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  BFH-Urteil vom 29.10.1991 (VIII R 148/85) BStBl. 1992 II S. 647

Von einer Personengesellschaft zugunsten von Angehörigen bestimmter Gesellschafter an Dritte geleistete Abfindungszahlungen, die im Hinblick auf ihre private Mitveranlassung nicht als Betriebsausgaben abzugsfähig sind, können anteilig als zusätzliche Anschaffungskosten für den Erwerb des Gesellschaftsanteils der familienfremden Gesellschafter zu beurteilen und daher in einer Ergänzungsbilanz zu aktivieren sein. Das ist etwa der Fall, wenn sich die familienfremden Gesellschafter mit einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einverstanden erklärt haben, wonach solche von der Personengesellschaft zu leistende Abfindungszahlungen als Betriebsausgaben abziehbar sein sollen.

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Bremen

Sachverhalt

A war Hauptgesellschafter der A-Firmengruppe, zu der u. a. die C-OHG, die D-KG und die E gehörten. An diesen Firmen waren A, seine Ehefrau und/oder sein Vater als persönlich haftende Gesellschafter beteiligt.

Nach dem Zusammenbruch der A-Firmengruppe wurde am 3. Juni 1972 die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH und Co. KG (KG), gegründet, die sich mit der Ausführung von Installationen und Reparaturen sowie mit dem Maschinenbau befaßte. Gründungsgesellschafter waren die ...-GmbH (GmbH) als persönlich haftende Gesellschafterin und der Schwiegervater des A, der O, als einziger Kommanditist. Zum Geschäftsführer der GmbH, deren alleiniger Gesellschafter O war, wurde A bestellt. O schied zum 31. Dezember 1973 aus der KG aus. An seine Stelle traten die volljährigen Söhne des A, H und P, sowie die Sch-GmbH. Vor seinem Ausscheiden aus der KG hatte O seinen Anteil an der GmbH in Höhe von 19.500 DM an H und P und in Höhe von 500 DM an die Sch-GmbH abgetreten. Als weitere Kommanditisten wurden am 1. Juli 1975 Rechtsanwalt R und am 1. Juli 1976 die Z-GmbH aufgenommen.

Der Gesellschaftsvertrag enthält dazu folgende Regelung: "Zwischen den Gesellschaftern besteht Einverständnis darüber, daß Zahlungen, die die Gesellschaft an Gläubiger der Gesellschaften der früheren A-Firmengruppe leistet, Betriebsausgaben der Gesellschaft sind." In der Zeit vom 1. Oktober bis zum 31. Dezember 1975 war K (Beigeladener) als atypischer stiller Gesellschafter an dem Unternehmen der KG beteiligt.

Am 12. September 1974 unterbreitete Rechtsanwalt R den Gläubigern der zur früheren A-Firmengruppe gehörenden Firmen C-OHG, D-KG und E sowie des A, der Ehefrau und dem Vater das Angebot der KG, 20 % der Forderungen ohne Zinsen, Kosten und Nebenansprüche (bei Beträgen unter 500 DM 25 %) in 10 Halbjahresraten zu tilgen. Dieses Angebot stand unter der Bedingung, daß die Gläubiger auf den die Abfindung übersteigenden Teil ihrer Forderungen "gegen die genannten Firmen und gegen die Eheleute A sowie den Vater einschließlich des Anspruchs auf Zinsen, Kosten und sonstige Nebenansprüche" verzichteten. Der Verzicht sollte wirksam werden, wenn die letzte Rate des jeweiligen Abfindungsbetrages gezahlt worden war. Dabei wies Rechtsanwalt R darauf hin, daß die KG kein Nachfolgeunternehmen der betreffenden früheren A-Firmen sei, mithin ein klagbarer Anspruch auf die angebotenen Leistungen nicht bestehe, und durch das Abfindungsangebot auch selbst kein klagbarer Anspruch begründet werde. Die überwiegende Mehrzahl der Gläubiger nahm das Angebot an. Der Gesamtbetrag der übernommenen Tilgungsleistungen belief sich auf rd. 120.000 DM. Davon waren am 31. Dezember 1976 52.343,40 DM noch nicht gezahlt.

