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BFH-Urteil vom 21.11.1991 (V R 99/87) BStBl. 1992 II S. 637

1. Eine Publikumsgesellschaft, an der die Kapitalanleger nicht unmittelbar als Kommanditisten, sondern mittelbar über einen Treuhandkommanditisten beteiligt sind, kann den Anlegern gegenüber durch die Beteiligung steuerbare, aber nach § 4 Nr. 8 UStG 1967/73 steuerfreie Umsätze bewirken (Fortführung des Urteils vom 29. Januar 1988 X R 7/81, BFHE 152, 370, BStBl II 1988, 506).

2. Gewährt ein inländischer Kreditgeber ein Darlehen an einen ausländischen Kreditnehmer, so liegt der Ort der Leistung gemäß § 3 Abs. 10 Satz 1 UStG 1967/73 im Inland.

3. Führt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach § 15 Abs. 3 UStG 1967 zu ungerechtfertigten Steuervorteilen, kann es gerechtfertigt sein, daß das FA die Aufteilung nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1967 vornimmt.

UStG 1967/73 § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 3 Abs. 10 Satz 1, § 4 Nr. 8; UStG 1967 § 15 Abs. 3 bis 5.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

I.

Die Klägerin, Revisionsklägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin), eine KG, wurde im November 1970 gegründet. Gegenstand der KG ist nach § 2 des Gesellschaftsvertrages "die Förderung von Entwicklungsprojekten im Ausland, insbesondere die Beteiligung an Industrie-, Landwirtschafts- und Fischereiunternehmungen in Südamerika, sowie der Import und Vertrieb von Erzeugnissen der Beteiligungsgesellschaften in Deutschland".

Komplementär war mit einer festen Kapitaleinlage in Höhe von 500.000 DM W. Gründungskommanditist als Treuhänder für die zu werbenden Treugeber war S mit einer Einlage von 30 Mio DM. Von dieser Einlage wurden 25 v. H. als Kommanditeinlage und 75 v. H. als stille Beteiligung übernommen. S hielt "die von ihm gezeichnete Einlage" in voller Höhe treuhänderisch für Dritte, mit denen er gleichlautende Treuhandverträge abschließen sollte. Mit Abänderungsvertrag vom 23. August 1971 trat an die Stelle des Treuhandkommanditisten S die I-Beratungsgesellschaft mbH (I); gleichzeitig trat S neben W als persönlich haftender Gesellschafter der KG bei.

Die Gesamteinlage jedes Treugebers entfiel zwingend ebenfalls zu 25 v. H. auf den Kommanditanteil und zu 75 v. H. auf den stillen Gesellschaftsanteil.

Mit Gesellschafterbeschluß vom 12. November 1973 wurde die Gesamteinlage der Treuhandkommanditistin um 6 Mio DM erhöht.

Die Klägerin, die im Jahre 1970 noch keine Umsätze getätigt hatte und für dieses Jahr Vorsteuern in Höhe von 1.375 DM geltend machte, hat sich in den Streitjahren 1971 bis 1974 überwiegend das Kapital von den Treugebern beschafft. Außerdem hat sie ihrer brasilianischen Tochtergesellschaft C S. A., ein verzinsliches Darlehen gewährt.

Da die Klägerin davon ausging, daß sie sowohl im Zusammenhang mit der Beteiligung der Treugeber als auch mit der Darlehensgewährung an ihre brasilianische Tochtergesellschaft keine steuerbaren Inlandsumsätze getätigt habe, machte sie sämtliche ihr in Rechnung gestellten Umsatzsteuerbeträge als Vorsteuer geltend, insbesondere auch die Umsatzsteuerbeträge, die ihr Vermittler für die Zuführung der Treugeber in Rechnung gestellt hatten.

Insgesamt geht es um folgende Vorsteuerbeträge:

                   1970:                     1.375,00 DM

                   1971:                   26.238,13 DM

                   1972:                 251.304,30 DM

                   1973:                   82.499,49 DM

                   1974:                   77.248,94 DM.

