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  BFH-Urteil vom 1.4.1993 (V R 126/89) BStBl. 1993 II S. 694

Verwaltung von Krediten i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 ist eine Verwaltungstätigkeit im Aufgabenkreis des Kreditgebers, nicht aber eine Schuldenverwaltung auf seiten des Kreditnehmers.

UStG 1980 § 4 Nr. 8 Buchst. a.

Vorinstanz: FG Münster

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger), ein selbständiger Anlageberater/Finanzberater, führte in den Streitjahren 1980 bis 1982 u. a. für Bauherren/Erwerber, die sich an Bauherrenmodellen beteiligt hatten, eine sog. Finanzierungsbearbeitung durch. Grundlage war jeweils ein "Finanzierungsbearbeitungsvertrag". Darin verpflichtete sich der Kläger gegenüber den Bauherren/Erwerbern, als "Finanzberater" gegen Vergütung folgende Leistungen zu erbringen:

"1. Der Finanzberater hat die Darlehnsverträge mit den zur Finanzierung in Aussicht genommenen Banken vorzubereiten. Die von dem Finanzberater ausgearbeiteten Entwürfe sind mit dem Baubetreuer/Betreuer und dem Treuhänder abzustimmen.

2. Der Finanzberater hat eine umfassende Finanzierungssachbearbeitung auszuführen, wozu insbesondere gehören:

a) die Abstimmung zwischen Treuhänder, Baubetreuer/Betreuer und finanzierenden Banken, um eine rechtzeitige Valutierung zu gewährleisten;

b) die Unterstützung des Baubetreuers/Betreuers bei der Beschaffung aller für die rechtzeitige Valutierung erforderlichen Unterlagen und Herbeiführung sonstiger Voraussetzungen;

c) die Kontrolle der Erfüllung aller Darlehensverpflichtungen durch den Baubetreuer/Betreuer bzw. durch die Bauherren/Erwerber gegenüber den finanzierenden Banken;

d) die Kontrolle der Erfüllung der von den Banken gegenüber den Bauherren/Erwerbern eingegangenen Verpflichtungen;

e) Abstimmung der Zwischen- und Endfinanzierung mit dem Ziel der rechtzeitigen Ablösung der Zwischenkredite durch die Endfinanzierung;

f) Unterrichtung des Baubetreuers/Betreuers in periodischen Abständen über den Stand der Finanzierungsbearbeitung;

g) unverzügliche Mitteilung an Baubetreuer/Betreuer und Treuhänder, falls bei der Finanzierungsbearbeitung Hindernisse, Verzögerungen oder sonstige Schwierigkeiten auftreten."

In einem Fall vermittelte der Kläger auch den Kredit.

Die Umsätze aus der Finanzierungsbearbeitung behandelte der Kläger weder in den darüber erteilten Rechnungen noch in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre als steuerpflichtig. Er war der Auffassung, die Umsätze seien als Verwaltung von Krediten i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980 steuerfrei.

Demgegenüber unterwarf der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) im Anschluß an eine Betriebsprüfung die Umsätze aus der Finanzierungsbearbeitung in Änderungsbescheiden der Umsatzsteuer.

Der dagegen erhobenen Klage gab das Finanzgericht (FG) statt. Zur Begründung führte es aus: Auch die Schuldenverwaltung für Kreditnehmer, um die es sich im Streitfall gehandelt habe, sei Verwaltung von Krediten i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980. Das ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschrift, der keine Einschränkung dahingehend enthalte, daß nur auf der Seite des Kreditgebers anfallende Verwaltungstätigkeiten steuerbefreit seien. Auch nach Sinn und Zweck der Befreiungsvorschrift, die mit der Kreditverwaltung zusammenhängenden Aufgaben steuerfrei zu stellen, sei keine restriktive Auslegung geboten.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980. Es ist der Ansicht, eine Verwaltung von Krediten i. S. dieser Vorschrift sei nur gegeben, wenn Kredite für den Kreditgeber und in seinem Auftrag verwaltet würden. Dafür spreche vor allem der Einführungserlaß zum UStG 1967 vom 14. Februar 1968 (BStBl I 1968, 401) unter B Nr. 14 Abs. 2 Nr. 4 sowie Abschn. 58 der Umsatzsteuer-Richtlinien (UStR). Danach sei die Verwaltung von Krediten steuerfrei, die "in fremdem Namen und für fremde Rechnung gegeben" werden.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Umsatzsteuer für 1980 und 1982 wie in der Einspruchsentscheidung festzusetzen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen. Zur Begründung nimmt er auf sein bisheriges Vorbringen und die Vorentscheidung Bezug.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt unter Aufhebung der Vorentscheidung zur Abweisung der Klage (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Die Vorentscheidung verletzt § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980. Das FG hat zu Unrecht die mit dem Begriff "Finanzierungsbearbeitung" umschriebenen Leistungen des Klägers als steuerfreie Kreditverwaltung beurteilt. "Verwaltung von Krediten" i. S. dieser Vorschrift ist eine Verwaltungstätigkeit im Aufgabenkreis des Kreditgebers, nicht aber eine Schuldenverwaltung auf seiten des Kreditnehmers. Dies ergibt sich aus dem Wortlaut, dem Zweck und der Entstehungsgeschichte der Vorschrift.