Die Hauptgläubigerin der früheren A-Firmen war die X-Bank. Ihre Forderungen, für die A, seine Ehefrau und sein Vater ebenfalls persönlich hafteten, beliefen sich auf mehr als 3,6 Mio DM (Stand September 1976). Nachdem Rechtsanwalt R mit ihr am 29. Mai 1975 und 15. Januar 1976 Gespräche sowie einen vorbereitenden Schriftwechsel geführt hatte, kam es am 16. September 1976 zu einer schriftlichen Abfindungsvereinbarung. Die Klägerin erklärte sich danach bereit, freiwillig und ohne Begründung eines klagbaren Anspruchs auf die Forderung der X-Bank 250.000 DM in 40 gleichen Vierteljahresraten beginnend am 10. Februar 1977 zu zahlen. Dafür verzichtete die X-Bank auf alle weitergehenden Ansprüche gegen die Gesellschaften der A-Firmengruppe und gegen die vorgenannten Personen. Der Verzicht sollte mit vollständiger Zahlung der 250.000 DM wirksam werden.

Bei den Gläubigern der früheren A-Firmen, die das Abfindungsangebot vom 12. September 1974 nicht angenommen hatten, handelte es sich insbesondere um solche, die persönliche Titel gegen A besaßen oder - wie die Klägerin behauptet hat - die gerichtliche Geltendmachung ihrer Ansprüche gegen ihn persönlich angedroht hatten. Die unter Berücksichtigung der Höhe der Forderungen bedeutsamsten Gläubiger waren mit A und seiner Ehefrau bzw. seinem Vater verwandt oder verschwägert. Dabei ging es in drei Fällen um stille Beteiligungen; in zwei Fällen um Erbansprüche. Schließlich gehörten zu dieser Gruppe noch die Stadt B, die Kreishandwerkerschaft und eine Firma D. Mit diesen Gläubigern traf die Klägerin in fast allen Fällen Einzelabsprachen, die entweder auf eine vergleichsweise Abfindung oder auf Ratenzahlungen gerichtet waren. Die bis zum 31. Dezember 1976 noch nicht eingelösten Zusagen beliefen sich auf insgesamt 244.322,48 DM.

Aufgrund der getroffenen Vereinbarungen zahlte die Klägerin an die Gläubiger der früheren A-Gesellschaften 1974 78.320,95 DM, 1975 69.844,53 DM und 1976 61.630,72 DM und setzte diese Beträge als Betriebsausgaben ab. Für die am 31. Dezember 1976 noch nicht eingelösten Zahlungszusagen in Höhe von (52.343,40 DM + 250.000 DM + 244.322,48 DM =) 546.665,88 DM bildete die Klägerin in ihrer Bilanz den Passivposten "Verbindlichkeiten ohne Rechtsverpflichtung".

Im Anschluß an eine Betriebsprüfung ließ der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die in den Jahren 1974 bis 1976 von der Klägerin geleisteten Abfindungszahlungen nicht zum Abzug zu und löste die in der Bilanz zum 31. Dezember 1976 passivierten Beträge für die nicht einklagbaren Abfindungszusagen gewinnerhöhend auf. Dabei ging er davon aus, daß die Zahlungen und Zusagen nicht betrieblich veranlaßt gewesen seien, sondern ausschließlich auf privaten Gründen beruht hätten. Die Zahlungen rechnete er den einzelnen Gesellschaftern anteilig als Entnahmen zu.

Der gegen die entsprechend geänderten Gewinnfeststellungsbescheide für 1974 bis 1976 vom 15. März 1979 (Sammelbescheid) eingelegte Einspruch wurde mit Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1981 als unbegründet zurückgewiesen. In dem dagegen gerichteten Klageverfahren hat das FA den Gewinnfeststellungsbescheid für 1975 aus für das Rechtsmittelverfahren nicht maßgeblichen Gründen mit Bescheid vom 20. März 1985 geändert. Diesen Bescheid hat die KG zum Gegenstand des Verfahrens erklärt. Die Klage hatte keinen Erfolg.

