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BFH-Beschluß vom 19.2.1993 (VI R 74/91) BStBl. 1993 II S. 551

1. Der VI. Senat hält zwar die Abschaffung des Arbeitnehmer- und des Weihnachts-Freibetrages durch Art. 1 Nr. 20 StRG vom 25. Juli 1988 (BGBl I, 1093, BStBl I 1988, 224) nicht für verfassungswidrig. Er sieht auch die Erhöhung der als Arbeitnehmer-Pauschbetrag bezeichneten Werbungskostenpauschale auf 2.000 DM durch Art. 1 Nr. 12 StRG 1990 als solche noch als verfassungsgemäß an.

2. Der Senat ist aber der Überzeugung, daß die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages auf 2.000 DM in Verbindung mit den Vorschriften, nach denen die tatsächlichen Werbungskosten des Arbeitnehmers ganz oder im wesentlichen vom Arbeitgeber steuerfrei (z. B. § 3 Nr. 16 EStG) oder pauschalversteuert (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG) ersetzt werden können, zu einer nicht mehr durch sachliche Gründe zu rechtfertigenden Besserstellung von nicht mit Werbungskosten belasteten Arbeitnehmern gegenüber denjenigen Arbeitnehmern führt, die ihre Werbungskosten selbst tragen müssen. Er holt deshalb gemäß Art. 100 Abs. 1 GG die Entscheidung des BVerfG zu der Frage ein, ob § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG i. d. F. durch Art. 1 Nr. 12 StRG 1990 mit Art. 3 GG vereinbar ist.

GG Art. 3; EStG § 9 a Satz 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1991, 687)

Sachverhalt

A.

1. Durch Art. 1 Nr. 20 des Steuerreformgesetzes (StRG 1990) vom 25. Juli 1988 (BGBl I, 1093, BStBl I, 224) wurden sowohl der Arbeitnehmer-Freibetrag - erstmals eingeführt in Höhe von 240 DM durch das Steueränderungsgesetz (StÄndG) vom 16. November 1964 (BGBl I, 885) und erhöht auf 480 DM durch Gesetz vom 5. August 1974 (BGBl I, 1769) - sowie der Weihnachts-Freibetrag - eingeführt in Höhe von 100 DM durch Einkommensteueränderungsgesetz vom 27. Juni 1951 (BGBl I, 411), erhöht auf 400 DM durch Gesetz vom 4. November 1977 (BGBl I, 1965) und auf 600 DM durch Gesetz vom 16. August 1980 (BGBl I, 1381) - abgeschafft. § 19 Abs. 3 und 4 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der bis zum 31. Dezember 1989 geltenden Fassung lautete:

§ 19

"....

(3) Vom Arbeitslohn, der dem Arbeitnehmer in der Zeit vom 8. November bis 31. Dezember aus seinem ersten Dienstverhältnis zufließt, ist ein Betrag von 600 Deutsche Mark abzuziehen (Weihnachts-Freibetrag). Bei einer Veranlagung zur Einkommensteuer und beim Lohnsteuer-Jahresausgleich ist der Weihnachts-Freibetrag auch zu berücksichtigen, wenn der Arbeitnehmer in der genannten Zeit keinen Arbeitslohn bezogen hat.

(4) Vom Arbeitslohn ist außerdem ein Betrag von 480 Deutsche Mark im Kalenderjahr abzuziehen (Arbeitnehmer-Freibetrag)."

2. Gleichzeitig wurde durch Art. 1 Nr. 12 des StRG 1990 die durch das StÄndG vom 18. Juli 1958 (BGBl I, 473) eingeführte und seitdem unveränderte Werbungskostenpauschale des § 9 a EStG von 564 DM auf 2.000 DM erhöht.

§ 9 a in der bis zum 31. Dezember 1989 gültigen Fassung lautete:

Pauschbeträge für Werbungskosten

"Für Werbungskosten sind bei der Ermittlung der Einkünfte die folgenden Pauschbeträge abzuziehen, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden:

1. von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit: ein Pauschbetrag von 564 DM; ...."

§ 9 a in der ab 1990 geltenden Fassung lautet:

Pauschbeträge für Werbungskosten

"Für Werbungskosten sind bei der Ermittlung der Einkünfte die folgenden Pauschbeträge abzuziehen, wenn nicht höhere Werbungskosten nachgewiesen werden:

1. von den Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit: ein Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM; ...."

3. Durch Art. 1 Nr. 3 e StRG 1990 ist § 3 Nr. 16 wie folgt gefaßt worden:

§ 3

"Steuerfrei sind

....

16. die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten, soweit sie die beruflich veranlaßten Mehraufwendungen, bei Verpflegungsmehraufwendungen die Höchstbeträge nach § 9 Abs. 4 und bei Familienheimfahrten mit einem eigenen oder zur Nutzung überlassenen Kraftfahrzeug die Pauschbeträge nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 nicht übersteigen; ...."

Die bis zum 31. Dezember 1989 gültige Fassung des § 3 Nr. 16 EStG lautete wie folgt:

§ 3

"Steuerfrei sind

....

16. die Beträge, die den im privaten Dienst angestellten Personen für Reisekosten und für dienstlich veranlaßte Umzugskosten gezahlt werden, soweit sie die durch die Reise oder den Umzug entstandenen Mehraufwendungen und bei Verpflegungsmehraufwendungen die Höchstbeträge nach § 9 Abs. 4 nicht übersteigen; ...."

4. Durch Art. 1 Nr. 23 des Gesetzes zur steuerlichen Förderung des Wohnungsbaus und zur Ergänzung des Steuerreformgesetzes 1990 (Wohnungsbauförderungsgesetz - WoBauFG -) vom 22. Dezember 1989 (BGBl I, 2408, BStBl I, 505) ist § 40 Abs. 2 um folgende Sätze erweitert worden:

"Der Arbeitgeber kann die Lohnsteuer mit einem Pauschsteuersatz von 15 vom Hundert für Sachbezüge in Form der unentgeltlichen oder verbilligten Beförderung eines Arbeitnehmers zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und für Zuschüsse zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte erheben, soweit diese Bezüge den Betrag nicht übersteigen, den der Arbeitnehmer nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 als Werbungskosten geltend machen könnte, wenn die Bezüge nicht pauschal besteuert würden. Die nach Satz 2 pauschal besteuerten Bezüge mindern die nach § 9 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 abziehbaren Werbungskosten; sie bleiben bei der Anwendung des § 40 a Abs. 1 bis 4 außer Ansatz."

B.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zugrunde:

1. Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) - ein ausländischer Arbeitnehmer - war vom 2. Mai bis zum 30. November des Streitjahres 1990 als Bauarbeiter nichtselbständig tätig. Wegen seiner Rückkehr ins Heimatland wurde am 4. Dezember 1990 ein vorzeitiger Lohnsteuer-Jahresausgleich durchgeführt, der zu einer Erstattung von 2.737 DM führte. Diese beruhte u. a. auf Werbungskosten des Klägers in Höhe von insgesamt 5.685 DM, von denen ein Betrag von 4.332 DM auf Kosten für eine doppelte Haushaltsführung entfiel.

