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  BFH-Urteil vom 25.1.1994 (IX R 143/90) BStBl. 1994 II S. 457

Ein Steuerpflichtiger, der nach dem 31. Dezember 1986 eine Wohnung durch Schenkung erwirbt und sie selbst nutzt, erzielt insoweit keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG. Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ist hierbei auch dann nicht anwendbar, wenn der Rechtsvorgänger den Nutzungswert der zuvor von ihm genutzten Wohnung zu versteuern hatte.

EStG § 21 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 21; EStDV § 11 d Abs. 1.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) wurden im Streitjahr (1988) als Eheleute zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.

Die Eltern der Klägerin hatten dieser im Jahre 1987 unentgeltlich ein Hausgrundstück übertragen und sich das Wohnrecht an zwei Räumen vorbehalten. Ein Teil des Hauses war vermietet. Im übrigen nutzten die Kläger das Haus vom 1. Juli 1988 an zu eigenen Wohnzwecken.

In ihrer Einkommensteuererklärung für 1988 machten die Kläger für das Haus einen Werbungskostenüberschuß bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von 26.490 DM geltend. Sie stellten der vereinnahmten Miete (2.700 DM) und dem erklärten Mietwert der eigengenutzten Wohnräume von 1.750 DM als Werbungskosten u. a. Erhaltungsaufwendungen von 28.832 DM und Absetzungen für Abnutzung (AfA) von 796 DM gegenüber.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) setzte im Einkommensteuerbescheid für 1988 als Einnahmen nur die gezahlte Miete an und zog hiervon lediglich die auf die vermieteten Räume entfallenden Werbungskosten (7.426 DM) ab.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Nach der Auffassung des Finanzgerichts (FG) sind für die Wohnräume keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung anzusetzen.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung von § 21 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 52 Abs. 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Nach ihrer Meinung kann die Klägerin als Einzelrechtsnachfolgerin die Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG in entsprechender Anwendung des § 11 d der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) in Anspruch nehmen. Für die eigengenutzten Wohnräume sei daher ein Nutzungswert anzusetzen.

Die Kläger beantragen, die Vorentscheidung aufzuheben und bei den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung aus dem Hausgrundstück für das Jahr 1988 einen Werbungskostenüberschuß von 26.490 DM anzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung nur die gezahlte Miete angesetzt und davon lediglich die auf die vermieteten Räume entfallenden Werbungskosten abgezogen. Die Kläger erzielten aufgrund der Selbstnutzung der Wohnräume keine Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Die Vorschrift des § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG, nach der zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung auch der Nutzungswert der Wohnung im eigenen Haus gehört, war vorbehaltlich der getroffenen Übergangsregelungen letztmals für den Veranlagungszeitraum 1986 anzuwenden (§ 52 Abs. 21 Satz 1 EStG). Vom Veranlagungszeitraum 1987 an ist die Nutzungswertbesteuerung durch die sog. Konsumgutlösung ersetzt worden; die Selbstnutzung der Wohnung im eigenen Haus ist danach nicht mehr steuerbar.

Nach der Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ist § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG auch für Veranlagungszeiträume von 1987 an bis einschließlich Veranlagungszeitraum 1998 weiter anzuwenden, wenn bei einer Wohnung im eigenen Haus bei dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten oder die Betriebsausgaben vorgelegen haben. Der Nutzungswert ist insoweit nach § 21 Abs. 2 i. V. m. § 2 Abs. 2 EStG zu ermitteln.

Diese Regelung wurde aus Gründen des Vertrauensschutzes in das Gesetz aufgenommen. Die Inhaber von Wohnungen im eigenen Haus sollten nicht übergangslos den für sie nachteiligen Folgen der Konsumgutlösung unterworfen werden (vgl. zur Übergangsregelung in § 52 Abs. 21 Satz 4 EStG Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 7. August 1991 X R 116/89, BFHE 165, 267, BStBl II 1992, 736). Der Gesetzgeber räumte dem Steuerpflichtigen aber auch das Recht ein, die Nichtsteuerbarkeit zu wählen (§ 52 Abs. 21 Satz 3 EStG).