Nach einer Außenprüfung im Jahre 1977, mit der u. a. die Voraussetzungen für die Inanspruchnahme des Vorsteuerabzugs geklärt werden sollten, vertrat der Beklagte, Revisionsbeklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, daß es sich bei diesen Vorgängen nicht um nichtsteuerbare Vorgänge, sondern um steuerfreie Umsätze handele, weshalb der begehrte Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 2 bis 5 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967/1973 weitgehend zu versagen sei. Für 1970 teilte das FA die Vorsteuern nach § 15 Abs. 3 UStG 1967 entsprechend den Umsätzen des Jahres 1971 auf und erkannte einen Betrag von 3,95 DM als abziehbar an (auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung - AO 1977 - gestützter Änderungsbescheid vom 29. Juni 1978 i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 1980). Die Vorsteuerbeträge der Jahre 1971 bis 1972 teilte es gemäß § 15 Abs. 4 Nr. 1, Abs. 5 UStG 1967 auf, da eine Aufteilung nach § 15 Abs. 3 UStG 1967 nach seiner Auffassung zu ungerechtfertigten Steuervorteilen geführt hätte; es erkannte dementsprechend für 1971 einen Vorsteuerbetrag von 722,14 DM und für 1972 einen Vorsteuerbetrag von 2.783,01 DM als abziehbar an (auf § 164 Abs. 2 AO 1977 gestützte Änderungsbescheide i. d. F. der Einspruchsentscheidungen vom 28. Juli 1980). Für das Jahr 1973 nahm das FA keine Aufteilung vor, da nach seiner Rechtsauffassung nur steuerfreie Umsätze gegeben waren; es ließ demgemäß keinerlei Vorsteuern zum Abzug zu (auf § 164 Abs. 2 AO 1977 gestützter Änderungsbescheid vom 29. Juni 1978, Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 1980). Für das Jahr 1974 nahm das FA eine Aufteilung gemäß § 15 Abs. 3 UStG 1973 vor und erkannte einen Vorsteuerbetrag von 188,48 DM als abziehbar an (auf § 164 Abs. 2 AO 1977 gestützter Änderungsbescheid vom 29. Juni 1978, Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 1980).

Der daraufhin erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) für die Jahre 1972 bis 1974 insoweit statt, als es die Darlehensgewährung nicht als vorsteuerabzugsschädlichen Inlandsumsatz, sondern als Auslandsumsatz beurteilte. Es stellte entscheidend darauf ab, daß das Darlehen im Ausland genutzt wurde. Im übrigen hatte die Klage keinen Erfolg.

Gegen das Urteil haben sowohl die Klägerin als auch das FA Revision eingelegt.

Die Klägerin wendet sich in erster Linie dagegen, daß das FG in Übereinstimmung mit dem FA in der "Aufnahme von Kommanditisten und stillen Beteiligten" steuerfreie Umsätze gesehen hat. Die Klägerin meint, es handele sich "um nicht steuerbare Umsätze".

Außerdem wendet sich die Klägerin dagegen, daß das FA die Vorsteuerbeträge für 1972 nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1967 statt nach § 15 Abs. 3 UStG 1967 aufgeteilt hat. Sie meint, die Ausführungen des FG zu diesem Punkt seien nicht überzeugend. Die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Jahresumsätzen führe ohnehin zu einem willkürlichen Ergebnis; sachgerecht sei eine Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Umsätzen der gesamten Streitjahre, in denen sich ihr Unternehmen im Aufbau befunden habe. Im übrigen führe die vom FA gewählte Aufteilungsmethode dazu, daß die Vorsteuerbeträge, die den steuerfreien Umsätzen zuzurechnen seien, doppelt vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen würden, und zwar einmal durch direkte Zuordnung und zum anderen durch die Verteilung nach Umsätzen.

Die Klägerin beantragt, die geltend gemachten Vorsteuerbeträge in vollem Umfang als abziehbar anzuerkennen. Hilfsweise beantragt sie - insoweit über ihre Revisionsbegründung hinausgehend -, "in allen Streitjahren" die Vorsteueraufteilung gemäß § 15 Abs. 3 UStG 1967/1973 vorzunehmen.

Das FA wendet sich mit seiner Revision dagegen, daß das FG das Darlehen als Auslandsumsatz behandelt hat. Es beantragt, das Urteil des FG hinsichtlich der Jahre 1973 bis 1974, soweit es der Klage stattgegeben hat, aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

1. Die Revision der Klägerin für 1970 ist begründet. Insoweit ist das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Der angefochtene Umsatzsteuerbescheid für 1970 vom 29. Juni 1978 i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 28. Juli 1980 ist ein auf § 173 Abs. 1 Nr. 1 AO 1977 gestützter Änderungsbescheid. Das Urteil des FG enthält keinerlei Feststellungen dazu, welche nachträglich bekanntgewordenen Tatsachen oder Beweismittel die Änderung des ursprünglichen Bescheids vom 28. Februar 1973 rechtfertigten.

