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BFH-Urteil vom 7.7.1992 (VIII R 24/90) BStBl. 1993 II S. 333

1. Gewährt der zu mehr als 1/4 an einer GmbH beteiligte Gesellschafter dieser ein Darlehen, so kann der Verlust der Darlehensforderung im Rahmen der Liquidation der Gesellschaft als Anschaffungskosten gemäß § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigen sein, wenn das Darlehen kapitalersetzenden Charakter hatte.

2. Ein Darlehen kann kapitalersetzenden Charakter dadurch erlangen, daß der Gesellschafter das Darlehen nicht abzieht, obwohl absehbar ist, daß seine Rückzahlung aufgrund der finanziellen Situation der Gesellschaft gefährdet ist.

3. Hat das Darlehen auf diese Weise kapitalersetzenden Charakter erlangt, mindern sich die Anschaffungskosten gemäß § 17 Abs. 2 EStG nicht dadurch, daß der Gesellschafter später noch auf die wertlos gewordene Darlehensforderung verzichtet.

EStG § 17 Abs. 2 und 4.

Vorinstanz: Hessisches FG (EFG 1990, 351)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) war seit 1975 Gesellschafter der G-GmbH, zunächst mit einem Nennkapitalanteil von 165.000 DM (55 v. H.), nach einer Kapitalerhöhung am 24. November 1975 mit einem Nennkapitalanteil von 550.000 DM (55 v. H.). Neben ihm waren an der G-GmbH beteiligt seine Mutter mit 200.000 DM und seine Schwester mit 250.000 DM.

Ebenfalls am 24. November 1975 erwarb die G-GmbH vom Kläger und seinen an der G-GmbH beteiligten Angehörigen 96,24 v. H. der Anteile an der P-GmbH in Höhe des Gesamtnennbetrags von 4.090.000 DM.

Im Anschluß an die Übertragung der Geschäftsanteile auf die G-GmbH beschloß die P-GmbH ebenfalls am 24. November 1975 eine Kapitalerhöhung um 2 Mio. DM auf insgesamt 6.250.001 DM. Diesen neu geschaffenen Geschäftsanteil übernahm die G-GmbH. Sodann wurde eine weitere Kapitalerhöhung um 6.250.000 DM beschlossen. Dieses Kapital übernahm die B-AG in X und war damit in Höhe von 50 v. H. an der P-GmbH beteiligt.

Zur Finanzierung der Anschaffung der Anteile an der P-GmbH nahm die G-GmbH bei ihren Gesellschaftern Darlehen in Höhe von insgesamt 4.218.460 DM auf. Diese Darlehen waren zu verzinsen. Für die Jahre 1976 bis einschließlich 1978 betrugen die Zinsen jährlich 275.912 DM.

Im Laufe des Geschäftsjahres 1976 verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der P-GmbH. In den jährlichen Hauptversammlungen der G-GmbH zur Beschlußfassung über die Bilanzen und die Gewinn- und Verlustrechnung für die Jahre 1976 bis 1978 verzichteten die Gesellschafter jeweils auf eine Verzinsung der Darlehen, weil die P-GmbH infolge der anhaltend schlechten geschäftlichen Entwicklung keine Dividenden an die G-GmbH ausschütten konnte. Im Jahre 1979 veräußerte die G-GmbH ihre Geschäftsanteile zu einem Erinnerungswert von 1 DM an die B-AG. Der hierin zum Ausdruck kommende Vermögensverfall der G-GmbH veranlaßte ihre Gesellschafter, durch Vertrag vom 7., 9. und 10. August 1979 auf die der G-GmbH gegebenen Darlehen in Höhe von 4.218.460 DM sowie auf die bis dahin angefallenen Zinsen zu verzichten. Nach Ziffer 2 des Erlaßvertrages sollte die Darlehensforderung jedoch wieder aufleben, soweit nach Beseitigung der Überschuldung aus zukünftigen Gewinnen eine Rückzahlung möglich sei. Nachdem sich in den Folgejahren die wirtschaftliche Situation der G-GmbH nicht verbessert hatte, verzichteten ihre Gesellschafter am 24. und 28. Juni 1981 auf diese Besserungszulage.

