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  BFH-Urteil vom 18.3.1993 (IV R 3/92) BStBl. 1993 II S. 549

Der Antrag auf anderweitige Gewinnermittlung nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG ist nur wirksam, wenn die vorgelegte Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschußrechnung auf tatsächlichen Aufzeichnungen der Betriebseinnahmen und Betriebsausgaben beruht.

EStG § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2, § 34 e.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger), die im Streitjahr 1987 zur Einkommensteuer zusammenveranlagt wurden, bewirtschaften nebenberuflich etwa 1 ha Weinbaufläche, weitere 0,2 ha liegen brach. Der Einkommensteuererklärung 1987 war die Anlage L betr. Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft beigefügt, mit der die Kläger durch Ankreuzen der entsprechenden Erklärungen den Antrag gestellt hatten, ihrer Besteuerung für das Wirtschaftsjahr 1987/1988 den durch Aufzeichnung und Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben ermittelten Gewinn zugrunde zu legen. Dieser Anlage L war auch eine "Ermittlung der Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft gem. § 4 Abs. 3 EStG für die Zeit vom 1. Juli 1987 bis 30. Juni 1988" beigefügt, die als Betriebseinnahmen die von der Winzergenossenschaft empfangenen Zahlungen auswies; als Betriebsausgaben waren Pachtzahlungen und Löhne sowie Hilfswerte für die Schätzung der Absetzung für Abnutzung (AfA) und die Bebauungskosten-Richtbeträge für das Wirtschaftsjahr 1987/1988 gemäß einer Verfügung der Oberfinanzdirektion (OFD) Koblenz vom 25. Juli 1988 (S 2233 A - St 34 2) abgesetzt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) sah darin keinen wirksamen Antrag nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Der Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1987/1988 wurde nach Durchschnittssätzen berechnet und zeitanteilig bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr berücksichtigt; damit entfielen zugleich die Voraussetzungen für die Steuerermäßigung nach § 34 e EStG.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit ihrer dagegen gerichteten, vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Das angefochtene Urteil des FG gehe mit seinen Anforderungen an die Aufzeichnung aller Betriebseinnahmen und aller Betriebsausgaben weit über den Gesetzestext hinaus. Im Streitfall seien die Betriebseinnahmen ebenso wie die Betriebsausgaben aufgezeichnet worden. Nur innerhalb der Betriebsausgaben habe man die Bebauungskosten geschätzt. Diese Schätzung sei aber nicht willkürlich, sondern aufgrund einer Verfügung der OFD durchgeführt worden. Auch für diese Schätzung sei das Vorliegen von Aufzeichnungen, nämlich der Flächen, erforderlich.

Die Kläger beantragen sinngemäß, die Vorentscheidung aufzuheben und unter Berücksichtigung der Steuerermäßigung nach § 34 e EStG die Steuerfestsetzung vom 30. Januar 1992 zu ändern.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend erkannt, daß die Kläger ihr Wahlrecht auf anderweitige Gewinnermittlung nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG nicht wirksam ausgeübt haben. Der Gewinn der Kläger aus Land- und Forstwirtschaft war daher für das Streitjahr auch weiterhin nach § 13 a EStG zu ermitteln.

1. Nach § 13 a Abs. 2 EStG kann sich der Inhaber eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs, dessen Gewinn nach Durchschnittssätzen zu ermitteln ist, auf Antrag für die Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich oder durch Vergleich der Betriebseinnahmen mit den Betriebsausgaben entscheiden. Zwar haben die Kläger einen solchen Antrag durch Ausübung der Option in der Anlage L gestellt, der auf Durchführung der Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich gerichtet ist. Die nach der Rechtsprechung des Senats für die Ausübung des Wahlrechts entscheidende Voraussetzung, eine solche Gewinnermittlung auch beizufügen, haben die Kläger jedoch nicht erfüllt (vgl. zuletzt Urteil vom 4. Juni 1992 IV R 123-124/91, BFHE 169, 132, BStBl II 1993, 125).

a) Nach den Feststellungen des FG haben die Kläger zwar eine Überschußrechnung beigefügt; diese Gewinnermittlung entspricht jedoch nicht den Anforderungen, die von Gesetzes wegen an eine wirksame Ausübung des Wahlrechts gestellt werden, denn die Kläger haben ihre Betriebsausgaben nicht aufgezeichnet, wie dies nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG gefordert wird. Bei den neben den Pachtzahlungen und Löhnen gemäß der Verfügung der OFD Koblenz vom 25. Juli 1988 (S 2233 A - St 34 2) angesetzten Hilfswerten für die Schätzung der AfA und den Bebauungskosten-Richtbeträgen für das Wirtschaftsjahr 1987/1988 handelt es sich nicht um Einzelaufzeichnungen betrieblich veranlaßter Aufwendungen, sondern um Schätzungen, denen Einzelaufzeichnungen bestimmter Musterbetriebe zugrunde liegen mögen. Nach der Vorschrift des § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG werden jedoch ausdrücklich auf den Betrieb des Steuerpflichtigen bezogene tatsächliche Aufzeichnungen gefordert, zu denen der Steuerpflichtige ansonsten bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG nicht verpflichtet ist (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. März 1982 VIII R 225/80, BFHE 136, 28, BStBl II 1984, 504).