Das FG muß die erforderlichen Feststellungen nachholen.

2. Die Revision der Klägerin für 1971 ist mit dem Hauptantrag unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO) und mit dem Hilfsantrag unzulässig.

2.1 Die Klägerin hat mit der Beteiligung der Treugeber steuerfreie Umsätze von Gesellschaftsanteilen erbracht.

Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) bewirkt eine Publikums-KG mit der Beteiligung von Publikumsgesellschaftern steuerbare Umsätze, die nach § 4 Nr. 8 UStG 1967/1973 steuerfrei sind (Urteile vom 18. Dezember 1975 V R 131/73, BFHE 117, 501, BStBl II 1976, 265; vom 20. Mai 1976 V R 122/73, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1976, 187, und vom 16. Juli 1987 V R 147/79, UR 1988, 314, BFH/NV 1988, 196). Nach dem Urteil vom 29. Januar 1988 X R 7/81 (BFHE 152, 370, BStBl II 1988, 506) liegt ein steuerfreier Umsatz von Gesellschaftsanteilen seitens der Gesellschaft auch dann vor, wenn der Kommanditist zahlreiche Anleger (Treugeberkommanditisten) an seinem Kommanditanteil beteiligt.

Diese Rechtsprechung findet ihre Entsprechung im Zivilrecht, wo sich für die Publikums-KG ein insbesondere dem Anlegerschutz und der Funktionsfähigkeit der Gesellschaft dienendes Sonderrecht herausgebildet hat. Dabei wird unter einer Publikums-KG eine KG verstanden, die zur Kapitalsammlung eine Vielzahl rein kapitalistisch beteiligter Anlagegesellschafter aufgrund eines fertig vorformulierten Vertrags aufnehmen soll. Häufig ist an ihr eine GmbH als Komplementär beteiligt. Die Publikumsgesellschaft kommt als Massengesellschaft vor, an der die Kapitalanleger unmittelbar als Kommanditisten beteiligt sind, und als mittelbare Anlagegesellschaft, bei der an die Stelle einer Vielzahl von Kommanditisten ein Treuhänder-Kommanditist tritt, der den Kommanditanteil den Treugebern (Kapitalanlegern) vermittelt (vgl. BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, 421, BStBl II 1984, 751, 759, mit weiteren Nachweisen).

Die Klägerin ist eine derartige Publikumsgesellschaft in der Form einer mittelbaren Anlagegesellschaft. Dies ist zwischen den Parteien nicht streitig.

Die Klägerin hat den Treugebern ihre Treuhandrechte verschafft und damit eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/73 der Umsatzsteuer unterliegende Leistung ausgeführt. Leistender ist derjenige, der eine Leistung gegenüber einem anderen selbst oder durch einen Beauftragten ausführt (BFH-Urteil vom 28. November 1990 V R 31/85, BFHE 164, 134, BStBl II 1991, 381). Im Streitfall hat die Klägerin (die KG) die Leistung (Verschaffung der Treuhandrechte) mit Hilfe des Treuhandkommanditisten ausgeführt. Der Bundesgerichtshof (BGH) geht davon aus, daß der Kapitalanleger neben dem Treuhandvertrag mit dem Treuhandkommanditisten noch einen weiteren Vertrag mit den übrigen Gesellschaftern der KG abschließt, soweit seine Rechte und Pflichten bereits im Gesellschaftsvertrag geregelt sind. In einem derartigen Fall ist der Treuhandkommanditist regelmäßig von den übrigen Gesellschaftern schlüssig bevollmächtigt, den Anleger wie einen Kommanditisten in das Gesellschaftsverhältnis einzubeziehen (BGH-Urteil vom 30. März 1987 II ZR 163/86, Wertpapier-Mitteilungen/Zeitschrift für Wirtschafts- und Bankrecht - WM - 1987, 811, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1987, 2677).

Eine derartige schuldrechtliche Einbindung des Anlegers in das Gesellschaftsverhältnis liegt auch im Streitfall vor, so daß es gerechtfertigt ist, die KG (und nicht den Treuhandkommanditisten) als Leistenden anzusehen.

