| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 8.9.1993 (I R 69/92) BStBl. 1994 II S. 188

Bei der Prüfung, ob der gemäß § 8 Nr. 7 Satz 3 GewStG maßgebende Betrag der Miet- oder Pachtzinsen für einen Betrieb oder Teilbetrieb den in § 8 Nr. 7 Satz 2 letzter Halbsatz GewStG genannten Betrag von 250.000 DM übersteigt, sind nur die Miet- oder Pachtzinsen zu berücksichtigen, die für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden fremden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu zahlen sind.

GewStG (i. d. F. des StBereinG 1986) § 8 Nr. 7 Sätze 2 und 3.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1993, 95)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) - eine GmbH - nutzte im Erhebungszeitraum 1987 (Streitjahr) einen von ihr gepachteten Gewerbebetrieb und zahlte dafür einen Pachtzins von insgesamt rd. 315.000 DM. Der Teil des Pachtzinses, der für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des Pachtbetriebs zu entrichten war, betrug 248.000 DM. Die Verpächterin des Betriebs war gewerbesteuerpflichtig.

Bei der Festsetzung des einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrages 1987 für den Gewerbebetrieb der Klägerin rechnete der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) gemäß § 8 Nr. 7 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG) in der im Streitjahr geltenden Fassung den Pachtzins, soweit er für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens gezahlt worden war, dem Gewinn aus Gewerbebetrieb zur Hälfte wieder hinzu. Gegen den Gewerbesteuermeßbescheid erhob die Klägerin Klage. Sie vertrat die Ansicht, für die Entscheidung, ob die Miet- oder Pachtzinsen den in § 8 Nr. 7 Satz 2 letzter Halbsatz GewStG genannten Betrag von 250.000 DM übersteigen, komme es ausschließlich auf die Miet- oder Pachtzinsen an, die für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des gepachteten Betriebs gezahlt worden seien.

Das Finanzgericht (FG) folgte der Rechtsauffassung der Klägerin. Sein Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1993, 95 veröffentlicht.

Das FA rügt mit der Revision sinngemäß die Verletzung des § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist nicht begründet. Sie war daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 8 Nr. 7 GewStG sind dem Gewinn aus Gewerbebetrieb die Miet- und Pachtzinsen für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens, die im Eigentum eines anderen stehen, zur Hälfte wieder hinzuzurechnen, soweit sie bei der Ermittlung des Gewinns abgesetzt wurden.

Das gilt gemäß § 8 Nr. 7 Satz 2 GewStG jedoch nicht, soweit die Miet- oder Pachtzinsen beim Vermieter oder Verpächter zur Gewerbesteuer nach dem Gewerbeertrag heranzuziehen sind, es sei denn, daß ein Betrieb oder Teilbetrieb vermietet oder verpachtet ist und der Betrag der Miet- oder Pachtzinsen 250.000 DM übersteigt. Für die Entscheidung, ob der Betrag von 250.000 DM überschritten wurde, ist nach § 8 Nr. 7 Satz 3 GewStG jeweils der Betrag maßgebend, den der Mieter bzw. Pächter für die Benutzung der zu den Betriebsstätten eines Gemeindebezirks gehörigen fremden Wirtschaftsgüter an den Vermieter bzw. Verpächter des Betriebs (Teilbetriebs) zu zahlen hat.

2. Zutreffend hat das FG entschieden, daß Miet- oder Pachtzinsen, die für die Benutzung der in Grundbesitz bestehenden fremden Wirtschaftsgüter zu zahlen sind, bei der Prüfung, ob der Betrag von 250.000 DM überschritten wurde, außer Betracht bleiben.

Der Wortlaut des § 8 Nr. 7 Sätze 2 und 3 GewStG ist zwar insoweit nicht eindeutig. Er läßt die Auslegung zu, daß der "Betrag der Miet- oder Pachtzinsen" i. S. des § 8 Nr. 7 Satz 2 letzter Halbsatz GewStG auch die Miet- oder Pachtzinsen umfaßt, die für die Benutzung der in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des gemieteten bzw. gepachteten Betriebs zu zahlen sind. Diese vom FA für richtig erachtete Auslegung berücksichtigt aber weder den Kontext, in dem § 8 Nr. 7 Satz 2 letzter Halbsatz GewStG steht, noch den Zweck der Regelung.

a) Nach § 8 Nr. 7 Satz 1 GewStG sind nur die Miet- und Pachtzinsen Gegenstand der Hinzurechnung, die für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden fremden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens zu entrichten sind. Satz 2 der Vorschrift knüpft an deren Satz 1 an. Er macht die Hinzurechnung zusätzlich davon abhängig, daß "die" Miet- oder Pachtzinsen - d. h. die in Satz 1 genannten Miet- oder Pachtzinsen - beim Vermieter oder Verpächter nicht zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind, es sei denn, ein Betrieb/Teilbetrieb wurde vermietet bzw. verpachtet und der (nach Satz 3 maßgebende) Betrag "der" Miet- oder Pachtzinsen - d. h. der Zinsen der in Satz 1 genannten Art - übersteigt 250.000 DM.

b) Diese Auslegung wird durch den Zweck des § 8 Nr. 7 Satz 2 letzter Halbsatz GewStG bestätigt.

Die Sonderregelung soll eine ungerechtfertigte Verteilung des Gewerbesteueraufkommens zu Lasten der Gemeinden verhindern, in denen der gemietete bzw. gepachtete Betrieb (Teilbetrieb) betrieben wird und die somit auch die durch ihn verursachten Lasten zu tragen haben. In "Fällen geringerer Bedeutung" soll es allerdings bei der Grundregel des § 8 Nr. 7 Satz 2 Halbsätze 1 und 2 GewStG bleiben, nach der die Miet- oder Pachtzinsen nicht hinzugerechnet werden, soweit sie beim Vermieter/Verpächter zur Gewerbesteuer heranzuziehen sind. Das ergibt sich klar aus der Gesetzesbegründung (s. BTDrucks 3/2573 S. 25/26) und der im Gesetz enthaltenen 250.000-DM-Grenze.

Ob hinsichtlich der Verteilung des Gewerbesteueraufkommens ein Fall geringerer Bedeutung vorliegt, hängt allein von der Höhe der hinzuzurechnenden Miet- oder Pachtzinsen ab, also von der Höhe der Miet- oder Pachtzinsen, die für die Benutzung der nicht in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter des Anlagevermögens des gemieteten bzw. gepachteten Betriebs zu entrichten sind. Daraus folgt, daß es bei der Prüfung, ob der maßgebende Betrag der Miet- oder Pachtzinsen den Betrag von 250.000 DM übersteigt, nicht auf die Miet- oder Pachtzinsen für die in Grundbesitz bestehenden Wirtschaftsgüter ankommt. Zu Recht hat das FG darauf hingewiesen, daß andernfalls die Sonderregelung auch dann eingreifen würde, wenn zwar der Gesamtbetrag der Miet- oder Pachtzinsen den Betrag von 250.000 DM übersteigt, die hinzuzurechnenden Miet- oder Pachtzinsen und die Auswirkung der Hinzurechnung bzw. Nichthinzurechnung auf die Verteilung des Gewerbesteueraufkommens aber gering sind.