2. Gegen den Bescheid über den Lohnsteuer-Jahresausgleich vom 4. Dezember 1990, den der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) im Einspruchsverfahren hinsichtlich des Grundfreibetrags und der Unterhaltshöchstbeträge für Auslandskinder gemäß § 165 der Abgabenordnung (AO 1977) teilweise für vorläufig erklärte, erhob der Kläger vor dem Finanzgericht (FG) Klage. Zur Begründung führte er aus, die Einführung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von 2.000 DM unter gleichzeitiger Streichung der Werbungskostenpauschale von 564 DM und des Weihnachts- und Arbeitnehmer-Freibetrages in Höhe von insgesamt 1.080 DM entspreche nicht dem Gleichheitssatz des Grundgesetzes - GG - (Art. 3 GG). Der Arbeitnehmer-Freibetrag sei eingeführt worden, um den Zinsnachteil der Arbeitnehmer auszugleichen, den diese dadurch erlitten, daß sie monatlich zeitnah mit der Lohnsteuer belastet würden. Selbständige und Gewerbetreibende müßten nur vierteljährliche Vorauszahlungen leisten und hätten für die Abgabe der Einkommensteuererklärung in der Praxis etwa ein Jahr Zeit.

Eine weitere Benachteiligung sah der Kläger darin, daß anderen Arbeitnehmern eine Werbungskostenpauschale in Höhe von 2.000 DM zuerkannt werde, auch wenn tatsächlich keine oder nur geringe Werbungskosten angefallen seien. Er sei hingegen - so führte der Kläger weiter aus - von jeder Begünstigung ausgeschlossen, weil seine Werbungskosten in Höhe von 5.685 DM über der Pauschale von 2.000 DM lägen. Die neue Pauschale sei realitätsfremd, da sie die durchschnittlich anfallenden Werbungskosten übersteige; sie sei daher aus Gründen der Steuervereinfachung nicht zu rechtfertigen.

3. Das FG wies die Klage, mit der der Kläger die Festsetzung des Erstattungsanspruchs unter Berücksichtigung des Weihnachts- und Arbeitnehmer-Freibetrags von 1.080 DM, hilfsweise die Vorlage an das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) zur Prüfung der Verfassungsmäßigkeit des Art. 1 Nrn. 12 und 20 des StRG 1990 begehrte, als unbegründet ab.

Zur Begründung seiner in den Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 687 veröffentlichten Entscheidung führte es im wesentlichen aus: Hinsichtlich Art. 1 Nr. 12 StRG 1990 (Erhöhung der Werbungskostenpauschale auf 2.000 DM) sei eine Richtervorlage unzulässig. Eine Ungleichbehandlung zu Lasten des Klägers könne nur darin gesehen werden, daß andere Steuerpflichtige zu Unrecht in den Genuß einer überhöhten Pauschale gelangten. Bei Beseitigung dieser Ungleichbehandlung durch Streichung der Pauschale würde sich die Rechtslage jedoch für den Kläger, dessen Werbungskosten in vollem Umfange steuermindernd berücksichtigt worden seien, nicht verbessern. Der Wegfall des Arbeitnehmer- und Weihnachts-Freibetrages sei verfassungsgemäß. Dadurch sei zwar eine Nivellierung der bisherigen differenzierten steuerrechtlichen Behandlung der Steuerpflichtigen mit unterschiedlichen Einkunftsarten eingetreten. Der Gesetzgeber habe aber seinen weiten, nur durch das Willkürverbot begrenzten Gestaltungsspielraum nicht überschritten. Gehe man davon aus, daß Anträge auf Durchführung des Lohnsteuer-Jahresausgleichs durchschnittlich mit einem Erstattungsbetrag in Höhe von 700 DM abschlössen (BTDrucks 11/2536, S. 18), so übersteige der Zinsverlust der Arbeitnehmer selten den Betrag von 50 DM bis 100 DM. Dies sei eine noch hinnehmbare Größenordnung. Insbesondere könne nicht von völliger Sachfremdheit der gesetzgeberischen Gestaltung gesprochen werden, wenn man berücksichtige, daß der Gesetzgeber mit der als Gesamtregelung zu verstehenden Abschaffung des Arbeitnehmer- und des Weihnachts-Freibetrages sowie der Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages auf 2.000 DM die Absicht verfolgt habe, ca. 75 v. H. der Arbeitnehmer von Nachweispflichten zu befreien.

4. Mit der vom FG wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassenen Revision verfolgt der Kläger seinen Klageantrag weiter. Ergänzend trägt er vor, das FG habe den Zinsnachteil der Arbeitnehmer unzutreffend auf rd. 50 DM geschätzt. Diese Schätzung sei zu niedrig, da die Vorteile der Bezieher anderer Einkünfte wegen der fehlenden Quellenbesteuerung wesentlich höher anzusetzen seien. Auch durch die Absenkung des Steuertarifs werde der Nachteil nicht ausgeglichen, denn dieser Vorteil käme den Beziehern sämtlicher Einkunftsarten gleichermaßen zugute. Die erforderliche Gleichbehandlung der Bezieher der verschiedenen Einkunftsarten könne der Gesetzgeber nur durch Abschaffung des Lohnsteuerabzugsverfahrens oder durch Einführung einer Quellenbesteuerung bei allen Einkunftsarten herstellen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

C.

Der Gesetzgeber hat die Abschaffung des Weihnachts- und des Arbeitnehmer-Freibetrages (§ 19 Abs. 3 und 4 EStG vor 1990) und die Erhöhung der als Arbeitnehmer-Pauschbetrag bezeichneten Werbungskostenpauschale (§ 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG ab 1990) als Gesamtmaßnahme verstanden. Der Senat erstreckt die verfassungsrechtliche Überprüfung auf diese Gesamtmaßnahme und gelangt zu folgendem Ergebnis: Er hält zwar die Abschaffung des Arbeitnehmer- und Weihnachts-Freibetrages durch Art. 1 Nr. 20 StRG 1990 nicht für verfassungswidrig. Er sieht auch in dem durch Art. 1 Nr. 12 StRG 1990 auf 2.000 DM heraufgesetzten Arbeitnehmer-Pauschbetrag wegen des damit verbundenen Vereinfachungseffekts isoliert auf die Höhe des Pauschbetrages bezogen noch keinen Verfassungsverstoß. Der Senat ist aber der Überzeugung, daß die Erhöhung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Verbindung mit den Vorschriften, nach denen die tatsächlichen Werbungskosten des Arbeitnehmers ganz oder im wesentlichen vom Arbeitgeber steuerfrei (z. B. § 3 Nr. 16 EStG) oder pauschal versteuert (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG) ersetzt werden können, zu einer nicht mehr durch sachliche Gründe zu rechtfertigenden Besserstellung von nicht mit Werbungskosten belasteten Arbeitnehmern gegenüber denjenigen Arbeitnehmern führt, die ihre Werbungskosten selbst tragen müssen.

I.

Die Abschaffung des Arbeitnehmer- und des Weihnachts-Freibetrages durch Art. 1 Nr. 20 StRG 1990 hält sich als solche noch innerhalb des dem Gesetzgeber zustehenden Gestaltungsspielraumes.

