f EStG i. d. F. vor dem WohneigFG stützt, soll aber die Anwendung des § 34 f EStG daran scheitern, daß die Wohnung nicht groß genug ist, den Wohnbedarf der Kläger und aller zum Haushalt gehörenden Kinder zu befriedigen. - Dem folgt der erkennende Senat nicht.

3. Der IX. Senat des BFH hat in seinem Urteil in BFHE 157, 80, BStBl II 1989, 776 die u. a. in Abschn. 213 a Abs. 3 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) 1984 vertretene Auffassung zurückgewiesen, aus dem Tatbestandsmerkmal der Haushaltszugehörigkeit der Kinder folge, daß das zu eigenen Zwecken genutzte Haus den Mittelpunkt der Lebensinteressen (Familienwohnsitz) bilden müsse. Bei dieser Gelegenheit hat er - beiläufig - bemerkt, das Merkmal der Haushaltszugehörigkeit bringe lediglich zum Ausdruck, daß ein durch Kinder bedingter erhöhter Wohnbedarf bestehen müsse; denn Haushaltszugehörigkeit bedeute, daß das Kind bei einheitlicher Wirtschaftsführung unter Leitung des Steuerpflichtigen dessen Wohnung teile oder sich mit Einwilligung des Steuerpflichtigen vorübergehend außerhalb der Wohnung aufhalte. Da es entscheidend "auf den durch die Haushaltszugehörigkeit der Kinder erhöhten Wohnbedarf" ankomme, sei ein Objekt begünstigt, "wenn es geeignet ist, diesen Wohnbedarf .... zu befriedigen" (ebenso BFH-Urteil vom 21. November 1989 IX R 56/88, BFHE 159, 146, 149, BStBl II 1990, 216). Nach der sich hieran anschließenden BFH-Rechtsprechung kann die Steuervergünstigung nicht gewährt werden für eine Wohnung,

- die der Steuerpflichtige selbst im Rahmen der doppelten Haushaltsführung am Arbeitsort allein nutzt (BFH-Urteil vom 14. März 1989 IX R 43/88, BFHE 157, 353, BStBl II 1989, 829). Eine solche Wohnung sei kein nach § 34 f EStG begünstigtes Objekt, da sie nicht dazu diene, auch den Wohnbedarf der Kinder des Steuerpflichtigen zu decken;

- die ein Kind des Steuerpflichtigen am Studienort nutzt (Urteil in BFHE 159, 77, BStBl II 1990, 215). Hierfür war die Erwägung maßgebend, daß diese Wohnung nicht der Deckung des "durch die Haushaltszugehörigkeit aller berücksichtigungsfähigen Kinder" bedingten erhöhten Wohnbedarfs diene. Der vom Gesetz verfolgte Zweck werde nicht dadurch erreicht, daß ein haushaltszugehöriges Kind getrennt von der übrigen Familie ein - im damaligen Streitfall nach § 7 b EStG - begünstigtes Objekt bewohne.

Nach dem Urteil in BFHE 157, 353, BStBl II 1989, 829 soll sich diese Auslegung zwar nicht unmittelbar aus dem Wortlaut des § 34 f EStG, jedoch aus dem im Urteil in BFHE 157, 80, BStBl II 1989, 776 dargelegten Sinnzusammenhang und dem Zweck der Steuerbegünstigung ergeben (ähnlich Urteil in BFHE 159, 77, 79, BStBl II 1990, 215).

4. Die Rechtsprechung des IX. Senats zur Auslegung des § 34 f EStG betrifft die Rechtslage v o r dem Veranlagungszeitraum 1987. Ab dem Veranlagungszeitraum 1987 ergibt sich aufgrund der Neuregelung der §§ 10 e, 34 f EStG durch das WohneigFG und der diesen Bestimmungen zugrunde liegenden Förderungszwecke eine neue Normsituation. § 34 f Abs. 2 EStG enthält kein (ungeschriebenes) Tatbestandsmerkmal des Inhalts, daß eine geförderte (Zweit-)Wohnung eine bestimmte Mindestgröße haben muß.

a) Maßgebend für die Auslegung der Vorschrift ist der in ihr zum Ausdruck kommende Wille des Gesetzgebers, so wie er sich aus dem Gesetzeswortlaut und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den diese hineingestellt ist. Bei mehreren (nach dem Wortsinn) möglichen Auslegungen ist diejenige maßgebend, die dem im Wortlaut des Gesetzes und in seinem Sinnzusammenhang ausgedrückten Gesetzeszweck entspricht (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1987 IV R 150/84, BFHE 150, 130, 132, BStBl II 1987, 670, m. w. N. der Rechtsprechung). Steuerbegünstigungsvorschriften sind unter sinnvoller Würdigung des mit ihnen verfolgten Zwecks auszulegen. Es darf einerseits kein durch das Gesetz nicht belegter Begünstigungstatbestand geschaffen werden. Andererseits ist es nicht zulässig, einen von mehreren nach den allgemeinen Regeln der Rechtsanwendung in Betracht kommenden Gesetzeszwecken außer acht zu lassen und dadurch den Anwendungsbereich der nach ihrem Wortlaut weiter gefaßten Norm einzuschränken.

