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  BFH-Urteil vom 26.2.1992 (I R 124/90) BStBl. 1992 II S. 691

Einkommensminderungen aufgrund einer Vereinbarung, nach der sich der Tantiemenanspruch erhöht, wenn der Anspruchsberechtigte Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung ist, sind verdeckte Gewinnausschüttungen.

KStG § 8 Abs. 3 Satz 2.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Bei der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) fand eine Betriebsprüfung statt, die zur Feststellung höherer Gewinne und verschiedener verdeckter Gewinnausschüttungen führte.

Aus dem Betriebsprüfungsbericht, auf den das Finanzgericht (FG) verwiesen hat, ergibt sich, daß verdeckte Gewinnausschüttungen aufgrund nicht erfaßter Erlöse, zu viel gebuchter Benzinkosten, nicht oder nicht vollständig nachgewiesener Bewirtungskosten, zu viel gebuchter Spesenpauschalen, nicht abzugsfähiger Repräsentationsaufwendungen, privat veranlaßter Aufwendungen der Gesellschafter, privater Nutzung des PKW, privaten Energiekostenanteils angenommen wurden.

Aufgrund der Betriebsprüfung wurde folgende Körperschaftsteuer festgesetzt: für 1980 39.221 DM, für 1981 34.630 DM und für 1982 35.066 DM.

Gegen die entsprechenden Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein. Hinsichtlich der Annahme verdeckter Gewinnausschüttungen wurde in tatsächlicher Hinsicht eine Verständigung erzielt. Es verblieb bei der Annahme einer verdeckten Gewinnausschüttung hinsichtlich der zu viel gebuchten Benzinkosten, der nicht oder nicht vollständig nachgewiesenen Bewirtungskosten, der nicht abzugsfähigen Repräsentationsaufwendungen, der privat veranlaßten Aufwendungen des Geschäftsführers und der privaten Benutzung des PKW durch den Geschäftsführer.

Keine Einigung wurde erzielt über die Auswirkung der verdeckten Gewinnausschüttung auf die dem beherrschenden Gesellschafter-Geschäftsführer zuzurechnenden Tantiemen in den einzelnen Streitjahren. Der Einspruch hatte teilweise Erfolg und führte zur Festsetzung folgender Körperschaftsteuerbeträge: für 1980 36.722 DM, für 1981 32.637 DM und für 1982 33.048 DM.

Gegen die Körperschaftsteuerbescheide in Gestalt der Einspruchsentscheidung erhob die Klägerin Klage. In der Klageschrift bezeichnete sie die angefochtenen Körperschaftsteuerbescheide und den Einspruchsbescheid und führte im übrigen aus: "Klageantrag und unsere Klagebegründung werden wir nachreichen." Die vom Vorsitzenden des Senats des FG gesetzte Frist zur Klagebegründung (zwei Monate) hielt sie nicht ein. Mit Verfügung vom 3. Februar 1989 setzte die Berichterstatterin eine Frist zum Tatsachenvortrag gemäß Art. 3 § 3 des Gesetzes zur Entlastung der Gerichte in der Verwaltungs- und Finanzgerichtsbarkeit (VGFGEntlG) zum 31. März 1989. Diese Verfügung blieb unbeantwortet. Mit Verfügung vom 30. Juni 1989 wurde Termin zur mündlichen Verhandlung auf den 20. Juli 1989 anberaumt. Mit Schriftsatz vom 19. Juli 1989 beantragte die Klägerin die Körperschaftsteuer wie folgt festzusetzen: für 1980 25.158 DM, für 1981 16.028 DM und für 1982 14.204 DM.

Sie begründete diesen Antrag wie folgt: Dem Gesellschafter-Geschäftsführer stehe nach den zwischen ihm und der Klägerin vereinbarten Verträgen eine Tantieme in Höhe von 80 v. H. "des Gewinns vor Steuern" zu. Soweit sich Erhöhungen des Einkommens der Klägerin durch den Ansatz verdeckter Gewinnausschüttungen ergeben hätten, sei die Tantieme des Gesellschafter-Geschäftsführers um jeweils 80 v. H. der Erhöhungen zu erhöhen; das Einkommen der Klägerin in den Streitjahren sei entsprechend zu mindern. Die Klägerin verzichtete auf mündliche Verhandlung.