1. Mit der Einführung des Arbeitnehmer-Freibetrages ab 1965 in Höhe von 240 DM sowie der Erhöhung auf 480 DM im Jahre 1975 sollte den Arbeitnehmern ein Ausgleich dafür gewährt werden, daß diese im Lohnsteuerabzugsverfahren ihre Steuer zeitnäher entrichten müssen als die veranlagten Steuerpflichtigen mit anderen Einkunftsarten (s. BTDrucks IV/2400, S. 45). Im Gesetzgebungsverfahren war außerdem zur Begründung darauf hingewiesen worden, daß der Arbeitnehmer-Freibetrag zum Ausgleich von Vorteilen dienen sollte, die sich für Gewerbetreibende daraus ergeben, daß diese bei der Gewinnermittlung in größerem Umfange legale Gestaltungsmöglichkeiten als Arbeitnehmer in Anspruch nehmen können (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. August 1986 IV R 225/84, BFHE 147, 376, BStBl II 1986, 862).

Eine ähnliche Ausgleichsfunktion wie der Arbeitnehmer-Freibetrag besaß auch der Weihnachts-Freibetrag in Höhe von zuletzt 600 DM (§ 19 Abs. 3 EStG a. F.). Denn ab Geltung des Einkommensteueränderungsgesetzes vom 27. Dezember 1960 (BGBl I, 1077, BStBl I 1961, 18) war die Steuerfreiheit, die durch den Weihnachts-Freibetrag gewährt werden sollte, nicht mehr davon abhängig, ob die Arbeitnehmer besondere Weihnachtszuwendungen erhielten oder nicht. Der Weihnachts-Freibetrag erhielt damit den Charakter eines allgemeinen Freibetrages, der rechtssystematisch als Aufstockung des Arbeitnehmer-Freibetrages einzuordnen war und damit dessen besondere Ausgleichsfunktion für Nachteile der Arbeitnehmer verstärkte (Beschluß des BVerfG vom 29. Mai 1987 1 BvR 1135/86, Der Betrieb - DB - 1987, 1765; Urteile des BFH in BFHE 147, 376, BStBl II 1986, 862, und des Bundesarbeitsgerichts - BAG - vom 7. März 1990 5 AZR 130/89, DB 1990, 2271; zur historischen Entwicklung des Weihnachts-Freibetrages vgl. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, § 19 EStG Anm. 380).

2. Der Arbeitnehmer- und der Weihnachts-Freibetrag von zusammen 1.080 DM wurden durch Art. 1 Nr. 20 des StRG 1990 abgeschafft; gleichzeitig wurde der seit 1958 unverändert geltende Werbungskostenpauschbetrag von 564 DM auf 2.000 DM erhöht. Zwar heißt es in der Begründung zum Gesetzentwurf zu der nunmehr als "Arbeitnehmer-Pauschbetrag" bezeichneten Werbungskostenpauschale, die bisherige Pauschale von 564 DM werde mit dem Arbeitnehmer-Freibetrag von 480 DM und dem Weihnachts-Freibetrag von 600 DM "zusammengefaßt und noch zusätzlich aufgestockt" (BTDrucks 11/2157 S. 143). Nach dem eindeutigen Wortlaut des § 9 a EStG, von dessen Einführung die Bundesregierung unter Berücksichtigung der Abschaffung des Arbeitnehmer- und des Weihnachts-Freibetrages Mehreinnahmen von 1,2 Milliarden DM (BTDrucks 11/2157 S. 127) erwartete, handelt es sich aber um einen reinen Werbungskostenpauschbetrag (Beschluß des Senats vom 29. April 1992 VI B 152/91, BFHE 167, 152, BStBl II 1992, 752, unter 2 c der Entscheidungsgründe). Dieser führt bei Arbeitnehmern mit Werbungskosten unterhalb von 920 DM im Vergleich zur früheren Rechtslage zu einem erhöhten Abzugsbetrag von maximal 356 DM. Für Arbeitnehmer mit Werbungskosten von 920 DM oder mehr ergeben sich verminderte Abzugsbeträge bis zu 1.080 DM. Hieraus folgt eine Verschlechterung ihrer Rechtsposition, wie sich im einzelnen aus nachstehender Tabelle entnehmen läßt:

  

    Tatsächliche            Abzugsbeträge            ab 1990               Differenz

Werbungskosten               bisher         

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

        0     -   564           1.644     *)                         2.000         +356                        mehr

    565     -   920           1.645     -        2.000           2.000         +355     -    0            mehr

    921     - 2.000           2.001     -        3.080           2.000                    -     1.080      weniger

   über      2.000                         über 3.080    über 2.000                           1.080      weniger

---------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------------

*) 480 + 600 + 564 = 1.644

3. Die Abschaffung des Arbeitnehmer- und des Weihnachts-Freibetrages verstößt indessen nicht gegen das in Art. 3 GG enthaltene Willkürverbot. Arbeitnehmer- und Weihnachts-Freibetrag unterlagen keinem verfassungsrechtlichen Bestandsschutz (ebenso Arndt, Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht - NVwZ - 1988, 787; Birk, Protokolle der öffentlichen Anhörung vor dem Finanzausschuß vom 6. Juni 1988, Nr. 24/5; Lang, Protokolle Nr. 20/287; Friauf, Protokolle Nr. 24/12; a. A. Vorlagebeschluß des FG Rheinland-Pfalz vom 2. November 1992 3 K 1992/92, EFG 1993, 85).

a) Gegen das aus Art. 3 GG folgende Gebot, alle Menschen vor dem Gesetz gleichzubehandeln, wird verstoßen, wenn eine Gruppe von Normadressaten mit einer anderen Gruppe gleichbehandelt wird, obwohl zwischen beiden Gruppen Unterschiede von solcher Art und Gewicht bestehen, daß ein einleuchtender, am Gerechtigkeitsgedanken orientierter Grund für die Gleichbehandlung fehlt und daher die Gleichbehandlung als willkürlich erscheint (BVerfG-Beschluß vom 9. November 1988 1 BvR 243/86, BVerfGE 79, 106, 121). Hierbei können die Gerichte wegen der in Art. 20 Abs. 2 GG verankerten Gewaltenteilung nur die Einhaltung der äußersten Grenzen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums überprüfen. Ihnen obliegt es hingegen nicht zu beurteilen, ob der Gesetzgeber im Einzelfall die jeweils zweckmäßigste oder gerechteste Lösung gefunden hat (BVerfG-Beschlüsse vom 18. Mai 1971 1 BvL 7, 8/69, BVerfGE 31, 119, 130; vom 29. November 1989 1 BvR 1402, 1528/87, BStBl II 1990, 479, 481).

b) Auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung des BVerfG hat der Gesetzgeber durch die Abschaffung der Freibeträge des § 19 Abs. 3 und 4 EStG a. F. nicht willkürlich gehandelt. Das BVerfG hat in zwei Beschlüssen vom 26. Januar 1977 1 BvL 7/76 (BVerfGE 43, 231, BStBl II 1977, 297) und vom 29. Mai 1987 1 BvR 1135/86 (DB 1987, 1765) entschieden, daß die Einführung von Arbeitnehmer- und Weihnachts-Freibetrag zum Ausgleich von Benachteiligungen der Arbeitnehmer gegenüber Beziehern anderer Einkunftsarten gerechtfertigt war. Hieraus folgt aber noch nicht, daß dem Gesetzgeber die Abschaffung der Freibeträge wegen eines verfassungsrechtlichen Bestandsschutzes verwehrt wäre. So hatte das BVerfG durch Beschluß vom 19. Oktober 1967 1 BvR 477/67 (DB 1967, 2053) für das Streitjahr 1964 - in dem der Arbeitnehmer-Freibetrag noch nicht galt - die Verfassungsbeschwerde eines Arbeitnehmers zurückgewiesen, der zum Ausgleich von Benachteiligungen der Arbeitnehmer die erstmalige Einführung eines Arbeitnehmer-Freibetrages begehrte. Zur Begründung hatte es ausgeführt, die unterschiedliche Behandlung von Lohnsteuerpflichtigen und veranlagten Steuerpflichtigen verstoße nicht gegen das GG, da die Einbehaltung der Lohnsteuer bei Arbeitnehmern nur durch den Abzug an der Quelle möglich erscheine und ein solches Verfahren bei veranlagten Steuerpflichtigen mit anderen Einkunftsarten ausscheide. Etwaige Mängel in der Handhabung des Veranlagungsverfahrens, die auf die Überlastung der Finanzverwaltung zurückzuführen seien, beeinträchtigten die Verfassungsmäßigkeit der gesetzlichen Regelung nicht. Die Gewährung eines besonderen Arbeitnehmer-Freibetrages falle in das vom BVerfG nicht näher nachprüfbare Gestaltungsermessen des Gesetzgebers. Wenn es nach der Rechtsprechung des BVerfG innerhalb des Gestaltungsermessens des Gesetzgebers liegt, auf die Einführung eines Arbeitnehmer-Freibetrages zu verzichten, so war der Gesetzgeber auch grundsätzlich befugt, einen bereits bestehenden Arbeitnehmer-Freibetrag wieder abzuschaffen.

c) Der Senat ist der Auffassung, daß die Gründe des Beschlusses des BVerfG vom 19. Oktober 1967 1 BvR 477/67 (DB 1967, 2053) weiter Bestand haben.

aa) Der Lohnsteuerabzug ist zur Sicherstellung des Staatshaushalts unverzichtbar (vgl. näher Beschluß des BVerfG vom 26. Januar 1977 1 BvL 7/76, BVerfGE 43, 231, 238, m. w. N., BStBl II 1977, 297). Da bei gewerblichen oder freiberuflichen Einkünften ein Abzug der Steuern an der Quelle nicht möglich ist, bildet dieser tatsächliche Unterschied sowie das gesamtstaatliche Interesse an einem kontinuierlichen Steuereingang einen sachlichen Grund für die unterschiedliche steuertechnische Erhebungsform bei den verschiedenen Einkunftsarten. Etwaige Nachteile, die sich wegen der besseren tatsächlichen Erfassung der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit ergeben, muß der Gesetzgeber nicht durch Gewährung eines Freibetrages ausgleichen; vielmehr unterliegt es seinem Gestaltungsspielraum, einen Ausgleichsbetrag dann wieder abzuschaffen, wenn er ohne Willkür der Auffassung sein kann, bestehende Nachteile seien beseitigt oder von ihrem Gewicht her wesentlich vermindert. Etwaige verbliebene Benachteiligungen von geringerem Gewicht können vom Gesetzgeber nachgebessert oder durch die Rechtsprechung im Wege verfassungskonformer Auslegung beseitigt werden.

bb) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze erscheint die Gesetzesbegründung für die Abschaffung der Freibeträge, daß deren bisherige Rechtfertigung durch die rechtliche Entwicklung erheblich an Gewicht verloren habe (BTDrucks 11/2157 S. 143), nicht willkürlich.

(1) Soweit die Benachteiligung von Lohnsteuerpflichtigen bei der Einführung des Arbeitnehmer-Freibetrages mit günstigeren steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten anderer Einkunftsgruppen, insbesondere wegen der mißbrauchsanfälligen Abzugsmöglichkeit von Bewirtungsspesen und der geringen Schätzung des privaten Nutzungsanteils bei Geschäftswagen (vgl. öffentliche Anhörung im Finanzausschuß, Protokoll vom 18. Mai 1988 Nr. 20/261) begründet worden war, haben der Gesetzgeber und die Finanzverwaltung diese Vorteile durch Begrenzung der Abzugsfähigkeit auf 80 v. H. der Bewirtungsspesen (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 EStG) sowie durch Erhöhung des Regelsatzes für den privaten Nutzungsanteil bei betrieblichen Personenkraftwagen auf 30 bis 35 v. H. (Abschn. 118 Abs. 2 der Einkommensteuer-Richtlinien - EStR - ab 1990) gemindert.

(2) Soweit bei der Einführung des Arbeitnehmer-Freibetrages im Jahre 1965 der Ausgleich von Zinsnachteilen des Arbeitnehmers durch monatlichen Lohnsteuereinbehalt gegenüber Vorauszahlungspflichtigen (insbesondere Freiberuflern und Gewerbetreibenden) im Vordergrund gestanden hat, ist durch die rechtliche Fortentwicklung eine neue Bewertungssituation eingetreten, die der Gesetzgeber u. a. zum Anlaß nehmen konnte, die bisherigen Freibeträge abzuschaffen. Er hat mit dem StRG 1990 in § 233 a AO 1977 die Vollverzinsung von Steuernachforderungen eingeführt, die das Interesse am Hinauszögern der Abgabe der Steuererklärungen für Freiberufler und Gewerbetreibende zwar nicht beseitigt, wohl aber vermindert. Damit hat der Gesetzgeber eine Maßnahme getroffen, die geeignet ist, den bestehenden Zinsvorteil wesentlich einzuschränken.

Zwar kann nicht übersehen werden, daß sich Zinsnachteile nach wie vor daraus ergeben, daß der Arbeitnehmer regelmäßig einem monatlichen Lohnsteuerabzug unterliegt (§ 38 Abs. 3 Satz 1 EStG), während Vorauszahlungspflichtige i. S. des § 37 EStG nur vierteljährlich zu Vorauszahlungen verpflichtet sind. Der entsprechende Zinsnachteil eines Lohnsteuerpflichtigen mit einer monatlichen Lohnsteuer in Höhe von 1.000 DM gegenüber einem Vorauszahlungspflichtigen, der 12.000 DM Einkommensteuer in 4 Monatsraten zu je 3.000 DM zu erbringen hat, beläuft sich bei Annahme einer Verzinsung von 8 v. H. wie folgt:

  

Januareinbehalt: Zinsnachteil für 2 Monate:                                      13,33 DM

Februareinbehalt: Zinsnachteil für 1 Monat:                                        6,66 DM

                                                                                                      ------------

                                                                                                    19,99 DM

  

Zinsnachteil des Jahres (4 x 19,99 DM) =                                        80,00 DM.

Diese Größenordnung erscheint dem Senat nicht als so gewichtig, daß ihre Nichtberücksichtigung durch einen Freibetrag bereits als Verfassungsverstoß gewertet werden müßte. Dies gilt auch vor dem Hintergrund, daß die Stundungsmöglichkeiten im Lohnsteuerabzugsverfahren stark eingeschränkt sind und daß sich die 1.200-DM-Grenze des § 39 a Abs. 2 Satz 4 EStG auf Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit, Sonderausgaben und außergewöhnliche Belastungen bezieht, während sie in § 37 Abs. 3 Satz 4 EStG Betriebsausgaben und Werbungskosten aus anderen Einkunftsarten nicht berührt. Auch diese geringfügigen Nachteile der Arbeitnehmer gegenüber den Vorauszahlungspflichtigen nach § 37 EStG lassen die Beibehaltung bzw. Einführung eines Arbeitnehmer-Freibetrages nicht als verfassungsrechtlich zwingend geboten erscheinen.

