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  BFH-Urteil vom 8.12.1993 (XI R 81/90) BStBl. 1994 II S. 338

Gibt ein Käufer anstelle der Zahlung des Kaufpreises einen Scheck hin und stellt der Verkäufer einen Akzeptantenwechsel aus, den der Käufer bei seiner Bank diskontieren läßt, um die Einlösung des Schecks zu gewährleisten, tritt bei Inanspruchnahme des Verkäufers aus dem Wechsel Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts aus dem Kauf ein, wenn die Beteiligten einvernehmlich davon ausgingen, daß die Kaufpreisforderung erst bei Einlösung des Wechsels durch den Käufer erlöschen sollte (Anschluß an das BFH-Urteil vom 9. August 1990 V R 134/85, BFHE 161, 252, BStBl II 1990, 1098).

UStG 1980 § 17 Abs. 2 Nr. 1.

Vorinstanz: FG Münster (EFG 1991, 358)

Sachverhalt

I. Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt einen Großhandel. Von einer Abnehmerin (H), die im Streitjahr in Konkurs ging, hatte sie wiederholt Schecks angenommen, dagegen jeweils Wechsel ausgestellt, die die H ihrer Bank zur Diskontierung einreichte, um eine Einlösung der Schecks sicherzustellen. Als H im Streitjahr die Wechsel bei Fälligkeit nicht einlöste, wurde die Klägerin von der Bank rückbelastet. Sie wies in ihrer Umsatzsteuererklärung eine entsprechend verminderte Steuer aus. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ist dem nicht gefolgt. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage insoweit statt; das Urteil ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1991, 358 veröffentlicht.

Mit seiner Revision rügt das FA Verletzung von § 17 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1980. Im Streitfall seien die Schecks der H eingelöst und damit das Umsatzgeschäft zivilrechtlich und steuerrechtlich erfüllt worden. Die spätere Inanspruchnahme der Klägerin habe sich - losgelöst vom Warengeschäft - in der Vermögenssphäre (Schadensersatz) vollzogen. Der Streitfall sei vergleichbar mit dem der Inanspruchnahme eines Bürgen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Klägerin beantragt mit den Gründen der Vorentscheidung, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist unbegründet und somit zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 ist ein geschuldeter Steuerbetrag zu berichtigen, wenn das Entgelt für eine steuerpflichtige Lieferung oder sonstige Leistung uneinbringlich geworden ist. Ein Entgelt wird uneinbringlich, wenn die zugrundeliegende Forderung einerseits noch nicht erfüllt, andererseits aber weder rechtlich noch tatsächlich durchsetzbar ist (Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 10. März 1983 V B 46/80, BFHE 138, 107, BStBl II 1983, 389). Das Vorliegen dieser Voraussetzungen hat das FG im Streitfall zu Recht bejaht.

Gibt ein Käufer anstelle der Zahlung des Kaufpreises erfüllungshalber einen Wechsel hin, tritt nach dem BFH-Urteil vom 9. August 1990 V R 134/85 (BFHE 161, 252, BStBl II 1990, 1098) Uneinbringlichkeit des vereinbarten Entgelts ein, wenn der Verkäufer seinerseits aus einem weiteren (Akzeptanten-)Wechsel in Anspruch genommen wird, den er dem Käufer zur Diskontierung bei dessen Bank ausgestellt hat, um ihm die Einlösung des von ihm hingegebenen Wechsels bei Fälligkeit zu ermöglichen. Voraussetzung ist, daß die Beteiligten vereinbart hatten, daß die Kaufpreisforderung erst nach Einlösung des Akzeptantenwechsels durch den Käufer erlöschen sollte. Wegen der Vergleichbarkeit der Sachverhalte hält der erkennende Senat diese Grundsätze auch für anwendbar, wenn der Käufer anstelle der Zahlung des Kaufpreises nicht einen Wechsel, sondern wie im Streitfall erfüllungshalber einen Scheck hingibt. Zwar bewirkt steuerrechtlich bereits die Scheckhingabe regelmäßig einen Entgeltzufluß (BFH-Urteil vom 30. Oktober 1980 IV R 97/78, BFHE 132, 410, BStBl II 1981, 305), bei Ausstellung eines Wechsels dagegen erst dessen Diskontierung (BFH-Urteil vom 5. Mai 1971 I R 166/69, BFHE 102, 275, BStBl II 1971, 624, 626). Diese Unterschiedlichkeit ist im Streitfall jedoch unbeachtlich. Denn eine Kaufpreisforderung kann ebenso nicht bereits durch die Hingabe eines Schecks erfüllt werden, wenn sich der Verkäufer gleichzeitig eines Wechsels mit dem Ziel begibt, die Einlösung des Schecks durch die Bank sicherzustellen und dem Käufer dadurch die Überbrückung eines Liquiditätsengpasses zu ermöglichen. Denn bei diesem Finanzierungsverfahren läuft der Verkäufer wiederum Gefahr, bei Nichteinlösung des Wechsels von der Bank rückbelastet zu werden.

Wie das FG festgestellt hat, haben die Vertragsparteien im Streitfall diese Regreßgefahr für die Klägerin auch als beachtlichen Umstand beim Austausch von Scheck und Wechsel im Auge gehabt. Es ist daher im Wege der Auslegung des Scheckhingabevertrages mit Recht davon ausgegangen, daß ein Erlöschen der Kaufpreisforderung erst mit der Wechseleinlösung durch den Käufer eintreten sollte. Diese Würdigung, die für das Revisionsgericht bindend ist (§ 118 Abs. 2 FGO), entspricht auch dem Rechtsgedanken des § 364 Abs. 2 des Bürgerlichen Gesetzbuches. Die noch nicht erfüllten Forderungen der Klägerin sind durch ihre Inanspruchnahme aus den Wechseln, jedenfalls auch mit der Konkurseröffnung über das Vermögen der H uneinbringlich geworden (BFH-Urteil vom 13. November 1986 V R 59/79, BFHE 148, 346, BStBl II 1987, 226). Der von ihr geschuldete Steuerbetrag war daher gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 zu berichtigen.