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  BFH-Urteil vom 12.4.1994 (III R 66/89) BStBl. 1994 II S. 576

Die Verbleibensvoraussetzung in § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c, bb InvZulG 1982 ist nur erfüllt, wenn das betreffende Wirtschaftsgut während des gesamten Dreijahreszeitraumes ununterbrochen zum Anlagevermögen eines Betriebs oder einer Betriebsstätte im Inland gehört. Eine auch nur vorübergehende Überführung in das Umlaufvermögen eines Händlers ist daher zulagenschädlich.

InvZulG 1982 § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c, bb, § 5 Abs. 6 Sätze 1 und 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf (EFG 1989, 531)

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwarb im Jahre 1982 (Streitjahr) für sein Speditionsunternehmen fünf MAN-LKW. Ende des Jahres 1983 und zu Beginn des Jahres 1984 gab er diese Fahrzeuge anläßlich der Anschaffung fünf anderer LKW wieder an die Firma MAN zurück.

Diese nahm die (Alt-)Fahrzeuge in Zahlung und veräußerte sie ihrerseits in eigenem Namen an verschiedene andere inländische Unternehmen.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) gewährte dem Kläger zunächst antragsgemäß für die im Jahre 1982 angeschafften und ausgelieferten Fahrzeuge Investitionszulage. Nachdem das FA im Jahre 1986 Kenntnis von der Rück- und Inzahlunggabe der Fahrzeuge erlangt hatte, änderte es am 14. April 1986 den ursprünglichen Zulagenbescheid gemäß § 164 der Abgabenordnung (AO 1977) und forderte Investitionszulage in Höhe von .... DM zurück.

Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage aus den in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1989, 531 veröffentlichten Gründen als unbegründet ab.

Dagegen wendet sich der Kläger mit der vom FG zugelassenen Revision.

Er macht im wesentlichen geltend: Der mit der Investitionszulage verfolgte Gesetzeszweck werde auch dann erreicht, wenn ein Wirtschaftsgut in einem anderen Betrieb als demjenigen eingesetzt werde, für den es ursprünglich angeschafft wurde. Gleiches gelte, wenn ein Wirtschaftsgut gegen ein anderes, von besserer Qualität ausgetauscht werde (Hinweis auf das Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 8. März 1968 VI R 29/67, BFHE 92, 81, BStBl II 1968, 430).

Danach dürfe es auch nicht zulagenschädlich sein, wenn ein Unternehmer ein Wirtschaftsgut in der Weise veräußere, daß er es beim Kauf eines anderen Wirtschaftsgutes in Zahlung gibt und der Händler die (Weiter-)Veräußerung besorgt. Es sei kein einleuchtender Grund für eine Differenzierung zwischen dieser Art der Veräußerung und der unmittelbaren Veräußerung durch den Unternehmer selbst erkennbar.

Entgegen der Auffassung des FG verlange das Gesetz auch nicht eine ununterbrochene Zugehörigkeit begünstigter Wirtschaftsgüter zum Anlagevermögen. So gingen Gesetzgeber und Rechtsprechung nicht davon aus, daß angeschaffte Gegenstände unter allen Umständen volle drei Jahre lang im Anlagevermögen verbleiben müßten (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 13. März 1979 III R 20/78, BFHE 128, 129, BStBl II 1979, 578, und in BFHE 92, 81, BStBl II 1968, 430).

Nach dem Urteil des BFH vom 23. Mai 1986 III R 66/85 (BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916) führe eine Unterbrechung von drei Monaten, in denen ein gefördertes Wirtschaftsgut nicht im Betrieb sei, sondern vermietet werde, nicht zur Versagung oder Zurückzahlung der Investitionszulage. Es lasse sich nicht rechtfertigen, die vorübergehende Überlassung zum Verkauf anders zu behandeln als die vorübergehende Überlassung zum Gebrauch.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Vorentscheidungen und den Zulagenänderungsbescheid vom 14. April 1986 aufzuheben, hilfweise, das Urteil des FG aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zutreffend entschieden, daß die Überführung der vom Kläger im Streitjahr angeschafften LKW in das Umlaufvermögen der Firma MAN zulagenschädlich war.

1. Nach § 4 b Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 c, bb des Investitionszulagengesetzes 1982 (InvZulG 1982) ist die Anschaffung von neuen abnutzbaren beweglichen Wirtschaftsgütern des Anlagevermögens u. a. nur dann begünstigt, wenn diese Wirtschaftsgüter mindestens drei Jahre nach ihrer Anschaffung in einem Betrieb oder einer Betriebsstätte im Inland verbleiben. Gemäß § 5 Abs. 6 Sätze 1 und 2 InvZulG 1982 erlischt der Anspruch auf die Investitionszulage mit Wirkung für die Vergangenheit, soweit die betreffenden Wirtschaftsgüter während des o. g. Zeitraumes die in § 4 b Abs. 2 Satz 1 InvZulG 1982 bezeichneten Voraussetzungen nicht erfüllen.

Diese Vorschriften können - worauf auch das FG hingewiesen hat - nur so verstanden werden, daß der Dreijahreszeitraum von der begünstigten Anschaffung ab rechnet und daß während seiner Dauer der Gegenstand ununterbrochen zum Anlagevermögen gehören muß. Die Fassung des Gesetzes ist in dieser Hinsicht eindeutig. Es spricht nichts dafür, daß sie den wirklichen Willen des Gesetzgebers nicht zum Ausdruck bringt.