Mit der Revision wird die Verletzung materiellen Rechts geltend gemacht. Die KG rügt, das Finanzgericht (FG) habe gegen § 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 5 EStG verstoßen, weil es die Zahlungen auf die Altverbindlichkeiten der früheren A-Firmengruppe nicht als Betriebsausgaben sowie die Bildung von Rückstellungen für die 1976 nicht erfüllten Abfindungszusagen nicht anerkannt habe. Hilfsweise rügt sie eine Verletzung der §§ 15 Abs. 1 Nr. 2, 4 EStG. Die auf die familienfremden Gesellschafter entfallenden Anteile der geleisteten Zahlungen hätten zumindest als Sonderbetriebsausgaben dieser Gesellschafter berücksichtigt werden müssen. Jedenfalls hätten die Zahlungen allein den familienangehörigen Gesellschaftern als Entnahme zugerechnet werden dürfen.

Sie beantragt sinngemäß, unter Aufhebung des Urteils des FG Bremen vom 29. März 1985 I 2/82 K und der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1981 die Gewinnfeststellungsbescheide für 1974 und 1976 vom 15. März 1979 und den Gewinnfeststellungsbescheid für 1975 vom 20. März 1985 zu ändern und die an Gläubiger der ehemaligen A-Firmengruppe geleisteten Zahlungen als Betriebsausgaben abzusetzen und die im Jahre 1976 für die noch nicht eingelösten Abfindungszusagen gebildete Rückstellung anzuerkennen, hilfsweise, unter Aufhebung des Urteils des FG Bremen vom 29. März 1985 I 2/82 K und der Einspruchsentscheidung vom 7. Dezember 1981 die Gewinnfeststellungsbescheide für 1975 und 1976 zu ändern und

1. die wegen der Zahlungen an die Gläubiger der ehemaligen A-Firmen Rechtsanwalt R in den Jahren 1975 und 1976 und Z-GmbH im Jahre 1976 anteilig zugerechneten Entnahmen als Sonderbetriebsausgaben dieser Gesellschafter anzuerkennen oder

2. die an Gläubiger der ehemaligen A-Firmen geleisteten Zahlungen in vollem Umfang den Gesellschaftern P und H als Entnahmen zuzuweisen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet, soweit es um die Gewinnfeststellung 1974 geht. Im übrigen ist die Revision begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Nach den Feststellungen des FG ist davon auszugehen, daß die Zahlungen an die sog. Altgläubiger nicht als Betriebsausgaben der KG abzugsfähig sind.

Betriebsausgaben sind Aufwendungen, die durch den Betrieb veranlaßt sind (§ 4 Abs. 4 EStG). Eine betriebliche Veranlassung ist gegeben, wenn die Aufwendungen objektiv mit dem Betrieb zusammenhängen und subjektiv dem Betrieb zu dienen bestimmt sind (Beschlüsse des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. November 1989 GrS 1/88, BFHE 158, 563, BStBl II 1990, 160; vom 4. Juli 1990 GrS 2-3/88, BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823). In objektiver Hinsicht ist erforderlich, daß die Aufwendungen mit den gewerblichen Einkünften in einem steuerrechtlich anzuerkennenden wirtschaftlichen Zusammenhang stehen. In den Grenzen des dadurch abgesteckten Rahmens spielt die Höhe der Aufwendungen, ihre Notwendigkeit, ihre Üblichkeit und ihre Zweckmäßigkeit für die betriebliche Veranlassung grundsätzlich keine Rolle (BFH-Urteile vom 4. März 1986 VIII R 188/84, BFHE 146, 151, 153, BStBl II 1986, 373, 374; vom 23. November 1988 X R 17/86, BFHE 155, 330, BStBl II 1989, 405, 406). Sind jedoch die als Betriebsausgaben geltend gemachten Aufwendungen auch durch die Lebensführung veranlaßt, dürfen die Aufwendungen gemäß § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG insgesamt nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden, und zwar auch dann nicht, wenn sie die gewerbliche Tätigkeit des Steuerpflichtigen fördern. Die Vorschrift verbietet zur Wahrung der steuerlichen Gerechtigkeit die Aufteilung und damit den Abzug von Aufwendungen, die sowohl der Lebensführung dienen als auch den Beruf fördern (BFH-Urteil vom 30. Juni 1983 IV R 2/81, BFHE 139, 151, BStBl II 1983, 715). Das Aufteilungs- und Abzugsverbot greift nur dann nicht ein, wenn die betriebliche Veranlassung bei weitem überwiegt und der Bezug zur Lebensführung nicht ins Gewicht fällt (BFH in BFHE 155, 330, BStBl II 1989, 405, 406, m. w. N.; BFHE 161, 290, BStBl II 1990, 817, 823, 824).