Einem Einzelrechtsnachfolger, der die Wohnung erst nach dem 31. Dezember 1986 unentgeltlich erworben hat, stehen die Rechte aus der Übergangsregelung in § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG nicht zu. Die in dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen müssen "bei dem Steuerpflichtigen" im Veranlagungszeitraum 1986 vorgelegen haben. Der Einzelrechtsnachfolger tritt insoweit nicht in die Stellung des früheren Eigentümers ein. Einen übergeordneten einkommensteuerrechtlichen Grundsatz, nach dem der Einzelrechtsnachfolger mit dem Einrücken in die zivilrechtliche Rechtsstellung des Rechtsvorgängers ausnahmslos auch dessen steuerliche Vergünstigungen weiterführen kann, gibt es nicht (BFH-Urteile in BFHE 165, 267, BStBl II 1992, 736; vom 4. Dezember 1991 X R 89/90, BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295).

Aus § 11 d Abs. 1 EStDV folgt nichts anderes. Nach Satz 1 dieser Vorschrift bemessen sich bei den nicht zu einem Betriebsvermögen gehörenden Wirtschaftsgütern, die der Steuerpflichtige unentgeltlich erworben hat, die AfA grundsätzlich nach den Anschaffungs- oder Herstellungskosten des Rechtsvorgängers. Der Abzugszeitraum ergibt sich aus § 11 d Abs. 1 Satz 2 EStDV. § 11 d Abs. 1 EStDV enthält hingegen keine selbständige Anspruchsgrundlage für den Abzug von AfA. Die Vorschrift regelt entsprechend der Ermächtigung in § 51 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. p EStG lediglich die Bemessungsgrundlage und den Abzugszeitraum für die Absetzungen des Rechtsnachfolgers (Senatsurteil vom 28. September 1993 IX R 156/88, Der Betrieb 1994, 190, m. w. N.). Ebenso wie der Bauherr oder Erwerber kann der Rechtsnachfolger AfA nur in Anspruch nehmen, wenn er das unentgeltlich erworbene Wirtschaftsgut zur Einkünfteerzielung einsetzt (BFH-Urteile in BFHE 165, 267, BStBl II 1992, 736; in BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295).

Diese Voraussetzung ist im Streitfall nur hinsichtlich der vermieteten Räume erfüllt.

Zu Recht hat das FG auch eine entsprechende Anwendung des § 11 d Abs. 1 EStDV zugunsten der Klägerin abgelehnt. Eine Gesetzeslücke im Sinne einer planwidrigen Unvollständigkeit des Gesetzes, die zu einer solchen Analogie berechtigen würde, liegt nicht vor (BFH-Urteile in BFHE 165, 267, BStBl II 1992, 736; in BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295). Der Einzelrechtsnachfolger unterscheidet sich von einem Erben (§ 1922 des Bürgerlichen Gesetzbuches - BGB -) dadurch, daß er nicht als Gesamtrechtsnachfolger in alle Rechte und Pflichten des Rechtsvorgängers eintritt (zur Gesamtrechtsnachfolge im Rahmen der Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 EStG vgl. Schreiben des Bundesministers der Finanzen vom 19. September 1986 IV B 1 - S 2225 a - 27/86, BStBl I 1986, 480, Abschn. II 7).

Dementsprechend ist die Übergangsvorschrift des § 21 a Abs. 7 Satz 1 Nr. 2 EStG, die für im Wege der Erbfolge erworbene Grundstücke gilt, bei Schenkungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge nicht anwendbar (Senatsurteile vom 5. Mai 1992 IX R 168/87, BFHE 168, 166, BStBl II 1992, 824; vom 26. Mai 1992 IX R 13/86, BFH/NV 1992, 738).

Die Übergangsregelung des § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG ist auch nach ihrem Zweck, das Vertrauen von Wohnungsinhabern in den Fortbestand der Nutzungswertbesteuerung beim Übergang zur Konsumgutlösung zu schützen, nicht auf den Einzelrechtsnachfolger anzuwenden. Wer als solcher nach Inkrafttreten der Neuregelung der Besteuerung selbstgenutzter Wohnungen ein Grundstück unentgeltlich erwirbt, ist nicht mit Herstellungs- oder Anschaffungskosten belastet; er ist nicht schutzbedürftig (BFH-Urteile in BFHE 165, 267, BStBl II 1992, 736; in BFHE 166, 346, BStBl II 1992, 295).