Aus Art. 6 Abs. 2 des Grundgesetzes (GG) in Verbindung mit dem Sozialstaatsprinzip folgt eine allgemeine Pflicht des Staates zum Familienlastenausgleich, wenn auch nicht die Entscheidung darüber, in welchem Umfang und in welcher Weise ein solcher sozialer Ausgleich vorzunehmen ist (Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 29. Mai 1990 1 BvL 20/84, 1 BvL 26/84, 1 BvL 4/86, BVerfGE 82, 60, BStBl II 1990, 653, unter C.II.2 b). Erläßt aber der Gesetzgeber Vorschriften, die einen objektiv erkennbaren Bezug auch zur Familienförderung haben, kann der verfassungsrechtliche Gestaltungsauftrag an den Gesetzgeber gegen eine Auslegung sprechen, die eine im Gesetzeswortlaut nicht zum Ausdruck gekommene gegenständliche Einschränkung des Förderungszwecks unterstellt und die Familienförderung vernachlässigt.

b) Für die Auslegung des § 34 f EStG kommen - neben städtebau- und arbeitsmarktpolitischen Zielsetzungen - insbesondere zwei Gesetzeszwecke in Betracht: die Förderung des familiengerechten Wohnens im eigenen Wohneigentum und die Förderung der Bildung von Wohneigentum in der Hand solcher Steuerpflichtiger, deren steuerliche Leistungsfähigkeit durch die Belastung mit Unterhaltspflichten gegenüber Kindern gemindert ist.

§ 34 f EStG knüpft die steuerliche Förderung an die Tatbestände des § 7 b EStG und des § 10 e EStG. Die Förderung der Vermögensbildung durch steuerrechtliche Begünstigungen war und ist - neben der Förderung des Wohnens im eigenen Haus - ein Hauptzweck des § 7 b EStG (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, Kommentar, 5. Aufl., § 7 b Anm. 2). § 10 e EStG führt die vermögens- und eigentumspolitische Förderung fort mit der Maßgabe, daß "die bisher allgemein auf das Wohneigentum ausgerichtete Förderung .... auf das selbstgenutzte Wohneigentum konzentriert und aufgestockt werden" soll (BTDrucks 10/3633 S. 1, 10; Beschlußempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, BTDrucks 10/5208 S. 1). "Ziel der Neuregelung" durch das WohneigFG war es, durch eine wirksamere und verstärkt familienausgerichtete Gestaltung der bisherigen Förderung die Voraussetzungen dafür zu schaffen, "daß möglichst viele Bürger, vor allem auch Familien mit Kindern, Wohneigentum erwerben können" (BTDrucks 10/3633 S. 10; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 10 e EStG Anm. 8).

§ 34 f EStG war bereits im Jahre 1981 konzipiert als "Kinderkomponente" zur Förderung nach § 7 b EStG. Nach der - insoweit neutral formulierten - Regierungsbegründung zum Entwurf eines § 34 f EStG 1981 war mit dieser Vorschrift bezweckt, die steuerrechtlichen Regeln für den Baubereich - insbesondere für den privaten Wohnungsbau - wirksamer zu gestalten, um die private Bautätigkeit zu stärken und die Baunachfrage zu beleben. Durch die Einführung der Steuerermäßigung des § 34 f EStG 1981 sollten Steuerpflichtige mit zwei oder mehr Kindern einen zusätzlichen Anreiz zum Erwerb von Wohnungseigentum erhalten (BTDrucks 9/843 S. 10). Der IX. Senat des BFH entnimmt diesen Materialien die Absicht, Familien mit Kindern "im Hinblick auf ihren erhöhten Wohnbedarf" einen Anreiz zur Schaffung von Wohneigentum zu geben (Urteil in BFHE 157, 80, 82, BStBl II 1989, 776). Andererseits führt er in seinem Urteil in BFHE 159, 146, 150, BStBl II 1990, 216 aus, § 34 f EStG solle - wie alle übrigen kindbedingten Steuervergünstigungen - der durch den Unterhalt der Kinder eingeschränkten wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen Rechnung tragen.

