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  BFH-Urteil vom 27.1.1994 (IV R 26/93) BStBl. 1994 II S. 462

Zur stillschweigenden Begründung einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirts-Ehegatten genügt es nicht, daß dem einen Ehegatten die Hofstelle oder ein Anteil daran übertragen wird, die landwirtschaftlich genutzten Flächen aber im Eigentum des anderen Ehegatten verbleiben.

EStG § 13.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind Ehegatten, die in den Streitjahren 1984 bis 1986 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin ist als Versicherungsangestellte nicht selbständig tätig. Als selbständiger Landwirt bewirtschaftet der Kläger einen 38,28 ha großen Hof, davon 4,95 ha in seinem Eigentum stehende, im übrigen zugepachtete Flächen. Den Gewinn ermittelt er durch Bestandsvergleich. Die mit Wohn- und Wirtschaftsgebäude bebaute Hofstelle samt Hausgarten von 996 qm stand ebenfalls im Alleineigentum des Klägers, bis er seiner Ehefrau, der Klägerin, mit notariellem Vertrag vom 17. Dezember 1984 im Wege der Schenkung einen Miteigentumsanteil zur ideellen Hälfte übertrug. Für die Streitjahre ergingen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung Einkommensteuerbescheide, in denen die Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erklärungsgemäß in voller Höhe dem Kläger zugerechnet wurden.

Nach einer die Streitjahre betreffenden Außenprüfung ging der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) für das Wirtschaftsjahr 1984/1985 von einer Entnahme des hälftigen Miteigentumsanteils an der Hofstelle aus, erfaßte einen Entnahmegewinn von 35.929 DM und berücksichtigte die auf das Gebäude entfallenden Aufwendungen für die folgenden Wirtschaftsjahre nur noch zur Hälfte als Betriebsausgaben bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft. Den Nutzungswert der Wohnung setzte er nur noch zur Hälfte als Betriebseinnahmen an und ermittelte den auf die Klägerin entfallenden Nutzungswert nach § 21 a des Einkommensteuergesetzes (EStG) pauschaliert mit 0 DM.

Mit ihrem Einspruch gegen die geänderten Bescheide machten die Kläger geltend, eine Entnahme sei nicht erfolgt, weil die Übertragung der Miteigentumshälfte zu einer Mitunternehmerschaft geführt habe. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg.

Mit ihrer dagegen gerichteten, vom Finanzgericht (FG) zugelassenen Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts und tragen vor, im Bereich der Land- und Forstwirtschaft müsse jede Überlassung erheblicher Vermögensgegenstände zur Annahme einer Mitunternehmerschaft führen. Dies gelte insbesondere dann, wenn die Hofstelle oder eine ideelle Hälfte der Hofstelle überlassen werde, der für den Betrieb - namentlich bei Viehhaltung - nach wie vor eine überragende Bedeutung zukomme. So sei etwa ein ruhender landwirtschaftlicher Betrieb nach §§ 14, 16 EStG aufzugeben, wenn die Hofstelle veräußert werde. Auch die übrigen Voraussetzungen einer Mitunternehmerschaft lägen vor, weil sie, die Klägerin, im Betrieb mitarbeite. Diese Tätigkeit beschränke sich allerdings auf den Verwaltungsbereich, weil sie hauptberuflich außerhalb der Landwirtschaft beschäftigt sei.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Das FG hat zutreffend entschieden, daß zwischen den klagenden Ehegatten keine Mitunternehmerschaft bestanden hat und die Schenkung der hälftigen Hofstelle daher zu einer Entnahme im Wirtschaftsjahr 1984/1985 sowie zu geminderten Betriebsausgaben in den folgenden Streitjahren zugrundeliegenden Wirtschaftsjahren geführt hat.

1. Nach dem Beschluß des Großen Senats vom 25. Juni 1984 GrS 4/82 (BFHE 141, 405, 439 f., BStBl II 1984, 751) wird eine steuerliche Mitunternehmerschaft nur durch ein Gesellschaftsverhältnis oder ein wirtschaftlich damit vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis begründet, das den Mitunternehmern ein Unternehmerrisiko auferlegt und Unternehmerinitiative einräumt.

Auch Ehegatten sind danach nur Mitunternehmer eines Betriebs, wenn zwischen ihnen ein Gesellschaftsvertrag zustande gekommen ist, der den gleichen Anforderungen genügt, die nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) an alle Verträge zwischen nahen Angehörigen zu stellen sind. Steuerlich können solche Verträge nur berücksichtigt werden, wenn sie rechtswirksam zustande gekommen sind, einem Fremdvergleich standhalten und tatsächlich vollzogen werden (BFH-Urteil vom 14. August 1986 IV R 341/84, BFHE 147, 449, BStBl II 1987, 23, m. w. N.).

