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BFH-Urteil vom 24.9.1991 (VIII R 349/83) BStBl. 1992 II S. 330

1. Ist ein Gewerbebetrieb (Einzelunternehmen) aufgrund eines Sachvermächtnisses an einen der Miterben oder einen Dritten (Vermächtnisnehmer) herauszugeben, so sind die nach dem Erbfall bis zur Erfüllung des Vermächtnisses erzielten gewerblichen Einkünfte grundsätzlich den Miterben als Mitunternehmern zuzurechnen.

2. Abweichend von diesem Grundsatz sind die zwischen Erbfall und Erfüllung des Vermächtnisses angefallenen Einkünfte dem Vermächtnisnehmer zuzurechnen, wenn dieser schon vor der Erfüllung des Vermächtnisses als Inhaber des Gewerbebetriebs (Unternehmer) anzusehen ist.

EStG § 15 Abs. 1; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1.

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist ein Neffe der am 3. März 1973 verstorbenen Frau A (Erblasserin). Die Erblasserin hatte am 16. Dezember 1966 ein privatschriftliches Testament errichtet, in dem sie die Beigeladenen zu 1 bis 8 als Erben einsetzte. Ein weiterer als Erbe eingesetzter Schwager ist vorverstorben. Hinsichtlich ihres auch am Todestag noch bestehenden Einzelhandelsgeschäfts, das unter der Firma A im Handelsregister des Amtsgerichts B eingetragen war, verfügte die Erblasserin folgendes:

"Mein Neffe Z, der in meinem Geschäft tätig ist und heute 23 Jahre alt ist, erhält als Vermächtnis meinen Geschäftsbetrieb (Kauf und Verkauf von ... sowie eine Reparaturwerkstatt mit allen Aktiven, vollständige Geschäftseinrichtung, sämtliche Waren, Bankkonten und Passiven wie am Todestag vorhanden) an dem Tag, an dem er die Meisterprüfung ablegt und das 32. Lebensjahr vollendet hat, ohne Entgelt.

Unter den gleichen Voraussetzungen erhält mein Neffe Z das Recht, das Geschäftsgrundstück F-Straße zum Verkehrswert zu übernehmen, also gegen Entgelt. Macht mein Neffe Z nicht die Meisterprüfung oder besteht er die Prüfung nicht bis zur Vollendung des 30. Lebensjahres, so entfallen die Vermächtnisse.

Der bis zum Tag der Wirksamkeit der Vermächtnisse anfallende Gewinn des Geschäftsbetriebs wird wie folgt verteilt:

Eheleute C, die beide im Geschäft

tätig sind, erhalten                                        35 v.H.

Z erhält                                                        15 v.H.

Die restlichen 50 v. H. des Gewinns werden auf ein Sonderkonto eingezahlt, das mein Neffe Z im Augenblick der Wirksamkeit der Vermächtnisse ausgezahlt erhält. Dieses Guthaben soll ihm als Grundlage zum Erwerb des Geschäftshauses F-Straße in B dienen.

Für den Fall, daß die dem Neffen ausgesetzten Vermächtnisse entfallen, erhalten diese Werte und das angesammelte Guthaben (50 v. H. des Gewinns aus dem Geschäftsbetrieb) die unter 1 genannten Erben anteilig."

In dem Testament wurde außerdem Testamentsvollstreckung angeordnet.

Bereits vor ihrem Tode war die Erblasserin geistig nicht mehr in der Lage, das Einzelhandelsgeschäft selbst zu führen. Für sie wurde ein Pfleger bestellt. Dieser erteilte dem Kläger Prokura. Aufgrund der Prokura wurde der Kläger, der schon vor dem Tod der Erblasserin seine Meisterprüfung abgelegt hatte, bis zu ihrem Ableben wie ein Geschäftsführer tätig.

Nach dem Tod der Erblasserin wurde das Einzelhandelsgeschäft durch den Kläger als Prokuristen fortgeführt. Im Handelsregister wurde der Zusatz Firma A Erbengemeinschaft eingetragen.

Die Gewinne des Unternehmens wurden für die Zeit vom 1. Januar bis 3. März 1973 und vom 4. März bis 31. Dezember 1973 nach §§ 4 Abs. 1, 5 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelt. In der Gewinnermittlung ab dem 4. März 1973 wurden die Kapitalkonten der Erblasserin unverändert fortgeführt.

