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  BFH-Urteil vom 25.11.1993 (VI R 115/92) BStBl. 1994 II S. 424

Wird in der Mitgliederversammlung einer Schwesternschaft des Deutschen Roten Kreuzes ein sog. "Vorabzug" vom Grundgehalt für satzungsgemäße Aufgaben beschlossen, so ist dies als Festsetzung eines niedrigeren Vergütungsanspruchs mit der Folge zu verstehen, daß die Mitgliedsschwestern einen Vergütungsanspruch haben, der niedriger ist als der Gehaltsanspruch der sog. freien Schwestern. Ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. des § 42 AO 1977 kann in einem solchen Beschluß der Mitgliederversammlung in der Regel nicht gesehen werden.

EStG § 19, § 42 d; AO 1977 § 42.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist ein als gemeinnützig anerkannter eingetragener Verein. Sie ist über den "Verband der Schwesternschaften vom Deutschen Roten Kreuz e. V." eine Gliederung des Deutschen Roten Kreuzes.

Organe der Klägerin sind gemäß § 9 der Satzung der Vorstand und die Mitgliederversammlung. Zu den Aufgaben der Mitgliederversammlung gehört es gemäß § 17 der Satzung, "insbesondere .... Mitgliederbeiträge festzusetzen".

Die Klägerin beschäftigte im Streitjahr im wesentlichen Krankenschwestern als Arbeitnehmerinnen. Soweit die Krankenschwestern keine Mitglieder der Klägerin waren, erfolgte die Bezahlung nach dem Bundesangestelltentarifvertrag (BAT); die Rechte und Pflichten aus dem Arbeitsverhältnis richteten sich nach gesondert abgeschlossenen Dienstverträgen.

Bei den Vereinsmitgliedern bestimmten sich die gegenseitigen Rechte und Pflichten nach der "Schwesternordnung". Gemäß deren Art. 3 erhält die Krankenschwester von der Klägerin neben anderen Leistungen (Schwesterntracht, berufliche Fortbildung usw.) eine "monatliche Vergütung, die sich nach den Tätigkeitsmerkmalen, dem Alter und dem Familienstand richtet; Zulagen und die jährliche Zuwendung werden in entsprechender Anwendung der DRK-Arbeitsbedingungen gezahlt". Die monatliche Vergütung richtete sich im umstrittenen Lohnzahlungszeitraum (Januar 1988) nach der "Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst/Anlage 1 b zum BAT". Davon wurde gemäß dem Beschluß der Mitgliederversammlung vom Oktober 1986 ein Abzug von 1 v. H. vorgenommen. In dem Protokoll über die Mitgliederversammlung heißt es hierzu u. a.:

"TOP 5

Erhöhung der ,Mitgliedsbeiträge' bzw. Vorabzug für satzungsgemäße Aufgaben.

Frau Oberin erläuterte den Grund der Erhöhung des Vorabzuges ....

Es wurde diskutiert, ob man einen Vorabzug für satzungsgemäße Aufgaben oder die Form der Mitgliedsbeiträge wählen will. Mit 12 Stimmenthaltungen wurde der Vorschlag des Vorabzuges für satzungsgemäße Aufgaben von der Grundvergütung mit 1 % angenommen."

Die für die Klägerin tätigen Krankenschwestern werden in eigenen DRK-Krankenhäusern oder über sog. Gestellungsverträge in anderen Krankenhäusern eingesetzt.

Anläßlich einer Lohnsteuer-Außenprüfung wurde festgestellt, daß die Klägerin bei den Mitgliedsschwestern als Bruttoarbeitslohn jeweils die um den sog. Vorabzug von 1 v. H. gekürzte Vergütung dem Steuerabzug vom Arbeitslohn unterworfen hatte.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) vertrat demgegenüber die Ansicht, daß der ungekürzte Betrag steuerpflichtiger Arbeitslohn und der Kürzungsbetrag als Mitgliedsbeitrag zu beurteilen sei. Er erließ einen entsprechenden Haftungsbescheid.

