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  BFH-Urteil vom 23.1.1992 (XI R 36/88) BStBl. 1992 II S. 721

Beteiligungen des Gesellschafters einer als Bauunternehmen tätigen KG an verschiedenen Parkhaus-GmbH gehören nicht deswegen zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen, weil die KG die Parkhäuser errichtet hat.

EStG § 4 Abs. 1, § 5, § 15 (Abs. 1) Nr. 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Beteiligte am Revisionsverfahren (Klägerin) ist eine GmbH & Co. KG; sie betrieb ein Unternehmen des Hoch- und Tiefbaus. Der Beigeladene und Revisionskläger (Beigeladener) war zunächst ihr persönlich haftender Gesellschafter, später - so auch im Streitjahr - Kommanditist mit einem Anteil von 92,72 %. Die restlichen Anteile wurden von seinen Kindern sowie der persönlich haftenden Gesellschafterin, der X-GmbH, gehalten. Bei der Gründung der Klägerin (1964) brachte der Beigeladene das bewegliche Anlagevermögen und das Umlaufvermögen seines bisherigen Einzelunternehmens, einer Baufirma, ein.

Neben seiner Beteiligung an der Klägerin hielt der Beigeladene Anteile an fünf in den Jahren 1964 bis 1969 gegründeten Parkhaus-Gesellschaften.

Gesellschafter dieser GmbH waren der Beigeladene und ein Architekt mit gleichen Anteilen. Beide Gesellschafter waren auch gemeinsam Geschäftsführer der Parkhaus-Gesellschaften. In der Folge erwarb auch die Klägerin Anteile an den GmbH. Die Parkhäuser sind von der Klägerin bzw. - vor ihrer Gründung - von dem Einzelunternehmen des Beigeladenen nach Plänen des Architekten errichtet worden.

Während einer Ende 1969 für die Jahre 1964 bis 1967 bei der Klägerin durchgeführten Betriebsprüfung berichtigte diese ihre Bilanz für 1967, in der die Beteiligungen des Beigeladenen an den Parkhaus-Gesellschaften - erstmals - in Höhe von 595.000 DM ausgewiesen wurden. Grundlage hierfür war eine schriftliche Vereinbarung über die Einbringung der Beteiligungen vom 17. Juli 1968. Ende 1969 sind die Beteiligungen aufgrund eines dem Erwerber am 14. September 1967 gegenüber abgegebenen unwiderruflichen Angebots für 125.000 DM veräußert worden, weil sich die Gesellschaften infolge der ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung als sanierungsbedürftig erwiesen hatten. Dementsprechend berichtigte die Klägerin ihre Gewinnerklärung für 1967 und erklärte einen Verlust von 145.325 DM. Dabei wurde eine Teilwertabschreibung auf die Beteiligungen des Beigeladenen an den Parkhaus-Gesellschaften in Höhe von 508.660 DM und auf von der Klägerin hieran gehaltene Anteile in Höhe von 227.048 DM geltend gemacht.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dem nur für die Anteile der Klägerin, im Hinblick auf die Anteile des Beigeladenen jedoch nicht. Einspruch und Klage gegen den geänderten einheitlichen und gesonderten Gewinnfeststellungsbescheid für 1967 blieben insoweit erfolglos.

Mit seiner Revision rügt der Beigeladene die Verletzung des § 15 (Abs. 1) Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Er beantragt sinngemäß, unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung des FA vom 25. März 1976 und des Urteils des Finanzgerichts (FG) vom 17. März 1987 den einheitlich festzustellenden Gewinn um einen Betrag von 508.660 DM zu verringern, demgemäß einen Verlust von 145.325 DM festzustellen und im Rahmen der Aufteilung seinen Verlustanteil für 1967 mit 182.039 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin hat keinen Antrag gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat im Ergebnis zu Recht erkannt, daß die vom Beigeladenen gehaltenen Beteiligungen an den Parkhaus-Gesellschaften nicht zum Sonderbetriebsvermögen gehören und daß sich die Teilwertabschreibungen deshalb nicht als Sonderbetriebsausgaben auswirken können.