In gleicher Weise hat der BFH bereits zur Zulage nach § 21 des Berlinhilfegesetzes (BHG) 1962 entschieden (Urteil vom 24. Mai 1968 VI R 46/68, BFHE 92, 396, BStBl II 1968, 573), obwohl der entsprechende Gesetzeswortlaut (noch) nicht so klar war. So war die Berlinzulage nach § 21 Abs. 5 Satz 2 BHG zurückzuzahlen, wenn die betreffenden Wirtschaftsgüter "nicht mindestens drei Jahre seit ihrer Anschaffung .... verblieben sind". In § 5 Abs. 6 Sätze 1 und 2 InvZulG 1982 ist - noch eindeutiger - formuliert, daß die Wirtschaftsgüter "während der in § 4 b Abs. 2 Satz 1 genannten Zeiträume die dort genannten Voraussetzungen" erfüllt haben müssen. Nach Auffassung des Senats besteht schon deshalb keine Veranlassung, für § 4 b InvZulG 1982 von anderen Rechtsgrundsätzen auszugehen.

Dabei macht es keinen Unterschied, ob ein Wirtschaftsgut vorzeitig endgültig oder nur zeitweilig aus dem Anlagevermögen ausscheidet. Denn in beiden Fällen wird die gerade der Investitionszulage nach § 4 b InvZulG 1982 innewohnende Zielsetzung der Stärkung der Wirtschaftskraft durch Schaffung neuer und Sicherung bestehender Arbeitsplätze, die nach Auffassung des Senats auch durch den entsprechenden Einsatz der begünstigten Wirtschaftsgüter gefördert werden soll (s. auch BTDrucks 9/1400, S. 10 und 16), nicht während des gesamten Bindungszeitraumes von drei Jahren verwirklicht (vgl. zu diesem "Impuls in zwei Richtungen" auch die Senatsurteile vom 22. Juli 1988 III R 44/84, BFHE 154, 301, BStBl II 1988, 903, zu § 4 b InvZulG 1975, und vom 28. Juni 1991 III R 74/89, BFHE 165, 432, BStBl II 1991, 932, zu §§ 1 und 4 a InvZulG 1979).

2. Entgegen der Auffassung des Klägers ist es auch gerechtfertigt, danach zu differenzieren, ob ein Unternehmer Wirtschaftsgüter selbst in ein anderes inländisches Anlagevermögen veräußert oder ob er damit - wie im Streitfall - einen Händler beauftragt und somit die betreffenden Wirtschaftsgüter bei diesem ins Umlaufvermögen gelangen. Zutreffend hat das FG in diesem Zusammenhang darauf hingewiesen, daß der Unternehmer im zweiten Fall keine Möglichkeit hat, auf den Zeitpunkt Einfluß zu nehmen, zu dem das Wirtschaftsgut wieder einem inländischen Anlagevermögen zugeführt wird. Es könnte zudem nicht verhindert werden, wenn der Händler an einen ausländischen Abnehmer weiterverkaufen wollte.

Es lassen sich auch keine objektiven Kriterien dafür finden, welche Verweildauer im Umlaufvermögen eines Händlers noch als zulagenunschädlich oder schon als zulagenschädlich angesehen werden könnte oder müßte. Unbehelflich ist hier der Hinweis des Klägers auf das Senatsurteil in BFHE 147, 193, BStBl II 1986, 916. Dort ging es um eine andere Problematik. Die dortige Klägerin hatte ihre - stets in ihrem Anlagevermögen verbliebenen - KFZ in Erfüllung ihres Geschäftszwecks vermietet. Der erkennende Senat hat dabei die Mietvertragsdauer für die Entscheidung der Frage als erheblich angesehen, ob die Fahrzeuge noch von der vermietenden Klägerin (betrieblich) oder bereits vom Mieter (unter Umständen auch privat) genutzt würden. Bei einer Vertragsdauer von nicht länger als drei Monaten nahm er noch eine Nutzung durch die Klägerin an. Im Streitfall geht es jedoch um die Frage, ob es zulagenschädlich ist, wenn ein Wirtschaftsgut zeitweilig aus dem Anlagevermögen ausscheidet und dem Zweck des Unternehmens entzogen wird, ohne daß die Möglichkeit besteht, auf die Dauer dieses Zustandes Einfluß zu nehmen.

3. Schließlich ist auch kein Grund ersichtlich, der im vorliegenden Fall eine Ausnahme von der gesetzlichen Verbleibregelung rechtfertigen würde. Solche Ausnahmen sind bisher nur in wenigen Fällen anerkannt worden; insbesondere dann, wenn das betreffende Wirtschaftsgut vorzeitig technisch abgenutzt oder wirtschaftlich verbraucht war oder einen Totalschaden erlitten hatte (s. hierzu auch die Senatsurteile vom 2. Mai 1980 III R 12/79, BFHE 131, 419, BStBl II 1980, 758, und vom 5. Mai 1988 III R 181/83, BFH/NV 1988, 741).

Derartige oder vergleichbare Umstände hat der Kläger nicht vorgetragen. Das Urteil in BFHE 92, 81, BStBl II 1968, 430 ist im Streitfall nicht einschlägig. Der Kläger übersieht, daß im Falle jenes Urteils ein Wirtschaftsgut umgetauscht worden war, weil es mangelhaft war und im Betrieb nicht verwendet werden konnte. Der weitere Hinweis des Klägers auf das Urteil des Senats in BFHE 128, 129, BStBl II 1979, 578 geht schon deswegen fehl, weil dort über einen Fall zu § 4 b InvZulG 1975 entschieden worden ist, der eine vergleichbare Verbleibregelung nicht kannte.