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  BFH-Urteil vom 12.5.1993 (XI R 64, 65/90) BStBl. 1993 II S. 849

Eine Änderung der Verhältnisse, die gemäß § 15 a UStG 1973/1980 zur Berichtigung des Vorsteuerabzugs führt, kann auch anzunehmen sein, wenn ein Gebäude nach seiner Fertigstellung zunächst steuerpflichtig vermietet wird, anschließend aber (ggf. teilweise) leersteht. In solchen Fällen ist die wirtschaftliche Zuordnung der Vorbezüge zu den Umsätzen des Unternehmers unter Kostenzurechnungsgesichtspunkten vorzunehmen. Im allgemeinen wird dies dazu führen, daß erst die spätere tatsächliche (Weiter-) Verwendung darüber entscheidet, ob die Vorsteuer auch für die Zeit des Leerstehens des Gebäudes zu berichtigen ist.

UStG 1973/1980 § 15 Abs. 2, § 15 a Abs. 1, 2 und 4.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (UR 1990, 357)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) hatte in den Jahren 1972 und 1973 auf eigenen Grundstücken in A (u. a. im H-Weg 2 und 4) mehrgeschossige Gebäude errichtet, die sowohl Wohnungen als auch Gewerberäume enthielten. Nach Fertigstellung im Jahre 1974 vermietete sie die einzelnen Häuser an die Fa. X-KG. Auf die Steuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 12 Buchst. a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1973/1980 hatte sie verzichtet und für die Gebäudeherstellungskosten den Vorsteuerabzug gemäß § 15 Abs. 1 Satz 1 UStG 1973/1980 in Anspruch genommen.

Nachdem die X-KG in Konkurs gefallen und der Konkursverwalter den mit der Klägerin geschlossenen Generalmietvertrag zum 31. März 1977 gegenüber dem zwischenzeitlich für die Grundstücke eingesetzten Zwangsverwalter gekündigt hatte, wurden die Gebäude in der Folgezeit teils steuerpflichtig, teils steuerfrei weitervermietet. In den Gebäuden H-Weg 2 und 4 standen darüber hinaus einzelne Büroetagen, die zuvor gewerblich genutzt waren, leer. Die im H-Weg 2 belegenen Etagen wurden anschließend erneut steuerpflichtig vermietet. Die Etagen in dem Gebäude im H-Weg 4 sind im Jahre 1981 in Wohneinheiten umgebaut und sodann im selben Jahr steuerfrei veräußert worden.

Nach Durchführung einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung vertrat der Prüfer die Auffassung, der Vorsteuerabzug sei von 1977 an jährlich um 1/10 zu berichtigen, und zwar nicht nur im Hinblick auf die steuerfrei vermieteten, sondern auch für die zunächst leerstehenden Gebäudeteile. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) folgte dem und setzte u. a. die Umsatzsteuer 1978 bis 1980 durch Bescheide vom 23. Juni 1981 (Umsatzsteuer 1978 und 1979) und vom 23. Februar 1984 (Umsatzsteuer 1980) unter Ansatz entsprechender Vorsteuerkürzungsbeträge fest.

Mit ihren gegen diese Bescheide eingelegten Einsprüchen wandte die Klägerin sich gegen die Vorsteuerberichtigung, soweit diese im Hinblick auf die leerstehenden Flächen der Gebäude im H-Weg 2 und 4 vorgenommen worden waren. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Sie wurden als unbegründet zurückgewiesen; die für 1977, 1978 und 1979 ermittelten Vorsteuerberichtigungsbeträge wurden überdies - nach vorherigem Hinweis gemäß § 367 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) - aus rechnerischen Gründen erhöht. Die hiernach streitigen Umsatzsteuerbeträge beliefen sich auf .... DM für 1978, .... DM für 1979 und .... DM für 1980.