Am 26. Oktober 1982 beschlossen die Gesellschafter, die G-GmbH zu liquidieren. Sie wurde am 31. Dezember 1982 im Handelsregister gelöscht. Bei der Durchführung der Liquidation ergab sich für die Gesellschafter kein Liquidationsguthaben.

Der Kläger machte in der Einkommensteuererklärung 1982 den Liquidationsverlust gemäß § 17 des Einkommensteuergesetzes (EStG) geltend. Er errechnete diesen Verlust wie folgt:

eingezahlte Stammeinlage                             550.000 DM

55 v. H. Anteile an der

verdeckten Einlage                                      1.344.750 DM

  

55 v. H. Anteil am Darlehens-

und Zinsverzicht                                          2.887.884 DM

Veräußerungsverlust insgesamt                   4.782.634 DM.

Im Rahmen der Einkommensteuerveranlagung für das Jahr 1982 berücksichtigte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die ersten beiden Positionen bei der Ermittlung des Aufgabeverlustes. Im Einspruchsverfahren gegen den Steuerbescheid für das Streitjahr 1981 machte der Kläger unter Berücksichtigung des von ihm für das Jahr 1982 errechneten Veräußerungsverlustes einen Verlustrücktrag in Höhe von 2.947.803 DM geltend. Den Verlustrücktrag berechnete der Kläger wie folgt:

Verlust 1982                                               4.782.634 DM

davon 1982 verbraucht                                 1.010.149 DM

davon 1980 verbraucht                                    824.682 DM

verbleibt Verlustrücktrag 1981                      2.947.803 DM.

Das FA erkannte jedoch, ausgehend von einem Verlustvolumen von 1.894.750 DM für 1982, für das Streitjahr 1981 (unter Berücksichtigung weiterer Verluste bei anderen Einkünften) nur 550.036 DM als Verlustrücktrag an (Einspruchsentscheidung vom 21. Juli 1983).

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1990, 351).

Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassenen Revision rügt der Kläger Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Kläger beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und die Einkommensteuer 1981 auf null DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und zur Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Aufgrund der vom FG festgestellten Tatsachen vermag der Senat nicht zu entscheiden, ob dem Kläger im Zusammenhang mit der Liquidation der G-GmbH nachträgliche Anschaffungskosten über den vom FA anerkannten Betrag von 1.894.750 DM hinaus entstanden sind (§ 17 Abs. 2 EStG), die gemäß § 10 d EStG i. d. F. vom 6. Dezember 1981 (BGBl I 1981, 1249, 1560) auf das Streitjahr 1981 zurückgetragen werden können.

Hinsichtlich der Darlehensforderung sowie der Zinsforderungen ist dafür grundsätzlich Voraussetzung, daß es sich um (nachträgliche) Anschaffungskosten i. S. des § 17 Abs. 4 i. V. m. Abs. 2 EStG handelt (vgl. die grundsätzlichen Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Oktober 1984 VIII R 36/83, BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, und vom 16. April 1991 VIII R 100/87, BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234). Diese Voraussetzung kann entweder dadurch erfüllt sein, daß die Forderungen in die G-GmbH eingelegt wurden oder dadurch, daß sie im Zeitpunkt der Liquidation der G-GmbH durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt waren.

1. a) Die Hingabe des Darlehens im Jahre 1975 erfüllte nicht die Voraussetzungen einer (verdeckten) Einlage.

Eine verdeckte Einlage ist gegeben, wenn ein Gesellschafter seiner Kapitalgesellschaft außerhalb der gesellschaftsrechtlichen Einlagen Vermögensvorteile zuwendet und diese Zuwendungen ihre Ursache im Gesellschaftsverhältnis haben (vgl. BFH-Urteil vom 9. März 1983 I R 182/78, BFHE 139, 139, BStBl II 1983, 744, m. w. N.).