Die Gewinne 1973 bis 1975 wurden den Kapitalkonten hinzugerechnet, jedoch nicht auf ein besonderes Bankkonto überwiesen. Das Grundstück F-Straße wurde weiterhin als Betriebsvermögen bilanziert. Der Kläger zahlte an die Beigeladenen keine Miete. Am 14. September 1975 wurde eine Schlußbilanz erstellt. An diesem Tag soll das Einzelhandelsgeschäft auf den Kläger übertragen worden sein.

Kurz nach dem Tod der Erblasserin kam es zu Verhandlungen zwischen dem Kläger, dem Testamentsvollstrecker und den Beigeladenen, mit denen die Übertragung des Einzelunternehmens auf den Kläger mit Wirkung zum 3. März 1973 angestrebt wurde; es kam jedoch nicht zum Abschluß eines Vertrages.

Am 10. Februar 1976 wurde schließlich ein notariell beurkundeter Vertrag zwischen dem Kläger und dem Testamentvollstrecker abgeschlossen, in dem u. a. folgendes bestimmt ist:

I.

"Das Handelsgeschäft (Fa. A) wurde vom Todestag (3. 3. 1973) von den Erben als Mitunternehmern bis zum 14. September 1975 geführt. Bei der Gewinnermittlung ist für die von Herrn Z im Hause F-Straße genutzte Wohnung für die Zeit vom 1. 5. 1974 bis 14. 9. 1975 eine Monatsmiete von 400 DM zu berücksichtigen.

Von den Gewinnen in der Zeit vom 3. 3. 1973 bis 14. 9. 1975 erhalten:

a) die Erbengemeinschaft                                      50 v.H.

b) die Eheleute C für den

    gesamten Zeitraum pauschal                       20.000 DM.

Der danach verbleibende Gewinn wird Herrn Z als Tantieme zugewiesen. Lediglich der mit 20.000 DM pauschalierte Gewinnanteil der Eheleute C ist entnahmefähig und fällig. Der Gewinn der Erbengemeinschaft unterliegt der Thesaurierungspflicht bis auf den entnahmefähigen Gewinnanteil, der aus der Miete des Herrn Z herrührt.

II.

Dies vorausgeschickt überträgt der Erschienene zu A. mit Wirkung vom 14. 9. 1975 Herrn Z das Handelsgeschäft, das unter der Firma A ... von der Erblasserin betrieben wurde, mit allen Aktiven und Passiven ...

Die Übertragung mit Wirkung auf den 14. 9. 1975 beinhaltet auch, daß alle Gegenstände, die seit dem 3. 3. 1973 als Aktiva und Passiva bilanziert wurden, mit übertragen sind.

III.

Zur Erfüllung des Vermächtnisses überträgt der Erschienene zu A. weiterhin dem dies annehmenden Z den im Grundbuch von ... verzeichneten Grundbesitz ... F-Straße nebst aufstehenden Gebäuden und Grundstückszubehör, so wie er heute liegt und steht, zu Eigentum.

Der Testamentsvollstrecker erhält zur Verteilung gemäß testamentarischer Regelung DM 303.750,- ...".

Der Testamentsvollstrecker reichte beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) Feststellungserklärungen für den Zeitraum vom 4. März 1973 bis zum 14. Juli 1975 ein, in denen die Beigeladenen als Inhaber des Handelsgeschäfts behandelt wurden. Das FA erließ zunächst Feststellungsbescheide für die Jahre 1973 bis 1975 gegen die Beigeladenen, die es an den Testamentsvollstrecker adressierte. Diese Bescheide hob das FA aufgrund der Einsprüche einzelner Beigeladener auf.

Am 5. Juni 1981 erließ das FA Feststellungsbescheide für die Jahre 1973 bis 1975 gegenüber dem Kläger und der Beigeladenen zu 1. In diesen Bescheiden wurden die Gewinne wie folgt festgestellt und zugerechnet:

 

Gewinn

Kläger

Beigel. zu 1

 

DM

DM

DM

  

 

 

 

1973

64.550

57.850

6.700

1974

60.823

54.503

6.320

1975

67.127

60.147

6.960

Bei den Gewinnfeststellungen rechnete das FA die vom Kläger als Betriebsausgabe behandelten Geschäftsführergehälter den erklärten Gewinnen hinzu.