Der Senat ist mit der Vorentscheidung (vgl. auch Urteil des FG Rheinland-Pfalz vom 21. Juli 1987 2 K 3/85, Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1988, 106) der Auffassung, daß die Ausübung des auf Gewinnermittlung durch Überschußrechnung gerichteten Wahlrechts nach § 13 a Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG dem Steuerpflichtigen für das erste Wirtschaftsjahr nach dem Übergang besondere Aufzeichnungspflichten auferlegt. Dies entspricht auch der überwiegenden Auffassung des Schrifttums (vgl. Felsmann/Pape, Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte, 3. Aufl., 1983, Anm. C 156; Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 13 a EStG Anm. 32; Hiller in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 13 a Rz. 43; Kleeberg in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 13 a Rdnr. C 8; Köhne/Wesche, Landwirtschaftliche Steuerlehre, 2. Aufl., 1990, S. 197; Leingärtner/Zaisch, Die Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft, 2. Aufl., 1991, Rdnr. 785). Ob dieser Pflicht durch eine geordnete Belegsammlung bereits genügt ist, kann im Streitfall dahinstehen. Die Kläger haben nicht einmal diese Anforderungen erfüllt.

b) Diese Auslegung führt nicht dazu, daß durch § 13 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 EStG eine weitere Gewinnermittlungsart begründet würde (so aber Blümich/Fischer, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 13 a Rz. 26), denn es bleibt auch insoweit bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG. Nach den Absichten des Gesetzgebers erfolgte die Erweiterung des in § 1 Abs. 2 des Gesetzes über die Ermittlung des Gewinns aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (GDL) vorgesehenen Wahlrechts auf Gewinnermittlung durch Bestandsvergleich um die Einnahme-Überschußrechnung "im Interesse der Heranführung der Betriebe an die Buchführung" (Regierungsentwurf eines Dritten Steuerreformgesetzes vom 9. Januar 1974, BTDrucks 7/1470, S. 245; s. auch BTDrucks 7/1389, S. 9). Nach dem Willen des Gesetzgebers war die Gewinnermittlung durch Einnahme-Überschußrechnung daher nur als Übergangsstadium zum Betriebsvermögensvergleich vorgesehen; und tatsächlich kann der Steuerpflichtige über eine Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG auch eher die Buchführungsgrenzen überschreiten als bei der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen. Dieser gesetzgeberischen Absicht entspricht es daher, auch schon für die Einnahme-Überschußrechnung des Steuerpflichtigen, der eigentlich der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen unterliegt, besondere Aufzeichnungspflichten zu fordern. Als Ausgleich für den besonderen Aufwand, den die mit der Aufgabe der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen verbundenen Aufzeichnungspflichten verursachen, wurde nicht zuletzt auch die Steuerermäßigung nach § 34 e EStG gewährt (vgl. BTDrucks 12/1108, S. 61). Das eigentliche Ziel des Klägers ist es aber, mit der Übernahme des bisher schon nach § 13 a Abs. 8 i. V. m. § 4 Abs. 3 EStG ermittelten Gewinns die Steuerermäßigung des § 34 e EStG ohne diesen besonderen Aufwand für besondere Aufzeichnungen zu erlangen. Dies hat der Senat mit Urteil vom 28. November 1991 IV R 45/90 (BFHE 166, 538, BStBl II 1992, 458) ausdrücklich abgelehnt und dazu u. a. ausgeführt, daß in Fällen wie dem Streitfall ein sprunghaftes Ansteigen der Steuerbelastung aufgrund anderweitiger Gewinnermittlung ausscheidet. Auf diesen Zweck des § 34 e EStG (vgl. BTDrucks 8/3673, S. 17; Senatsurteil vom 7. September 1989 IV R 91/88, BFHE 158, 263, BStBl II 1989, 975) haben sich die Kläger im Streitfall daher zu Unrecht berufen.

2. Zu Unrecht meint die Revision im übrigen, die vorgelegte Überschußrechnung sei unabhängig von der Ausübung des Wahlrechts anzuerkennen, weil im Streitjahr die Voraussetzungen für eine Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen nicht mehr vorgelegen hätten. Selbst wenn man dem folgen wollte, hätte es einer Mitteilung der Finanzbehörde gemäß § 13 a Abs. 1 Satz 2 EStG bedurft, durch die die Kläger auf den Wegfall der Voraussetzungen des § 13 a Abs. 1 Nr. 2 EStG (Ausgangswert 0 DM) hingewiesen worden wären (BFH in BFHE 166, 538, BStBl II 1992, 458). Im Streitfall ist der Ausgangswert jedoch zutreffend nicht mit 0 DM angesetzt worden. Dies hätte eine Entnahme der landwirtschaftlichen Flächen aus dem Betriebsvermögen vorausgesetzt. Eine bloße Nutzungsänderung landwirtschaftlicher Grundstücke, wie der Übergang zur Brachlage, führt jedoch nicht ohne weiteres zu einer Entnahme. Dies ergibt sich ausdrücklich aus § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG; der Senat hat im übrigen auch für die Zeit vor Inkrafttreten des § 4 Abs. 1 Satz 4 EStG durch das Gesetz zur Neuregelung der Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirte vom 25. Juni 1980 (BGBl I, S. 732; BStBl I, S. 400) entschieden, daß ein zu Brachland gewordenes landwirtschaftliches Grundstück durch diese Nutzungsänderung nicht die Eigenschaft als notwendiges Privatvermögen erlangt (BFH-Urteil vom 13. März 1986 IV R 1/84, BFHE 146, 538, BStBl II 1986, 711).