Nach der Rechtsprechung des Senats kann danach zwar der stillschweigende Abschluß einer Ehegatten-Innengesellschaft, wie er in der Rechtsprechung der Zivilgerichte anerkannt ist, im Steuerrecht nicht ohne weiteres berücksichtigt werden (BFH in BFHE 147, 449, BStBl II 1987, 23); denn diese Entscheidungen dienen der Ausfüllung von Lücken im ehelichen Güterrecht (vgl. zuletzt Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 14. März 1990 XII ZR 98/88, NJW-Rechtsprechungs-Report Zivilrecht - NJW-RR - 1990, 736). Der BFH ist jedoch in ständiger Rechtsprechung auch dann von einer Mitunternehmerschaft zwischen Landwirtsehegatten ausgegangen, wenn kein ausdrücklicher Gesellschaftsvertrag und auch kein der Personengesellschaft wirtschaftlich vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis vorliegt, sondern der land- und forstwirtschaftliche Grundbesitz entweder den Eheleuten gemeinsam oder jedem Ehegatten ein erheblicher Teil des landwirtschaftlichen Grundbesitzes zu Alleineigentum oder zu Miteigentum gehört und die Eheleute in der Landwirtschaft gemeinsam arbeiten (grundlegend BFH-Urteil vom 10. Mai 1960 I 14/60 U, BFHE 71, 206, BStBl III 1960, 326, und Urteile vom 7. Oktober 1982 IV R 186/79, BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73; vom 30. Juni 1983 IV R 206/80, BFHE 138, 561, BStBl II 1983, 636, und zuletzt vom 2. Februar 1989 IV R 96/87, BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504).

Diese Rechtsprechung beruht auf der besonderen Funktion des Grund und Bodens für die Landwirtschaft, der bei bestimmungsgemäßer Nutzung nicht nur Gebrauchsvorteile, sondern vor allem Früchte i. S. von § 99 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) hervorbringt, die dem Eigentümer zufallen, wenn diesernicht einem anderen die Aneignung gestattet hat (§§ 953, 956 BGB).

2. Zutreffend hat das FG in Anwendung dieser Grundsätze erkannt, daß die dargestellten Besonderheiten bei der Nutzung land- und forstwirtschaftlichen Grundbesitzes im Streitfall nicht vorliegen. Zwischen den Klägern kann daher der stillschweigende Abschluß einer Innengesellschaft nicht angenommen werden. Der Senat hat es bisher schon abgelehnt, die Grundsätze zur Ehegatten-Innengesellschaft aufgrund Bewirtschaftung gemeinsamer Eigentumsflächen auf andere Fallgestaltungen zu übertragen. So genügt es weder, daß der eine Ehegatte die in seinem Alleineigentum stehenden landwirtschaftlichen Flächen zur Bewirtschaftung überläßt, während der andere nur seine Arbeitskraft und Kapitalbeiträge einbringt oder an Stelle eigenen Grundvermögens landwirtschaftliche Flächen hinzupachtet (BFH in BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73), noch hat es der Senat für ausreichend erachtet, daß der eine Ehegatte Eigentumsflächen, der andere aber nur das für eine Bewirtschaftung des Hofes erforderliche Inventar zur Verfügung stellt, ohne über ein originäres Fruchtziehungsrecht zu verfügen, das bei ausreichendem Flächenbeitrag allein die Grundlage für den stillschweigenden Abschluß einer Ehegatten-Innengesellschaft ist (Senatsurteil vom 26. November 1992 IV R 53/92, BFHE 170, 94, BStBl II 1993, 395). Ein solches Fruchtziehungsrecht wird auch durch die Überlassung der Hofstelle oder eines Anteils daran nicht vermittelt. Auch in diesem Fall ist eine Mitunternehmerschaft zwischen Eheleuten nur dann anzuerkennen, wenn sie ernsthaft und klar einen Gesellschaftsvertrag abgeschlossen und tatsächlich durchgeführt haben (BFH in BFHE 136, 537, BStBl II 1983, 73, und BFHE 170, 94, BStBl II 1993, 395).

Zu Unrecht berufen sich die Kläger auf das Urteil des Niedersächsischen FG vom 25. August 1992 XV (VI) 83/90 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1993, 303), wonach auch die Überlassung von Wirtschaftsgütern, die im Alleineigentum eines Ehegatten stehen, zur Annahme einer Mitunternehmerschaft führen soll, wenn diese zur Führung eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebs unerläßlich sind und erst eine ordnungsgemäße Bewirtschaftung und Fruchtziehung ermöglichen. Abgesehen davon, daß das FG damit der ständigen Rechtsprechung des BFH ausdrücklich nicht gefolgt ist, hat der Senat in BFHE 170, 94, BStBl II 1993, 395 im Fall der Überlassung nur des Inventars durch einen der Ehegatten, die Anerkennung einer Mitunternehmerschaft ausdrücklich abgelehnt. Hieran ist auch im Streitfall festzuhalten.

3. Mangels eines ausdrücklich abgeschlossenen Gesellschaftsvertrags kann daher im Streitfall nicht von einer Mitunternehmerschaft zwischen den Klägern ausgegangen werden, ohne daß es auf die weitere Frage ankäme, ob die Mitarbeit der hauptberuflich anderweit beschäftigten Klägerin im land- und forstwirtschaftlichen Betrieb des Klägers nach Art und Umfang als Beitragsleistung i. S. des § 706 Abs. 3 BGB zu werten ist. In der unentgeltlichen Übertragung der halben Hofstelle haben FA und FG daher zu Recht eine gewinnrealisierende Entnahme dieses Grundstücksteils gesehen und für die Folgejahre, die sich aus der Eigenschaft als Privatvermögen ergebenden Folgerungen gezogen.