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  BFH-Urteil vom 20.4.1993 (IX R 122/88) BStBl. 1993 II S. 504

Wird ein Gebäude in der Absicht erworben, es teilweise abzubrechen und anschließend grundlegend umzubauen, sind der anteilige Restbuchwert des abgebrochenen Gebäudes und die Abbruchkosten keine sofort abziehbaren Werbungskosten, sondern Teil der Herstellungskosten des neu gestalteten (umgebauten) Gebäudes (Anschluß an Senatsurteil vom 4. Dezember 1984 IX R 5/79, BFHE 142, 477, BStBl II 1985, 208).

EStG 1983 § 7 Abs. 1 Satz 4 i. V. m. Abs. 4 Satz 3, § 9, § 21.

Vorinstanz: FG Köln (EFG 1988, 512)

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute. Sie erwarben mit Kaufvertrag vom 4. Januar 1983 je zur Hälfte das gemischt genutzte Grundstück in D zu einem Kaufpreis von 925.000 DM. Auf diesem Grundstück befindet sich ein Vorderhaus mit einem Ladenlokal im Untergeschoß und Wohnungen im Obergeschoß, sowie einem zweigeschossigen Anbau. Zur besseren wirtschaftlichen Ausnutzung des Gebäudes wurde dieses im November 1983 bis Mai 1984 für rd. 682.000 DM grundlegend umgebaut (saniert, modernisiert). Im Vorderhaus wurde das Ladenlokal durch Änderung der Raumaufteilung umgestaltet sowie eine Schaufensterpassage hergestellt. Im Anbau wurde zur Schaffung von Büros, Werkstätten und Ateliers ebenfalls die Raumaufteilung verändert sowie das Dach und die Fassade neu hergestellt. Außerdem wurden die Heizungsanlage, die Elektroanlage sowie die Fenster erneuert. Im Rahmen dieser Umbaumaßnahme wurden Teile der älteren Gebäudesubstanz abgerissen. Den Wert der abgebrochenen Gebäudesubstanz ermittelten die Kläger mit 75.935,99 DM, das Architektenhonorar für die Überwachung der Abbrucharbeiten mit 14.626,20 DM.

In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1983 machten die Kläger bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung Absetzungen für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Abnutzung (AfaA) gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in Höhe von (75.935,99 DM = Wert der abgebrochenen Gebäudesubstanz + 14.626,20 DM = Architektenhonorar für Abbruchüberwachung =) 90.562,19 DM geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) versagte die AfaA mit dem Hinweis, die Abbruchkosten seien keine sofort abziehbaren Werbungskosten, sondern ein Teil der gesamten Umbaukosten (Herstellungskosten), die nur im Wege der Regel-AfA absetzbar seien.

Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Die Kläger rügen mit der Revision die Verletzung von § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG in der für das Streitjahr geltenden Fassung.

Die Kläger beantragen sinngemäß, das angefochtene Urteil des Finanzgerichts (FG) aufzuheben und den Einkommensteuerbescheid 1983 dahin zu ändern, daß zusätzlich weitere Werbungskosten bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 90.562,19 DM berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

 

Die Revision ist unbegründet. Das FG hat den Klägern rechtsfehlerfrei AfaA gemäß § 7 Abs. 1 Satz 4 EStG in der Fassung des Streitjahres versagt.

1. a) Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) seit dem Beschluß des Großen Senats des BFH vom 12. Juni 1978 GrS 1/77 (BFHE 125, 516, BStBl II 1978, 620) kommt es für den Ansatz von AfaA und den Abzug der Abbruchkosten als sofort abziehbare Werbungskosten bei einem im Zeitpunkt des Erwerbs technisch oder wirtschaftlich noch nicht verbrauchten Gebäude darauf an, daß dieses ohne Abbruchabsicht erworben wurde. Der Große Senat des BFH hat dies damit begründet, daß bei dem Erwerb eines Gebäudes ohne Abbruchabsicht Anschaffung und Herstellung allein dem Ziel der Nutzung durch den Betrieb oder durch Vermietung und Verpachtung dienten und deshalb bei dessen Anschaffung oder Herstellung noch kein Zusammenhang mit dem späteren Abbruch und dem damit verfolgten Zweck, nämlich der Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts, bestehe (Ausführungen unter D II. 1. b). Demgegenüber werde bei einer bereits beim Erwerb des Gebäudes bestehenden Abbruchabsicht ein weiterreichendes Ziel, nämlich die Herstellung eines neuen Wirtschaftsguts, verfolgt, woraus sich schon bei der Anschaffung ein unmittelbarer Zusammenhang der Anschaffungskosten mit den später beabsichtigten Maßnahmen ergebe (Ausführungen unter D II. 2.). Das habe zur Folge, den Restwert des Gebäudes und die Abbruchkosten den Herstellungskosten des neuen Wirtschaftsguts zuzurechnen (Senatsurteil vom 4. Dezember 1984 IX R 5/79, BFHE 142, 477, BStBl II 1985, 208).

b) Diese zum Totalabbruch eines Gebäudes entwickelten Grundsätze sind auch im Falle des Teilabbruchs eines Gebäudes mit anschließendem grundlegenden Umbau anzuwenden. Demnach sind der anteilige Restwert des abgebrochenen Gebäudes und die Abbruchkosten den Herstellungskosten des neu gestalteten (umgebauten) Gebäudes zuzurechnen, wenn das Gebäude in Teilabbruchabsicht angeschafft worden war.

2. Nach diesen Grundsätzen hat das FG zutreffend die Abbruchkosten nicht als sofort abziehbare Werbungskosten, sondern als Herstellungskosten behandelt.

Die Kläger hatten nach den unangefochtenen Feststellungen des FG im Zeitpunkt des Erwerbs (1983) die Absicht, das Gebäude anschließend grundlegend umzubauen; denn nur so war, worauf die Kläger im FG-Verfahren ausdrücklich hingewiesen haben, die von Anfang an erstrebte sinnvolle und wirtschaftliche Nutzung (Vermietung) des Gebäudes möglich. Die Abbruchkosten und der Wert der abgerissenen Gebäudeteile gehören deshalb zu den Herstellungskosten des neuen Gebäudes, die gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 7 EStG nur in Form von Absetzungen für Abnutzung (AfA) als Werbungskosten abziehbar sind. Das FA hat insoweit entsprechende AfA vorgenommen.