Nach erfolglosem Einspruch machte die Klägerin mit ihrer Klage geltend, daß den Schwestern in Höhe des sog. Vorabzugs kein Arbeitslohn zugeflossen sei. Im Rahmen der Vertragsfreiheit und Vereinsautonomie habe sie zulässigerweise ein unter der Vergütungsordnung des BAT liegendes Gehalt zahlen dürfen.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unbegründet ab und führte aus: Es könne dahingestellt bleiben, ob die Mitgliedsschwestern einen Lohnanspruch in Höhe der vollen Vergütung nach dem BAT erlangt hätten. Sollte dies der Fall gewesen sein, so hätte in der Kürzung des Arbeitslohns eine Aufrechnung i. S. der §§ 387 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) mit der Forderung auf Mitgliedsbeiträge gelegen. Für den Fall, daß als Arbeitslohn von vornherein nur der um 1 v. H. geminderte Betrag vereinbart worden sei, liege ein Gestaltungsmißbrauch i. S. des § 42 der Abgabenordnung (AO 1977) vor. Da die Klägerin auf Geldleistungen ihrer Mitglieder angewiesen sei, hätte es nahegelegen, Mitgliedsbeiträge festzusetzen und zu erheben. Die Festsetzung von Mitgliedsbeiträgen sei auch durch die Vereinssatzung in § 17 Nr. 6 vorgegeben. Demgegenüber stelle die Vereinbarung eines um die jeweiligen Mitgliedsbeiträge verminderten Arbeitslohnes und der damit korrespondierende Verzicht auf die Festsetzung von Mitgliedsbeiträgen eine unangemessene, den wirtschaftlichen Vorgängen nicht gerecht werdende Gestaltung dar; wirtschaftlich gesehen handele es sich bei den streitigen Beträgen nämlich um Mitgliedsbeiträge. Dies zeige sich auch daran, daß die "freien" Schwestern - bei gleicher Arbeitsleistung - einen Anspruch auf Zahlung der vollen Grundvergütung gehabt hätten. Der Sinn und Zweck der von der Klägerin behaupteten Gestaltung bestehe allein darin, Steuern zu sparen. Außersteuerliche und/oder wirtschaftlich beachtliche Gründe seien nicht ersichtlich und von der Klägerin trotz wiederholter Nachfrage des Vorsitzenden in der mündlichen Verhandlung auch nicht genannt worden.

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision eine Verletzung des § 42 AO 1977. Sie beantragt sinngemäß, die Vorentscheidung sowie den Haftungsbescheid vom 20. April 1988 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 5. April 1990 aufzuheben, soweit er die Lohnsteuer betrifft.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und des angefochtenen Haftungsbescheides in Gestalt der Einspruchsentscheidung in dem beantragten Umfang. Die Voraussetzungen des § 42 d Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG), auf den das FA den angefochtenen Haftungsbescheid gestützt hat, liegen entgegen der Ansicht des FG nicht vor. Die Klägerin hat Lohnsteuer in zutreffender Höhe einbehalten und abgeführt.