Die Gewährung eines verzinslichen Darlehens ist grundsätzlich kein Vermögensvorteil für die Gesellschaft, weil sich ihre Verbindlichkeiten entsprechend erhöhen. So war es auch im Streitfall. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, daß wirtschaftlich gesehen hier kein Darlehen seitens des Klägers gewährt worden wäre.

b) Das Darlehen hatte auch im Zeitpunkt der Überlassung der Darlehensvaluta (1975) noch keinen kapitalersetzenden Charakter, d. h. die Darlehensgewährung war nicht durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt. Letzteres ist dann der Fall, wenn ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns das Darlehen der Gesellschaft nicht gewährt hätte (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 13. Juli 1981 II ZR 256/79, BGHZ 81, 252, 255; BFH-Urteile in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234, und vom 16. April 1991 VIII R 224/85, BFH/NV 1992, 94). Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob ein Dritter ein Darlehen im einzelnen zu den Konditionen des Gesellschafterdarlehens gewährt hätte. Die Darlehensgewährung ist vielmehr dann durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, wenn angesichts der finanziellen Situation der Gesellschaft die Rückzahlung des Darlehens in einem Maße gefährdet war, daß ein ordentlicher Kaufmann dieses Risiko nicht eingegangen wäre. Bei der Beurteilung des Risikos können allerdings alle Umstände berücksichtigt werden, z. B. auch der Mangel an Sicherheiten.

Damit weicht der erkennende Senat nicht von der Rechtsprechung des I. Senats ab. Im Urteil vom 30. Mai 1990 I R 97/88 (BFHE 160, 567, BStBl II 1990, 875) führt der I. Senat zwar aus, zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung könne eine Darlehenshingabe nur führen, wenn sie steuerrechtlich als Einlage zu beurteilen sei. Dabei ging es jedoch um die Behandlung eines Darlehens bei der Kapitalgesellschaft. Der I. Senat gelangt im übrigen zu dem Ergebnis, daß die Frage, ob ein Darlehen dem Eigenkapital oder dem Fremdkapital zuzurechnen sei, nach den Kriterien des Zivilrechts zu beurteilen sei. Auch wenn ein Gesellschafterdarlehen nach den vom BGH zu den §§ 30 f. des Gesetzes betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) entwickelten Grundsätzen (vgl. z. B. BGH-Urteil vom 26. März 1984 II ZR 14/84, BGHZ 90, 370, 376) als eigenkapitalersetzend anzusehen sei, bleibe es für das Innenrecht der GmbH Fremdkapital (vgl. auch BFH-Beschluß vom 14. August 1991 I B 240/90, BFHE 165, 279, BStBl II 1991, 935; BFH-Urteil vom 5. Februar 1992 I R 127/90, BFHE 166, 356, BStBl II 1992, 532). Auch der erkennende Senat geht davon aus. Sofern die Voraussetzungen einer Einlage nicht gegeben sind, mag ein Darlehen zwar unter zivilrechtlichen Gesichtspunkten Eigenkapitalcharakter haben (vgl. BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234, zu 3.), daraus folgt aber noch nicht, daß es sich auch steuerrechtlich um Eigenkapital handelt. Die gesellschaftliche Veranlassung des Darlehens rechtfertigt es lediglich, die Hingabe des Darlehens (das Stehenlassen des Darlehens) in der Frage der Anschaffungskosten der Beteiligung des darlehengewährenden Gesellschafters den gesellschaftsrechtlichen Einlagen gleichzustellen (BFH in BFHE 143, 228, BStBl II 1985, 320, zu 1. b, bb). Der eigenkapitalersetzende Charakter des Darlehens kann sich bei einer Beteiligung im Privatvermögen nur im Zusammenhang mit der Tatbestandsverwirklichung des § 17 EStG auswirken (vgl. BFH in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234, zu 1. e).

Im Streitfall hätte auch ein Nichtgesellschafter der G-GmbH 1975 ein Darlehen zu marktüblichen Bedingungen gewährt. Das FG hat festgestellt, daß zum Zeitpunkt der Hingabe des Darlehens die Vermögenssituation der G-GmbH stabil und eine Gefährdung nicht absehbar gewesen sei. Der Senat ist an diese Feststellung gebunden; denn sie ist nicht durch zulässige und begründete Rügen angegriffen worden (§ 118 Abs. 2 FGO). Die Revision trägt zwar zu Recht vor, das FG habe den festgestellten Sachverhalt nicht unter diesem rechtlichen Gesichtspunkt gewürdigt. Das verbietet es jedoch dem erkennenden Senat nicht, dies im Revisionsverfahren nachzuholen. Der Senat ist nicht an die rechtliche Würdigung des Sachverhalts durch das FG gebunden.