(3) Dabei kann nicht außer Betracht bleiben, daß die Ungleichbehandlung zwischen steuerpflichtigen Arbeitnehmern und anderen Vorauszahlungspflichtigen, die sich aus der eingeschränkten Eintragungsmöglichkeit von Freibeträgen auf der Lohnsteuerkarte durch § 39 a EStG ergab, inzwischen durch Beschluß des BVerfG vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86 (Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung - HFR - 1992, 75, DB 1991, 2522) sowie im Anschluß an den Senatsbeschluß in BFHE 167, 152, BStBl II 1992, 752 dadurch beseitigt worden ist, daß die Finanzverwaltung nunmehr zuläßt, daß Verluste aus sämtlichen Einkunftsarten im Lohnsteuerabzugsverfahren zeitnah durch Eintragung auf der Lohnsteuerkarte steuermindernd berücksichtigt werden können (Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen - BMF - vom 19. Februar 1993, BStBl I 1993, 250). Hierdurch kann das Entstehen von weiteren Zinsnachteilen von vornherein in erheblichem Umfang vermindert werden.

Berücksichtigt man weiter, daß der Gesetzgeber gleichzeitig mit dem Arbeitnehmer- und dem Weihnachts-Freibetrag in Höhe von zusammen 1.080 DM auch den bisherigen Freibetrag für freie Berufe in Höhe von 1.200 DM (§ 18 Abs. 4 EStG a. F.) abgeschafft hat, dessen Zweck nach der Rechtsprechung des BVerfG "keineswegs gesicherter Erkenntnis unterlag" (BVerfG-Beschluß vom 29. Mai 1987 1 BvR 1135/86, DB 1987, 1765), erscheint dem Senat trotz der verbliebenen Gestaltungsunterschiede zwischen den Beziehern der einzelnen Einkunftsarten die Abschaffung des Arbeitnehmer- und des Weihnachts-Freibetrages nicht als eine willkürliche, mit dem Gleichheitsgebot des Art. 3 GG unvereinbare gesetzgeberische Maßnahme.

II.

Allein die Höhe des durch Art. 1 Nr. 12 StRG 1990 eingeführten Arbeitnehmer-Pauschbetrages in Höhe von 2.000 DM führt nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschrift des § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG.

1. Durch den hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrag werden zwar solche Arbeitnehmer, die tatsächlich keine oder nur geringe Werbungskosten haben, gegenüber denjenigen Arbeitnehmern begünstigt, deren wirtschaftliche Leistungsfähigkeit durch über den Betrag von 2.000 DM hinausgehende beruflich veranlaßte Aufwendungen tatsächlich gemindert ist (Rasenack, Betriebs-Berater - BB - 1988, 1859, 1860). Diese Besserstellung von Arbeitnehmern mit geringen Werbungskosten ist aber durch den Vereinfachungszweck des Arbeitnehmer-Pauschbetrages noch gerechtfertigt.

Nach der Rechtsprechung des BVerfG (Beschlüsse vom 22. Juli 1991 1 BvR 829/89, Die Information über Steuer und Wirtschaft - Inf - 1991, 503, und vom 31. Mai 1988 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214; vom 8. Oktober 1991 1 BvL 50/86, HFR 1992, 75) ist der Steuergesetzgeber durch das Gleichheitsgebot nicht gehindert, sich im Massenverfahren anstelle eines ausschließlich individuellen Wirklichkeitsmaßstabes aus Gründen der Verfahrensvereinfachung generalisierender, pauschalierender und typisierender Regelungen zu bedienen. In Einzelfällen entstehende Ungerechtigkeiten, wie sie insbesondere bei jeder Pauschale auftreten, sind hierbei hinzunehmen. Der Gesetzgeber ist berechtigt, von einem Gesamtbild auszugehen, das sich aus den ihm vorliegenden Erfahrungen ergibt. Die Grenzen zulässiger Pauschalierung und Typisierung sind erst dort erreicht, wo die Verwaltungsvereinfachung im Massenverfahren nicht mehr im rechten Verhältnis zu der mit der Typisierung verbundenen Ungleichheit der steuerlichen Belastung steht (zu den rechtlichen Voraussetzungen vgl. auch Kirchhof, Handbuch des Staatsrechts der Bundesrepublik Deutschland, Bd. V, Tz. 298 ff., und in Finanzverwaltung und Grundgesetz, Festschrift 40 Jahre Bundesfinanzakademie, 1992, S. 1, 10).

2. Der Gesetzgeber ging davon aus, daß sich durch die Anhebung der Werbungskostenpauschale auf 2.000 DM für etwa 3/4 der Arbeitnehmer der Nachweis von Werbungskosten erübrigen würde (BTDrucks 11/2536 S. 50), was zu einer deutlichen Entlastung der Steuerpflichtigen (keine Belegsammlung), der Finanzverwaltung (keine Belegprüfungen) sowie der FG führen würde. Die Pauschale mag zwar für das Jahr 1990 der Höhe nach über den durchschnittlich zu erwartenden Werbungskosten gelegen haben, denn der Finanzausschuß (BTDrucks 11/2536 S. 50) ist für das Jahr 1990 zu einer Schätzung von durchschnittlichen Werbungskosten in Höhe von nur 1.855 DM gelangt.

Möglicherweise ist der Gesetzgeber von einer unzutreffenden Hochrechnung ausgegangen, als er die für 1983 durchschnittlich anzusetzenden Werbungskosten von 1.300 DM auf zu erwartende durchschnittliche Werbungskosten im Jahre 1990 von 1.855 DM fortgerechnet hat. Denn nach dem vorhandenen Zahlenmaterial sollen im Jahre 1983 bei rd. 52 v. H. der Arbeitnehmer nur Werbungskosten von weniger als 564 DM angefallen sein. Wären unter der Annahme, daß bei diesem Anteil von rd. 52 v. H. der Arbeitnehmer Werbungskosten von genau 564 DM angefallen sind, diese Werbungskosten (564 DM) nach dem gleichen Berechnungsschema hochgerechnet worden, nach welchem die durchschnittlichen Werbungskosten in Höhe von 1.300 DM auf das Jahr 1990 fortgeschrieben worden sind, so hätten sich nach statistischer Prognose im Jahre 1990 bei rd. 52 v. H. der Arbeitnehmer Werbungskosten von nicht mehr als 804 DM, also gerundet von nicht mehr als 800 DM bis 900 DM ergeben. Insoweit ist nicht von vornherein zweifelsfrei, ob der Gesetzgeber sich für einen Arbeitnehmer-Pauschbetrag in Höhe von 2.000 DM entscheiden konnte, wenn nach statistischen Erwartungen bei rund der Hälfte der Arbeitnehmer im Jahre 1990 nur Werbungskosten von nicht mehr als 900 DM anfallen würden.