Nachdem die Klägerin hiergegen Klagen erhoben hatte, erließ das FA für 1979 unter dem 23. Februar 1984 einen Änderungsbescheid. Die Vorsteuerberichtigung wurde um .... DM gemindert, weil sich aufgrund einer zwischenzeitlich durchgeführten Betriebsprüfung herausgestellt hatte, daß die im Gebäude H-Weg 2 leerstehenden Etagen teilweise bereits seit 1978 und im übrigen seit 1979 wieder steuerpflichtig vermietet worden waren. Die Klägerin hat den Bescheid vom 23. Februar 1984 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Das FG gab den Klagen mit den in Umsatzsteuer-Rundschau (UR) 1990, 357 wiedergegebenen Gründen statt. Es vertrat die Auffassung, das Leerstehen von Räumlichkeiten führe nicht zu einer Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15 a UStG 1973/1980. Das Leerstehen sei ein neutraler Vorgang, der eine umsatzsteuerliche Korrektur nicht begründe.

Mit seinen Revisionen rügt das FA Verletzung von § 15 a UStG 1973/1980.

Es beantragt, die Urteile des FG aufzuheben und die Klagen als unbegründet abzuweisen.

Die Klägerin hat hierauf nicht erwidert und auch keine Anträge gestellt.

Entscheidungsgründe

II.

Die gemäß § 73 Abs. 1 FGO zur gemeinsamen Entscheidung verbundenen Revisionen sind begründet. Sie führen zur Aufhebung der Vorentscheidungen. Die Klagen wegen Umsatzsteuer 1979 und 1980 sind abzuweisen. Die Sache wegen Umsatzsteuer 1978 wird an das FG zurückverwiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Ändern sich bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile die Verhältnisse, die im Kalenderjahr der erstmaligen Verwendung für den Vorsteuerabzug maßgebend waren, innerhalb von zehn Jahren seit dem Beginn der Verwendung, so ist nach § 15 a Abs. 1 UStG 1973/1980 für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen. Eine kürzere Verwendungsdauer ist entsprechend zu berücksichtigen (vgl. § 15 a Abs. 2 Satz 2 UStG 1973/1980). Die für den Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse sind die Umsätze, zu deren Ausführung der Gegenstand bzw. die sonstige Leistung verwendet wird und deren Steuerpflicht oder Steuerbefreiung nach § 15 Abs. 2 UStG 1973/1980 über den Ausschluß vom Vorsteuerabzug (vgl. § 15 Abs. 3 UStG 1980; § 15 Abs. 2 Satz 3 UStG 1973) entscheidet (s. z. B. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. Juni 1991 V R 106/86, BFHE 165, 304, BStBl II 1991, 860).

Eine Änderung dieser Verhältnisse liegt u. a. vor, wenn das Gebäude (bzw. einzelne Raumeinheiten als Gebäudeteile; vgl. BFH-Urteil vom 11. November 1987 V R 141/83, BFHE 152, 274, BStBl II 1988, 468) tatsächlich anders verwendet (vgl. BFH-Urteile vom 9. April 1987 V R 23/80, BFHE 149, 323, BStBl II 1987, 527; vom 24. Februar 1988 X R 67/82, BFHE 152, 564, BStBl II 1988, 622) oder vor Ablauf des Berichtigungszeitraumes steuerfrei veräußert wird (vgl. § 15 a Abs. 4 bis 6 UStG 1973/1980).

2. Um solche Änderungen geht es im Streitfall jedoch nicht. Die fraglichen Gebäudeteile im H-Weg 2 und 4 standen nach ihrer erstmaligen Verwendung eine Zeitlang leer; sie sind also in dieser Zeit tatsächlich gerade nicht verwendet worden.

