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  BFH-Beschluß vom 3.11.1993 (II B 129/92) BStBl. 1994 II S. 201

Ausschließlich zu sportlichen Zwecken gehaltene Pferde, die einen gemeinen Wert von 600.000 DM und mehr haben, sind jedenfalls nach den Verhältnissen der Veranlagungszeitpunkte 1. Januar 1987 und 1988 Luxusgegenstände i. S. von § 110 Abs. 1 Nr. 11 BewG.

BewG § 9 Abs. 1 und 2, § 110 Abs. 1 Nr. 11, § 111 Nr. 10.

Sachverhalt

I.

Der Antragsteller und Beschwerdeführer (Antragsteller) zu 1 erwarb 1980 das damals unberittene, vierjährige Pferd A. Nach seinen Angaben betrugen die Anschaffungskosten unter 50.000 DM. Das Pferd diente sportlichen Zwecken.

Der Antragsteller zu 1 erwarb 1986 ferner das damals ebenfalls unberittene, vierjährige Pferd B. Nach seinen Angaben betrugen die Anschaffungskosten ebenfalls unter 50.000 DM. Auch dieses Pferd diente sportlichen Zwecken.

Aufgrund eines Vertrages vom 14./17. Dezember 1987 erwarb C gegen Zahlung von 150.000 DM einen Anteil von 20 v. H. an A. Zum 1. November 1988 brachte der Antragsteller zu 1 beide Pferde zusammen mit weiteren Pferden in die neugegründete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ein. Als Einlagewert wurde für den 80-v. H.-Anteil an A ein Betrag von 1,2 Mio. DM sowie für B ein Betrag von 1 Mio. DM angesetzt.

Der Antragsgegner und Beschwerdegegner (das Finanzamt - FA -) rechnete bei der Vermögensteuer die beiden Pferde im Rahmen der Zusammenveranlagung der Antragsteller auf den 1. Januar 1987 zum sonstigen Vermögen und setzte durch Bescheid vom 23. Dezember 1991 die Vermögensteuer fest. Dabei berücksichtigte das FA das Pferd A mit einem Wert von 750.000 DM sowie das Pferd B mit einem Wert von 1 Mio. DM.

Bei der Zusammenveranlagung der Antragsteller zur Vermögensteuer auf den 1. Januar 1988 rechnete das FA das Pferd A mit einem Wert von 600.000 DM zum Betriebsvermögen sowie das Pferd B mit einem Wert von 1 Mio. DM zum sonstigen Vermögen und setzte durch Bescheid vom 8. Januar 1992 die Vermögensteuer fest.

Die Einsprüche der Antragsteller gegen diese Bescheide blieben ohne Erfolg. Über die Klage, mit der die Antragsteller die Nichtberücksichtigung der Pferde im Rahmen der Veranlagung zur Vermögensteuer begehren, ist noch nicht entschieden.

Die Antragsteller beantragten zunächst beim FA und, nachdem dieser Antrag erfolglos blieb, beim Finanzgericht (FG) die Aussetzung der Vollziehung der Vermögensteuerbescheide, soweit die Pferde A und B beim Betriebsvermögen und beim sonstigen Vermögen erfaßt wurden.

Das FG hat den Antrag abgelehnt. Es sei nicht ernstlich zweifelhaft, daß die beiden Pferde bei den Vermögensteuerveranlagungen auf den 1. Januar 1987 und auf den 1. Januar 1988 zu berücksichtigen seien. Entgegen der Auffassung des FA liege jedoch kein Betriebsvermögen, sondern in allen Fällen sonstiges Vermögen vor, da es sich bei den Pferden um Luxusgegenstände i. S. von § 110 Abs. 1 Nr. 11 des Bewertungsgesetzes (BewG) handele. Die Haltung von Pferden, die einen Wert von 750.000 DM und mehr hätten, übersteige die als normal empfundene Lebenshaltung.

Mit der vom FG zugelassenen Beschwerde verfolgen die Antragsteller ihr Aussetzungsbegehren weiter. Das FG habe die beiden Pferde zu Unrecht als Luxusgegenstände angesehen. Der Aufwand für die Anschaffung und Unterhaltung der Pferde sei weniger kostspielig als die Anschaffung und die Unterhaltung eines PKW der Mittelklasse. Der Aufwand für die Pferde übersteige deshalb keinesfalls die als normal empfundene Lebenshaltung auffallend und unangemessen.