1. Nach § 42 d Abs. 1 Nr. 1 EStG haftet der Arbeitgeber für Lohnsteuer, die er einzubehalten und abzuführen hat. Gemäß § 38 Abs. 1 EStG wird bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) Einkommensteuer durch Abzug vom Arbeitslohn erhoben (Lohnsteuer). Für die Entscheidung, ob die einzelnen Schwestern Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i. S. des § 19 EStG erzielen und die Klägerin mithin verpflichtet war, Lohnsteuer einzubehalten, ist unerheblich, daß sich nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts - BAG - (Beschlüsse vom 3. Juni 1975 1 ABR 98/74, Arbeitsrechtliche Praxis - AP -, Nr. 1 zu § 5 BetrAVG 1972, Rotes Kreuz; vom 20. Februar 1986 6 ABR 5/85, AP, Nr. 2 zu § 5 BetrAVG 1972, Rotes Kreuz) das Rechtsverhältnis zwischen einer Schwesternschaft vom Roten Kreuz und ihren Mitgliedern mangels Abschlusses eines besonderen Arbeitsvertrages in den vereinsrechtlichen Pflichten und Rechten erschöpft und nicht den arbeitsrechtlichen Bestimmungen unterliegt. Entscheidend ist, ob die gemäß Art. 3 der Schwesternordnung gezahlte monatliche Vergütung gemäß § 19 Abs. 1 Nr. 1 EStG für eine Beschäftigung im privaten Dienst gezahlt wird. Diese Frage ist von den Beteiligten und dem FG dem Grunde nach bejaht worden. Diese Auffassung ist zutreffend. Sie liegt auf der Linie der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG), welches entschieden hat, daß die Mitgliedschaft einer Schwester bei einer DRK-Schwesternschaft trotz der gemeinnützigen Zielsetzung der Schwesternschaft grundsätzlich nicht ausschließt, daß die Schwester im Rahmen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig ist (Urteil vom 28. August 1968 3 RK 70/65, AP, Nr. 7 zu § 611, Rotes Kreuz). Das BSG hat dabei auf sein Urteil vom 29. März 1962 3 RK 74/57 (BSGE 16, 289) Bezug genommen, das einen Prediger einer Freien evangelischen Gemeinde betraf. Darin (BSGE 16, 289, 293) ist ausgeführt, daß ein Mitgliedschaftsverhältnis nicht ausschließt, daß das Mitglied zu seinem Verein in die besondere Beziehung eines Arbeitsverhältnisses tritt. Alleinige Voraussetzung sei, daß die Merkmale eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses vorlägen. Unerheblich für den Entgeltscharakter sei auch, daß die Höhe der Vergütung nicht vereinbart, sondern vom Vorstand der Gemeinde festgelegt worden sei.

Zwischen den Beteiligten ist nicht umstritten, daß die Klägerin verpflichtet war, gemäß § 38 Abs. 3 Satz 1 EStG Lohnsteuer vom Arbeitslohn für Rechnung der Mitgliedsschwestern bei jeder Lohnzahlung einzubehalten. Streit besteht allein darüber, ob sie dies in zutreffender Höhe getan hat. Dies ist entgegen der Rechtsauffassung des FA und FG zu bejahen.

2. Bemessungsgrundlage für die einzubehaltende Lohnsteuer ist der Bruttoarbeitslohn. Der Bruttoarbeitslohn wird üblicherweise in einem Arbeitsvertrag vereinbart. Zwischen der Klägerin und den einzelnen Mitgliedsschwestern ist ein Arbeitsvertrag aber nicht geschlossen worden. Vielmehr hat das FG zur Höhe der Vergütung festgestellt, in der Mitgliederversammlung vom Oktober 1986 sei beschlossen worden, daß ein Vorabzug von 1 v. H. von der Grundvergütung erfolgen solle.

Dieser Beschluß der Mitgliederversammlung ist dahin zu verstehen, daß der dem Grunde nach in § 3 der Schwesternordnung festgelegte Rechtsanspruch der Mitgliedsschwestern auf eine Vergütung der Höhe nach um 1 v. H. niedriger sein sollte als die jeweiligen Ansprüche nach dem BAT. Denn der beschlossene Vorabzug ist vor dem Hintergrund zu sehen, daß sich nach den tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz die "Grundvergütung" der Mitgliedsschwestern - ebenso wie bei den Krankenschwestern, die nicht Mitglieder der Klägerin sind - nach der "Vergütungsordnung für Angestellte im Pflegedienst/Anlage 1 b zum BAT" gerichtet hat. Nach dem vom FG festgestellten Inhalt des Protokolls der Mitgliederversammlung wurde diskutiert, "ob man einen Vorabzug für satzungsgemäße Aufgaben oder die Form der Mitgliedsbeiträge wählen will". Der Begriff "oder" verbindet im allgemeinen Sprachgebrauch zwei oder mehrere Möglichkeiten, die zur Wahl stehen oder in Frage kommen können. Das bedeutet, daß in der Mitgliederversammlung der sog. Vorabzug von 1 v. H. als eine alternative, mit der Erhöhung des Mitgliedsbeitrags nicht identische Wahlmöglichkeit diskutiert wurde. Ausweislich des Protokolls wurde diese Möglichkeit und nicht die Erhöhung des Mitgliedsbeitrages "angenommen", das heißt, von den anwesenden Mitgliedern bei 12 Stimmenthaltungen gewählt.