Gegen diese Bescheide legte der Kläger erfolglos Einspruch ein. Das Finanzgericht (FG) hat die Klage des Klägers gegen die Einspruchsentscheidung vom 30. September 1981 abgewiesen.

Mit seiner Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts (§ 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG).

Das FG habe dem Kläger die in den Streitjahren erzielten Gewinne zugerechnet, ohne zu prüfen, ob er den Betrieb in diesem Zeitraum selbst als (Mit-)Unternehmer geführt oder als Geschäftsführer für Rechnung der Erbengemeinschaft betrieben habe. Das FG habe damit gegen § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG verstoßen, da diese Vorschrift die einkommensteuerrechtliche Zurechnung von Gewinnanteilen nur für solche Personen vorsehe, die als Mitunternehmer anzusehen seien. Diese Voraussetzung sei in der Person des Klägers nicht erfüllt gewesen.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das angefochtene Urteil und die Einspruchsentscheidung aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide 1973 bis 1975 insoweit aufzuheben, als sie sich gegen ihn richten.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Die Beigeladenen zu 6 und 7 beantragen, die Revision zurückzuweisen. Die übrigen Beigeladenen haben sich nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Das FG hat im Ergebnis zutreffend entschieden, daß der Kläger durch die angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide nicht in seinen Rechten verletzt ist. Dem Kläger sind in den Streitjahren zu Recht Gewinnanteile in der festgestellten Höhe zugerechnet worden.

1. Dem angefochtenen Urteil liegt allerdings noch die Auffassung zugrunde, daß der Kläger als Vermächtnisnehmer das Betriebsvermögen der Erblasserin einkommensteuerrechtlich unmittelbar von der Erblasserin erwarb, ohne daß die Erben Zwischenerwerber geworden wären (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. August 1971 IV R 243/65, BFHE 103, 345, BStBl II 1972, 114; vom 7. März 1974 IV R 232/71, BFHE 112, 141, BStBl II 1974, 483, und vom 1. Juli 1982 IV R 152/79, BFHE 136, 244, BStBl II 1982, 646). Diese Rechtsprechung hat der Große Senat des BFH durch Beschluß vom 5. Juli 1990 GrS 2/89 (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837) aufgegeben. Nach Ergehen dieses Beschlusses ist einkommensteuerrechtlich - in Übereinstimmung mit dem Zivilrecht - davon auszugehen, daß ein ererbtes Einzelunternehmen zunächst gemeinschaftliches Vermögen (Gesamthandsvermögen) der Miterben wird. Die Erbengemeinschaft ist nach dem Erbfall Träger des Unternehmens. Daraus folgt für den Regelfall, daß den Miterben als Mitunternehmern die aus dem Unternehmen erzielten Gewinne entsprechend ihren Erbanteilen zuzurechnen sind, und zwar unabhängig davon, ob das Betriebsvermögen aufgrund testamentarischer Anordnung an einen der Miterben oder einen Dritten (Vermächtnisnehmer) herauszugeben ist (BFHE 161, 332, BStBl II 1990, 837; BFH-Urteil vom 7. Dezember 1990 X R 72/89, BFHE 163, 137, BStBl II 1991, 350). Der Vermächtnisnehmer erlangt mit dem Todesfall lediglich einen obligatorischen Anspruch gegen die Erben auf Herausgabe des Sachvermächtnisses (§ 2174 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -). Im Regelfall sind ihm deshalb die Einkünfte aus dem zugewendeten Vermögensgegenstand erst vom Zeitpunkt der Erfüllung des Vermächtnisses an zuzurechnen.

In einkommensteuerrechtlicher Hinsicht kann sich allerdings ergeben, daß dem Vermächtnisnehmer die Erträge des zugewendeten Vermögensgegenstandes schon vor diesem Zeitpunkt zuzurechnen sind, wenn er den Tatbestand der Einkunftserzielung verwirklicht hat.