1. Zum Betriebsvermögen (§ 4 Abs. 1, § 5 EStG) einer gewerblich tätigen Personengesellschaft gehören nicht nur die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehenden Wirtschaftsgüter. Nach ständiger Rechtsprechung zählen hierzu vielmehr notwendigerweise auch Wirtschaftsgüter, die einem Mitunternehmer gehören, jedoch kraft ihrer Funktion dem Betrieb der Personengesellschaft (= Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Mitunternehmers (= Sonderbetriebsvermögen II) dienen (vgl. z. B. Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 6. Juli 1989 IV R 62/89, BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890, und vom 31. Oktober 1989 VIII R 374/83, BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677).

2. Als Wirtschaftsgut, das hiernach dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Mitunternehmers dient, kommt auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in Betracht. Dies ist für den Mitunternehmer einer GmbH & Co. KG hinsichtlich der Anteile des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH angenommen worden, weil er mit Hilfe dieser Beteiligung seine Interessen als Gesellschafter der KG wirksam wahrnehmen könne (BFH-Urteil vom 15. Oktober 1975 I R 16/73, BFHE 117, 164, BStBl II 1976, 188). Die Eigenschaft als notwendiges Sonderbetriebsvermögen kann sich aber auch aus Geschäftsbeziehungen zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft ergeben. So ist die Beteiligung des Gesellschafters an einer GmbH, an die die Personengesellschaft ihr Anlagevermögen vermietet hat, ebenso als Sonderbetriebsvermögen angesehen worden wie die Beteiligung des Gesellschafters an einer Kapitalgesellschaft, die den Vertrieb für die Personengesellschaft übernommen hat, und die Beteiligung des Gesellschafters an einer Produktions-GmbH, für die die Personengesellschaft den Vertrieb übernommen hat (vgl. BFH-Urteile in BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890, m. w. N., und in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677). Kennzeichnend für diese Gestaltungen ist eine enge wirtschaftliche Verflechtung zwischen der Personengesellschaft und der Kapitalgesellschaft, und zwar derart, daß die Kapitalgesellschaft für die Personengesellschaft eine wesentliche wirtschaftliche Funktion erfüllt. Die Unterhaltung von Geschäftsbeziehungen, wie sie üblicherweise auch mit anderen Unternehmen bestehen, reicht deshalb grundsätzlich nicht aus, um Anteile des Gesellschafters der Personengesellschaft an der Kapitalgesellschaft, mit der die Personengesellschaft Geschäftsbeziehungen unterhält, als Sonderbetriebsvermögen anzusehen.

3. Bei Anwendung dieser Rechtsgrundsätze kommt eine Zuordnung der vom Beigeladenen gehaltenen Anteile an den Parkhaus-GmbH zum Sonderbetriebsvermögen nicht in Betracht.

