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  BFH-Urteil vom 9.3.1993 (VII R 87/92) BStBl. 1993 II S. 468

1. Zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Kraftfahrzeugsteuererhöhung für nicht schadstoffarme Personenkraftwagen, insbesondere im Hinblick auf das Bestimmtheits- und das Verkündungsgebot.

2. Die Kraftfahrzeugsteuererhöhung für nicht schadstoffarme Personenkraftwagen und die Neufestsetzung der erhöhten Steuer für das Halten bereits zugelassener Fahrzeuge begegnen keinen verfassungsrechtlichen Bedenken (Bestätigung der Rechtsprechung).

KraftStG 1979 § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa, Buchst. a und b, § 2 Abs. 2, § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 18 Abs. 1 a. F.; Gesetz über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens vom 22. Mai 1985; StVZO § 47 Abs. 3, Anlage XXIII; GG Art. 20 Abs. 3, Art. 82 Abs. 1 Satz 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger war seit dem 2. Oktober 1985 Halter eines am 11. Juli 1983 erstzugelassenen, nicht schadstoffarmen PKW. Für die Zeit vom 1. Januar 1986 bis 1. Oktober 1986 und danach setzte das beklagte und revisionsbeklagte Finanzamt die Kraftfahrzeugsteuer unter Zugrundelegung des von 14,40 DM auf 18,80 DM/100 ccm Hubraum erhöhten Satzes fest (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 c, aa des Kraftfahrzeugsteuergesetzes - KraftStG - 1979 i. d. F. des Gesetzes über steuerliche Maßnahmen zur Förderung des schadstoffarmen Personenkraftwagens vom 22. Mai 1985, BGBl I 1985, 784, BStBl I 1985, 211).

Die Klage, mit der der Kläger die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes vom 22. Mai 1985 geltend machte, wurde abgewiesen. Das Finanzgericht (FG) führte aus, § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979 sei weder selbst verfassungswidrig noch sei anzunehmen, daß eine etwaige Verfassungswidrigkeit der Vorschriften über (bedingt) schadstoffarme Kraftfahrzeuge zur Unwirksamkeit der hier einschlägigen anderen Normen des KraftStG 1979 führen würde. Soweit etwa § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b KraftStG 1979 - Kraftfahrzeugsteuer für schadstoffarme PKW - unwirksam sei, verbleibe es bei dem allgemein geltenden Steuersatz nach Buchst. c, a. a. O. Dessen Unwirksamkeit lasse sich auch nicht damit begründen, daß die Kraftfahrzeugsteuer erhöht worden sei, um die durch die Begünstigung schadstoffarmer PKW verursachten Steuerausfälle auszugleichen. Grundsätzlich seien nur solche (Einzel-)Normen verfassungswidrig, die selbst mit dem verfassungsrechtlichen Mangel behaftet seien; eine Unwirksamkeit an sich verfassungsmäßiger Normteile sei nur anzunehmen, wenn diese keine selbständige Bedeutung hätten oder wenn die nichtige Vorschrift Teil einer Gesamtregelung sei, welche ihre Rechtfertigung verlöre, würde einer ihrer Bestandteile herausgenommen. Diese Voraussetzung sei nicht gegeben. Auch wenn die Steuererhöhung zum Ausgleich der durch die Begünstigung entstehenden Steuerausfälle erfolgt sei, bleibe maßgebend, ob der verfassungsmäßige Normteil für sich bestehen und vollzogen werden könne. Das treffe hier zu; die Steuererhöhung habe ohne Rücksicht auf die Gültigkeit der einschlägigen Vergünstigungsregelungen Bestand, insbesondere im Hinblick auf Fälle, in denen eine etwaige Schadstoffarmut des Fahrzeugs nicht in Frage stehe. Der Gesetzgeber sei auch nicht gehalten gewesen, die Steuererhöhung erst nach Ende des jeweiligen Entrichtungszeitraums eingreifen zu lassen.