Nach § 16 des Gesellschaftsvertrags hatte die Treuhandkommanditistin bei ihrem Ausscheiden aus der KG keinen Anspruch auf ein Auseinandersetzungsguthaben, soweit sie "Kommanditanteile" treuhänderisch hielt; für diesen Fall sollte der Treugeber seinen buchmäßigen Kapitalanteil einschließlich eines anteilig auf ihn entfallenden Teils an den stillen Reserven erhalten. Nach § 13 des Gesellschaftsvertrags war die Übertragung von Anteilen der Treugeber nur mit Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter möglich. Demnach sollten die Treugeber nicht nur an den Treuhänder, sondern auch unmittelbar an die Klägerin gebunden sein. Der Gesellschaftsvertrag sah außerdem in § 13 die Übertragung des Kommanditanteils vor, offensichtlich in der Annahme, die Rechte der Treugeber litten hierdurch keinen Schaden. Dies alles rechtfertigt die Ansicht des FA, die Klägerin habe den Treugebern ihre Rechtsstellung verschafft.

Da die Rechte der Treugeber in ihrer inhaltlichen Ausgestaltung Gesellschaftsrechten nahekommen, liegt ein steuerfreier Umsatz von Anteilen an einer Gesellschaft i. S. des § 4 Nr. 8 UStG 1967 vor (in diesem Sinne auch BFH in BFHE 152, 370, BStBl II 1988, 506).

Dies gilt auch, soweit die Treugeber an der stillen Beteiligung des Treuhänders beteiligt waren. Stille Beteiligung und Kommanditbeteiligung waren nach dem Gesellschaftsvertrag unauflöslich miteinander verbunden; sie konnten nur zusammen übertragen werden (§ 13 des Gesellschaftsvertrags). Für das Vertragsverhältnis der stillen Gesellschaft sollten die Bestimmungen des Kommanditgesellschaftsvertrags entsprechend gelten (§ 17 des Vertrags). Die Rechte des Treugebers sind deshalb einheitlich als Gesellschaftsanteil i. S. des § 4 Nr. 8 UStG 1967 zu qualifizieren.

Soweit die Klägerin meint, der stille Gesellschafter (im Streitfall: S und I) erbringe mit seiner Einlage keine steuerbare Leistung, so folgt hieraus nichts für die entscheidungserhebliche Frage, ob die Klägerin an die Treugeber steuerbare Leistungen erbracht hat.

Die Klägerin kann auch keinen Erfolg haben, soweit sie sich auf die Ansicht von Söhn (Steuer und Wirtschaft - StuW - 1977, 271) beruft, der Erwerb eines Gesellschaftsanteils sei ein Kapitaleinsatz für nichtkonsumtive Zwecke und deshalb nicht der Umsatzsteuer zu unterwerfen. Das UStG macht nämlich die Steuerbarkeit der einzelnen Leistung nicht davon abhängig, ob diese konsumtiven oder nichtkonsumtiven Zwecken dient. Auch der Zessionar eines Gesellschaftsanteils mag diesen für nichtkonsumtive Zwecke erwerben, gleichwohl kann nicht zweifelhaft sein, daß seinem Erwerb ein steuerbarer (aber nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerfreier) Umsatz zugrunde liegt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin ist das zitierte BFH-Urteil V R 122/72 in UR 1976, 187 auch nicht durch das BFH-Urteil vom 17. Juli 1980 V R 5/72 (BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622) überholt. Das Urteil V R 5/72 behandelt die Steuerbarkeit der Geschäftsführertätigkeit einer GmbH für eine KG. Hierum geht es weder im Urteil V R 122/72 noch im Streitfall.

2.2 Die Klägerin ist deshalb vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen, soweit sie die im Jahre 1971 bezogenen Lieferungen und Leistungen zur Ausführung der vorgenannten steuerfreien Umsätze verwendet hat (§ 15 Abs. 2 UStG 1967).

Zur Aufteilung der Vorsteuer für das Jahr 1971 hat das FG zutreffend dargelegt, daß die vom FA vorgenommene Aufteilung nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1967 für die Klägerin günstiger ist als die von ihr begehrte Aufteilung nach § 15 Abs. 3 UStG 1967. Soweit die Klägerin gleichwohl mit ihrem Hilfsantrag die ihr ungünstigere Aufteilung der Vorsteuern beantragt, ist ihre Revision mangels Beschwer unzulässig.