a) Nach § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 ist die Gewährung, die Vermittlung und die Verwaltung von Krediten sowie die Verwaltung von Kreditsicherheiten steuerfrei. Bereits der Wortlaut der Vorschrift, die eingangs die "Gewährung" - also das Geben - von Krediten anführt, enthält einen Anhaltspunkt dafür, daß auch die "Verwaltung von Krediten" eine Tätigkeit auf der Kreditgeberseite meint.

b) Bestätigt wird dies durch den Sinn und Zweck der Steuerbefreiung, wie er sich auch aus deren Entstehungsgeschichte ergibt.

Die Verwaltung von Krediten wurde erstmals durch § 4 Nr. 8 UStG 1967 von der Umsatzsteuer befreit. Bei der Zusammenfassung der bisherigen Befreiungsvorschriften für den Geld- und Kapitalverkehr in § 4 Nr. 8 UStG 1951 und für Bankumsätze in § 33 der Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen (UStDB) 1951 zu der neuen Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 8 UStG 1967 wurde im Interesse einer vereinfachten Anwendung des Gesetzes eine Erweiterung "um einige Bankgeschäfte" für notwendig erachtet, ohne daß ausdrücklich vorausgesetzt wurde, daß die Umsätze durch Banken bewirkt werden (vgl. Bericht des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages, Einzelbegründung zu § 4 Nr. 8, zu BTDrucks V/1581).

Dieser Gesetzesbegründung ist zu entnehmen, daß die "bankmäßige" Verwaltung von Krediten begünstigt werden sollte (vgl. entsprechend zur - bankmäßigen - Verwahrung und Verwaltung von Wertpapieren i. S. des § 4 Nr. 8 UStG 1967: Urteile des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. Dezember 1981 V R 36/76, BFHE 134, 465, BStBl II 1982, 178, unter 3., und vom 29. September 1987 X R 4/81, BFH/NV 1988, 268). Ferner entspricht es allgemeiner Ansicht, daß damit Kredite gemeint sind, die in fremdem Namen und auf fremde Rechnung gegeben worden sind (vgl. z. B. Plückebaum/Malitzky, Umsatzsteuergesetz, Bd. II, § 4 Nr. 8 Rz. 81; List in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 8 Rz. 16; Philipowski in Rau/Dürrwächter/Flick/Geist, Umsatzsteuergesetz, § 4 Nr. 8 Rz. 70; Müller-Bardorff, Umsatzsteuer-Rundschau - UR - 1967, 249, unter II. 2.). Denn während bei der Kreditgewährung in eigenem Namen die zugehörige Verwaltungstätigkeit als mit der steuerfreien Kreditgewährung in unmittelbarem Zusammenhang stehende - und somit ebenfalls steuerfreie - Nebenleistung angesehen wurde, schied eine derartige Beurteilung bei in fremdem Namen gewährten Krediten (sog. Verwaltungskrediten, z. B. der öffentlichen Hand) aus. Die Gewährung dieser Kredite - und damit die darauf bezogene Verwaltungstätigkeit - war nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 8 UStG 1951, weil diese Bestimmung nach der Rechtsprechung voraussetzte, daß die von ihr erfaßten Umsätze im eigenen Namen bewirkt wurden (vgl. z. B. für die Vermittlung von Geldsortengeschäften BFH-Urteil vom 21. Dezember 1965 V 241/63 U, BFHE 84, 452, BStBl III 1966, 162).

c) Mithin erfaßt die (unverändert) in § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 enthaltene Befreiung der Verwaltung von Krediten die bankmäßige Verwaltung von Krediten, die in fremdem Namen und auf fremde Rechnung begeben werden, also die Verwaltung im Aufgabenkreis des Kreditgebers.

2. Der entgegenstehenden Auffassung des FG, Verwaltung von Krediten i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. a UStG 1980 sei auch die Schuldenverwaltung auf seiten des Kreditnehmers - um die es sich bei der Finanzierungsbearbeitung durch den Kläger nach den gemäß § 118 Abs. 2 FGO bindenden Feststellungen in der Vorentscheidung handelt -, kann mithin nicht gefolgt werden.

3. Der Senat kann abschließend entscheiden. Eine Steuerbefreiung der streitigen Umsätze aus anderen Gründen kommt nicht in Betracht. Die Klage ist abzuweisen.