Mit der Revision wiederholt und vertieft der Kläger seine verfassungsrechtlichen Einwendungen. Sowohl die Kraftfahrzeugsteuererhöhung als auch die ebenfalls im Gesetz vom 22. Mai 1985 vorgesehene Steuerermäßigung bzw. -befreiung sei unwirksam. Die Verfassungswidrigkeit des Gesetzes beruhe letztlich auf der Unbestimmtheit der Norm; das entscheidende Tatbestandsmerkmal "Schadstoffarmut" sei nicht hinreichend bestimmt. Die Verweisung in § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG 1979 sei zu unbestimmt. Der Begriff "Schadstoffarmut" sei kein verkehrs-, sondern ein emissionsrechtlicher Begriff. Nur Fachleute könnten erkennen, daß dieser Begriff in § 47 der Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) geregelt sei. Da noch nicht einmal diese als Verweisungsobjekt genannt sei (so aber später in §§ 3 e bis 3 h KraftStG 1979 i. d. F. des Gesetzes zur Verbesserung der steuerlichen Förderung schadstoffarmer Personenkraftwagen vom 22. Dezember 1989, BGBl I 1989, 2436, BStBl I 1989, 485), sei der Verweis unwirksam, so daß es beim alten Steuersatz bleiben müsse. Außerdem verstoße der Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG 1979 gegen Art. 80 Abs. 1 Satz 2 des Grundgesetzes (GG). Die Möglichkeit der Exekutive, den Begriff "schadstoffarm" in der StVZO zu bestimmen und damit über Grund und Höhe der Kraftfahrzeugsteuer zu befinden, widerspreche den Grundsätzen der Rechtsstaatlichkeit und des Gesetzesvorbehalts. Bedenklich sei überdies die vorliegende dynamische Verweisung. Unabhängig davon sei § 47 StVZO selbst mangels wirksamer Verkündung nichtig. In der Rechtsverordnung, durch die der Begriff "schadstoffarm" eingeführt worden sei, werde hinsichtlich der insoweit maßgebenden Anlage XXIII zu § 47 StVZO auf einen Anlageband zu der betreffenden Ausgabe des Bundesgesetzblatts hingewiesen, der Abonnenten auf Anforderung kostenlos übersandt werde. Nichtabonnenten müßten dafür besonders bezahlen. Dieser Anlageband sei nicht Teil des Bundesgesetzblatts; er werde von den öffentlichen Bibliotheken meist nicht geführt. Die Erschwerung der Veröffentlichung verstoße gegen Art. 82 GG. Normadressat der Anlage XXIII sei zudem nicht der Halter, sondern der Hersteller. Der Steuerpflichtige dürfe nicht auf Vorschriften verwiesen werden, die für ihn überhaupt nicht gälten. Der Verweis in § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG 1979 auf die Begriffsbestimmung "schadstoffarm" sei ferner unwirksam, weil der Text der Anlage XXIII unverständlich sei. Unwirksam sei schließlich auch die in § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG 1979 liegende versteckte Kompetenzverweisung auf eine für die Steuerfestsetzung unzuständige Behörde. Durch die Feststellung der Zulassungsbehörde über die Schadstoffarmut werde unzulässigerweise über Grund und Höhe der Steuerpflicht entschieden. Dadurch werde der Rechtsschutz beseitigt, jedenfalls aber unerträglich erschwert. Die aus diesen Gründen anzunehmende Nichtigkeit erstrecke sich auch auf § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979.

Hilfsweise macht der Kläger geltend, die Höherbesteuerung bis zum 1. Oktober 1986 sei rechtswidrig. Der ursprüngliche - rechtsgestaltende - Kraftfahrzeugsteuerbescheid (mit Anwendung des Steuersatzes von 14,40 DM/100 ccm Hubraum) sei weder aufgehoben noch geändert worden. Eine mit der angefochtenen Neufestsetzung etwa verbundene Änderung hätte allenfalls mit Wirkung für die Zukunft erfolgen dürfen. Wären aber § 12 Abs. 2 Nr. 1, § 18 KraftStG 1979 dahin auszulegen, daß rechtsbeständige rechtmäßige Kraftfahrzeugsteuerbescheide mit Wirkung für die Vergangenheit abgeändert werden dürften, so läge darin ein Verstoß gegen Art. 14 GG. Für bereits begonnene Entrichtungszeiträume sei die Kraftfahrzeugsteuer endgültig entstanden.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet.

Die Vorinstanz hat jedenfalls im Ergebnis zutreffend entschieden, daß die angefochtenen Bescheide rechtmäßig sind, weil der darin angewandte höhere Kraftfahrzeugsteuersatz für nicht schadstoffarme (Alt-)PKW auf einer verfassungsrechtlich unbedenklichen Norm (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979 i. d. F. vor Inkrafttreten des Haushaltsbegleitgesetzes - HBeglG - vom 20. Dezember 1988, BGBl I 1988, 2262, BStBl I 1989, 19) beruht und die höhere Kraftfahrzeugsteuer ab 1. Januar 1986 auch für den noch bis zum 1. Oktober 1986 laufenden Entrichtungszeitraum festgesetzt werden durfte.

1. § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979, den der Senat in ständiger Rechtsprechung (z. B. Urteile vom 10. Juli 1990 VII R 12/88, BFHE 162, 141, BStBl II 1990, 929; VII R 42/88, BFH/NV 1991, 417; vom 8. Januar 1991 VII R 57/88, VII R 65/88, BFH/NV 1991, 705, VII R 48/88, BFH/NV 1991, 843, und vom 5. November 1991 VII R 16/90, BFH/NV 1992, 488) als rechtsgültig beurteilt hat, hält auch unter Berücksichtigung der Erwägungen der Revision der verfassungsrechtlichen Prüfung stand.

a) Allerdings bestehen Bedenken gegen die Ansicht der Vorinstanz, daß es nicht darauf ankomme, ob die Vorschriften über kraftfahrzeugsteuerrechtliche Begünstigungen für (bedingt) schadstoffarme PKW (Steuerbefreiungen bzw. -ermäßigungen) - zusammen mit § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979 Bestandteil des Gesetzes vom 22. Mai 1985 - ihrerseits verfassungsrechtlich einwandfrei seien. Zwar hat die Nichtigkeit einzelner Vorschriften eines Gesetzes grundsätzlich nicht die Nichtigkeit auch seiner übrigen Bestimmungen zur Folge. Ausnahmen gelten jedoch, wenn sich aus dem objektiven Sinn des Gesetzes ergibt, daß die übrigen mit der Verfassung zu vereinbarenden Bestimmungen keine selbständige Bedeutung haben oder wenn die verfassungswidrige Vorschrift Teil einer Gesamtregelung ist, die bei Herausnahme eines ihrer Bestandteile ihren Sinn und ihre Rechtfertigung verlöre, wenn also die nichtige Vorschrift mit den übrigen Bestimmungen so verflochten ist, daß diese alle eine untrennbare Einheit bilden, die nicht in ihre einzelnen Bestandteile zerlegt werden kann (vgl. etwa Beschluß des Bundesverfassungsgerichts - BVerfG - vom 12. November 1958 2 BvL 4/56 usw., BVerfGE 8, 274, 301; Leibholz/Rinck/Hesselberger, Grundgesetz, Kommentar, 6. Aufl., 1989, Einführung Rz. 79, m. w. N.). Letzteres könnte hier in Betracht kommen, da § 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979 an das Nichtvorliegen der Voraussetzungen für die Anwendung des (ermäßigten) Steuersatzes nach (§ 9 Abs. 1 Nr. 2) Buchst. a oder b - schadstoffarme/bedingt schadstoffarme PKW Stufe C bzw. bedingt schadstoffarme PKW Stufe A oder B - anknüpft, sich nur aus dem Begriff "schadstoffarm" erklären läßt, welche Fahrzeuge nicht schadstoffarm sind, und im übrigen ein enger Zusammenhang zwischen der Höherbesteuerung nicht schadstoffarmer PKW und der Förderung schadstoffarmer Fahrzeuge besteht (BFHE 162, 141, 143, m. w. N.). Es kann indessen dahingestellt bleiben, ob die förderungsrechtlichen Vorschriften und die Erhöhung des Steuersatzes in untrennbarer Einheit verbunden sind, mit der Folge, daß bei Verfassungswidrigkeit des einen Teils die des gesamten Gesetzes eintreten würde. Auch wenn eine solche Verbindung vorliegen sollte, wäre die der Besteuerung zugrunde gelegte Norm (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. c, aa KraftStG 1979) nicht zu beanstanden. Denn entgegen der Auffassung der Revision sind die mit der Steuererhöhung zusammenhängenden Vorschriften des Gesetzes vom 22. Mai 1985 über befristete Steuerbefreiungen (§§ 3 b, 3 c KraftStG 1979; aufgehoben durch das Gesetz vom 22. Dezember 1989) und Steuerermäßigungen für schadstoffarme PKW (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a und b KraftStG 1979) sowie § 2 Abs. 2 KraftStG 1979 (i. d. F. vor Inkrafttreten des Gesetzes vom 22. Dezember 1989), nach dem sich ihre Anwendung bestimmt, nicht verfassungswidrig. Bedenken bestehen weder gegen die Bestimmtheit von § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG 1979 und gegen die vorgeschriebene Maßgeblichkeit der zulassungsbehördlichen Feststellungen (§ 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG 1979) noch gegen die insoweit einschlägigen Verkehrsvorschriften.