3. Für die Jahre 1972 bis 1974 ist die Revision der Klägerin unbegründet (§ 126 Abs. 2 FGO) und die Revision des FA begründet; der Senat kann in der Sache selbst entscheiden (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).

3.1 Im Jahre 1972 hat die Klägerin im Zusammenhang mit der Aufnahme der Treugeber nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerfreie Umsätze mit einem Entgelt von 9.184.250 DM ausgeführt (vgl. oben 2.1).

3.2 Daneben hat die Klägerin durch die Darlehensgewährung an ihre brasilianische Tochtergesellschaft nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerfreie Umsätze in Höhe von 276.002 DM bewirkt.

Entgegen der Ansicht der Klägerin und des FG war die Kreditgewährung ein Inlandsumsatz. Nach § 3 Abs. 10 UStG 1967 wird eine sonstige Leistung im Inland ausgeführt, wenn der Unternehmer ausschließlich oder zum wesentlichen Teil im Inland tätig wird. Wie der Senat mit Urteil vom 21. Juli 1988 V R 201/83 (BFHE 154, 261) entschieden hat, sind die Voraussetzungen dieser Vorschrift auch dann erfüllt, wenn ein inländischer Kreditgeber Darlehen an einen ausländischen Kreditnehmer gewährt, weil der Kreditgeber durch die Hingabe und das Belasten der Darlehen im Inland tätig wird. Der Senat sieht keinen Anlaß, von dieser Entscheidung abzurücken.

3.3 Außerdem hat die Klägerin im Jahre 1972 nach den Feststellungen des FG steuerpflichtige Umsätze mit einem Entgelt von 243.832 DM bewirkt.

3.4 Da die Klägerin Inlandsumsätze ausgeführt hat, war sie grundsätzlich zum Vorsteuerabzug berechtigt (§ 15 Abs. 1 UStG 1967). Bezüglich der steuerfreien Umsätze zu 3.1 und 3.2 war der Vorsteuerabzug jedoch nach § 15 Abs. 2 UStG 1967 ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift sind vom Vorsteuerabzug ausgeschlossen die Steuer für Lieferungen oder sonstige Leistungen, die der Unternehmer zur Ausführung steuerfreier Umsätze verwendet oder in Anspruch nimmt. Nach § 15 Abs. 3 UStG 1967 sind die Vorsteuerbeträge des Unternehmers nach dem Verhältnis der zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führenden Umsätze zu den übrigen Umsätzen in nichtabziehbare und abziehbare Vorsteuerbeträge aufzuteilen, wenn der Unternehmer neben Umsätzen, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 führen, auch Umsätze ausführt, bei denen ein solcher Ausschluß nicht eintritt. Führt die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach Absatz 3 zu ungerechtfertigten Steuervorteilen, kann das FA verlangen, daß der Unternehmer die Vorsteuerbeträge nach Absatz 4 aufteilt (§ 15 Abs. 5 UStG 1967). § 15 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1967 sieht vor, daß der Unternehmer nur die Vorsteuerbeträge nach dem Verhältnis der Umsätze aufteilt, die den zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug nach Absatz 2 führenden Umsätzen und den übrigen Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen sind.

Dem entspricht die Berechnung des FA in der Einspruchsentscheidung.

Das FA hat dabei zu Recht auf die Verhältnisse des Besteuerungszeitraums abgestellt (vgl. BFH-Urteile vom 12. November 1987 V R 141/83, BFHE 152, 274, BStBl II 1988, 468, unter II. d, und vom 21. Juli 1988 V R 87/83, BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60, unter A. 4.).

Der Klägerin ist zwar einzuräumen, daß die Aufteilung der Vorsteuerbeträge nach den Umsätzen des Besteuerungszeitraums an sich systemwidrig erscheinen mag, da sie die einzelnen Leistungsbezüge nach § 15 Abs. 1 und 2 UStG 1967 nicht hinreichend berücksichtigt. Die Aufteilung nach dem Umsatzschlüssel des Besteuerungszeitraums folgt jedoch aus dem Wortlaut des § 15 Abs. 3 UStG 1973 (BFH in BFHE 152, 274, BStBl II 1988, 468, und in BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60). Sie ist bei denjenigen Vorsteuerbeträgen, die keinen bestimmten Umsätzen zugerechnet werden können, auch schwerlich anders möglich.