a) Bei den Bauaufträgen, die der Klägerin von seiten der Parkhaus-Gesellschaften erteilt wurden, handelte es sich um für ein Hochbauunternehmen übliche Geschäftsbeziehungen, wie sie die Klägerin - auch nach ihrer eigenen Darstellung - in der einen oder anderen Form ebenso mit dritten Bauherren als Auftraggeber abgewickelt hat. Die Bautätigkeit für die GmbH war insoweit branchentypischer Natur. Dies gilt auch für den Umfang der für die Parkhaus-Gesellschaften ausgeführten Bauaufträge. Zwar waren die Geschäftsbeziehungen zwischen der Klägerin und den Parkhaus-Gesellschaften nicht derart geringen Umfanges, daß sich bereits von daher besondere betriebliche Eigenschaften der Anteile an den GmbH für die Beteiligung des Beigeladenen an der Personengesellschaft verneinen ließen (vgl. dazu z. B. BFH-Urteil in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677; s. auch Urteil in BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890, a. E.). Der Revision ist vielmehr einzuräumen, daß die Aufträge zum Bau der einzelnen Parkhäuser im Streitjahr einen beträchtlichen, wenn auch unterschiedlich hohen Anteil an der insgesamt von der Klägerin erbrachten Jahresbetriebsleistung ausgemacht haben. Die vom Beigeladenen vorgelegte Übersicht über die Betriebsleistungen erhellt aber, daß die Klägerin neben den Aufträgen für die GmbH in erheblichem Maße Aufträge für Dritte ausgeführt hat. Die Übersicht zeigt zum weiteren, daß die einzelnen Bauaufträge der Drittunternehmen auch von ihrem Volumen her nicht hinter jenen der Parkhaus-Gesellschaften zurückstanden. Letzten Endes liegt es bei der Art der von der Klägerin ausgeführten Bauobjekte in der Natur der Sache, daß die einzelnen Bauvorhaben sich über einen längeren Zeitraum hinzogen, damit die Kapazitäten der Klägerin vorübergehend ausschöpften und dementsprechend sonstige Tätigkeiten der Klägerin im gleichen Zeitraum weitestgehend verhinderten.

Im übrigen ist ohnehin nichts dafür ersichtlich, daß der Beigeladene die Beteiligungen nur für die Bauphasen der jeweiligen Parkhäuser eingegangen ist. Nach Lage der Dinge handelte es sich vielmehr um Daueranlagen, die sich - über die Erstellung der Parkhäuser hinaus - auf den eigentlichen Unternehmensgegenstand der GmbH - den Betrieb der Parkhäuser - erstreckten. Zwischen diesem Unternehmenszweck und dem Betrieb eines Hoch- und Tiefbauunternehmens läßt sich jedoch eine wirtschaftliche Beziehung, die zu notwendigem Sonderbetriebsvermögen führen könnte, nicht ohne weiteres herstellen.

b) Der Beigeladene beruft sich darauf, daß die einzelnen - fertiggestellten - Parkhausobjekte geeignet gewesen seien, der Klägerin als Demonstrations- und Referenzobjekte zu dienen, um als Spezialbauunternehmen auf dem engen Marktsegment des ingenieurmäßig betriebenen Hochbaus ausgewiesen zu sein und dadurch Zugang zu weiteren, vergleichbaren Aufträgen von dritter Seite zu erlangen. Zum weiteren macht er geltend, die Beteiligungen hätten der Klägerin die Durchführung der einzelnen Bauaufträge erleichtern können. Als Bauunternehmen hätten der Klägerin keine fremden Bauherren gegenübergestanden; es sei ihr also eher möglich gewesen, ihre eigenen Interessen durchzusetzen.

Der Senat stellt auch diese sich für die Klägerin ergebenden Vorteile nicht in Abrede. Aus ihnen läßt sich jedoch nichts für die Zuordnung der Beteiligungen zum notwendigen Sonderbetriebsvermögen herleiten. Denn hieraus ergeben sich für die Klägerin allenfalls mittelbare Effekte und Reflexwirkungen. Notwendiges Sonderbetriebsvermögen liegt aber nur vor, wenn das Wirtschaftsgut unmittelbar dem Betrieb der Gesellschaft oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft dient (s. auch BFH-Urteile in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677, und vom 31. Januar 1991 IV R 2/90, BFHE 164, 309, BStBl II 1991, 786).