Wenn der Gesetzgeber sich gleichwohl vor dem Hintergrund der Unsicherheit jeden statistischen Materials zu einer hohen Werbungskostenpauschale entschloß und damit der Steuervereinfachung den Vorrang vor der Einzelfallgerechtigkeit eingeräumt hat, sieht der Senat wegen der überragenden Wichtigkeit einer durchgreifenden Steuervereinfachung im Massenverfahren der Arbeitnehmerbesteuerung (s. auch Klein, Gegenwart und Zukunft der Finanzverwaltung aus der Sicht der Finanzgerichtsbarkeit, in Festschrift 40 Jahre Bundesfinanzakademie 1992, S. 41, 49) die getroffene Regelung im Grundsatz noch nicht als Überschreitung des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums an. Denn Pauschbeträge müssen, um eine effektive Besteuerungsvereinfachung zu bewirken, im oberen Bereich des Schätzungsrahmens angesiedelt sein (Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 9 a EStG Anm. 5; kritisch: Tipke, Lehren aus der Steuerreform 1990, Steuer und Wirtschaft - StuW - 1989, 291, 296). Sie konnten weiterhin, um den durch sie bezweckten Vereinfachungseffekt nicht wieder durch ständige Anpassungen zu gefährden, auf die Zukunft der 90er Jahre ausgerichtet sein. Die Pauschale erscheint dem Senat auch nicht offensichtlich realitätsfremd, denn im Jahre 1993 werden 2.000 DM Werbungskosten bereits allein bei 220 arbeitstäglichen Fahrten mit dem Kraftwagen zwischen Wohnung und Arbeitsstätte und 14 Entfernungskilometern erreicht (14 x 220 x 0,65 = 2.002 DM).

Schließlich ist zu berücksichtigen, daß es sich bei der Werbungskostenpauschale um eine bevorzugende Typisierung handelt, bei der der Gesetzgeber eine größere Gestaltungsfreiheit besitzt als bei der Benachteiligung von Steuerpflichtigen; denn es kann eher in Kauf genommen werden, daß im Rahmen einer Typisierung Personen in den Genuß von Vorteilen gelangen, die ihnen nach dem strengen Gesetzeszweck nicht gebühren, als daß Personen gleichheitswidrig von einem Vorteil ausgeschlossen werden, der ihnen nach dem Gesetzeszweck zukäme (BVerfG-Urteil vom 24. Juli 1963 1 BvL 30/57, 11/61, BVerfGE 17, 1, 24). Wenn der Gesetzgeber somit im Spannungsfeld zwischen Steuergerechtigkeit und Steuervereinfachung im Massenverfahren der Arbeitnehmerbesteuerung die Vereinfachung vorgezogen hat, so stellt dies nach Ansicht des Senats jedenfalls keinen Verstoß gegen Art. 3 GG und das Leistungsfähigkeitsprinzip dar (ebenso Klein, Gegenwart und Zukunft der Finanzverwaltung, in Festschrift 40 Jahre Bundesfinanzakademie, 1992, S. 41, 49; Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 9 a EStG Anm. 3; a. A. Rasenack, BB 1988, 1859; Blümich/Thürmer, Einkommensteuergesetz, § 9 a Tz. 24, und v. Bornhaupt in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 9 a Rdnr. B 37; Maaß, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1989, 256, 262; Tipke/Lang, Lehrbuch S. 274, 276).

3. In der Einführung des hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrages liegt auch keine willkürliche Ungleichbehandlung der Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit im Vergleich zu freiberuflichen oder gewerblichen Einkünften, für die eine derartige Pauschale nicht im Gesetz vorgesehen ist. Denn Betriebsausgaben bei Freiberuflern und Gewerbetreibenden sind - anders als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit - der Höhe nach kaum typisierbar und liegen regelmäßig (z. B. allein aufgrund der Geschäftsmiete) wesentlich über 2.000 DM.

III.

Allerdings hat der Gesetzgeber die Grenzen zulässiger Pauschalierung und Typisierung deshalb überschritten und damit gegen Art. 3 GG verstoßen, weil er den hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrag auch in den Fällen ungekürzt gewährt, in denen der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Werbungskosten steuerfrei (z. B. § 3 Nrn. 13 und 16 EStG) oder unter der Voraussetzung pauschaler Lohnversteuerung (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG) ersetzt.

1. Dies führt dazu, daß denjenigen Arbeitnehmern, die von ihrem Arbeitgeber diese für sie steuerfreien Werbungskostenersatzleistungen erhalten, der Arbeitnehmer-Pauschbetrag, soweit weitere selbst getragene Werbungskosten nicht angefallen sind, wie ein allgemeiner Freibetrag verbleibt. Diese Arbeitnehmer können von vornherein in Höhe der für sie steuerfreien Ersatzleistungen nicht in ihrer steuerlichen Leistungsfähigkeit eingeschränkt sein. Insoweit bedarf es auch keines Werbungskostenpauschbetrages zur Abgeltung voraussichtlicher Werbungskosten; denn es steht fest, daß diese Arbeitnehmer in Höhe der steuerfreien Werbungskostenersatzleistungen nicht mit Werbungskosten belastet sein können. Während somit ein Arbeitnehmer, der infolge der steuerfreien Werbungskostenersatzleistungen nicht in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, daneben noch in den zusätzlichen Vorteil des Arbeitnehmer-Pauschbetrages mit der Wirkung eines Freibetrages kommen kann, hat derjenige Arbeitnehmer, der die angefallenen Werbungskosten aus eigenen Mitteln begleichen muß, der also tatsächlich in seiner Leistungsfähigkeit beeinträchtigt ist, diesen Vorteil nicht.

Diese Konsequenzen verdeutlicht der vorliegende Fall. Der Kläger hatte neben seinen Werbungskosten für doppelte Haushaltsführung (4.332 DM) weitere Werbungskosten in Höhe von 1.353 DM. Da er sämtliche Werbungskosten aus eigenen Mitteln zu bestreiten hatte, stand ihm ein Werbungskostenabzug von insgesamt 5.685 DM zu. Daneben wirkte sich der Arbeitnehmer-Pauschbetrag nicht mehr aus, da er in den höheren Werbungskosten aufging. Hätte der Arbeitgeber dem Kläger, wie es nach § 3 Nr. 16 EStG möglich gewesen wäre, die Kosten der doppelten Haushaltsführung steuerfrei ausgezahlt, also einen rechtlich unstreitigen steuerfreien Werbungskostenersatz geleistet, so hätte der Kläger, obwohl er selbst nur noch mit weiteren Werbungskosten in Höhe von 1.353 DM belastet war, dennoch einen Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM steuermindernd geltend machen können. Dem Kläger würde also ein Freibetrag in Höhe von 647 DM (2.000 DM ./. 1.353 DM) zustehen, obwohl feststünde, daß er wegen des steuerfreien Werbungskostenersatzes in dieser Höhe steuerlich nicht belastet sein könnte.

Diese ungleiche steuerrechtliche Behandlung ist - anders als im Zusammenhang mit der oben unter C II behandelten Fragestellung nach der Verfassungsmäßigkeit des Arbeitnehmer-Pauschbetrages allein wegen dessen Höhe von 2.000 DM - auch durch den einzig in Betracht kommenden Gesichtspunkt der Steuervereinfachung nicht gerechtfertigt (Schmidt/Drenseck, Einkommensteuergesetz, 11. Aufl., § 9 a Anm. 3; s. auch Birk, Protokolle des Finanzausschusses vom 6. Juni 1988, Nrn. 24, 26; Prinz in Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 9 a EStG Anm. 5; Bedenken auch bei Thomas, Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 1990/91, 208).

