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  BFH-Urteil vom 16.3.1993 (XI R 45/90) BStBl. 1993 II S. 530

Der Gesellschafter einer KG kann mit der entgeltlichen Vermietung eines PKW an die KG unternehmerisch im Rahmen eines auf Leistungsaustausch gerichteten Geschäfts tätig werden, auch wenn er den PKW ausschließlich selbst nutzt.

UStG 1980 § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Die Beteiligten streiten, ob der Kläger und Revisionskläger (Kläger) durch die Vermietung eines PKW unternehmerisch tätig geworden ist.

Der Kläger war Gesellschafter einer GmbH & Co. KG (KG), die Lederwaren vertrieb. Im August 1984 erwarb der Kläger einen Porsche-PKW zum Preis von 66.451,53 DM zuzüglich 9.303,21 DM Umsatzsteuer. Durch Vertrag vom 20. August 1984 vermietete er den PKW auf unbestimmte Zeit an die KG. Ausweislich der Rechnung vom 31. Dezember 1984 belief sich der Mietzins für das Streitjahr auf 6.588,15 DM zuzüglich 922,34 DM Umsatzsteuer. Den Mietzins berechnete der Kläger - vertragsgemäß - nach der anteiligen Abschreibung in Höhe von 4.151,53 DM, der Kfz-Versicherung in Höhe von 1.377,70 DM und der Kfz-Steuer in Höhe von 460 DM zuzüglich eines Aufschlags von 10 v. H. in Höhe von 598,92 DM. Der Kläger nutzte den PKW - betrieblich und privat - ausschließlich selbst. In seiner Umsatzsteuererklärung erklärte er den Vermietungsumsatz und machte die Vorsteuern aus dem Erwerb des PKW geltend. Der Umsatzsteuersonderprüfer vertrat die Auffassung, daß der Kläger durch die Vermietung an die KG nicht unternehmerisch tätig geworden sei (Bericht vom 1. August 1986). Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) folgte dieser Beurteilung und setzte in dem Bescheid vom 5. September 1986 die Umsatzsteuer auf 0 DM fest.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in der Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1991, 18 veröffentlicht.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat die Revision durch Beschluß vom 5. Dezember 1989 V B 128/90 zugelassen.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung materiellen Rechts. Zu Unrecht habe das FG die Grundsätze über die sog. Zwischenmietverhältnisse auf den Streitfall übertragen. Nach dem Urteil des BFH vom 13. Juli 1989 V R 8/86 (BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100) sei der vergleichbare Fall - Erwerb der Ehefrau, die das Wirtschaftsgut an den Ehemann vermiete - keine mißbräuchliche Gestaltung.

Der Kläger beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und unter Abänderung des Umsatzsteuerbescheides vom 5. September 1986 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 27. Mai 1988 einen Umsatzsteuerüberschuß von 8.380,90 DM festzusetzen.

Das FA hat keinen Antrag gestellt und sich zur Sache nicht geäußert.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist gemäß § 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) begründet; sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Stattgabe der Klage.

1. Mit der Vermietung des PKW an die KG ist der Kläger gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980) unternehmerisch tätig geworden. Die auf Dauer angelegte Vermietung eines PKW erfüllt diese Voraussetzung (dazu vgl. auch BFH-Urteil vom 7. November 1991 V R 116/86, BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269).

2. Der Kläger erbrachte die Vermietungsleistung gegen Entgelt im Rahmen seines (Vermietungs-)Unternehmens (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 UStG 1980); sie war auf Leistungsaustausch gerichtet.

Der Leistungsaustausch ist gekennzeichnet durch die innere Verknüpfung von Leistung und Gegenleistung. Die Leistung wird erbracht, um die Gegenleistung zu erhalten. Diese wiederum wird bewirkt, um die Leistung zu erhalten. Stehen die einander gewährten Leistungen in dieser Wechselbeziehung und gegenseitigen Abhängigkeit, ist der Tatbestand der entgeltlichen Leistung erfüllt (BFH-Urteile vom 28. Februar 1980 V R 90/75, BFHE 130, 430, BStBl II 1980, 535; vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495, und vom 4. Juli 1985 V R 107/76, BFHE 145, 244, BStBl II 1986, 153).