c) Gegen die Zuordnung der Beteiligungen zum Sonderbetriebsvermögen spricht schließlich, daß der Beigeladene jeweils nur zur Hälfte an den Parkhaus-Gesellschaften beteiligt war, sein Mitgesellschafter aber nicht auch Gesellschafter der Klägerin war. Das Maß seiner Einflußnahme auf deren Geschäftstätigkeit war damit begrenzt. Es war ihm nicht möglich, seinen Willen im Interesse der Klägerin durchzusetzen (vgl. dazu auch die Sachverhalte, über die der BFH in folgenden Urteilen zu entscheiden hatte: vom 29. Oktober 1986 II R 226/82, BFHE 148, 72, BStBl II 1987, 99; vom 28. Juni 1989 II R 242/83, BFHE 157, 443, BStBl II 1989, 824; in BFHE 157, 551, BStBl II 1989, 890; in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677). Dies mag sich zwar geändert haben, nachdem die - vom Beigeladenen beherrschte - Klägerin im Streitjahr nach Durchführung von Kapitalerhöhungen selbst Anteile an zwei der insgesamt fünf Parkhaus-Gesellschaften erworben hatte. Das FG hat hierzu im einzelnen keine Feststellungen getroffen. Allerdings braucht dem nicht weiter nachgegangen zu werden. Die Kapitalerhöhung und die Übernahme von Anteilen durch die Klägerin erfolgten nach Angaben des Beigeladenen erst - nach Abschluß der Bautätigkeiten - zu einem Zeitpunkt, als die Beteiligungen dem späteren Erwerber unwiderruflich angeboten worden waren. Zu diesem Zeitpunkt kam eine Einflußnahme auf Entscheidungen der GmbH zugunsten der Klägerin nicht mehr in Betracht.

4. Die vom Beigeladenen gehaltenen Anteile an den Gesellschaften gehörten auch nicht zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen.

Eine Zuordnung zum gewillkürten Sonderbetriebsvermögen kommt nämlich nur in Betracht, wenn sie zwar nicht schon aufgrund ihrer Funktion, aber doch objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft oder der Beteiligung des Mitunternehmers an der Personengesellschaft zu dienen und diese zu fördern (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1990 VIII R 142/85, BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401, m. w. N.). Die subjektive Bestimmung setzt voraus, daß das Wirtschaftsgut in der Buchführung und Bilanz des Sonderbetriebsvermögens, aber auch in der steuerlichen Gesamtbilanz der Mitunternehmerschaft in einem zeitnahen Akt ausgewiesen ist (BFH-Urteile vom 21. Oktober 1976 IV R 71/73, BFHE 120, 374, BStBl II 1977, 150; vom 6. Mai 1986 VIII R 160/85, BFHE 147, 313, BStBl II 1986, 838; in BFHE 162, 99, BStBl II 1991, 401; in BFHE 159, 434, BStBl II 1990, 677). Im Streitfall sind die Beteiligungen des Beigeladenen an den Parkhaus-Gesellschaften als dessen Privatvermögen behandelt und weder in einer Sonderbilanz des Beigeladenen noch in der steuerlichen Gesamtbilanz der Klägerin und ihrer Mitunternehmer ausgewiesen worden. Die Klägerin hat allerdings aufgrund der Vereinbarung vom 17. Juli 1968 beantragt, die Beteiligungen als Betriebsvermögen anzusehen und die Gewinnfeststellung für das Streitjahr entsprechend zu berichtigen. Zu diesem Zeitpunkt stand nach den Feststellungen des FG und dem eigenen Vorbringen des Beigeladenen jedoch bereits fest, daß die Beteiligungen infolge der wirtschaftlichen Entwicklung dem Betrieb der Personengesellschaft keinen Nutzen, sondern nur noch Verluste bringen konnten. Dies schließt ihre Einlage in das Sonderbetriebsvermögen aus (vgl. BFH-Urteil vom 8. Februar 1985 III R 169/82, BFH/NV 1985, 80, m. w. N.).

5. Nach allem kann die Revision im Ergebnis keinen Erfolg haben. Der Senat braucht nicht mehr der Frage nachzugehen, ob die Beteiligungen an den GmbH von vornherein - bei ihrem erstmaligen Ausweis in der Bilanz der Klägerin für 1967 - mit 595.000 DM zu hoch angesetzt worden sind, nachdem der Beigeladene sie bereits am 14. September 1967 wegen der ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklung dem späteren Erwerber unwiderruflich für nur 125.000 DM angeboten hatte.