Diese Grundsätze gelten sinngemäß, wenn es um die Anerkennung von Aufwendungen als Betriebsausgaben bei einer Personengesellschaft geht. Daher sind Aufwendungen als Entnahme zu beurteilen, wenn sie nicht weitaus überwiegend durch den Betrieb der Personengesellschaft, sondern in nicht bloß untergeordneter Weise durch die private Lebensführung eines oder mehrerer Gesellschafter oder diesen nahestehenden Personen veranlaßt sind. Das kann auch dann gelten, wenn an der Personengesellschaft mehrheitlich Gesellschafter beteiligt sind, die zu den begünstigten Personen nicht in einem Angehörigenverhältnis stehen (vgl. BFH-Urteil vom 28. April 1983 IV R 131/79, BFHE 138, 545, BStBl II 1983, 668). Die Beteiligung familienfremder Gesellschafter ist kein zwingendes Indiz für die betriebliche Veranlassung für die von der Personengesellschaft verausgabten Zahlungen.

Das FG hat die vorgenannten Rechtsgrundsätze auf den von ihm festgestellten Sachverhalt rechtsfehlerfrei angewendet. Die von ihm aus den Umständen des Streitfalles gezogene Schlußfolgerung, daß für die Zahlungen im wesentlichen außerbetriebliche Gründe bestimmend waren, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Die Frage, ob Aufwendungen betrieblich veranlaßt sind, obliegt der tatrichterlichen Würdigung durch das FG (vgl. BFH-Urteil vom 19. Juli 1984 IV R 207/83, BFHE 142, 42, BStBl II 1985, 6, 7). An sie ist der Senat nach § 118 Abs. 2 FGO gebunden.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH, die mit der Rechtsprechung der anderen obersten Bundesgerichte übereinstimmt, bindet die Gesamtwürdigung durch das FG den BFH, wenn sie verfahrensrechtlich einwandfrei zustande gekommen und nicht durch Denkfehler oder die Verletzung von allgemeinen Erfahrungssätzen beeinflußt ist. Das gilt auch dann, wenn die Gesamtwürdigung nicht zwingend, sondern nur möglich ist (BFH-Urteil vom 11. Oktober 1988 VIII R 237/83, BFH/NV 1989, 305, m. w. N.).

Das FG ist bei seiner Würdigung zu dem Ergebnis gelangt, daß die infolge der durchgeführten Abfindungsaktion geleisteten Zahlungen in erster Linie der persönlichen Entschuldung des A, seiner Ehefrau und seines Vaters als Angehörigen der Gesellschafter P und H gedient und betriebliche Gründe dafür eine untergeordnete Rolle gespielt hätten. Diese Würdigung der festgestellten Umstände ist möglich. Sie verstößt weder gegen die Denkgesetze noch die allgemeinen Erfahrungssätze.