Bei der umsatzsteuerrechtlichen Beurteilung von Leistungen eines Gesellschafters an die Gesellschaft ist nach ständiger Rechtsprechung des BFH dementsprechend zu unterscheiden zwischen Leistungen, die gegen (Sonder-)Entgelt ausgeführt werden, und solchen, die als Gesellschafterbeitrag i. S. des § 706 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) durch das Gesellschaftsverhältnis (causa societatis) veranlaßt sind und die durch die Beteiligung an Gewinn und Verlust der Gesellschaft abgegolten werden (BFH-Urteile vom 17. Juli 1980 V R 5/72, BFHE 131, 114, BStBl II 1980, 622; vom 10. Mai 1990 V R 47/86, BFHE 161, 185, BStBl II 1990, 757, und in BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269). Dabei ist unerheblich, ob die Leistung auf gesellschaftsrechtlicher Verpflichtung beruht.

Steuerbare entgeltliche Leistungen i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 sind danach gegeben, wenn sie auf konkreten Leistungsbeziehungen der Gesellschafter zur Gesellschaft beruhen, die auf den Austausch der Gesellschafterleistung gegen dafür gewährtes Entgelt ausgerichtet sind, wenn also die Gesamtumstände derart gestaltet sind, daß der leistende Unternehmer erkennbar um der Gegenleistung willen leistet (BFH in BFHE 161, 185, BStBl II 1990, 757, unter II.2.a). Die Abhängigkeit des Entgeltanteiles (Gewinnanteiles) vom Umfang des jeweiligen Leistungsbeitrages ist das entscheidende Merkmal der Abgrenzung zwischen nicht steuerbarem Leistungsbeitrag und steuerbarem Leistungsaustausch (BFH-Urteil vom 7. Dezember 1967 V 45/65, BFHE 91, 448, BStBl II 1968, 398); die Zahlungen müssen von der jeweiligen Leistung abhängig sein (Urteil des Reichsfinanzhofs vom 19. Juli 1935 V A 500/34, RStBl 1935, 1152).

Nach diesen Grundsätzen liegt im Streitfall bezüglich der PKW-Vermietung ein Leistungsaustausch gegen (Sonder-)Entgelt vor. Der Kläger hat der Gesellschaft gegen Entgelt seinen PKW zur Verfügung gestellt. Leistung und Gegenleistung stehen in einem inneren Zusammenhang. Der Kläger erhält das Entgelt dafür, daß er der Gesellschaft den PKW zeitweise zur Nutzung überläßt.

3. Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß der Kläger den PKW ausschließlich selbst genutzt hat. Der ausschließlichen Selbstnutzung kommt nur dann Bedeutung zu, wenn weitere Umstände dafür sprechen, daß der Mietvertrag nur formale Bedeutung hat und die Beteiligten der Sache nach etwa eine Gewinnverteilungsabrede treffen oder eine Kostenbeteiligung vereinbaren wollten (vgl. Schettler, UR 1988, 29, 35; Verfügung der Oberfinanzdirektion Düsseldorf vom 27. Januar 1987, Steuererlasse in Karteiform - StEK -, Umsatzsteuergesetz, § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 95; Erlaß des Finanzministeriums Schleswig-Holstein vom 5. Oktober 1987, StEK, Umsatzsteuergesetz, § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 105; Erlaß des Finanzsenators Bremen vom 15. Januar 1988, StEK, Umsatzsteuergesetz, § 1 Abs. 1 Ziff. 1 Nr. 109). Im Streitfall liegen derartige Anhaltspunkte nicht vor. Der Mietzins wurde auf der Grundlage der Anschaffungskosten, der Kfz-Versicherung und der Kfz-Steuer konkret berechnet.

4. Die Vermietung des PKW kann nicht als Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. des § 42 Satz 1 der Abgabenordnung (AO 1977) beurteilt werden (dazu vgl. die Übersicht über die neuere Rechtsprechung bei Rose/Glorius, Der Betrieb 1992, 2207). Der Gesellschafter einer Personengesellschaft kann grundsätzlich frei entscheiden, in welcher Eigenschaft er für die Gesellschaft tätig wird. Dabei kann er seine Verhältnisse so gestalten, daß sie zu einer möglichst geringen steuerlichen Belastung führen (vgl. BFH-Urteil in BFHE 166, 195, BStBl II 1992, 269; vgl. ferner BFH-Urteil in BFHE 158, 166, BStBl II 1990, 100).