Würde entsprechend dem Antrag der Klägerin die gesamte Vorsteuer (251.304,30 DM) gemäß § 15 Abs. 3 UStG 1967 nach dem Umsatzschlüssel des Streitjahres (2,512674 v. H. zu 97,487336 v. H.) aufgeteilt, ergäbe sich eine abziehbare Vorsteuer von 6.314,46 DM (2,51674 v. H. von 251.304,30 DM).

Ordnet man mit dem FA nach § 15 Abs. 4 Nr. 1 UStG 1967 einen Betrag von 188.403,40 DM ausschließlich den Umsätzen zu, die zum Ausschluß vom Vorsteuerabzug führen, und einen Betrag von 1.233,50 DM den Umsätzen, die den Vorsteuerabzug eröffnen, ergibt sich ein Vorsteuerabzug von 2.783,01 DM (1.233,50 DM mittels direkter Zuordnung + 1.549,51 DM nach dem Verhältnis der abzugsschädlichen und nichtabzugsschädlichen Umsätze). Die Aufteilung der gesamten Vorsteuer nach § 15 Abs. 3 UStG führt also zu einem nicht unerheblichen Steuervorteil.

Dieser Steuervorteil führt, gemessen an dem Aufteilungsmaßstab aus § 15 Abs. 1 und 2 UStG 1967, zu ungerechtfertigten Steuervorteilen (vgl. BFH-Urteile vom 14. Februar 1980 V R 49/74, BFHE 130, 107, BStBl II 1980, 533; vom 18. Dezember 1986 V R 18/80, BFHE 148, 557, BStBl II 1987, 280). Die Regelung des § 15 Abs. 4 Nr. 1 UStG wird dieser gesetzlichen Zielsetzung insofern gerecht, als sie im Rahmen des Möglichen die einzelnen Vorsteuerbeträge den in § 15 Abs. 1 und 2 UStG 1967 genannten Umsätzen zurechnet.

Das FA hat deshalb zu Recht von der Möglichkeit des § 15 Abs. 5, Abs. 4 Nr. 1 UStG 1967 Gebrauch gemacht, nur die Vorsteuerbeträge, die den den Vorsteuerabzug eröffnenden und ausschließenden Umsätzen nicht ausschließlich zuzurechnen waren, nach dem Verhältnis dieser Umsätze aufzuteilen.

Die Aufteilung dieser nicht ausschließlich zurechenbarer Vorsteuerbeträge nach dem Umsatzsschlüssel des § 15 Abs. 4 UStG 1967 entspricht dem Gesetz und ist auch sachgerecht, da auch diese Vorsteuerbeträge auf die vorsteuerabzugsschädlichen und nicht vorsteuerabzugsschädlichen Umsätze entfallen. Ein doppelter Ausschluß vom Vorsteuerabzug liegt hierin nicht.

3.5 Für die Jahre 1973 und 1974 gelten die Ausführungen zu 2.1, 3.2 und 3.4 entsprechend.

Die Revision der Klägerin ist unbegründet, weil sie im Zusammenhang mit der Aufnahme der Treugeber an diese nach § 4 Nr. 8 UStG 1967 steuerfreie Umsätze bewirkt hat (vgl. oben 2.1). Insoweit ist der Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG 1967 ausgeschlossen (vgl. oben 3.4).

Für den Hilfsantrag der Klägerin auf Aufteilung der Vorsteuerbeträge 1973 nach § 15 Abs. 3 UStG 1973 ist kein Raum, da im Jahre 1973 ausschließlich vorsteuerabzugsschädliche Umsätze bewirkt wurden. Für 1974 läuft er leer, da für dieses Jahr die Aufteilung nach § 15 Abs. 3 UStG 1973 erfolgt ist.

Die Revision des FA ist begründet, weil in der Darlehensgewährung an die brasilianische Tochtergesellschaft ein nach § 4 Nr. 8 UStG 1973 steuerfreier Inlandsumsatz zu sehen ist (vgl. oben 3.2). Insofern erhöhen sich die steuerfreien Umsätze, die den Vorsteuerabzug nach § 15 Abs. 2 UStG 1973 ausschließen.