Die Ergebnisse einer gewerblichen Betätigung werden dem Unternehmer oder Mitunternehmer als dem steuerlichen Träger des Unternehmens zugerechnet (BFH-Beschluß vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10). Für die subjektive Zurechnung der Einkünfte aus einem Gewerbebetrieb kommt es nicht darauf an, wer als Träger des Unternehmens im Handelsregister eingetragen ist (L. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 10. Aufl., § 15 Anm. 31 d). (Mit-)Unternehmer i. S. des § 15 EStG ist, wer (Mit-)Unternehmerinitiative entfalten kann und (Mit-)Unternehmerrisiko trägt (BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 440, BStBl II 1984, 705, 769), d. h. diejenige Person, nach deren Willen und auf deren Rechnung und Gefahr das Unternehmen in der Weise geführt wird, daß sich der Erfolg oder Mißerfolg der gewerblichen Betätigung in ihrem Vermögen unmittelbar niederschlägt (BFH-Beschluß vom 2. September 1985 IV B 51/85, BFHE 144, 432, BStBl II 1986, 10; Urteil vom 27. September 1988 VIII R 193/83, BFHE 154, 525, BStBl II 1989, 414).

Im Regelfall ist die Vermögensmehrung oder Vermögensminderung als Ergebnis des Betriebsvermögensvergleichs (§ 4 Abs. 1 EStG) und Ausdruck des Unternehmerrisikos dem wirtschaftlichen Eigentümer der dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter zuzurechnen (zu den Ausnahmen in den Fällen der Betriebsüberlassung aufgrund eines Nutzungsrechts etc. vgl. L. Schmidt, a. a. O., § 15 Anm. 31 b). Im allgemeinen stimmen wirtschaftliches und rechtliches Eigentum überein. Eine vom Zivilrecht abweichende Zurechnung ist jedoch dann geboten, wenn das wirtschaftliche Eigentum (§ 39 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 -) einem anderen als dem zivilrechtlichen Eigentümer zusteht (vgl. BFH-Urteil vom 16. Mai 1989 VIII R 196/84, BFHE 157, 508, BStBl II 1989, 877). Das ist der Fall, wenn ein anderer als der zivilrechtliche Eigentümer die tatsächliche Sachherrschaft über ein Wirtschaftsgut in der Weise ausübt, daß er den zivilrechtlichen Eigentümer im Regelfall für die gewöhnliche Nutzungsdauer wirtschaftlich von der Einwirkung auf das Wirtschaftsgut ausschließen kann (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteile vom 5. Mai 1983 IV R 43/80, BFHE 139, 36, BStBl II 1983, 631, und vom 27. September 1988 VIII R 193/83, BFHE 154, 525, BStBl II 1989, 414, m. w. N.).

2. Im Streitfall ergeben die tatsächlichen Feststellungen des FG, daß der Kläger schon vor der Erfüllung des Sachvermächtnisses die wirtschaftliche Sachherrschaft über das zum Nachlaß gehörige Einzelunternehmen in der Weise ausgeübt hat, daß er die Erbengemeinschaft auf Dauer von der Einwirkung auf den Betrieb wirtschaftlich ausschließen konnte. Der Kläger hat das Unternehmen in den Streitjahren nicht im wirtschaftlichen Interesse (für Rechnung) der Erben, sondern auf eigene Rechnung und Gefahr geführt. Er hatte das Unternehmen vom Zeitpunkt des Erbfalls an in seinem Besitz und konnte (zusammen mit den Eheleuten C) den gesamten Ertrag des Betriebs beanspruchen. Ihm allein kam die Chance einer Wertsteigerung des Betriebsvermögens (mit Ausnahme des Grundstücks F-Straße) im Zeitraum zwischen Erbfall und Erfüllung des Sachvermächtnisses zugute; er trug auch das Risiko einer Wertminderung der vermachten Vermögensgegenstände.

