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  BFH-Urteil vom 4.12.1991 (I R 38/91) BStBl. 1992 II S. 548

Wird ein Steuerpflichtiger, der im Inland weder einen Wohnsitz noch seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, von seinem Dienst als Lehrer unter Fortfall seiner Bezüge beurlaubt und schließt er mit dem Träger einer deutschen Auslandsschule einen privatrechtlichen Dienstvertrag ab, so ist er nicht gemäß § 1 Abs. 2 EStG unbeschränkt steuerpflichtig.

EStG § 1 Abs. 2 und 3, § 26, § 26 b.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) waren im Streitjahr 1984 miteinander verheiratet. Beide Kläger waren als Lehrer an einer deutschen Schule in Griechenland tätig. Die Klägerin übte eine Aushilfstätigkeit an dieser Schule aus, für die sie ein Gehalt von umgerechnet knapp 7.500 DM erhielt. Außerdem hatten die Kläger im Streitjahr Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 755 DM.

Die Kläger beantragten beim Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -), sie als unbeschränkt Steuerpflichtige gemäß § 26 b des Einkommensteuergesetzes (EStG) zusammen zur Einkommensteuer 1984 zu veranlagen. Dies lehnte das FA durch Bescheid vom 14. Juli 1986 ab. Der hiergegen eingelegte Einspruch und die sich anschließende Klage blieben erfolglos.

Mit ihrer vom erkennenden Senat zugelassenen Revision rügen die Kläger sinngemäß die Verletzung des § 1 Abs. 3 EStG.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung, den ablehnenden Bescheid vom 14. Juli 1986 sowie die Einspruchsentscheidung vom 8. Dezember 1986 aufzuheben und das FA zu verpflichten, die Kläger gemäß § 26 b EStG zusammen zur Einkommensteuer 1984 zu veranlagen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 26 Abs. 1 Satz 1 EStG können nur Ehegatten, die beide unbeschränkt steuerpflichtig sind, unter weiteren Voraussetzungen zwischen der getrennten Veranlagung (§ 26 a EStG) und der Zusammenveranlagung (§ 26 b EStG) wählen. Im Streitfall besteht diese Wahlmöglichkeit nicht, weil beide Kläger im Streitjahr 1984 nicht unbeschränkt steuerpflichtig waren. Dies gilt unabhängig von der zwischen den Beteiligten streitigen Auslegung des § 1 Abs. 3 EStG.

2. Nach § 1 Abs. 1 EStG sind natürliche Personen unbeschränkt steuerpflichtig, wenn sie im Inland einen Wohnsitz oder ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts (FG), die den erkennenden Senat gemäß § 118 Abs. 2 FGO binden, hatten die Kläger im Streitjahr 1984 im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt. Damit scheidet die Anwendung des § 1 Abs. 1 EStG auf den Streitfall aus.

3. Nach § 1 Abs. 2 EStG sind auch deutsche Staatsangehörige unbeschränkt steuerpflichtig, die - wie die Kläger - im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthalt haben und die zu einer inländischen juristischen Person des öffentlichen Rechts in einem Dienstverhältnis stehen und dafür Arbeitslohn aus einer inländischen öffentlichen Kasse beziehen. Jedoch erfüllten die Kläger im Streitjahr 1984 auch diese Voraussetzungen nicht.

Zwar stand der Kläger damals in einem Dienstverhältnis zum Freistaat Bayern. Er war jedoch unter Fortfall seiner Dienstbezüge beurlaubt. Er hatte mit dem Schulträger in Griechenland einen eigenständigen privatrechtlichen Dienstvertrag abgeschlossen. Zwar wurde sein Gehalt von der Bundeskasse in Bonn als einer öffentlichen Kasse bezahlt. Das Gehalt wurde jedoch auf Grund des privatrechtlichen Dienstvertrages und nicht auf Grund des öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisses zum Freistaat Bayern bezahlt. Damit fehlt es in der Person des Klägers an den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG. Entsprechendes gilt für die Klägerin unabhängig davon, ob sie ebenfalls eine vom Landesdienst beurlaubte Lehrerin gewesen sein sollte.

Zwar hat das FG in tatsächlicher Hinsicht nicht ausdrücklich festgestellt, daß der Kläger damals ein vom Landesdienst beurlaubter Lehrer war und sein Gehalt auf Grund eines privatrechtlichen Dienstvertrages erhielt. Für den Senat ist diese Tatsache jedoch offenkundig, weil er aus anderen Parallelverfahren weiß (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 14. November 1986 VI R 209/82, BFHE 148, 460, BStBl II 1989, 351; vom 2. März 1988 I R 96/84, BFHE 153, 215, BStBl II 1988, 768), daß das Bundesverwaltungsamt in Köln die sog. Auslandslehrer stets nur nach vorheriger Beurlaubung im Landesdienst und auf Grund eines privatrechtlichen Vertrages mit dem ausländischen Schulträger ins Ausland entsendet.

4. Bei dieser Sachlage kommt eine Zusammenveranlagung der Kläger schon aus Gründen des § 1 Abs. 2 EStG nicht in Betracht. Nur vorsorglich verweist der Senat auf sein Urteil vom 19. Juni 1991 I R 37/90 (BFHE 165, 59, BStBl II 1991, 914). Danach ist der in § 1 Abs. 3 EStG verwendete Begriff "Einnahmen" nicht im Sinne von "Einkünften" zu verstehen.

5. Der Streitfall macht keine Entscheidung darüber erforderlich, ob vom Arbeitslohn der Kläger zu Recht Lohnsteuer einbehalten wurde. Diese Frage berührt einmal die Anwendung des § 49 Abs. 1 Nr. 4 EStG (vgl. dazu BFH in BFHE 148, 460, BStBl II 1989, 351) und zum anderen die des Art. X des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Königreich Griechenland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerverkürzung bei den Steuern vom Einkommen und vom Vermögen sowie bei der Gewerbesteuer vom 18. April 1966 - DBA-Griechenland - (BGBl II 1967, 852). Zu letzterer Problematik verweist der Senat auf sein Urteil vom 31. Juli 1991 I R 47/90 (BFHE 165, 392). Über die Fragen ist indes gegebenenfalls in einem eigenständigen Erstattungsverfahren zu entscheiden.