Hinsichtlich der Streitjahre 1975 und 1976 hat die Revision gleichwohl Erfolg.

Das FG hat nicht geprüft und auch keine hinreichenden Feststellungen dazu getroffen, ob die auf Rechtsanwalt R und die Z-GmbH anteilig entfallenen Abfindungszahlungen in einer Ergänzungsbilanz als nachträgliche Anschaffungskosten anzusetzen waren. Auch diese Frage wurde vom Streitgegenstand erfaßt. Das mit der Klage verfolgte Begehren war nicht auf die Abziehbarkeit der Zahlungen als Betriebsausgaben oder Sonderbetriebsausgaben beschränkt, sondern umfaßte auch Gewinnminderungen (Absetzungen für Abnutzung - AfA -, Teilwertabschreibungen), wie sie sich aus einer Aktivierung der Aufwendungen in einer für bestimmte Gesellschafter zu erstellenden Ergänzungsbilanz ergeben können. Der KG kam es letztlich erkennbar darauf an, überhaupt eine steuerliche Berücksichtigung der Abfindungszahlungen zu erreichen.

1. Tritt jemand in eine bestehende Personengesellschaft als weiterer Gesellschafter ein und leistet er über seine Einlage hinaus Zahlungen unmittelbar an die bisherigen Gesellschafter, liegen regelmäßig zusätzliche Anschaffungskosten für den Erwerb des Anteils an der Personengesellschaft vor, die sich in dem Kapitalkonto der Gesamthandsbilanz nicht widerspiegeln. Daher sind zu den Wertansätzen in der Steuerbilanz der Gesellschaft für die aktiven und passiven Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens Wertkorrekturen in einer für den eintretenden Gesellschafter aufzustellenden Ergänzungsbilanz anzubringen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Oktober 1983 IV R 160/78, BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101, 105, m. w. N.; Söffing in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 15 Anm. 484). Übersteigen also die Aufwendungen des Gesellschafters für den entgeltlichen Erwerb seines Gesellschaftsanteils den Betrag des für ihn in der Steuerbilanz der Personengesellschaft ausgewiesenen Kapitalkontos, so sind die Mehranschaffungskosten auf die der prozentualen Beteiligung des neuen Gesellschafters entsprechenden Anteile an den einzelnen (materiellen und immateriellen, bilanzierten und nicht bilanzierten) Wirtschaftsgütern des Gesamthandsvermögens, die stille Reserven aufweisen, einschließlich eines etwa vorhandenen Geschäftswerts zu verteilen und in der Ergänzungsbilanz zu aktivieren (vgl. BFH in BFHE 139, 273, BStBl II 1984, 101, 105, m. w. N.); Söffing in Lademann/Söffing/Brockhoff, a. a. O., § 15 Anm. 484). Auf der Passivseite der Ergänzungsbilanz ist das über das Kapitalkonto in der Gesamthandsbilanz hinausgehende Mehrkapital des eintretenden Gesellschafters auszuweisen. Die Ergebnisse aus der Ergänzungsbilanz führen im Interesse einer zutreffenden Besteuerung zu einer Korrektur des Gewinnanteils des Gesellschafters. Der Gewinnanteil i. S. des § 15 Abs. 1 Nr. 2 Halbsatz 1 EStG setzt sich zusammen aus dem Anteil am Steuerbilanzgewinn der Gesellschaft und dem Ergebnis aus der Ergänzungsbilanz (vgl. BFH-Urteil vom 19. Februar 1981 IV R 41/78, BFHE 133, 510, BStBl II 1981, 730; Schmidt, a. a. O., § 15 Anm. 73; Plewka in Lademann/Söffing/Brockhoff, a. a. O., § 5 Anm. 76).