Diesem Beschluß, der sich seinem Wortlaut nach gerade nicht auf die Mitgliedsbeiträge bezogen hat, kann auch seinem Sinn nach im Wege der Auslegung keine andere Bedeutung beigemessen werden. Insbesondere kann darin nicht deshalb die (verdeckte) Festlegung eines Mitgliedsbeitrags gesehen werden, weil es nach der Satzung der Klägerin zu den Aufgaben der Mitgliederversammlung gehört, die Mitgliedsbeiträge festzusetzen. Es handelt sich dabei um eine satzungsmäßige Ermächtigung, nicht aber um eine Verpflichtung der Mitgliederversammlung, die von der Klägerin benötigten Mittel (ausschließlich) auf diese Weise, d. h. durch Mitgliedsbeiträge, zu beschaffen.

3. Die Festlegung des Vergütungsanspruchs durch die Mitgliederversammlung auf eine niedrigere als die nach dem BAT geschuldete Vergütung wäre steuerlich allerdings dann nicht anzuerkennen, wenn der dem Begriff "Vorabzug" nachfolgende Zusatz "für satzungsgemäße Aufgaben" als eine echte Verwendungsauflage und damit als eine Mittelverwendung der einzelnen Schwestern zu verstehen wäre. Mit dem Urteil vom 30. Juli 1993 VI R 87/92 (BFHE 171, 566, BStBl II 1993, 884) hat der Senat entschieden, daß ein solcher Gehaltsverzicht, der mit Verwendungsauflagen hinsichtlich der freiwerdenden Mittel verknüpft ist, zu einem Zufluß von Arbeitslohn führt. Er hat den Gehaltsverzicht eines katholischen Pfarrers nicht in eine konkludente Verwendungsabrede der freigewordenen Mittel zu beliebigen kirchlichen Zwecken umgedeutet. Denn bei einem Gehaltsverzicht von Kirchenangehörigen sei die mit der Gehaltsminderung zwangsläufig verbundene Schonung des Kirchenhaushalts nur ein notwendig verbundener Reflex.

Im Streitfall ist mit der Herabsetzung des Vergütungsanspruchs eine als Mittelverwendung der einzelnen Schwestern zu deutende Verwendungsauflage nicht verbunden worden. Denn mit dem Begriff des Vorabzugs "für satzungsgemäße Zwecke" ist keine konstitutive Verwendungsauflage gemacht, sondern nur die Selbstverständlichkeit deklariert worden, daß die Klägerin, ein als gemeinnützig anerkannter Verein, die Mittel, die ihr aufgrund der niedrigeren Zahlungen an die Mitgliedsschwestern verbleiben, für (allgemeine) satzungsgemäße Zwecke und eben gerade nicht für ganz bestimmte, von der Mitgliederversammlung ausgewählte Aufgaben verwenden soll.

4. Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz ist davon auszugehen, daß die in der Mitgliederversammlung festgelegte Höhe des Vergütungsanspruchs der Schwestern auch tatsächlich beachtet worden ist. Anhaltspunkte dafür, daß den Mitgliedsschwestern in Wirklichkeit ein höherer als der in der Mitgliederversammlung festgelegte Bruttolohn zugewendet worden wäre, sind nicht erkennbar. Das FA hat nicht behauptet und das FG hat auch nicht festgestellt, daß abweichend von dem Beschluß der Mitgliederversammlung den einzelnen Mitgliedsschwestern Beitrags- oder Spendenbescheinigungen in Höhe des sog. Vorabzugs ausgestellt worden wären, oder daß etwa bei der Bemessungsgrundlage für die Sozialabgaben mit den daraus später resultierenden Rentenansprüchen die Konsequenzen aus dem Beschluß über den Vorabzug nicht gezogen worden wären.

