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  BFH-Urteil vom 6.3.1991 (II R 97/89) BStBl. 1994 II S. 123

Ein Hafen ist dann nach § 4 Nr. 3 Buchst. a GrStG grundsteuerbefreit, wenn die sich aus dem Grundstückseigentum ergebende Nutzungs- und Dispositionsbefugnis durch öffentlich-rechtliche Bestimmungen eingeschränkt bzw. aufgehoben ist und der Eigentümer deswegen zur Gestattung eines - möglicherweise auch nur beschränkten - Gemeingebrauches (Schiffsverkehr) verpflichtet ist.

GrStG § 4 Nr. 3 Buchst. a.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) ist Eigentümer der Grundstücke des zum Hafen A gehörenden, aber räumlich von diesem getrennten sog. B-Hafens. Durch Vertrag vom 18. Februar 1971, in dem festgehalten ist, daß die Planung des Klägers im Benehmen mit der C AG geschehe, hat der Kläger die Landflächen des Hafens, die dem Umschlag, der Lagerung, der Erstellung von Betriebseinrichtungen, der verkehrsmäßigen Erschließung oder als Vorratsflächen dienen, - jeweils ausschließlich der Uferbefestigungen bis zur inseitigen Oberkante der Ufereinfassung - an die Fa. C AG vermietet.

Diese darf die Flächen untervermieten oder Dritten überlassen (§ 8 des Vertrages). Der Mietvertrag gilt mit Verlängerungsmöglichkeit bis zum Jahre 2003. Mit Vertrag vom 18. März 1971 verpachtete der Kläger den B-Hafen der Gesellschaft Hafenbetriebe D mbH und verpflichtete diese, den Vertrag vom 18. Februar 1971 mit sämtlichen Rechten und Pflichten zu übernehmen (§ 2 des Vertrages vom 18. März 1971). Die C AG errichtete vertragsgemäß die benötigten Umschlagseinrichtungen, die vereinbarungsgemäß Eigentum der C AG sind.

Der ganze B-Hafenbereich ist nach den hafenpolizeilichen Anordnungen Sicherheitszone. Es dürfen dorthin nur Schiffe einlaufen, die zur Beförderung der in der Bekanntmachung des Hafenkommissars vom 30. November 1976 beschriebenen Stoffe zugelassen sind. Das Hafenbecken ist durch ein südlich der Hafeneinfahrt aufgestelltes Schiffahrtszeichen gesperrt. Die Erlaubnis zum Einfahren in den B-Hafen wird jeweils durch den zentralen Hafenleitstand erteilt. Der Hafen wird tatsächlich nur von Schiffen angelaufen, die Ladung für die C AG anliefern. Die Anlandung von Frachten für Fremdfirmen bedürfte der Genehmigung der C AG, weil deren Be- und Entladeeinrichtungen in Anspruch genommen werden müßten.

Da der Hafen im Interesse der C AG genutzt wird, sah der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ihn nicht als einen dem öffentlichen Verkehr dienenden Hafen an, sondern beurteilte ihn als Werkhafen der C AG. Mit Nachfeststellungsbescheid auf den 1. Januar 1975 vom 7. Januar 1980 stellte das FA zunächst ausgehend von der Grundstücksart unbebautes Grundstück einen Einheitswert von 3.954.800 DM fest. Mit am selben Tag ergangenem Art- und Wertfortschreibungsbescheid auf den 1. Januar 1977 stellte das FA die Grundstücksart Geschäftsgrundstück und den Einheitswert auf 4.349.000 DM fest. Der gegen beide Bescheide eingelegte Einspruch blieb erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) verwarf im ersten Rechtsgang die Klage gegen die Einspruchsentscheidung als unzulässig, weil es sich um einen Insich-Prozeß handle. Die dagegen eingelegte Revision hatte Erfolg (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 9. Oktober 1985 II R 204/83, BFHE 145, 109, BStBl II 1986, 148).

Im zweiten Rechtsgang entschied das FG, daß der B-Hafen dem öffentlichen Verkehr diene, da jener zwar ausschließlich von Schiffen angelaufen werde, die Güter für den alleinigen Anlieger löschten, dieser jedoch nicht in engen Beziehungen zu den einzelnen Hafenbenutzern stehe.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts und beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Es fehle in diesem Hafen an einem öffentlichen Verkehr, da der Hafen nicht von jedem beliebigen Benutzer ohne Erlaubnis des Anliegers befahren werden könne.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen. Nach der neuesten Rechtsprechung des BFH (Urteile vom 7. Dezember 1988 II R 115/88, BFHE 155, 400, BStBl II 1989, 302, und vom 21. Juni 1989 II R 235/85, BFHE 157, 227, BStBl II 1989, 740) käme es nur noch auf eine öffentliche Widmung an, die hier vorliege.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des Beklagten ist begründet; sie führt zur Aufhebung des Urteils und zur Zurückverweisung an das FG, damit es anderweitig verhandle und entscheide (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das Urteil des FG ist aufzuheben, weil das FG bei der Frage, ob der B-Hafen "ein dem öffentlichen Verkehr dienender Hafen" i. S. von § 4 Nr. 3 Buchst. a des Grundsteuergesetzes (GrStG) ist, unzutreffend auf das (Straßen-)Verkehrsrecht abstellt. In seinen Urteilen vom 7. Dezember 1988 II R 115/88 (BFHE 155, 400, BStBl II 1989, 302) und vom 21. Juni 1989 II R 235/85 (BFHE 157, 227, BStBl II 1989, 740) hat der erkennende Senat entschieden, daß für die Wertung, ob ein Grundstück als Straße, Weg oder Platz dem öffentlichen Verkehr dient, nicht auf das Straßenverkehrsrecht, sondern darauf abzustellen ist, ob das Grundstück eine "öffentliche Sache" im Sinne des Straßenrechts ist (BFH in BFHE 155, 400, 403, BStBl II 1989, 302). Diese Grundsätze gelten entsprechend auch für Häfen (vgl. BFH-Urteil vom 14. November 1980 III R 23/78, BFHE 132, 475, BStBl II 1981, 355).

2. Die Sache ist nicht spruchreif; sie wird an das FG zurückverwiesen. Das FG hat entsprechend seiner Rechtsauffassung keine Feststellungen darüber getroffen, ob die sich aus dem Eigentum ergebende Nutzungs- und Dispositionsbefugnis durch öffentlich-rechtliche (wasser- und hafenrechtliche) Bestimmungen eingeschränkt bzw. aufgehoben ist und der Eigentümer deswegen zur Gestattung eines (möglicherweise auch nur beschränkten) Gemeingebrauches in Form des Schiffsverkehrs verpflichtet ist.