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  BFH-Urteil vom 23.1.1992 (IV R 104/90) BStBl. 1993 II S. 327

Bei einem sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrag stehen dem Eigentümer die Absetzungen für Abnutzung zu.

EStG § 2 Abs. 2, § 7, § 13.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) überließ im Juni 1985 seinen landwirtschaftlichen Betrieb einschließlich der Wohn- und Wirtschaftsgebäude seinem Sohn "als Hoferben" auf die Dauer von zwölf Jahren. Nach dem Überlassungsvertrag war der Sohn befugt, "sämtliche betrieblichen Entscheidungen allein zu treffen und sämtliche zur Führung des Betriebs erforderlichen Maßnahmen durchzuführen". Das Inventar (Betriebsvorrichtungen, Maschinen, Geräte, Vorräte und Feldinventar) übernahm der Sohn nach den Grundsätzen der eisernen Verpachtung. Außer der Übernahme altenteilsähnlicher Leistungen hatte der Sohn sämtliche auf dem Betrieb ruhenden Abgaben und Lasten sowie Versicherungsbeiträge zu tragen. Ihm oblag ferner die Unterhaltung und Instandsetzung der Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie der übrigen baulichen Anlagen und Grundverbesserungen. Die Absetzung für Abnutzung (AfA) auf diese Wirtschaftsgüter sollten dem Kläger zustehen.

Unter Berücksichtigung von AfA auf die Wohn- und Wirtschaftsgebäude sowie Grundverbesserungen erklärte der Kläger in seiner Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1986 einen Verlust aus Land- und Forstwirtschaft in Höhe von 6.431 DM. Die altenteilsähnlichen Leistungen wurden einschließlich des Nutzungswerts der Wohnung bei den sonstigen Einkünften erklärt.

Nach erklärungsgemäßer Veranlagung versagte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) mit dem angefochtenen Einkommensteuer-Änderungsbescheid den Abzug der AfA und erhöhte die Einkommensteuer von 0 DM auf 974 DM.

Nach erfolglosem Einspruch gab das Finanzgericht (FG) der Klage mit der Begründung statt, auch bei einer Wirtschaftsüberlassung verbleibe die AfA-Berechtigung beim Eigentümer der Wirtschaftsgüter.

Dagegen richtet sich die vom FG zugelassene Revision, mit der das FA Verletzung materiellen Rechts rügt. Aus den Besonderheiten der Anerkennung von Wirtschaftsüberlassungsverträgen als einer Vorstufe der Hofesnachfolge sei es gerechtfertigt, den Nutzungsberechtigten einem Eigentümer gleichzustellen. Anders als ein Pächter könne der Nutzungsberechtigte seinen Aufwand für die Nutzungsüberlassung nicht als Betriebsausgabe, sondern nur als Sonderausgabe abziehen. Daraus aber folge, daß dem Eigentümer nur noch die Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken und aus der Besteuerung des Nutzungswertes der selbstgenutzten Wohnung verblieben. AfA könne er nicht beanspruchen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat zu Recht entschieden, daß der Kläger als Eigentümer und Nutzungsverpflichteter zur Vornahme von AfA berechtigt war.

Im Streitfall hat der Kläger seinem Sohn aufgrund eines sog. Wirtschaftsüberlassungsvertrages unentgeltlich die Nutzung seines landwirtschaftlichen Betriebs übertragen, ohne selbst die Betriebsaufgabe zu erklären. Diese Vereinbarung erfüllt die Anforderungen, die nach der Rechtsprechung des Senats an derartige Gestaltungen zur Vorbereitung der Hofesnachfolge zu stellen sind (Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 24. Juli 1975 IV R 99/72, BFHE 116, 364, BStBl II 1975, 772, und vom 5. Februar 1976 IV R 31/74, BFHE 118, 37, BStBl II 1976, 335).

Darüber sind sich die Beteiligten auch einig. Entgegen der Auffassung des FA folgt aus dieser Rechtsprechung jedoch, daß dem die Nutzung des Hofes überlassenden Eigentümer auch weiterhin die AfA-Befugnis zusteht. Wie der Senat in BFHE 118, 37, 44, BStBl II 1976, 335 ausgeführt hat, sind aus dem Abschluß eines solchen unentgeltlichen Überlassungsvertrages für den Hofeigentümer - mit Ausnahme des Umstandes, daß er keine Pachteinnahmen, sondern Unterhaltsleistungen vom Nutzungsberechtigten erhält - dieselben Rechtsfolgen abzuleiten, wie sie für die Verpachtung landwirtschaftlicher Betriebe gelten.

Wie der Verpächter kann der Kläger daher AfA auf die in seinem Eigentum verbliebenen abnutzbaren Wirtschaftsgüter vornehmen, deren Verwendung oder Nutzung sich auf einen längeren Zeitraum erstreckt (§ 7 Abs. 1 und 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Diese Wirtschaftsgüter werden auch zur Erzielung von Einkünften genutzt (§ 7 Abs. 1 Satz 1 EStG), denn bis zur Erklärung der Betriebsaufgabe oder einer möglichen Beurteilung als Liebhabereibetrieb erzielt der Eigentümer mit der Fortführung des Hofes in Form der Nutzungsüberlassung Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft i. S. des § 13 EStG. Solange die Wirtschaftsgüter Betriebsvermögen bleiben, steht der erwähnte Umstand, daß der Hofeigentümer keinen laufenden Pachtzins vereinnahmt, einer Einkunftserzielung beim Nutzungsüberlassenden nicht entgegen. Wie das FG im übrigen zutreffend ausgeführt hat, waren dem Kläger im Streitjahr nicht nur der Nutzungswert seiner Wohnung nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 EStG, sondern auch etwaige Gewinne aus der Veräußerung von Anlagegütern als Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft zuzurechnen (beiläufig auch BFH-Urteil vom 26. Februar 1987 IV R 325/84, BFHE 150, 321, 324 oben, BStBl II 1987, 772, m. w. N.).

Der Erwägung des FA, die Besonderheiten der Anerkennung von Wirtschaftsüberlassungsverträgen als einer Vorstufe der Hofesnachfolge rechtfertigten es, den Nutzungsberechtigten einem Eigentümer gleichzustellen, vermag der Senat nicht zu folgen. Diese Rechtsfolge wollte der Kläger gerade vermeiden, sonst hätte er ohne weiteres die Übergabe des Betriebes im Wege der vorweggenommenen Erbfolge gewählt. Aus der Rechtsprechung des Senats zu den Wirtschaftsüberlassungsverträgen folgt vielmehr, daß der Nutzungsberechtigte - mit der erwähnten Ausnahme, der Verpflichtung zu Versorgungsleistungen anstelle von Pachtzahlungen - einem Pächter gleichzustellen ist (BFHE 118, 37, 44, BStBl II 1976, 335).