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  BFH-Urteil vom 22.1.1992 (I R 55/90) BStBl. 1992 II S. 550

Im Falle beschränkter Steuerpflicht nichtabzugsfähige Sonderausgaben sind auch dann nicht abzugsfähig, wenn sie von dem beschränkt steuerpflichtigen Erben eines unbeschränkt Steuerpflichtigen geleistet werden und Zeiträume betreffen, in denen der Erblasser noch lebte.

EStG § 50 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Köln

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist beschränkt steuerpflichtig. Sie hat ihren Wohnsitz in Argentinien. Sie erzielt aus verschiedenen Beteiligungen inländische Einkünfte. In der Einkommensteuererklärung 1980 machte sie bei den Sonderausgaben einen Betrag von 6.470 DM geltend. Hierbei handelt es sich um die anteilige Vermögensteuer 1968 bis 1973, die die Klägerin in ihrer Eigenschaft als Erbin ihres verstorbenen Vaters im Streitfall gezahlt hat. Der Vater war unbeschränkt steuerpflichtig.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) berücksichtigte diese Zahlung nicht, weil gemäß § 50 Abs. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die Vorschrift des § 10 EStG nur hinsichtlich der als Sonderausgaben abzugsfähigen Teile der Vermögensabgabe anzuwenden sei.

Nach erfolglosem Einspruch hat die Klägerin Klage erhoben. Mit ihr begehrte sie über den ursprünglich gestellten Antrag hinaus, die anteiligen Steuerberatungskosten von 1.127 DM, die sie ebenfalls für den verstorbenen Vater im Streitjahr gezahlt hat, bei den Sonderausgaben zu berücksichtigen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung der §§ 10, 50 EStG 1975 und des § 45 der Abgabenordnung (AO 1977).

Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und weitere 7.597 DM als Sonderausgaben zu berücksichtigen, hilfsweise, die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Bescheid geändert.

Die Klägerin hat beantragt, den Änderungsbescheid zum Gegenstand des anhängigen Verfahrens zu machen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Die Klage ist auch insoweit zulässig, als die Klägerin den Abzug von Sonderausgaben in Höhe von 1.127 DM im Schriftsatz vom 22. Mai 1984 begehrte, obwohl der Schriftsatz nach Ablauf der Klagefrist beim FG einging. Die Klägerin hat mit der Klage nicht eindeutig zu erkennen gegeben, daß sie von einem weitergehenden Klagebegehren absehen werde (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327).

Das FA hat bezüglich der von der Klägerin geltend gemachten Beträge zu Recht den Abzug als Sonderausgaben versagt.

Dem Sonderausgabenabzug bezüglich der Vermögensteuerzahlungen steht zwar nicht entgegen, daß nach der im Streitjahr gültigen Fassung des EStG Vermögensteuerzahlungen nicht als Sonderausgaben abgezogen werden können; denn die Vermögensteuer wurde für Kalenderjahre vor dem 1. Januar 1975 festgesetzt, womit gemäß § 52 Abs. 15 EStG 1975 die Vorschrift des § 10 Abs. 1 Nr. 5 EStG in der vor dem 1. Januar 1975 geltenden Fassung anzuwenden ist. Danach waren die Vermögensteuerzahlungen als Sonderausgaben abzuziehen.

Die Vermögensteuerzahlungen und die Steuerberatungskosten können im Streitfall nicht als Sonderausgaben abgezogen werden, weil die Klägerin im Streitjahr beschränkt steuerpflichtig war. Beschränkt Steuerpflichtige können Sonderausgaben grundsätzlich nicht vom Gesamtbetrag der Einkünfte abziehen (§ 50 Abs. 1 Satz 5 EStG). Die Voraussetzungen, unter denen Sonderausgaben auch bei beschränkt Steuerpflichtigen abgezogen werden können (vgl. § 50 Abs. 1 Satz 2 und 3 und Abs. 4 EStG), liegen nicht vor.

Die Klägerin kann sich nicht mit Erfolg darauf berufen, daß die Zahlungen Zeiträume betreffen, in denen ihr Vater unbeschränkt steuerpflichtig war.