Der tatsächlichen Sachherrschaft des Klägers steht nicht entgegen, daß der Anspruch auf Übertragung der Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens nicht schon mit dem Erbfall, sondern erst mit Eintritt des von der Erblasserin bestimmten Termins (14. September 1975) fällig geworden ist (vgl. § 2177 BGB). Denn der Kläger hatte schon vor der Erfüllung des Vermächtnisses ein Anwartschaftsrecht auf Übertragung der am Todestag vorhandenen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens (mit Ausnahme des Betriebsgrundstücks). Die im Testament verfügte aufschiebende Bedingung für die Vermächtnisse (erfolgreiche Ablegung der Meisterprüfung) hatte der Kläger im Zeitpunkt des Erbfalls bereits erfüllt; das Vermächtnis war zu diesem Zeitpunkt nur noch von der Vollendung des 32. Lebensjahres des Klägers abhängig. Zwar kann der Vermächtnisnehmer im Fall der Befristung des Vermächtnisses grundsätzlich erst mit Eintritt des angeordneten Termins die Früchte des vermachten Gegenstandes beanspruchen (§ 2184 BGB). Im Streitfall entsprach es jedoch dem Willen der Erblasserin, dem Kläger die Erträge des Betriebs schon vor diesem Zeitpunkt zukommen zu lassen, da sie zugunsten des Klägers neben dem (bedingten und befristeten) Sachvermächtnis ein (auflösend bedingtes) Gewinnvermächtnis angeordnet hatte. Dem Kläger standen danach schon vom Zeitpunkt des Erbfalls an 65 v. H. der Gewinne des Unternehmens zu. Dieser Gewinnanteil war allerdings nur in Höhe von 15 v. H. entnahmefähig; der verbleibende Gewinnanteil von 50 v. H. sollte auf einem Sonderkonto thesauriert und dem Kläger mit der Vollendung des 32. Lebensjahres ausgezahlt werden. Diese - ohnehin nur für einen kurzen Zeitraum verfügte - Entnahmebeschränkung schließt es nicht aus, dem Kläger auch die thesaurierten Gewinnanteile zuzurechnen.

Der Kläger war somit in den Streitjahren auf eigene Rechnung und Gefahr tätig; die Folgen seiner Tätigkeit trafen rechtlich und wirtschaftlich nicht die Erbengemeinschaft, sondern ihn persönlich. Die Erben hatten (mit Ausnahme der Beigeladenen zu 1) keinen Anspruch auf den Gewinn des Unternehmens; ihnen ist unstreitig auch tatsächlich kein Anteil am Gewinn zugeflossen. Der Kläger macht in diesem Zusammenhang zu Unrecht geltend, der Erbengemeinschaft sei der thesaurierte Gewinn wirtschaftlich insofern zugeflossen, als er - entsprechend dem Willen der Erblasserin - zum Erwerb des Betriebsgrundstücks verwendet worden sei. Für die Zurechnung von Einkünften ist jedoch allein entscheidend, wer den Tatbestand der Einkünfteerzielung verwirklicht hat. Dagegen ist unerheblich, wem die Erträge bei ihrer anschließenden Verwendung durch den Steuerpflichtigen zugeflossen sind.

Auch die Regelung im Vertrag vom 10. Februar 1976, nach der der Erbengemeinschaft 50 v. H. der seit dem Erbfall erzielten Gewinne zugewiesen werden, ist für die einkommensteuerrechtliche Zurechnung der Gewinne ohne Bedeutung. Durch bloße Willenserklärungen eines Steuerpflichtigen kann ein Steueranspruch gegen einen Dritten nicht begründet werden. Das FA hat deshalb zu Recht den Miterben (mit Ausnahme der Beigeladenen zu 1) keine Gewinnanteile zugerechnet. Auch der weitere Einwand des Klägers, er habe kein Unternehmerrisiko getragen, weil er für die Verbindlichkeiten des Unternehmens nicht persönlich gehaftet habe, greift nicht durch. Zwar ist es richtig, daß er von den Gläubigern des Betriebs für die Schulden des Unternehmens nicht hätte in Anspruch genommen werden können, da er im Außenverhältnis nur als Prokurist tätig geworden ist. Eine persönliche Haftung für die Betriebsschulden ist jedoch nicht zwingende Voraussetzung für die Annahme eines Unternehmerrisikos. Auch ein atypisch stiller Gesellschafter haftet nicht persönlich für die Verbindlichkeiten des Gewerbebetriebs (§ 335 Abs. 2 des Handelsgesetzbuches - HGB -); gleichwohl trägt er als Mitunternehmer ein Unternehmerrisiko (ständige Rechtsprechung, vgl. z. B. BFH-Urteil vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311).