b) Die im KraftStG 1979 vorkommenden Begriffe "schadstoffarm" bzw. "bedingt schadstoffarm" sind, wie ihre Verwendung im Verkehrsrecht zeigt - § 47 StVZO -, (auch) verkehrsrechtlicher Art. Sie bestimmen sich - wenn nicht schon von vornherein, so jedenfalls nach § 2 Abs. 2 Satz 1 KraftStG 1979 - grundsätzlich nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften; an die zulassungsbehördlichen Feststellungen über die Schadstoffarmut sind Finanzbehörden und -gerichte gebunden (§ 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG 1979; dazu Senatsbeschluß vom 26. August 1986 VII B 107/86, BFHE 147, 276, 278, BStBl II 1986, 865; Urteil vom 15. Mai 1990 VII R 78/89, BFH/NV 1991, 123).

Die Vorschriften über Steuervergünstigungen für schadstoffarme PKW und die zu ihrer Anwendung führenden verkehrsrechtlichen Begriffe und Feststellungen begründen keine Pflichten - insbesondere keine Steuerpflichten - und ermächtigen auch nicht zu belastenden Verwaltungsakten; sie sind vielmehr die Rechtsgrundlage für die Gewährung von Steuerbefreiungen und -ermäßigungen. Bei derartigen Regelungen sind, auch wenn sie im Zusammenhang mit Belastungen stehen - hier: höhere Kraftfahrzeugsteuer für nicht schadstoffarme PKW - die Anforderungen an das Maß der gesetzlichen Bestimmtheit geringer als bei Eingriffsermächtigungen (Beschlüsse des BVerfG vom 19. April 1978 2 BvL 2/75, BVerfGE 48, 210, 221 f., BStBl II 1978, 548, 552, und vom 28. November 1991, 2 BvR 1772/89, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1992, 1496). Verlangt wird insoweit nur ein "gewisser Grad gesetzlicher Bestimmtheit" (vgl. auch Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. November 1990 II R 17/86, BFHE 162, 450, 456, BStBl II 1991, 163). Zumindest diesem Maßstab genügen die vom Kläger für verfassungswidrig gehaltenen Normen. Es ergibt sich aus dem Sachzusammenhang, daß der (verkehrsrechtliche) Begriff "schadstoffarm" den insoweit maßgebenden verkehrsrechtlichen Vorschriften - § 47 StVZO ("Abgase") mit den darin aufgeführten Anlagen (Definition .... schadstoffarmer PKW ....; näher hierzu BFHE 147, 276, 278) - zu entnehmen ist (vgl. auch Begründung zum Gesetz vom 22. Mai 1985, BTDrucks 10/2523, S. 7 f.). Der Verweisungsgegenstand ist damit hinreichend klar bestimmt. Die Neufassung der Vorschriften über Steuerbefreiungen und Förderungsbeträge (§§ 3 e bis 3 g KraftStG 1979) mit - u. a. - ausdrücklichem Hinweis auf die Anlage XXIII zur StVZO begründet nicht die gegenteilige Annahme. Da die Verweisung selbst keine gesetzliche Ermächtigung ist (zur Ermächtigungsgrundlage der verkehrsrechtlichen Vorschriften nachstehend Buchst. c), braucht sie sich nicht an den für den Erlaß von Rechtsverordnungen geltenden Maßstäben (Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG) messen zu lassen, sondern nur an dem Erfordernis der Bestimmtheit (vgl. Art. 20 Abs. 3 GG; zum Gebot der Normenklarheit BFH-Urteil vom 17. Februar 1982 II R 136/79, BFHE 135, 348, 350, BStBl II 1982, 416, m. w. N.). Auch dynamische Verweisungen - hier: Begriffsbestimmung nach den jeweils geltenden verkehrsrechtlichen Vorschriften - sind verfassungsrechtlich grundsätzlich möglich (Beschlüsse des BVerfG vom 15. Juli 1969 2 BvF 1/64, BVerfGE 26, 338, 365 ff., und vom 23. März 1982 2 BvL 13/79, BVerfGE 60, 135, 155; für die Zulässigkeit dynamischer Verweisungen auf untergesetzliche Rechtsnormen auch Schenke, NJW 1980, 743, 747; vgl. auch Beschluß des BVerfG vom 1. März 1978 1 BvR 786/70 usw., BVerfGE 47, 285, 312). Die hier vorliegende dynamische Verweisung erscheint verfassungsrechtlich unbedenklich, da sie sich nur auf die nähere technische Bestimmung der bereits im KraftStG 1979 selbst verwendeten Begriffe "schadstoffarm ...." durch den dazu ermächtigten (Bundes-)Verordnungsgeber richtet. Zumindest hätte die Regelung, die jedenfalls bis einschließlich 1991 materiell nicht geändert worden ist, bei entsprechender verfassungskonformer Auslegung als statische Verweisung Bestand (vgl. jetzt § 3 h KraftStG i. d. F. des Gesetzes vom 22. Dezember 1989; im übrigen BVerfGE 47, 285, 312). Auch insoweit ergäbe sie mit hinreichender Deutlichkeit, was unter "schadstoffarm" zu verstehen ist.