2. Der Aktivierung der zusätzlichen Anschaffungskosten in einer Ergänzungsbilanz liegt die widerlegbare tatsächliche Vermutung zugrunde,

- daß die bilanzierten materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens stille Reserven enthalten oder daß nicht bilanzierte immaterielle Einzelwirtschaftsgüter oder ein originärer Geschäftswert vorhanden sind, an denen der eintretende Gesellschafter teilhat, und

 

- der den Buchwert übersteigende Teil der Abfindung Entgelt für den Anteil des neuen Gesellschafters an den stillen Reserven und/oder an einem Geschäftswert ist (vgl. BFH-Urteil vom 7. Juni 1984 IV R 79/82, BFHE 141, 148, BStBl II 1984, 584, 585; Schmidt, a. a. O., § 16 Anm. 88).

Diese Vermutung ist widerlegt, wenn und soweit feststeht, daß die bilanzierten und nicht bilanzierten Einzelwirtschaftsgüter des Gesellschaftsvermögens keine stillen Reserven enthalten und/oder kein Geschäftswert vorhanden ist, oder daß der neue Gesellschafter gesellschaftsrechtlich an den stillen Reserven und/oder am Geschäftswert nicht beteiligt ist (s. dazu BFH in BFHE 141, 148, BStBl II 1984, 584). In diesen Fällen kommt keine Aktivierung der Mehranschaffungskosten, sondern ihr sofortiger Abzug als Betriebsausgaben in Betracht (Schmidt, a. a. O., § 16 Anm. 88 C, d; Hörger in Littmann, Das Einkommensteuerrecht, § 16 EStG Rz. 163 ff., 164; Regniet, Ergänzungsbilanzen bei der Personengesellschaft, Köln, 1990, S. 145, 146). Der Differenzbetrag bleibt hingegen steuerlich völlig unberücksichtigt, wenn die über das Kapitalkonto hinausgehenden Zahlungen außerbetrieblich veranlaßt sind (BFH-Urteil vom 25. Januar 1979 IV R 56/75, BFHE 127, 32, BStBl II 1979, 302; Hörger in Littmann, a. a. O., § 16 EStG Rz. 164 a. E.).

3. Die Frage, ob der eintretende Gesellschafter persönlich etwas aufgewendet hat, um den Gesellschaftsanteil zu erlangen, kann grundsätzlich nur nach den zivilrechtlichen Gegebenheiten beantwortet werden; nur insoweit, als danach ein Gesellschafter persönlich Werte zugunsten der Altgesellschafter oder deren Angehörigen preisgibt, z. B. Bar- oder Buchgeld zahlt oder die bisherigen Gesellschafter oder deren Angehörige von Verbindlichkeiten gegenüber Dritten durch Schuldübernahme oder in sonstiger Weise freistellt, liegen Aufwendungen vor, die einer Aktivierung in einer Ergänzungsbilanz zugänglich sind. In diesem Sinne können zusätzliche Anschaffungskosten auch entstehen, wenn sich der weitere Gesellschafter mit einer Regelung im Gesellschaftsvertrag einverstanden erklärt, wonach die von der Personengesellschaft zur Entschuldung der bisherigen Gesellschafter oder deren Angehörigen an Dritte zu leistende Zahlungen, die im Hinblick auf ihren privaten Charakter keine Betriebsausgaben sind, als Betriebsausgaben behandelt werden sollen. Der neue Gesellschafter verzichtet damit auf einen entsprechenden Bruchteil des ihm an sich handelsrechtlich zustehenden Gewinnanteils. Darin liegt eine als Entnahme zu behandelnde Zuwendung zugunsten der Altgesellschafter.

Im Streitfall reichen die vom FG getroffenen Feststellungen nicht aus, um unter Berücksichtigung der vorgenannten Rechtsgrundsätze beurteilen zu können, ob die anteilig auf Rechtsanwalt R und die Z-GmbH entfallenden Abfindungszahlungen als nachträgliche Anschaffungskosten in Ergänzungsbilanzen zu aktivieren waren, und ob und in welchem Umfang sich aus der Fortschreibung dieser Ergänzungsbilanzen Minderergebnisse eingestellt haben, die die Gewinnanteile dieser Gesellschafter beeinflußt haben.