Ob solche Zeiten der Nichtverwendung die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15 a UStG 1973/1980 auslösen können, ist den gesetzlichen Regelungen selbst nicht zu entnehmen. In Literatur und Rechtsprechung werden deshalb unterschiedliche Lösungsansätze erwogen. Während die Vorinstanz angenommen hat, die ursprüngliche Verwendung wirke für die Zeit des Leerstandes fort (offenbar ebenso Bunjes/Geist, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, 4. Aufl., § 15 a Anm. 6 a, a. F.), meint Wagner (in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, Kommentar, § 15 a Rdnr. 52 a. E. unter Hinweis auf das BFH-Urteil vom 30. November 1989 V R 85/84, BFHE 159, 272, BStBl II 1990, 345), die "Verwendungspause" (vgl. zu diesem Begriff Ammann, UR 1990, 117 ff.) sei nach "Gemeinkostengesichtspunkten" zu beurteilen und den tatsächlichen Verwendungen zuzuordnen. Seien diese Verwendungen vorsteuerabzugsschädlich, komme eine Berichtigung in Betracht. Stadie (UR 1988, 286; ders. in Recht des Vorsteuerabzugs, S. 167) stellt demgegenüber im Grundsatz auf die durch den Unternehmer beabsichtigte Verwendung ab (ähnlich Alexander, Steuerwarte - StW - 1988, 220, 221 unter Beispiel 2 d). Nach dem Urteil des FG Münster vom 23. Mai 1991 5 K 4561/86 U (UR 1992, 148) bedeutet das Leerstehen zwar keine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15 a UStG 1973/1980. Es führe aber in - ggf. analoger - Anwendung des § 15 a Abs. 2 Satz 2 UStG 1973/1980 dazu, daß der zehnjährige Berichtigungszeitraum um die Zeit der Nichtverwendung zu verkürzen ist. Die Vorsteuerabzugsbeträge wären also auf die tatsächlich kürzere Verwendungsdauer innerhalb des maßgeblichen Berichtigungszeitraumes gleichmäßig zu verteilen (vgl. - dem folgend - Völkel, UR 1992, 137 ff.; s. auch die Bemerkungen von Brummerloh, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1992, 1351). Ammann (a. a. O.) vertritt demgegenüber - umgekehrt - die Ansicht, der nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG 1973/1980 maßgebliche Berichtigungszeitraum von zehn Jahren sei um die Zeiten der Nichtverwendung zu verlängern.

Nach Auffassung des Senats können sich die Verhältnisse auch dann ändern, wenn das Gebäude - wie im Streitfall - nach erstmaliger Verwendung leersteht, also tatsächlich nicht verwendet wird. Maßgebend dafür, ob unter solchen Umständen eine für den Vorsteuerabzug bedeutsame Änderung der Verhältnisse vorliegt, ist regelmäßig die anschließende (Weiter-)Verwendung des Gebäudes. Dieser sind die Vorbezüge unter Kostenzurechnungsgesichtspunkten anteilig zuzuordnen.

3. a) Mit seinem Urteil in BFHE 152, 274, BStBl II 1988, 468 hat der BFH entschieden, daß das Leerstehen eines (Büro- oder Geschäfts-)Hauses keine Verwendung i. S. des § 15 Abs. 2 UStG 1973/1980 ist, also weder ein zum Ausschluß von Vorsteuer führender Umsatz noch ein dem gleichgestellter Sachverhalt. Wird nach seiner Fertigstellung nur ein Teil des Gebäudes (steuerpflichtig) vermietet, während das Gebäude im übrigen leersteht, liegen sonach nur hinsichtlich der vermieteten Räume und Flächen Verwendungsumsätze vor. Materiell-rechtlich ist deshalb zwischen der abschließenden und der nicht abschließenden Gewährung bzw. Versagung des Vorsteuerabzugs zu unterscheiden. Während es für die materiell-rechtlich nicht abschließende Entscheidung - also für die Zeit bis zur erstmaligen tatsächlichen Verwendung - auf die sich im Einklang mit den objektiven Gegebenheiten haltenden Verwendungsabsichten ankommt, ist für die materiell-rechtlich abschließende Beurteilung die tatsächlich erstmalige Verwendung maßgebend. Von dieser hängt es ab, ob Vorsteuerbeträge i. S. des § 16 Abs. 2 UStG 1973/1980, die in den Besteuerungszeitraum fallen, in dem die Entstehungsmerkmale des § 15 Abs. 1 UStG 1973/1980 verwirklicht wurden, abziehbar sind.