2. a) Durch das spätere Stehenlassen der Darlehensforderung hat der Kläger die Forderung nicht (verdeckt) eingelegt.

Auch insofern würden die o. a. (zu 1. a) Voraussetzungen der Einlage gelten. Danach kann von einem Vermögensvorteil für die GmbH keine Rede sein, weil sich an dem Darlehenscharakter der Forderung nichts geändert hat. Auch der Zinsverzicht, der nach den Feststellungen des FG durch die Liquiditätsschwierigkeiten der G-GmbH begründet war, nimmt der Forderung selbst noch nicht den Charakter eines Darlehens.

b) aa) Nachdem sich die finanzielle Situation der G-GmbH seit 1976 verschlechtert hatte, könnte die Weitergewährung des Darlehens seitens des Klägers durch das Gesellschaftsverhältnis verursacht sein, weil er das Darlehen trotz des Risikos eines Verlustes stehen ließ. Voraussetzung ist auch hierbei, daß ein Nichtgesellschafter bei Anwendung der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns das Darlehen nicht stehengelassen hätte (vgl. oben zu 1. b).

Die Veranlassung der weiteren Darlehensgewährung durch das Gesellschaftsverhältnis setzt danach zunächst die Möglichkeit voraus, den Darlehensbetrag zurückzuerlangen (vgl. BGH-Urteile vom 27. November 1989 II ZR 43/89, Betriebs-Berater - BB - 1990, 164; vom 5. Februar 1990 II ZR 114/89, Der Betrieb - DB - 1990, 926; vom 24. September 1990 II ZR 174/89, DB 1990, 2365). Die Möglichkeit, das Darlehen abzuziehen, setzt ferner voraus, daß der Gesellschafter von der Gefährdung seiner Forderung, d. h. von der Krise der Gesellschaft, Kenntnis hat (vgl. BGH-Urteile in DB 1990, 2365, und in BB 1990, 164).

Der Senat geht zwar davon aus, daß der Kläger das Darlehen gemäß § 609 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) oder aufgrund eines außerordentlichen Kündigungsrechts (dazu Staudinger/Hopt/Mülbert, Bürgerliches Gesetzbuch, 12. Aufl., § 609 Rdnr. 34 f.) nach Eintritt der Krise hätte kündigen können.

Das FG hat aber keine Feststellungen dazu getroffen, wann die Krise der Gesellschaft begann und wann der Kläger davon erfahren hat.

Dabei wird man im allgemeinen davon ausgehen können, daß ein Gesellschafter, der zu mehr als 25 v. H. an der Gesellschaft beteiligt ist, über die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft informiert ist (vgl. auch BGH-Urteil vom 17. Februar 1992 II ZR 154/91, DB 1992, 981). Unternimmt der Gesellschafter in diesen Fällen nichts, versucht er also nicht, das Darlehen abzuziehen, wird dies in der Regel seinen Grund in seiner Gesellschaftereigenschaft haben. Bestehen aufgrund besonderer Umstände ausnahmsweise Zweifel daran, daß der Gesellschafter Kenntnis vom Eintritt der Krise hatte, liegt die Feststellungslast hierfür bei dem Gesellschafter, der den Verlust des Darlehens als nachträgliche Anschaffungskosten geltend macht (vgl. demgegenüber zur Beweissituation im Zivilrecht BGH in DB 1992, 981, und vom 18. November 1991 II ZR 258/90, DB 1992, 366).

Auf die Kenntnis des Gesellschafters vom Eintritt der Krise kommt es nicht an, wenn der Gesellschafter bereits vorher zu erkennen gegeben hat, daß er das Darlehen im Falle der Krise nicht abziehen werde, und wenn er sich der Gesellschaft gegenüber entsprechend gebunden hat (vgl. BGH-Urteil vom 9. März 1992 II ZR 168/91, DB 1992, 981). In diesem Fall wird das Darlehen mit Eintritt der Krise ohne weiteres zum kapitalersetzenden Darlehen.

