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  BFH-Beschluß vom 9.5.1994 (VI B 97/93) BStBl. 1994 II S. 556

Waren Zinsen nach § 233 a Abs. 2 AO 1977 vor dem 1. Januar 1994 festgesetzt worden, so endete der Zinslauf auch dann erst mit der Fälligkeit der Steuernachforderung, wenn der Steuerpflichtige die Steuernachforderung bereits vor deren Fälligkeit beglichen hatte.

AO 1977 § 233 a i. d. F. bis zum 31. Dezember 1993.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Einkommensteuererklärung der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) für das Jahr 1990 ging am 5. März 1992 beim Beklagten und Beschwerdegegner (Finanzamt - FA -) ein. Das FA führte die Veranlagung am 10. März 1992 durch und gab den Einkommensteuerbescheid am 15. April 1992 mit einfachem Brief zur Post. Zugleich mit dem Einkommensteuerbescheid wurde eine Abschlußzahlung in Höhe von 4.232 DM zum 18. Mai 1992 fälliggestellt. Ferner waren Zinsen zur Einkommensteuer in Höhe von 21 DM festgesetzt (0,5 v. H. von 4.200 DM). Die Kläger zahlten sofort nach Erhalt des Einkommensteuerbescheides den rückständigen Betrag, der dem FA am 22. April 1992 gutgeschrieben wurde.

Der Einspruch, mit dem die Kläger die Zinsfestsetzung angriffen, weil wegen der Gutschrift am 22. April 1992 ein Zinslauf von einem vollen Monat nicht vorgelegen habe, blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage mit folgenden Gründen ab: Gemäß § 233 a Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) ende der Zinslauf mit der Fälligkeit der Steuernachforderung. Eine vorzeitige Zahlung beeinflusse daher den Zinslauf nicht. Diese Rechtsfolge entspreche dem gesetzgeberischen Willen (BTDrucks 11/2157, S. 194, zu Nr. 4, S. 195; und 8/1410, Tz. 4.1). Es sei den Klägern zwar zuzustimmen, daß § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO 1977 in dem Fall zu einem ungerechten Ergebnis führe, in dem vor Fälligkeit gezahlt werde und damit Zinsen für eine bereits getilgte Schuld anfielen. Aus diesem Grunde sei auch beabsichtigt, ab 1994 für das Ende des Zinslaufs nicht mehr auf die Fälligkeit, sondern auf die Bekanntgabe des Steuerbescheides abzustellen. Diese vorgesehene Neuregelung sei jedoch im Streitfall nicht anzuwenden.

Die Kläger begehren mit ihrer Beschwerde die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung. Zu klären sei, ob in die Zinsberechnung ein Zeitraum einbezogen werden dürfe, für den eine Steuerschuld nicht mehr bestanden habe.

Das FA tritt der Beschwerde entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Beschwerde ist unbegründet.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung, weil sich die von den Klägern aufgeworfene Rechtsfrage eindeutig und zweifelsfrei aus dem Gesetz beantworten läßt und die gesetzgeberische Entscheidung nicht gegen das Grundgesetz (GG) verstößt.

Gemäß § 233 a Abs. 2 Satz 1 AO 1977 beginnt der Zinslauf 15 Monate nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Steuer entstanden ist. Da im Streitfall die Einkommensteuer 1990 mit Ablauf des Kalenderjahres 1990 entstand (§ 36 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -), begann der Zinslauf am 1. April 1992. Der Zinslauf endet gemäß § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO 1977 mit der Fälligkeit der Steuernachforderung. Da gemäß § 36 Abs. 4 Satz 1 EStG Steuernachzahlungen innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Einkommensteuerbescheides zu entrichten und damit fällig sind, endete der Zinslauf im Streitfall am 18. Mai 1992. Damit war im Streitfall die Steuernachforderung, da der angefangene Monat Mai 1992 außer Betracht zu lassen war, für den Monat April 1992 zu verzinsen (0,5 v. H. von 4.200 DM; § 238 AO 1977). Nach der eindeutigen Gesetzeslage wird der Zinslauf durch eine Zahlung vor Fälligkeit der Abschlußzahlung nicht beeinflußt (Grundsatz der Sollverzinsung; s. auch Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, § 233 a AO 1977 Tz. 7, 8, 10, m. w. N.).

Dies führt zwar, wie die Kläger zutreffend ausführen, dazu, daß in ihrem Fall eine Zinspflicht für eine Zeit entstanden ist, in der die Abschlußzahlung bereits getilgt war. Diese gesetzgeberische Entscheidung ist aber nicht willkürlich, da ein Steuerpflichtiger die Zinsbelastung dadurch mindern kann, daß er die Abschlußzahlung erst bei Fälligkeit und nicht vorzeitig leistet. Die Änderung des § 233 a Abs. 2 Satz 3 AO 1977 durch das Gesetz zur Bekämpfung des Mißbrauchs und zur Bereinigung des Steuerrechts - StMBG - (BGBl I 1993, 2310, 2344) vermag an der eindeutigen Gesetzeslage nichts zu ändern. Gemäß Art. 26 Nr. 27 StMBG endet der Zinslauf mit der Wirksamkeit der Steuerfestsetzung, also mit der Bekanntgabe des Steuerbescheides (§ 124 Abs. 1 AO 1977). Diese Gesetzesänderung gilt in allen Fällen, in denen Zinsen nach dem 31. Dezember 1993 festgesetzt werden (vgl. Art. 27 Nr. 1 Buchst. g StMBG); sie ist damit im Streitfall nicht anzuwenden.