In vergleichbarer Weise hat der BFH für sog. Fehlmaßnahmen entschieden, bei denen die mit Vorsteuer belasteten Vorbezüge von vornherein weder Eingang in den Gegenstand der vom Unternehmer bewirkten Umsätze finden noch sonstwie das Bewirken von Umsätzen fördern (Urteile vom 21. Juli 1988 V R 87/83, BFHE 155, 177, BStBl II 1989, 60, und in BFHE 159, 272, BStBl II 1990, 345). Solche Vorbezüge können nach den zitierten Entscheidungen unter Kostenzurechnungsgesichtspunkten anderen, später tatsächlich verwirklichten Umsätzen wirtschaftlich zugeordnet werden (vgl. auch § 15 Abs. 4 Nr. 2 UStG 1973, § 15 Abs. 4 Satz 1 UStG 1980). Die zunächst beabsichtigten, aber fehlgeschlagenen Umsätze lassen eine abschließende Entscheidung über die Gewährung des Vorsteuerabzugs sonach nicht zu. Die Verwendungsabsicht ist nur für die vorläufige Entscheidung über den Vorsteuerabzug erheblich.

b) Der erkennende Senat schließt sich dieser Rechtsprechung des V. Senats des BFH an. Sie ist auch dafür bedeutsam, ob sich die für den Vorsteuerabzug relevanten Verhältnisse i. S. des § 15 a UStG 1973/1980 verändert haben, wenn das zunächst (steuerpflichtig) vermietete Gebäude innerhalb des nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG 1973/1980 maßgeblichen Berichtigungszeitraumes (ganz oder teilweise) eine Zeitlang leersteht, anschließend aber weiterverwendet wird. Entgegen der Vorinstanz wirkt die bisherige, zum Vorsteuerabzug berechtigende Verwendung nicht nach. Vielmehr wirkt die neue Verwendung zurück. Nach ihr beantwortet sich, je nachdem, ob sie zum Vorsteuerabzug berechtigt oder nicht, auch für die Zeit des Leerstehens die Frage nach der Änderung der Verhältnisse gegenüber der erstmaligen Verwendung des Gebäudes.

aa) Geht man mit dem V. Senat des BFH davon aus, daß die Nichtverwendung des Gebäudes keine tatsächliche Verwendung i. S. des § 15 Abs. 2 UStG 1973/1980 ist, und daß erst die nachfolgende Verwendung eine materiell-rechtliche Entscheidung hierüber zuläßt, so kann es keinen Unterschied machen, ob der Nichtgebrauch vor oder nach erstmaliger tatsächlicher Verwendung des Gebäudes gegeben ist. Zwar entspricht das Abstellen auf die erstmalige als die für den Vorsteuerabzug maßgebliche Verwendung der Gesetzeskonzeption (vgl. § 15 a Abs. 1 UStG 1973/1980). Hier wie dort können die bloßen Absichten des Unternehmers, das Gebäude in der einen oder anderen Weise nutzen zu wollen, die spätere tatsächliche Verwendung aber nicht durch eine hypothetische ersetzen (s. auch BFH-Urteil vom 26. Februar 1987 V R 1/79, BFHE 149, 307, BStBl II 1987, 521, unter 1. b der Entscheidungsgründe). Auch äußere Umstände, wie die Ausgestaltung oder Herrichtung eines Gebäudes als Büro- oder Geschäftshaus, lassen regelmäßig keine verläßlichen Rückschlüsse auf die (spätere) tatsächliche Verwendung i. S. des § 15 Abs. 2 UStG 1973/1980 zu. Anders als bei erstmaliger Nichtverwendung des Gebäudes steht bei zwischenzeitlicher Nichtverwendung lediglich fest, daß zunächst eine zum Vorsteuerabzug berechtigende tatsächliche Verwendung vorlag. Dadurch wird die Ungewißheit über die künftige Weiterverwendung jedoch ebensowenig reduziert wie bei einer künftigen erstmaligen Verwendung oder auch bei fehlgeschlagenen Maßnahmen, die keinen Eingang in spätere Umsätze finden. Abschließende Klarheit kann in dem einen wie in dem anderen Fall erst die jeweils künftige Verwendung schaffen. Dies rechtfertigt es, die anteilig auf die Zeit der Nichtverwendung entfallenden Vorsteuern unter Kostenzurechnungsgesichtspunkten der künftigen Weiterverwendung zuzuordnen.