2. Dem Gesetzgeber war die Problematik der Begünstigungskumulation von Arbeitnehmer-Pauschbetrag und steuerfreiem Werbungskostenersatz bewußt.

In der Gesetzesbegründung zu § 3 Nr. 16 EStG vom 23. März 1988 (BRDrucks 100/88 S. 244) heißt es hierzu:

"Mit der Erweiterung der Steuerfreiheit auf die Vergütungen für Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung wird gleichzeitig eine abschließende Regelung des steuerfreien Werbungskostenersatzes getroffen. Weitergehende Verwaltungsregelungen über die Steuerbefreiung von Werbungskostenersatzleistungen sollen ab 1990 nicht fortgeführt werden, weil sie bei der vorgesehenen Anhebung und Umgestaltung des Werbungskostenpauschbetrags von 564 DM zu einem Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000 DM zu einer nicht vertretbaren Begünstigung derjenigen Arbeitnehmer führen würden, denen die Werbungskosten vom Arbeitgeber im vollen Umfang ersetzt werden."

Dem entsprach ein Bundesratsantrag des Landes Nordrhein-Westfalen vom 28. April 1988 (BRDrucks 100/22/88 S. 3), in dem es heißt:

"Die Anhebung des Werbungskostenpauschbetrages auf 2.000 DM läßt zudem befürchten, daß der in einer Vielzahl von Fällen im Verwaltungswege zugelassene steuerfreie Ersatz von Werbungskosten künftig nicht mehr beibehalten werden kann, weil das bei Arbeitnehmern, deren Werbungskosten der Arbeitgeber trägt, eine zusätzliche Freibetragswirkung von bis zu 2.000 DM haben würde. Als Ausgleich wäre es erforderlich, diese Arbeitgeberleistungen zu versteuern."

Daß im Hinblick auf den hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrag und anders als unter der Geltung des Werbungskostenpauschbetrages in Höhe von 564 DM die Steuerfreistellung des Werbungskostenersatzes durch Verwaltungsregelungen nicht mehr hinnehmbar sein kann, ist offenkundig. Die mögliche, aber im Hinblick auf den hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrag sachlich nicht gerechtfertigte Begünstigung derjenigen Arbeitnehmer, denen die Werbungskosten vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden, ist nicht etwa eine Folge davon, daß Werbungskostenersatz durch Verwaltungsregelungen für steuerfrei erachtet wird, sondern sie ist eine Folge davon, daß Werbungskostenersatz steuerfrei geleistet werden kann, ohne daß dies bei der Höhe des Arbeitnehmer-Pauschbetrages zu Konsequenzen führt. Diese vom Gesetzgeber vorhergesehene nicht gerechtfertigte Begünstigung einer bestimmten Gruppe von Arbeitnehmern ist die Folge des gesetzlich zulässigen steuerfreien Werbungskostenersatzes. Zwar ist der Gesetzgeber weiterhin frei, ob und in welchem Umfang er die Leistung steuerfreien Werbungskostenersatzes eröffnet bzw. ausdehnt. Er hat aber dann auf andere Weise dafür Vorsorge zu treffen, daß dadurch nicht diejenige Gruppe von Arbeitnehmern steuerlich begünstigt wird, deren steuerliche Leistungsfähigkeit wegen des Ersatzes der Werbungskosten durch den Arbeitgeber eine solche Begünstigung gerade nicht rechtfertigt. Dies gilt jedenfalls so weit, als dadurch die steuervereinfachende Wirkung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nicht wesentlich beeinträchtigt wird.

Trotz seiner berechtigten Bedenken hinsichtlich der nicht vertretbaren Begünstigung solcher Arbeitnehmer, denen die Werbungskosten vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden, hat der Gesetzgeber im übrigen bereits ein Jahr nach Verabschiedung des StRG 1990 durch Art. 1 Nr. 23 WoBauFG vom 22. Dezember 1989 (BGBl I, 2408, BStBl I 1989, 505) die Möglichkeit eröffnet, daß weiterer unstreitiger Werbungskostenersatz steuerfrei in Form von Zuschüssen zu den Aufwendungen des Arbeitnehmers für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte unter der Bedingung gewährt werden kann, daß diese Zuschüsse einer pauschalen Lohnversteuerung (15 v. H.) durch den Arbeitgeber als dem Schuldner dieser pauschalen Steuer unterworfen werden (§ 40 Abs. 2 Satz 2 EStG). Auch hier hat der Gesetzgeber keine Konsequenzen bezüglich der Höhe des Arbeitnehmer-Pauschbetrages gezogen. Wenn man berücksichtigt, daß für eine große Zahl von Arbeitnehmern die Aufwendungen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte den wesentlichen Teil der Werbungskosten ausmachen und daneben gar keine oder nur ganz unwesentliche weitere Werbungskosten anfallen, so erweist sich damit für eine weitere Gruppe von Arbeitnehmern der Arbeitnehmer-Pauschbetrag im wesentlichen als zusätzlicher Freibetrag. Diese Gruppe der Arbeitnehmer wird sich noch dadurch vergrößern, daß - wie zu erwarten ist - die Kosten für das sog. Job-Ticket in Zukunft verstärkt von den Arbeitgebern getragen werden (s. auch Erlaß des Finanzministers des Landes Nordrhein-Westfalen vom 2. Oktober 1992 S 2334 - 54 - V B 3, DB 1993, 19).

3. Verwaltungstechnische Gründe und der Gesichtspunkt der steuervereinfachenden Wirkung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages können die vorstehend dargestellte ungleiche Behandlung der verschiedenen Arbeitnehmergruppen nicht rechtfertigen. Denn die Berücksichtigung des steuerfreien Werbungskostenersatzes im Wege einer entsprechenden Kürzung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages würde die steuervereinfachende Wirkung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nicht beeinträchtigen. Dabei ist folgendes zu beachten:

Der Arbeitnehmer-Pauschbetrag ist, soweit die Steuerklassen I bis V betroffen sind, in die Lohnsteuertabellen eingearbeitet (§ 38 c Abs. 1 Satz 5 Nr. 1 EStG). Nach der gegenwärtigen Gesetzeslage kann die Zahlung steuerfreien Werbungskostenersatzes im Hinblick auf den bereits in den Lohnsteuertabellen eingearbeiteten Arbeitnehmer-Pauschbetrag zu der vorstehend unter C III 1 und 2 aufgezeigten Begünstigungskumulation führen. Diese Begünstigungskumulation könnte z. B., ohne daß es zu Veranlagungen von Amts wegen kommen müßte, dadurch beseitigt werden, daß der Arbeitgeber Werbungskostenersatzleistungen so lange wie steuerpflichtige Lohnzuwendungen behandelt, bis die Summe der Werbungskostenersatzleistungen den Betrag von 2.000 DM im Jahr erreicht hat. Hierdurch ergäbe sich keine unangemessene Inanspruchnahme der Arbeitgeber, die bereits gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 4 der Lohnsteuer-Durchführungsverordnung (LStDV) steuerfreie Bezüge im Lohnkonto aufzuzeichnen haben. Diese steuerfreien Werbungskostenersatzleistungen müßten die Arbeitgeber auf der Lohnsteuerkarte gesondert bescheinigen, wie dies auch für andere Bezüge bereits vorgesehen ist (vgl. beispielhaft Abschn. 135 Abs. 3 der Lohnsteuer-Richtlinien - LStR - 1993).