Schließlich ist zu prüfen, welchen Wert das Darlehen hatte, als es kapitalersetzend wurde (vgl. Gassner, Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht, 1990/91, 387, 428). Nur in Höhe dieses Wertes kann ein späterer Wertverlust der Darlehensforderung zu nachträglichen Anschaffungskosten der Beteiligung führen. Dabei wird im allgemeinen vom Nennwert auszugehen sein, wenn der Gesellschafter über die Entwicklung des Unternehmens unterrichtet ist (vgl. oben) und von vornherein keine Anzeichen dafür sprechen, daß er beabsichtigte, das Darlehen abzuziehen.

bb) Der Senat kann die o. a. fehlenden Feststellungen als Revisionsgericht nicht selbst nachholen (§ 118 Abs. 2 FGO); die Sache war daher an das FG zurückzuverweisen.

Die Zurückverweisung erübrigt sich nicht deshalb, weil der Kläger auf die Darlehensforderung in den Jahren 1979 - mit Besserungsklausel - und 1981 - uneingeschränkt - verzichtet hat. Sie würde sich erübrigen, wenn - auch für den Fall, daß das Darlehensverhältnis gesellschaftlich veranlaßt ist - der Verzicht zur Einlage der Darlehensforderung zum Werte von 0 DM führen würde mit der Folge, daß bei der Liquidation die im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigenden nachträglichen Anschaffungskosten ebenfalls 0 DM betragen würden. Das ist jedoch nicht der Fall.

Der Verzicht auf die Rückzahlung eines Darlehens kann zwar eine verdeckte Einlage sein. Der BFH hat dies für den Erlaß einer Forderung gegen die Gesellschaft bejaht (vgl. Urteil vom 29. Mai 1968 I 187/65, BFHE 93, 62, BStBl II 1968, 722). Der Verzicht auf Rückzahlungsansprüche steht dem Erlaß insoweit gleich.

Unabhängig davon, wie der Verzicht auf die Darlehensforderung bei der G-GmbH zu behandeln ist, richtet sich der Wert der verdeckten Einlage beim Gesellschafter - dem Kläger - nach dem gemeinen Wert im Zeitpunkt der Einlage (BFH-Urteile in BFHE 165, 31, BStBl II 1992, 234; vom 25. Januar 1984 I R 183/81, BFHE 140, 538, BStBl II 1984, 422, zu Anteilen im Betriebsvermögen; vgl. ferner Knobbe-Keuk, Deutsche Steuer-Zeitung - DStZ - 1984, 335, 337; Wassermeyer, DB 1990, 2288; Meermann, Die steuerliche Betriebsprüfung - StBp - 1988, 110; Seibold, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1990, 719, 722; Döllerer, DStR 1989, 331, 337, ders., Finanz-Rundschau - FR - 1992, 233; Felix, DStZ 1989, 207, zu 3.; Hoerger in Littmann/Bitz/Meincke, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 17 EStG Rdnr. 57).

Durch die Entscheidung in BFHE 140, 538, BStBl II 1984, 422 sind die vom Kläger angeführten Entscheidungen des I. Senats überholt (vgl. Urteile in BFHE 93, 62, BStBl II 1968, 722; vom 30. April 1968 I 161/65, BFHE 93, 44, BStBl II 1968, 720; vom 9. März 1977 I R 203/74, BFHE 122, 68, BStBl II 1977, 515).

Der gemeine Wert der Einlage würde im Streitfall 0 DM betragen. Das FG hat festgestellt, daß die G-GmbH sowohl 1979 als auch 1981 nicht mehr in der Lage gewesen sei, ihre Darlehensverbindlichkeiten zu erfüllen; die Darlehensforderung des Klägers sei wirtschaftlich wertlos gewesen. Sollte daher das FG im zweiten Rechtszug die gesellschaftliche Veranlassung der Darlehensgewährung durch Stehenlassen verneinen, könnten nachträgliche Anschaffungskosten i. S. des § 17 Abs. 2 EStG nach den bisherigen Feststellungen durch den Verzicht im Ergebnis nicht entstanden sein.

cc) Sollte das FG im zweiten Rechtszug zu dem Ergebnis kommen, daß die Darlehensgewährung durch das Stehenlassen in der Krise der Gesellschaft gesellschaftlich veranlaßt war, würde damit gleichwohl weder zivilrechtlich noch steuerrechtlich der Darlehenscharakter der Forderung berührt werden (s. oben zu 1. b). Die spätere Einlage (durch den Darlehensverzicht) hätte bei der G-GmbH folglich zum Wegfall eines Schuldpostens geführt.