bb) Dies führt auch zu sachgerechten Ergebnissen. Es läßt den Vorsteuerabzug bei "Verwendungspausen", die z. B. bei wirtschaftlich ungünstiger Entwicklung, bei Renovierungsmaßnahmen usw. nicht ungewöhnlich sind, grundsätzlich unverändert. Auch wenn die ursprünglich beabsichtigte (und durchgeführte) Verwendung sich angesichts der wirtschaftlichen Verhältnisse nicht weiter vornehmen läßt, bleibt dies auf den Vorsteuerabzug so lange ohne Einfluß, wie mit dem Gebrauch weiterhin andere, aber zum Vorsteuerabzug berechtigende Umsätze getätigt werden. Die wirtschaftliche Zuordnung der Vorbezüge ist dann zu diesen späteren Umsätzen unter Kostenzurechnungsgesichtspunkten vorzunehmen. Die damit verbundene Vorsteuer geht ebensowenig verloren wie bei von vornherein fehlgeschlagenen Maßnahmen. Zu berichtigen ist die Vorsteuer insoweit nur in jenen Fällen, in denen die Verwendung in vorsteuerabzugsschädlicher Weise fortgesetzt wird. Damit wird zugleich verhindert, daß - ggf. auch nur kurzfristige - erstmalige Verwendungen auf eine jahrelange Nichtverwendung ausstrahlen, obwohl es danach nicht wieder zu einer zum Vorsteuerabzug führenden Weiterverwendung des Gebäudes kommt (vgl. dazu auch Völkel, UR 1992, 137, 140).

cc) Das Leerstehen der Gebäude führt also nur zu einer vorläufigen Einschätzung über die tatsächliche Verwendung. Die materiell abschließende Entscheidung bleibt vorbehalten und ist von der weiteren, nach Maßgabe des § 15 Abs. 2 i. V. m. § 15 a UStG 1973/1980 zu beurteilenden tatsächlichen Verwendung abhängig. Hat diese - wie im Streitfall - im Zeitpunkt der Steuerfestsetzungen bereits stattgefunden, kann sie berücksichtigt werden, auch wenn dies außerhalb des betreffenden Besteuerungszeitraumes erfolgt ist (s. auch BFH-Urteil in BFHE 159, 272, BStBl II 1990, 345, m. w. N.; Völkel, UR 1992, 137, 139). § 15 a Abs. 2 UStG 1973/1980 legt lediglich den maßgeblichen Berichtigungszeitraum fest, bestimmt aber nicht den ggf. darüber hinausgehenden Betrachtungszeitraum.

c) Dieses Verständnis läßt den in § 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG 1973/1980 für Grundstücke vorgesehenen zehnjährigen Zeitraum zur Berichtigung der Vorsteuer unberührt. Eine Verlängerung dieses Zeitraums um die Zeit des Leerstehens des Gebäudes - wie von Ammann (UR 1990, 117) befürwortet - ist nicht vorzunehmen. Sie läßt sich mit dem Gesetzeswortlaut nicht vereinbaren. § 15 a Abs. 2 UStG 1973/1980 sieht in Satz 2 lediglich die Möglichkeit vor, den Berichtigungszeitraum zu verkürzen, nicht jedoch auszudehnen. Dies deckt sich mit Art. 20 Abs. 1 Satz 5 der Sechsten Richtlinie des Rates zur Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Umsatzsteuern vom 17. Mai 1977 - 6. EG-Richtlinie - (Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaften - ABlEG - Nr. 145, S. 1). Der Zeitraum ist damit abschließend auf zehn Jahre bestimmt (ebenso Völkel, UR 1992, 137, 139; Wagner in Sölch/Ringleb/List, a. a. O., § 15 a Rdnr. 52; Schöckel, Steuerliche Quintessenz - StQ - 1992, 509; vgl. demgegenüber auch § 15 a Abs. 7 Nr. 2 UStG 1973).