Die Erfassung der beiden Pferde widerspreche auch dem Sinn und Zweck der Vermögensbesteuerung. Dieser bestehe darin zu verhindern, daß durch eine Umschichtung von ansonsten zu erfassenden Vermögensgegenständen in Luxusgegenstände Vermögen der Besteuerung entzogen werde. Eine solche Vermögensumschichtung habe jedoch im Streitfall nicht stattgefunden. Vielmehr seien die Pferde zu einem vermögensteuerrechtlich unbedeutenden Preis erworben worden und hätten ihren erheblichen Wert erst später erlangt.

Schließlich sei für die Qualifikation als Luxusgegenstand auch das Verhältnis des Wertes des Wirtschaftsgutes zu seinem Nutzen oder zu seiner Verwendungsmöglichkeit maßgebend. Ein auffälliges Mißverhältnis, welches die Annahme von Luxusgegenständen rechtfertigen könnte, bestehe nicht, da der Pferdesport nur mit wertvollen Pferden erfolgreich betrieben werden könne.

Zweifel bestünden auch hinsichtlich der vom FA angesetzten Werte für die beiden Pferde. Maßgeblich seien die gemeinen Werte. Bei den Werten, mit denen die Pferde in die GbR eingebracht worden seien, handele es sich jedoch um Teilwerte auf den 1. November 1988. Auch aus dem Erwerb eines Anteils an A durch C könne ein gemeiner Wert nicht abgeleitet werden. Deshalb sei fraglich, ob die angesetzten Werte "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" zu erzielen seien.

Die Antragsteller beantragen sinngemäß, den Beschluß des FG aufzuheben und die Vollziehung der Vermögensteuerbescheide des FA vom 23. Dezember 1991 und 8. Januar 1992 auszusetzen.

Das FA beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Beschwerde ist unbegründet.

Entgegen der Auffassung der Antragsteller bestehen keine ernstlichen Zweifel i. S. des § 69 Abs. 3 i. V. m. Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung (FGO) an der Rechtmäßigkeit der beiden von den Antragstellern angefochtenen Vermögensteuerbescheide.

Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen dann, wenn gewichtige Umstände Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung von Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung von Tatfragen bewirken (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 4. Mai 1977 I R 162-163/76, BFHE 123, 3, BStBl II 1977, 765).

1. Das FG ist zutreffend davon ausgegangen, daß die Pferde zu den hier maßgeblichen Veranlagungszeitpunkten 1. Januar 1987 und 1. Januar 1988 nicht zu einem Betriebsvermögen i. S. von §§ 95 ff. BewG zu rechnen sind.

2. Nicht ernstlich zweifelhaft ist, daß die beiden Pferde zum sonstigen Vermögen i. S. von § 110 BewG gehören. Danach kommen als sonstiges Vermögen alle Wirtschaftsgüter in Betracht, soweit diese nicht zum land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, zum Grundvermögen oder zum Betriebsvermögen gehören. Nicht zum sonstigen Vermögen gehören nach § 111 Nr. 10 BewG ferner Hausrat und andere bewegliche körperliche Gegenstände, zu denen auch die Pferde zu rechnen sind, soweit sie nicht in § 110 BewG besonders als zum sonstigen Vermögen gehörig bezeichnet sind.

Im Streitfall gehören die Pferde nach § 110 Abs. 1 Nr. 11 BewG als Luxusgegenstände zum sonstigen Vermögen.

Die Rechtsprechung hat zunächst solche Wirtschaftsgüter als Luxusgegenstände angesehen, "die der Befriedigung von über ein normales Maß hinausgehenden Bedürfnissen dienen". In dem Umstand, daß jemand derartige Anschaffungen überhaupt zu tragen vermöge, könne bereits der Begriff des Luxus liegen (vgl. BFH-Urteil vom 29. November 1963 III 165/61, BFHE 78, 144, BStBl III 1964, 58, unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs). In Fortentwicklung dieser Rechtsprechung hat der BFH in späteren Entscheidungen (vgl. Urteile vom 19. Dezember 1969 II R 96/67, BFHE 98, 195, BStBl II 1970, 293; vom 30. Juli 1971 III R 91/70, BFHE 103, 227, BStBl II 1972, 26, und vom 17. Mai 1990 II R 181/87, BFHE 160, 331, BStBl II 1990, 710) als Luxusgegenstände alle Wirtschaftsgüter betrachtet, "deren Anschaffung und Haltung einen Aufwand darstellt, der die als normal empfundene Lebenshaltung auffallend oder unangemessen übersteigt". Dabei kommt es nicht auf den Preis an, zu dem der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut - möglicherweise Jahre vorher - angeschafft oder - vielleicht besonders preisgünstig oder sogar schenkweise - erworben hat. Abgestellt werden muß bei dieser Beurteilung vielmehr auf den gemeinen Wert des Wirtschaftsguts am Bewertungsstichtag, d. h. auf den Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre (vgl. § 9 Abs. 1 und 2 BewG). Der Senat hält insoweit aber daran fest, daß der Begriff des Luxusgegenstandes jedenfalls im Regelfall nicht allein vom Wert einer Sache geprägt wird (vgl. BFH in BFHE 98, 195, BStBl II 1970, 293). Hinzukommen muß vielmehr regelmäßig, daß der (gemeine) Wert des konkreten Gegenstandes im Verhältnis zu seinem Nutzen und zu seiner Verwendungsmöglichkeit nach der Verkehrsanschauung die als normal empfundenen Aufwendungen für die Lebenshaltung deutlich übersteigt (zuletzt: BFH in BFHE 160, 331, BStBl II 1990, 710). Eine solche verhältnismäßige Betrachtung erübrigt sich jedoch in den Fällen, in denen es um die Beurteilung von beweglichen körperlichen Gegenständen i. S. von § 111 Nr. 10 i. V. m. § 110 Abs. 1 Nr. 11 BewG geht, die ihrem (gemeinen) Wert nach offensichtlich und eindeutig außerhalb des Rahmens einer als normal empfundenen Lebenshaltung liegen.