Für die Abzugsfähigkeit von Sonderausgaben ist, soweit es sich nicht um den Verlustabzug gemäß § 10 d EStG handelt, der Zeitpunkt maßgebend, in dem sie geleistet werden. Entscheidend ist damit, ob die bei beschränkt Steuerpflichtigen nicht abzugsfähigen Sonderausgaben während der beschränkten Steuerpflicht geleistet wurden. Dies gilt auch dann, wenn sie Zeiträume betreffen, in denen der Steuerpflichtige unbeschränkt steuerpflichtig war. Umgekehrt sind während der unbeschränkten Steuerpflicht geleistete Sonderausgaben auch dann abzugsfähig, wenn sie Zeiträume betreffen, während derer der den Sonderausgabenabzug begehrende Steuerpflichtige beschränkt steuerpflichtig war. Dies ergibt sich aus § 2 Abs. 7 EStG, wonach Grundlage für die Festsetzung der Einkommensteuer das Kalenderjahr bzw. beim Wechsel zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht der Zeitraum der jeweiligen Einkommensteuerpflicht ist, und aus § 11 Abs. 2 EStG, wonach Ausgaben in dem Kalenderjahr abzuziehen sind, in dem sie geleistet werden. § 11 Abs. 2 EStG gilt auch für Sonderausgaben (BFH-Urteil vom 24. September 1985 IX R 2/80, BFHE 145, 507, BStBl II 1986, 284). Aus dem BFH-Urteil vom 28. März 1984 I R 129/79 (BFHE 141, 131, BStBl II 1984, 620) kann nicht hergeleitet werden, daß sich die Abzugsfähigkeit nach dem Zeitraum bemißt, für den die Sonderausgaben geleistet sind. In dem Urteil wurden Refinanzierungskosten auch insoweit als abzugsfähig anerkannt, als sie in einem Zeitraum anfielen, in dem eine zu inländischen Einkünften führende dingliche Sicherung nicht bestand. Dies beruhte auf einer Bejahung des wirtschaftlichen Zusammenhangs gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 EStG hinsichtlich der anfallenden Refinanzierungszinsen mit den zu inländischen Einkünften führenden Zinsen. Daraus kann jedoch nicht geschlossen werden, daß es für die Frage der Abzugsfähigkeit von Sonderausgaben auf die wirtschaftliche Zuordnung ankommt und nicht auf den Zeitpunkt der Leistung.

Der Senat muß nicht darüber entscheiden, ob die Grundsätze auch für den Verlustabzug gemäß § 10 d EStG gelten (vgl. hierzu die Nachweise bei Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 50 EStG Anm. 60). Anders als bei den übrigen Sonderausgaben, bei denen es auf den Zeitpunkt der Leistung ankommt, ist bei dem mehrere Veranlagungszeiträume erfassenden Verlustabzug gemäß § 10 d EStG nicht ohne weiteres klar, ob beim Wechsel zwischen unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht auf den Verlustentstehungszeitraum oder auf den Verlustabzugszeitraum abzustellen ist. Hält man den Verlustentstehungszeitraum für entscheidend, kommt die den Verlustabzug beschränkende Vorschrift des § 50 Abs. 1 Satz 3 EStG (wirtschaftlicher Zusammenhang mit inländischen Einkünften) zum Zuge, wenn der Verlust während des Zeitraums der beschränkten Steuerpflicht entstand.

Könnte die Klägerin die strittigen Beträge nicht als Sonderausgaben geltend machen, wenn sie einen Zeitraum beträfen, in dem sie selbst unbeschränkt steuerpflichtig war, kann sie die Beträge auch im Streitfall nicht als Sonderausgaben abziehen. Führt die Aufeinanderfolge von unbeschränkter und beschränkter Steuerpflicht bei ein und derselben Person nicht dazu, daß die während der Zeit der beschränkten Steuerpflicht geleisteten Beträge als Sonderausgaben abgezogen werden können, wenn sie Zeiträume betreffen, während derer die unbeschränkte Steuerpflicht bestand, gilt dies erst recht, wenn der Wechsel infolge eines Erbfalls eintritt. Aus dem Gesichtspunkt der Gesamtrechtsnachfolge kann die Klägerin nicht mehr Rechte ableiten, als ihr zustünden, wenn sie eine mit dem Erblasser identische Person gewesen wäre.

Der Senat kann in der Sache entscheiden, obwohl das FA während des Revisionsverfahrens den angefochtenen Bescheid geändert hat. Die Beteiligten haben übereinstimmend erklärt, daß über die Punkte hinaus, die Gegenstand des Revisionsverfahrens sind, keine anderen Punkte strittig sind.