Dem Gesetzgeber stünde es frei, die Kürzung des in die Lohnsteuertabellen eingearbeiteten Arbeitnehmer-Pauschbetrages nur hinsichtlich solcher steuerfreien Zuwendungen anzuordnen, bei denen es sich zweifelsfrei um Werbungskostenersatz handelt. Andere Zuwendungen, bei denen rechtsdogmatisch noch nicht geklärt ist, ob sie als Werbungskostenersatz, der den Lohnbegriff erfüllt, oder ob sie als schon nicht zum Lohn gehörender Auslagenersatz bzw. durchlaufende Gelder (§ 3 Nr. 50 EStG) zu qualifizieren sind, könnten im Interesse der Erhaltung der steuervereinfachenden Wirkung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages von der Anrechnung ausgeschlossen bleiben (zur Abgrenzung zwischen Werbungskostenersatz und Auslagenersatz s. z. B. v. Bornhaupt, StuW 1990, 46 ff.; Offerhaus, BB 1990, 2017 ff.; Thomas, StbJb 1990/91, 183 ff.; Schmidt/Drenseck, a. a. O., § 19 Anm. 7 b, m. w. N.). Ohne jeden Zweifel zählen Aufwendungen für eine doppelte Haushaltsführung, wie sie dem Kläger erwachsen sind, im Falle der Erstattung durch den Arbeitgeber zu Werbungskostenersatz, der gemäß § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei gestellt ist und der nach den vorstehenden Erwägungen die Höhe des Arbeitnehmer-Pauschbetrages nicht unbeeinflußt lassen darf.

Damit wird der Kläger verfassungswidrig gegenüber solchen Arbeitnehmern ungleich behandelt, denen deren Arbeitgeber die Kosten der doppelten Haushaltsführung gemäß § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei ersetzen. § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG verstößt damit aus den vorgenannten Gründen gegen Art. 3 GG.

IV.

1. Der Senat hat das Verfahren auszusetzen und eine Entscheidung des BVerfG einzuholen, da es für die Entscheidung des Streitfalles auf die Gültigkeit des § 9 a Satz 1 Nr. 1 EStG i. d. F. durch Art. 1 Nr. 12 StRG 1990 i. V. m. den den Werbungskostenersatz steuerfrei stellenden Vorschriften ankommt (Art. 100 Abs. 1 GG; § 80 Abs. 1 des Gesetzes über das Bundesverfassungsgericht - BVerfGG -). Erweisen sich die Vorschriften als mit dem GG vereinbar, so wäre die Revision des Klägers unbegründet. Wird das BVerfG die Vorschriften dagegen wegen Verstoßes gegen Art. 3 GG für mit dem GG unvereinbar erklären, so muß der Gesetzgeber eine dem Gleichheitsgebot Rechnung tragende Neuregelung treffen. Dabei besteht für den Kläger die Chance, eine für ihn günstige Regelung durch den Gesetzgeber zu erreichen. Denn der Gesetzgeber hätte vorliegend mehrere konkret in Betracht kommende Möglichkeiten, den Gleichheitsverstoß zu heilen. Dies ist für die Entscheidungserheblichkeit der zu beurteilenden verfassungsrechtlichen Frage ausreichend (z. B. Beschlüsse des BVerfG vom 19. Oktober 1982 1 BvL 39/80, BVerfGE 61, 138, 146, und vom 3. Dezember 1985 1 BvL 29/84, BVerfGE 71, 224, 228).

2. Dem Gesetzgeber stünden bei der Herstellung eines verfassungsgemäßen Rechtszustandes z. B. folgende Möglichkeiten zur Verfügung.

a) Der Gesetzgeber könnte zum einen die Begünstigungskumulation, die durch das Nebeneinander von hohem Arbeitnehmer-Pauschbetrag und steuerfreiem Werbungskostenersatz entstehen kann, durch eine Kürzung des Arbeitnehmer-Pauschbetrages um den vom Arbeitgeber geleisteten steuerfreien oder pauschal versteuerten Werbungskostenersatz beseitigen, wie dies vorstehend unter C III 3 dargestellt worden ist (Anrechnungslösung). Diese Lösung würde für den Kläger nicht zu einer Verbesserung seiner Rechtsposition führen.

b) Der Gesetzgeber könnte aber auch die Gleichstellung von Beziehern steuerfreien oder pauschal versteuerten Werbungskostenersatzes und solchen Arbeitnehmern, bei denen der Arbeitnehmer-Pauschbetrag durch die tatsächlich von ihnen getragenen Werbungskosten verbraucht wird, dadurch herstellen, daß er solche von den Arbeitnehmern selbst getragenen Werbungskosten, bei denen die rechtliche Möglichkeit des steuerfreien oder pauschalierten Werbungskostenersatzes bestünde, von der Anrechnung auf den Arbeitnehmer-Pauschbetrag ausnimmt. Dies würde für den Kläger, dessen Werbungskosten von insgesamt 5.685 DM in Höhe von 4.332 DM nach § 3 Nr. 16 EStG (doppelte Haushaltsführung) unzweifelhaft als Werbungskostenersatz steuerfrei ersetzbar gewesen wären, bedeuten, daß auf den Arbeitnehmer-Pauschbetrag nur die restlichen Werbungskosten in Höhe von 1.353 DM angerechnet würden und sich damit ein weiterer Werbungskostenabzugsbetrag von 647 DM ergeben würde (s. oben unter C III 1).

c) Schließlich kann der Gleichheitsverstoß auch dadurch beseitigt werden, daß der Gesetzgeber seine mit dem StRG 1990 verfolgte Gesamtkonzeption (Wegfall der Arbeitnehmer-Freibeträge und Schaffung eines hohen Arbeitnehmer-Pauschbetrages) aufgibt und zu einem Arbeitnehmer-Freibetrag und einem Werbungskostenpauschbetrag in geringerer Höhe zurückkehrt, so daß das Ausmaß der durch den steuerfreien Werbungskostenersatz bedingten Mitnahmeeffekte wegen der geringeren Höhe der Werbungskostenpauschale hingenommen werden könnte, wie dies vor 1990 der Fall war. Für die Rückkehr zu einem Arbeitnehmer-Freibetrag könnte sich der Gesetzgeber insbesondere auch wegen der fortbestehenden Zinsnachteile - s. oben C I 3 b, bb, (2) - veranlaßt sehen. Wenn der Senat auch einen Arbeitnehmer-Freibetrag zur Abgeltung der Zinsnachteile der Arbeitnehmer nicht für verfassungsrechtlich geboten hält, so ändert dies nichts daran, daß die jetzige Gesetzeslage zumindest als ungerecht bezeichnet und auch nicht als verfassungsrechtlich völlig unbedenklich beurteilt werden kann.

Da sich bei Wiedereinführung eines Arbeitnehmer-Freibetrages die Rechtsposition des Klägers verbessern würde, ergibt sich ebenso wie bei der vorstehend zu b) beschriebenen Möglichkeit auch bei dieser dem Gesetzgeber eröffneten Entscheidungsalternative die Entscheidungserheblichkeit der vorgelegten Rechtsfrage nach Art. 100 Abs. 1 GG.