Fehl geht schließlich die Rüge, § 2 Abs. 2 Satz 2 KraftStG 1979 enthalte eine unzulässige (versteckte) Kompetenzverweisung. Die Zulassungsbehörden sind zwar nicht Steuer-, sondern Landesverwaltungsbehörden, doch läßt ihre Tätigkeit die alleinige Kompetenz der Finanzbehörden für Verwaltung und Erhebung der Kraftfahrzeugsteuer unberührt. Die zulassungsbehördlichen Feststellungen über die Schadstoffarmut sind selbständige Mitwirkungsakte gegenüber dem Steuerverfahren. Derartige Mitwirkungsakte sind - rechtlich unbedenklich - auch in anderen Steuerbereichen vorgesehen (zu allem Senatsurteil vom 28. Oktober 1986 VII R 41/86, BFHE 148, 84, 86 f.). Wer geltend macht, ihm sei eine Bescheinigung über die Schadstoffarmut seines PKW zu Unrecht versagt worden, muß Rechtsschutz im Verwaltungsrechtsweg suchen (vgl. BFH/NV 1991, 123, m. w. N.). Wer - wie der Kläger - gegenüber der Höherbesteuerung seines nicht schadstoffarmen PKW (mittelbar) die Rechtsgültigkeit der hier maßgebenden Verkehrsvorschriften in Frage stellt, ist auf den Finanzrechtsweg angewiesen. Daß hierin eine unerträgliche Erschwerung des Rechtsschutzes liege, vermag der Senat nicht zu erkennen.

c) Auch gegen die Rechtsgültigkeit der maßgebenden Verkehrsvorschriften bestehen keine durchgreifenden Bedenken. Die Änderung von § 47 StVZO und die Ergänzungen dazu - Anlagen XXIII, XXIV, XXV einschließlich der zugehörigen Übergangsbestimmungen in § 72 Abs. 2 StVZO - beruhen auf ordnungsgemäßen gesetzlichen Ermächtigungen (insbesondere § 6 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und d, Nr. 5 a des Straßenverkehrsgesetzes; vgl. Präambeln der 10. Verordnung zur Änderung der StVZO vom 24. Juni 1985, BGBl I 1985, 1246, und der 11. und 12. Änderungsverordnung vom 24. Juli 1985, BGBl I 1985, 1605, 1617). Die Vorschriften sind zwar unmittelbar und in erster Linie zur Anwendung durch die Verkehrsbehörden - Zulassungsstellen - bestimmt (vgl. auch § 23 Abs. 7 und 8 StVZO), gleichwohl aber allgemein verbindlich. Die vom Kläger vermißte "normative Regelung" findet sich in § 47 Abs. 3 (früher: Abs. 2 a) StVZO. Nach ihr gelten Fahrzeuge ...., "die den Vorschriften der Anlage XXIII entsprechen", als schadstoffarm. Es trifft allerdings zu, daß der Inhalt der Anlage XXIII für Nichtfachleute nicht oder jedenfalls nicht ohne weiteres verständlich ist. Daraus ergibt sich jedoch nicht, daß die Regelung mangels Bestimmtheit unwirksam sei, eine ordnungsgemäße normative Bestimmung des Begriffs "schadstoffarm" mithin fehle. Der hochtechnische Charakter der zu regelnden Materie beeinflußt die Art und Weise der Regelung. Es liegt zumindest nahe, daß diese angepaßt an die regelungsbedürftige Materie "kompliziert" ausfällt. Sie kann nicht ohne weiteres dem Maß an Einfachheit und Verständlichkeit genügen, das bei der Rechtsetzung auf weniger komplexen Gebieten als Richtschnur gelten mag (zu dem an der Eigenart der zu ordnenden Lebenssachverhalte ausgerichteten Bestimmtheitsgebot etwa BVerfG-Beschluß vom 24. November 1981 2 BvL 4/80, BVerfGE 59, 104, 114). Es genügt vielmehr, ebenso wie in anderen insoweit vergleichbaren Bereichen, daß die technischen Regelungen durch die damit befaßten Behörden gehandhabt werden können und daß die Anwendung ggf. gerichtlich überprüfbar ist. In diesem Sinne sind die von der Revision beanstandeten Regelungen hinreichend verständlich.