Aber auch der vom FG Münster (Urteil in UR 1992, 148) und Völkel (UR 1992, 117 ff.) eingeschlagene Weg, den Berichtigungszeitraum um die Zeiten der Nichtverwendung zu verkürzen, ist de lege lata nicht gangbar. Zwar ist bei Durchführung der Vorsteuerberichtigung eine kürzere als die zehnjährige Verwendungsdauer bei Grundstücken entsprechend zu berücksichtigen (§ 15 a Abs. 2 Satz 2 UStG 1973/1980). Diese Regelung bezieht sich jedoch nicht auf die Dauer der tatsächlichen Verwendung, sondern der Verwendbarkeit des jeweiligen Wirtschaftsgutes. Von einer kürzeren Verwendungsdauer ist deshalb auszugehen, wenn die betriebsgewöhnliche Nutzungsdauer des jeweiligen Wirtschaftsgutes weniger als fünf bzw. zehn Jahre beträgt (vgl. Abschn. 216 Abs. 1 Satz 4 der Umsatzsteuer-Richtlinien - UStR - 1988/1992) oder wenn dieses seine Verwendungsfähigkeit verliert (vgl. Wagner in Sölch/Ringleb/List, a. a. O., § 15 a Rdnrn. 52 f.).

4. Im Streitfall hat dies zur Folge, daß die Voraussetzungen für eine Änderung der Verhältnisse i. S. des § 15 a UStG 1973/1980 im Hinblick auf das Gebäude H-Weg 4 als erfüllt anzusehen sind, im Hinblick auf das Gebäude H-Weg 2 jedoch nicht:

Die leerstehenden Etagen in dem Gebäude H-Weg 2 sind im Laufe der Jahre 1978 bzw. 1979 steuerpflichtig weitervermietet worden. Der Nichtgebrauch der Etagen durch das Leerstehen ist nach den unter 3. gemachten Ausführungen dieser Verwendung zuzurechnen. Die Zeit des Leerstehens wirkt sich - materiell endgültig - nicht auf den Vorsteuerabzug aus; eine Änderung der Verhältnisse ist nicht gegeben. Bei den leerstehenden Gebäudeteilen im H-Weg 4 verhält es sich anders. Bei den fraglichen Gebäudeteilen handelte es sich zwar ihrer Art nach um Büroflächen, die als solche ursprünglich auch steuerpflichtig vermietet worden waren. Danach standen sie jedoch leer. Sie wurden - wie die nachfolgende Entwicklung in den Jahren 1980 und 1981 gezeigt hat - in Wohnungen umgebaut und sodann steuerfrei (§ 4 Nr. 9 Buchst. a UStG 1973/1980) veräußert. Die Veräußerung dieser Gebäudeteile innerhalb des nach § 15 a Abs. 1 Satz 2 UStG 1973/1980 maßgeblichen Berichtigungszeitraumes stellt eine Änderung der Verhältnisse dar (§ 15 a Abs. 4 UStG 1973/1980). Der Nichtgebrauch der Gebäudeteile durch das Leerstehen ist dieser nachfolgenden tatsächlichen Verwendung zuzurechnen. Aufgrund dessen sind die Voraussetzungen des § 15 a Abs. 1 Satz 1 UStG 1973/1980 in jenem Augenblick als erfüllt anzusehen, in dem die entsprechenden Gebäudeteile leerstanden, nicht aber erst in jenem Zeitpunkt, in dem sie veräußert wurden. Auf womöglich entgegenstehende Absichten der Klägerin kam es nicht an. Die auf die Herstellungskosten der leerstehenden Gebäudeteile entfallenden Vorsteuerbeträge sind dementsprechend in den Streitjahren zu kürzen.

5. Die Vorentscheidungen sind von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen. Sie waren deshalb aufzuheben (§ 126 Abs. 3 FGO).

Die Sachen sind nur teilweise - für 1979 und 1980 - spruchreif. Zwar ist davon auszugehen, daß die vom FA angesetzten und von der Klägerin nicht angegriffenen Berichtigungsbeträge nach Maßgabe des § 15 a Abs. 2 UStG 1973/1980 zutreffend ermittelt worden sind. Das FG hat jedoch - von seinem Rechtsstandpunkt aus zu Recht - für das Streitjahr 1978 keine Feststellungen darüber getroffen, welcher Vorsteuerbetrag 1978 auf das Gebäude H-Weg 2 auf den Bereich des Leerstehens bzw. den Bereich der steuerpflichtigen Weitervermietung entfällt. Dies aber wäre zur Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen für 1978 erforderlich gewesen. Die Feststellungen sind im zweiten Rechtsgang nachzuholen.

Für die Streitjahre 1979 und 1980 sind die Klagen hingegen abzuweisen.