Würde man für die Ermittlung der Anschaffungskosten (§ 17 Abs. 2 EStG) beim Gesellschafter (Kläger) ebenfalls auf den Darlehensverzicht abstellen, bliebe unberücksichtigt, daß der Kläger bereits vorher in bezug auf dieselbe Forderung alle Voraussetzungen für die Berücksichtigung als nachträgliche Anschaffungskosten der Beteiligung geschaffen hat. Ist die Darlehensgewährung einmal - sei es von vornherein, sei es durch Stehenlassen - durch das Gesellschaftsverhältnis veranlaßt, gehen weitere Handlungen des Gesellschafters ins Leere, soweit sie erneut die Voraussetzungen für die Berücksichtigung der Darlehensforderung als Anschaffungskosten i. S. des § 17 Abs. 2 EStG schaffen. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Wert der Darlehensforderung nicht wieder steigt, d. h. die Krise der Gesellschaft ganz oder teilweise überwunden wird. Im Streitfall gibt es dafür keine Anzeichen.

Im übrigen wäre es inkonsequent, den Gesellschafter, der auf seine Darlehensforderung gegen die Gesellschaft verzichtet, schlechter zu stellen als denjenigen, der keine Verzichtserklärung abgibt (Döllerer, FR 1992, 233, 236; ders. Steuerberater-Jahrbuch 1981/82, 195, 206).

3. Der Kläger kann den Verlust der Darlehensforderung schließlich auch nicht als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG) geltend machen.

a) Sollte das Darlehen der GmbH gewährt worden sein, um die vereinbarten Zinsen zu erlangen, steht der Verlust der Darlehensvaluta selbst nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit der Einkunftsart des § 20 EStG. Ein äußerer Zusammenhang ist im Streitfall zwar gegeben. Bei der Überlassung von Kapitalvermögen zur Nutzung wird aber nicht das Kapital selbst, sondern dessen Nutzungsmöglichkeit eingesetzt. Nur in diesem Rahmen besteht bei Aufwendungen auch ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den Zinserträgen. Das gilt auch bei risikobehafteten Darlehen; denn selbst ein im Hinblick darauf erhöhter Zins läßt den Darlehensverlust nicht als Aufwendung erscheinen, die zur Erwerbung dieses Zinses gemacht wird.

b) Sollte das Darlehen gewährt oder später stehengelassen worden sein, um die Beteiligung zu erhalten, so kann auch in diesem Fall der Verlust nicht zu Werbungskosten im Rahmen des § 20 EStG führen. Aufwendungen, die das im Privatvermögen befindliche Kapital selbst betreffen, wie (nachträgliche) Anschaffungskosten, Tilgungszahlungen oder auch der Verlust des Kapitals, berühren die Einkunftsart des § 20 EStG grundsätzlich nicht.

4. a) Soweit die Darlehenszinsen für die Jahre 1979 und später betroffen sind, kann der Verzicht des Klägers die Anschaffungskosten seiner Beteiligung gemäß § 17 Abs. 2 EStG nicht erhöhen. Selbst wenn in dem Verzicht eine Einlage zu sehen wäre, so wäre ihr gemeiner Wert mit 0 DM anzusetzen. Das FG hat festgestellt, daß die Gesellschafter der G-GmbH auf ihre Forderungen 1979 und 1981 mit Rücksicht auf den Vermögensverfall der G-GmbH verzichteten. Diese Feststellungen hat die Revision nicht mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen angegriffen (§ 118 Abs. 2 FGO).

b) Der Senat kann jedoch aufgrund der Feststellungen des FG nicht entscheiden, ob der Kläger auf die Auszahlung der fälligen Zinsen für die Jahre 1976, 1977 und 1978 in den Jahren 1977, 1978 und Anfang 1979 verzichtet hat, weil die G-GmbH die Zinsen nicht hätte zahlen können oder weil er der G-GmbH Kapital zuführen wollte. Auch diese Feststellungen kann der Senat als Revisionsgericht nicht selbst nachholen; die Sache war daher auch mit Rücksicht darauf an das FG zurückzuverweisen.