§ 47 StVZO mit den hier maßgebenden Änderungen und Ergänzungen ist auch gehörig, entsprechend Art. 82 Abs. 1 Satz 2 GG, verkündet worden. Das gilt auch für die durch die 10. Änderungsverordnung (Art. 1 Nr. 6) der StVZO angefügte, nicht in der betreffenden Ausgabe des Bundesgesetzblatts selbst veröffentlichte Anlage XXIII, von der es in der Fußnote zu der Änderungsverordnung heißt: "Der Anhang zu dieser Verordnung - Anlage XXIII (zu § 47 StVZO) - wird als Anlageband zu dieser Ausgabe des Bundesgesetzblattes ausgegeben. Abonnenten des Bundesgesetzblattes Teil I wird der Anlageband auf Anforderung kostenlos übersandt." Zwar muß die Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen im Verkündungsblatt "vollständig" erfolgen, doch sind Ausnahmen zulässig bei solchen Anlagen, die wegen ihres Umfangs (etwa beim Haushaltsplan, früher auch bei - nationalen - Zolltarifen) oder aus technischen Gründen nur mit unverhältnismäßig hohem Kostenaufwand einem jeden Exemplar des Bundesgesetzblatts automatisch beigefügt werden könnten, sofern die Möglichkeit besteht, sie bei der Bundesdruckerei auf Wunsch ohne Schwierigkeiten zu erhalten (AK - GG - Ramsauer, 2. Aufl., 1989, Art. 82 Rz. 39, 27, m. w. N.). In einem solchen Ausnahmefall, wie er bei der Anlage XXIII im Hinblick auf ihren Umfang vorliegt, genügt der in der im Bundesgesetzblatt veröffentlichten Rechtsnorm enthaltene Hinweis auf den Anlageband und dessen Erhältlichkeit in der dargestellten Weise dem Gebot vollständiger Verkündung. Daß der Anlageband für Nichtabonnenten nur gegen Entgelt erhältlich ist, stellt dies nicht in Frage. Nichtabonnenten müssen auch für bestellte Stücke des Bundesgesetzblatts gesondert bezahlen. Daraus, daß eine spätere Neufassung der StVZO (Bekanntmachung vom 28. September 1988, BGBl I 1988, 1793) den vollständigen Text der Anlage XXIII enthält - BGBl I 1988, 1958 bis 2022 -, läßt sich nicht schließen, daß es unvertretbar gewesen sei, bei der ursprünglichen Verkündung von einer deren Vereinfachung zulassenden Ausnahme auszugehen.

2. Auch die Kraftfahrzeugsteuerfestsetzung für die Zeit vom 1. Januar bis 1. Oktober 1986 (§ 12 Abs. 2 Nr. 1, § 18 Abs. 1 Satz 2 KraftStG 1979 i. d. F. des Gesetzes vom 22. Mai 1985) ist nicht zu beanstanden. Die Neufestsetzung - nicht Änderung des ursprünglichen (nur deklaratorischen) Kraftfahrzeugsteuerbescheides - beruht auf den kraftfahrzeugsteuerrechtlichen Sondervorschriften (vgl. insbesondere BFHE 162, 141, 145; zu § 18 KraftStG a. F. auch Senatsurteil vom 10. Oktober 1989 VII R 27/87, BFH/NV 1990, 397). Gegen sie bestehen, auch im Hinblick auf Art. 14 GG, keine verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Erwartung, das geltende Steuerrecht werde unverändert fortbestehen, ist nicht geschützt, auch nicht für bereits laufende Entrichtungszeiträume (so schon für das frühere Kraftfahrzeugsteuerrecht - unter dem Gesichtspunkt einer grundsätzlich zulässigen unechten Rückwirkung - BFH-Beschluß vom 31. Januar 1973 II B 79/72, BFHE 108, 56, 59, BStBl II 1973, 197, m. w. N.). Daß die (allenfalls vorliegende) unechte Rückwirkung verfassungsrechtlich einwandfrei ist, hat der Senat auch bereits entschieden.