Ab dem Veranlagungszeitraum 1987 wurde die Neuregelung der steuerrechtlichen Förderung des selbstgenutzten Wohneigentums ergänzt durch eine verbesserte "Kinderkomponente": In die Förderung wurden auch Familien mit einem Kind einbezogen, weil eine Förderung erst ab dem zweiten Kind nicht mit dem Ziel in Einklang stehe, Familien allgemein den Zugang zum Wohneigentum zu erleichtern (BTDrucks 10/3633 S. 10).

c) Diese vom Gesetzgeber beabsichtigte Verallgemeinerung des Förderungszweckes läßt die vom FA vertretene, den Gesetzeswortlaut einschränkende Auslegung des § 34 f Abs. 2 EStG nicht zu. Der in der Neuregelung ab 1987 allgemeiner definierte vermögens- und familienpolitische Förderungszweck wird auch dann erreicht, wenn die Zweitwohnung nach Größe und Zuschnitt nicht geeignet ist, dem Steuerpflichtigen als Familienwohnung zu dienen. Die Annahme, nur eine ausreichend große Zweitwohnung werde gefördert, würde zu dem sozial unausgewogenen Ergebnis führen, daß gerade kinderreichen Familien erschwert würde, ein gefördertes Objekt zu erwerben. Darüber hinaus gäbe es keinen Maßstab, eine "ausreichende" Wohnungsgröße zu bestimmen. Es muß der Entscheidung des Steuerpflichtigen und seiner Familie überlassen bleiben, ob sie - z. B. in einer Zweitwohnung - auf engerem Raum "zusammenrücken".

Dessenungeachtet besteht in Fällen wie dem vorliegenden ein tatsächlich - und zwar am Studienort - "durch zum Haushalt gehörende Kinder erhöhter Wohnbedarf".

d) Ergänzend ist darauf hinzuweisen, daß auch die Grundförderung nach § 10 e EStG keine Anforderungen an die Beschaffenheit des selbstgenutzten Wohneigentums stellt. Im Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens hatte der Ausschuß für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau den federführenden Finanzausschuß des Deutschen Bundestages gebeten,

"sorgfältig zu prüfen, ob der vorliegende Gesetzestext ausreicht, um eine mißbräuchliche Beanspruchung der Förderung für eine - in Wirklichkeit nicht selbstgenutzte - Zweitwohnung durch Ehegatten zu verhindern und ggf. für eine Klarstellung im Gesetz zu sorgen".

Hierzu hat der Finanzausschuß ausgeführt, daß der Wortlaut des - insoweit unverändert als Gesetz beschlossenen - Entwurfs eindeutig sei. Ob eine Wohnung trotz der Behauptung, sie sei zu eigenen Wohnzwecken genutzt, z. B. unentgeltlich überlassen wird, sei eine vom Finanzamt zu klärende Sachverhaltsfrage. Im übrigen sei es aus Verfassungsgründen geboten, jedem Ehegatten ein begünstigtes Objekt zuzugestehen. Eine Beschränkung auf nur eine selbstgenutzte Wohnung sei deshalb nicht zulässig. Ist hiernach denkbar, daß Eheleute ihren gemeinsamen Haushalt nach näherer Maßgabe des § 10 e Abs. 4 Satz 2 EStG in zwei Wohnungen führen, über deren Größe und Zuschnitt das Gesetz nichts vorschreibt, spricht wenig für die Annahme, daß der Gesetzgeber bei der "Kinderkomponente" eine bestimmte Beschaffenheit des geförderten Objekts voraussetzen wollte.

e) Der Senat verkennt nicht, daß hiernach solche Steuerpflichtigen Baukindergeld erhalten, die nicht widerleglich behaupten können, daß sie selbst in der vom Kind am Studienort genutzten Wohnung wohnen. Eine verfassungsrechtlich bedenkliche Unabgestimmtheit hierzu könnte bei der steuerrechtlichen Behandlung der Fälle bestehen, in denen ebenfalls ein durch die Unterhaltspflicht gegenüber - insbesondere in der Ausbildung befindlichen - Kindern verursachter Bedarf an Wohnraum besteht, die Förderung aber wegen der Anknüpfung an § 10 e EStG (Begriff der "Selbstnutzung") entfällt. Denn nach Auffassung des Bundesministers der Finanzen (Erlaß vom 25. Oktober 1990, BStBl I 1990, 626, Abschn. 10; Abschn. 213 a Abs. 3 Satz 5 EStR 1990) und nach in der Literatur herrschender Meinung (vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 10 e Anm. 99, § 34 f Anm. 34, jeweils m. w. N.) ist das im Rahmen des § 10 e EStG zu prüfende Tatbestandsmerkmal "Nutzung zu eigenen Wohnzwecken" nicht erfüllt, wenn ein Kind des Steuerpflichtigen eine Wohnung außerhalb des Familienwohnsitzes allein bewohnt. Demgegenüber hat der BFH in seinem Urteil in BFHE 159, 77, 79, BStBl II 1990, 215 dahingestellt sein lassen, ob die Nutzung einer Wohnung (allein) durch ein haushaltsangehöriges Kind eine Nutzung durch den Steuerpflichtigen selbst "zu eigenen Wohnzwecken" ist. Über diese Frage braucht auch hier nicht entschieden zu werden.