Das FG wies die Klage ab.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung des § 65 Abs. 1 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) und des § 8 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1977.

Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet; sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 FGO).

1. Verfahrensrüge

Die Verfahrensrüge der Klägerin greift nicht durch. Der Senat sieht insoweit von einer Begründung ab (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs - BFHEntlG -).

2. Materielles Recht

Das FA hat die Klage zu Recht abgewiesen.

Die Klage ist zulässig, obwohl die Klägerin innerhalb der Frist zur Erhebung der Klage lediglich den angegriffenen Körperschaftsteuer- und Einkommensteuerbescheid bezeichnet und angekündigt hat, daß der Klageantrag und die Klagebegründung nachgereicht werden. Die Zulässigkeit der Klage ist nicht davon abhängig, daß innerhalb der Klagefrist das Klagebegehren vorliegt oder ein Klageantrag gestellt wird. Bis zum Ende der Klagefrist müssen lediglich die Erfordernisse beachtet werden, von denen es abhängt, ob ein Schriftstück sich überhaupt als Klageschrift qualifizieren läßt (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Oktober 1989 GrS 2/87, BFHE 159, 4, BStBl II 1990, 327).

Die Klage ist jedoch unbegründet. Das FA hat zu Recht das Einkommen der Klägerin um den Teilbetrag der Tantieme erhöht, der darauf beruht, daß die Klägerin das Mehreinkommen aufgrund einer verdeckten Gewinnausschüttung in die Bemessungsgrundlage für die Tantieme einbezogen hat.

Unter einer verdeckten Gewinnausschüttung i. S. des § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG 1977 ist bei einer Kapitalgesellschaft eine Vermögensminderung (verhinderte Vermögensmehrung) zu verstehen, die durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt ist, sich auf die Höhe des Einkommens auswirkt und in keinem Zusammenhang mit einer offenen Ausschüttung steht. Für den größten Teil der entschiedenen Fälle hat der BFH eine Veranlassung der Vermögensminderung durch das Gesellschaftsverhältnis angenommen, wenn die Kapitalgesellschaft ihrem Gesellschafter einen Vermögensvorteil zuwendet, den sie bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einem Nichtgesellschafter nicht gewährt hätte. Ist allerdings der begünstigte Gesellschafter ein beherrschender, so kann eine verdeckte Gewinnausschüttung auch dann anzunehmen sein, wenn die Kapitalgesellschaft eine Leistung an ihn erbringt, für die es an einer klaren und von vornherein abgeschlossenen Vereinbarung fehlt (vgl. BFH-Urteil vom 14. März 1990 I R 6/89, BFHE 160, 459, BStBl II 1990, 795, m. w. N.).

Das FG hat in einer für den Senat bindenden Weise (§ 118 Abs. 2 FGO) festgestellt, daß die strittigen Tantiemen-Beträge einem beherrschenden Gesellschafter zustanden und daß sie nach der zwischen der Klägerin und dem Geschäftsführer getroffenen Vereinbarung 80 v. H. des "Gewinns vor Steuern" betrugen. Das FG hat sich zwar bezüglich der Tantiemenvereinbarung auf die Begründung des Klageantrags bezogen. Dadurch, daß es in den Entscheidungsgründen von dem Vorbringen der Klägerin ausging, hat es die von der Klägerin vorgetragenen Tatsachen hinsichtlich der Tantiemenvereinbarung festgestellt.

Der Senat kann offenlassen, ob die als Betriebsausgaben geltend gemachten strittigen Tantiemenbeträge nicht schon deswegen auf einer verdeckten Gewinnausschüttung beruhen, weil die zugrunde liegende Tantiemenvereinbarung insoweit unklar ist, als sich aus ihr nicht ergibt, ob die Steuerbilanz oder die Handelsbilanz maßgebend ist und ob auch eine verdeckte Gewinnausschüttung Bemessungsgrundlage für die Tantieme ist. Selbst wenn man zugunsten der Klägerin davon ausgeht, daß nach der Vereinbarung auch verdeckte Gewinnausschüttungen an den beherrschenden Gesellschafter Bemessungsgrundlage für die Tantieme sind, liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung in Höhe des strittigen Betrags vor. Ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter hätte keine Vereinbarung getroffen, nach der sich der Tantiemenanspruch erhöht, wenn der Anspruchsberechtigte Empfänger einer verdeckten Gewinnausschüttung ist.