Der Kläger hat in den Streitjahren auch Unternehmerinitiative entfaltet. Er hat vor und nach dem Erbfall die Geschäfte des Unternehmens geführt und dabei nach den Feststellungen des FG alle unternehmerischen Entscheidungen selbständig getroffen. Er ist dabei allerdings nach außen hin nicht im eigenen Namen tätig geworden, sondern aufgrund einer ihm erteilten Prokura, also aufgrund eines Anstellungsvertrages. Grundsätzlich wird die Tätigkeit eines angestellten Geschäftsführers dem oder den Vertretenen (hier also der Erbengemeinschaft) zugerechnet (BFHE 154, 525, 528, BStBl II 1989, 414). Im Streitfall besteht jedoch die Besonderheit, daß der Kläger aufgrund der ihm zugewendeten Vermächtnisse im wirtschaftlichen Eigeninteresse tätig geworden ist. Die in den Streitjahren erzielten Erträge standen nicht der Erbengemeinschaft, sondern ihm und den Eheleuten C zu. Der Kläger war auch durch die von der Erblasserin angeordnete Testamentsvollstreckung nicht an der Entfaltung von Unternehmerinitiative gehindert. Der Testamentsvollstrecker hat die letztwilligen Verfügungen des Erblassers zur Ausführung zu bringen (§ 2203 BGB) und den Nachlaß zu verwalten (§ 2205 BGB). Im Streitfall hatte er hinsichtlich des zum Nachlaß gehörigen Einzelunternehmens für die Erfüllung der im Testament ausgesetzten Vermächtnisse zu sorgen. Da die Erträge des Betriebs schon vor Eintritt des für die Erfüllung des Sachvermächtnisses bestimmten Termins dem Kläger und den Eheleuten C zustehen sollten und nach den gesamten Umständen des Streitfalls nicht zweifelhaft war, daß der Kläger die ausgesetzten Vermächtnisse annehmen wollte, hatte der Testamentsvollstrecker bei der Kontrolle der unternehmerischen Tätigkeit des Klägers vor allem dessen Interessen und die der Eheleute C wahrzunehmen. Aus den tatsächlichen Feststellungen des FG ergibt sich auch nicht, daß der Testamentsvollstrecker als Vertreter der Erbengemeinschaft unternehmerische Entscheidungen getroffen hat.

3. Das FA hat in den angefochtenen Feststellungsbescheiden neben dem Kläger auch die Beigeladene zu 1 als Mitunternehmer angesehen. Das FG hat diese Auffassung bestätigt. Nach Ansicht des Senats rechtfertigen die Feststellungen des FG nicht dessen Annahme, daß auch die Beigeladene zu 1 Mitunternehmer war. Der Umstand, daß die Beigeladene zu 1 und ihr Ehemann aufgrund des Vermächtnisses für den Zeitraum zwischen dem Erbfall und der Erfüllung des Sachvermächtnisses an den Gewinnen des Unternehmens zu beteiligen waren, reicht hierfür nicht aus. Grundsätzlich ist für ein Unternehmerrisiko neben der Beteiligung am Gewinn oder Verlust des Unternehmens auch eine Beteiligung an den stillen Reserven des Anlagevermögens erforderlich. Diese Voraussetzung war hinsichtlich der Beigeladenen zu 1 nicht erfüllt. Das FG hat auch nicht festgestellt, daß zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 1 ein Gesellschaftsverhältnis oder ein wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis bestand (vgl. zu diesem Erfordernis der Mitunternehmerschaft BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751). Der Kläger hätte deshalb als Alleinunternehmer des Betriebs behandelt werden müssen. Eine Aufhebung der Gewinnfeststellungsbescheide und des angefochtenen Urteils kommt jedoch nicht in Betracht, weil Streitgegenstand des anhängigen Verfahrens allein die Frage ist, ob der Kläger in den angefochtenen Bescheiden zu Recht als Mitunternehmer behandelt worden ist; soweit die Bescheide gegen die Beigeladene zu 1 als Mitunternehmerin ergangen sind, sind sie bestandskräftig geworden (§ 157 Abs. 2 AO 1977).

4. FA und FG habe es nicht beanstandet, daß das Grundstück F-Straße in den Bilanzen der Streitjahre ausgewiesen und die mit dem Grundstück zusammenhängenden Aufwendungen als Betriebsausgaben berücksichtigt wurden. Der Senat kann offenlassen, ob die vom FG festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Kläger schon vor Abschluß des Vertrages vom 10. Februar 1976 wirtschaftlicher Eigentümer dieses Grundstücks war. Selbst wenn diese Frage zu verneinen sein sollte, kommt insoweit eine Änderung der angefochtenen Gewinnfeststellungsbescheide zu Lasten des Klägers nicht in Betracht (§ 121 i. V. m. § 96 Abs. 1 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).