Für die Stichtage 1. Januar 1987 und 1. Januar 1988 können jedenfalls keine ernstlichen Zweifel daran bestehen, daß die beiden Pferde angesichts ihres zu diesen Stichtagen maßgeblichen gemeinen Werts von 600.000 DM bis 1 Mio. DM zu den Luxusgütern i. S. von § 110 Abs. 1 Nr. 11 BewG gehören. Das Innehaben von beweglichen körperlichen Gegenständen in dieser wertmäßigen Größenordnung übersteigt offensichtlich und eindeutig den Rahmen einer noch als normal empfundenen Lebenshaltung.

Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die Pferde nach Angaben des Antragstellers zu 1 "für unter 50.000 DM" angeschafft wurden. Denn es kommt - wie oben dargelegt - bei der Frage, ob ein Luxusgegenstand vorliegt, nicht auf den Anschaffungspreis des Wirtschaftsgutes, sondern auf den gemeinen Wert am Veranlagungsstichtag an. Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, daß die Pferde an den maßgeblichen Stichtagen der Ausübung des Reitsports dienten. Denn angesichts der betragsmäßigen Höhe ihrer gemeinen Werte kommt es auf das Verhältnis zwischen diesen Werten zum Nutzen und zur Verwendungsmöglichkeit der Pferde nicht an.

3. Auch hinsichtlich der Höhe der Wertansätze für die beiden Pferde hat das FG zutreffend das Vorliegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Vermögensteuerbescheide verneint. Die Pferde sind als Wirtschaftsgüter i. S. von § 110 Abs. 1 Nr. 11 BewG mit dem gemeinen Wert anzusetzen (vgl. Rössler/Troll, Bewertungsgesetz und Vermögensteuergesetz, 15. Aufl., § 110 BewG Tz. 116). Der gemeine Wert wird gemäß § 9 Abs. 2 BewG durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr nach der Beschaffenheit des Wirtschaftsgutes bei einer Veräußerung zu erzielen wäre. Dabei sind alle Umstände, die den Preis beeinflussen, zu berücksichtigen.

Im Streitfall ist es jedenfalls im summarischen Verfahren nicht zu beanstanden, daß das FG sich bei der Wertermittlung an den einzig verfügbaren objektiven Gegebenheiten, nämlich an dem Preis für die Veräußerung eines 20-v. H.-Anteils an dem Pferd A an C bzw. an den Werten orientiert hat, die bei der Einbringung der beiden Pferde in die GbR vom Antragsteller zu 1 selbst angesetzt wurden. Soweit die Antragsteller es als fraglich ansehen, ob die angesetzten Werte "im gewöhnlichen Geschäftsverkehr" zu erzielen seien, reichen ihre Ausführungen nicht aus, um ernstliche Zweifel in tatsächlicher Hinsicht bezüglich der vom FA angesetzten Werte aufkommen zu lassen. Die Antragsteller haben nämlich nicht, jedenfalls nicht konkret genug, vorgetragen und es sind auch sonst keine Anhaltspunkte ersichtlich, daß der mit C vereinbarte Kaufpreis oder die Einlagewerte als überhöht angesehen und deshalb bei der Ermittlung des gemeinen Wertes nach unten korrigiert werden müssen. Ernstliche Zweifel in tatsächlicher Hinsicht vermag der Senat deshalb insoweit nicht anzunehmen.