5. Soweit die Vorinstanz die Auffassung vertritt, die Festlegung einer niedrigeren Vergütung, als sie sich nach dem BAT ergibt, sei ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten des Rechts i. S. des § 42 AO 1977, vermag sich der Senat dieser Wertung nicht anzuschließen. Ein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten ist nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gegeben, wenn eine Gestaltung gewählt worden ist, die gemessen an dem erstrebten Ziel unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche nichtsteuerliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist (vgl. u. a. Urteil vom 12. Juli 1988 IX R 149/83, BFHE 154, 93, BStBl II 1988, 942, m. w. N.).

Nach § 2 Nr. 5 ihrer Satzung beteiligt sich die Klägerin an den Aufgaben, die der Wohlfahrt und der Gesundheit des Volkes dienen, und an der Hilfeleistung für den Menschen in Not. Durch ihre Mitgliedschaft bei der Klägerin haben die einzelnen Schwestern zum Ausdruck gebracht, daß sie diese caritative Zielsetzung der Klägerin unterstützen wollen. Es stellt nach Ansicht des Senats keine unangemessene Gestaltung dar, wenn Mitglieder die Vereinsinteressen nicht durch einen Geldbeitrag, sondern durch Arbeits- und Dienstleistungen unterstützen und für diese Leistungen im Interesse und zugunsten des Vereins eine Vergütung verlangen, die niedriger ist als die marktübliche. Es ist kein Rechtssatz des Inhalts feststellbar, daß Mitglieder die Vereinsinteressen ausschließlich durch Mitgliedsbeiträge oder sonstige Geldbeiträge unterstützen können und mithin jede andere Art der Unterstützung unangemessen wäre.

Insoweit ist die Rechtslage nicht anders zu beurteilen als bei Arbeitsverhältnissen mit Angehörigen. Auch hier wird es nicht als Mißbrauch i. S. des § 42 AO 1977 gewertet, sondern steuerrechtlich anerkannt, wenn Angehörige ein niedrigeres Gehalt miteinander vereinbaren, als fremde Dritte dies akzeptieren würden (vgl. BFH-Urteile vom 5. Februar 1987 IV R 198/84, BFHE 149, 451, BStBl II 1987, 557, m. w. N.; vom 22. März 1990 IV R 115/89, BFHE 160, 463, BStBl II 1990, 776, 777).

Ebenso, wie es steuerlich anzuerkennen ist, wenn Arbeitnehmer einer Körperschaft des öffentlichen Rechts auf den ihnen zustehenden Gehaltsanspruch verzichten (vgl. Senatsurteil in BFHE 171, 566, BStBl II 1993, 884), ist es grundsätzlich steuerlich zu respektieren, wenn Mitglieder eines Vereins, deren steuerrechtlich anzuerkennender Arbeitgeber der Verein ist, für ihre Tätigkeit tatsächlich einen Lohn erhalten, der niedriger ist als der Tariflohn oder die marktübliche Vergütung.

Daß durch diese Art von "Lohnverzicht" eine entsprechend niedrigere Lohnsteuer entsteht, ist in diesen Fällen ebenso hinzunehmen wie in dem Fall, daß Arbeitnehmer mit einem Arbeitsvertrag wegen wirtschaftlicher Schwierigkeiten ihres Arbeitgebers auf eine Gehaltserhöhung verzichten oder sich mit der Herabsetzung bestehender Lohnansprüche einverstanden erklären. Ist primäres Ziel die Stärkung der finanziellen Leistungskraft des Arbeitgebers, so ist es jedenfalls nicht weniger angemessen, von vornherein unter dem Marktpreis liegende Vergütungsansprüche zu stellen, als zunächst den Marktpreis zu verlangen und sodann einen gewissen Anteil wieder zurückzugewähren.