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  BFH-Urteil vom 20.5.1994 (III R 25/93) BStBl. 1994 II S. 699

Ein während des Studiums in den Semesterferien abgeleistetes sechswöchiges Praktikum außerhalb der Hochschule führt nicht zu einer auswärtigen Unterbringung i. S. von § 33 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 2 EStG (Anschluß an das Urteil des Senats vom 29. September 1989 III R 304/84, BFHE 158, 402, BStBl II 1990, 62).

EStG 1990 § 33 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 2.

Vorinstanz: Schleswig-Holsteinisches FG

Sachverhalt

Der 1966 geborene Sohn der Kläger und Revisionskläger (Kläger) studierte im Streitjahr (1990) an der Fachhochschule A. Er lebte im Haushalt der Kläger. In der Zeit vom 19. Februar bis 31. März 1990 (den Semesterferien) absolvierte er bei der Firma B in C ein Praktikum. Der Nachweis über das abgeleistete Industriepraktikum ist eine der Voraussetzungen für die Zulassung zum Examen. In ihrer Einkommensteuererklärung für 1990 machten die Kläger wegen der auswärtigen Unterbringung ihres Sohnes während des Praktikums einen erhöhten Ausbildungsfreibetrag gemäß § 33 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) 1990 für zwei Monate geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte dies auch im Einspruchsverfahren ab.

Die Klage war ebenfalls erfolglos. Das Finanzgericht war der Auffassung, der Sohn der Kläger sei während des streitigen Zeitraumes nicht auswärtig untergebracht gewesen. Der Begriff der auswärtigen Unterbringung in § 33 a Abs. 2 EStG setze ein auf eine gewisse Dauer abgestelltes Wohnen außerhalb des elterlichen Haushalts bzw. ein auswärtiges Wohnen von gewisser Dauerhaftigkeit voraus. Erforderlich sei, daß eine räumliche Selbständigkeit während einer ganzen Ausbildung oder während eines bestimmten Ausbildungsabschnitts vorliege. Eine nur sechswöchige Abwesenheit von zu Hause reiche für die Annahme der nach § 33 a Abs. 2 EStG erforderlichen Ausgliederung aus dem Haushalt der Eltern nicht aus.

Mit ihrer Revision rügen die Kläger die Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung tragen sie im wesentlichen vor: § 33 a Abs. 4 EStG setze für die Anerkennung einer auswärtigen Unterbringung eine Mindestdauer von einem Monat voraus. Dieser Zeitraum sei im Streitfall überschritten. Bei dem Praktikum von sechs Wochen handele es sich um einen eigenen, gesondert zu wertenden Ausbildungsabschnitt. Während dieser Zeit sei ihr Sohn aus ihrem Haushalt ausgegliedert gewesen und habe in C einen eigenen Haushalt geführt.

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung des finanzgerichtlichen Urteils und des geänderten Einkommensteuerbescheids vom 30. September 1992, die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines erhöhten Ausbildungsfreibetrags für zwei Monate neu festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist nicht begründet.

Erwachsen einem Steuerpflichtigen Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes, für das er einen Kinderfreibetrag erhält, so werden auf Antrag 4.200 DM im Kalenderjahr vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, wenn das Kind das 18. Lebensjahr vollendet hat und zur Ausbildung auswärtig untergebracht ist (§ 33 a Abs. 2 EStG). Für jeden vollen Kalendermonat, in dem diese Voraussetzungen nicht vorgelegen haben, ermäßigt sich dieser Betrag um je 1/12 (§ 33 a Abs. 4 EStG).

Der sechswöchige Praktikumsaufenthalt des Sohnes der Kläger in C kann nicht als auswärtige Unterbringung im Sinne der genannten Vorschrift angesehen werden.

Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Urteile vom 5. November 1982 VI R 47/79, BFHE 137, 42, BStBl II 1983, 109; vom 25. März 1983 VI R 188/81, BFHE 138, 89, BStBl II 1983, 457; vom 6. November 1987 III R 259/83, BFHE 151, 420, BStBl II 1988, 138, und vom 29. September 1989 III R 304/84, BFHE 158, 402, BStBl II 1990, 62) setzt der Begriff der auswärtigen Unterbringung i. S. des § 33 a Abs. 2 EStG ein auf bestimmte Dauer abgestelltes Wohnen außerhalb des elterlichen Haushalts voraus, bzw. ein auswärtiges Wohnen von gewisser Dauerhaftigkeit. Diese Voraussetzung ist nur bei einer Unterbringung gegeben, die darauf angelegt ist, die räumliche Selbständigkeit des Kindes während einer ganzen Ausbildung oder während eines bestimmten Ausbildungsabschnitts wie z. B. eines Studiensemesters oder Studientrimesters zu gewährleisten.

Danach steht den Klägern ein erhöhter Freibetrag nach § 33 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 Satz 2 EStG nicht zu. Ihr Sohn war im Streitjahr weder während der ganzen Ausbildung noch während eines bestimmten Ausbildungsabschnitts auswärtig untergebracht. Das in der Zeit vom 19. Februar bis 31. März 1990 absolvierte Praktikum bei der Firma B in C stellt keinen gesondert zu wertenden Ausbildungsabschnitt dar. Es handelte sich hierbei vielmehr um eine studienbegleitende praktische Ausbildung zwischen zwei Ausbildungsabschnitten (vgl. Senatsurteil in BFHE 158, 402, BStBl II 1990, 62). Das Praktikum diente - im Rahmen des Gesamtstudiums - dazu, die im Studium erworbenen Kenntnisse und Fähigkeiten auf Probleme der Praxis anzuwenden. Der Sohn der Kläger leistete das Praktikum in den Semesterferien ab. Er hatte dazu das Studium nicht unterbrochen und war während der Praktikumszeit auch weiterhin Mitglied der Fachhochschule geblieben.

Die Wertung der im Rahmen einer Ausbildung außerhalb der Hochschule abzuleistenden praktischen Tätigkeit während der Semesterferien als selbständigen Ausbildungsabschnitt würde im übrigen dazu führen, daß Eltern, deren auswärts untergebrachte Kinder während des entsprechenden Praktikums im elterlichen Haushalt leben, den erhöhten Freibetrag für diese Zeit nicht erhielten, obwohl Aufwendungen (z. B. Miete) für die auswärtige Unterbringung weiterhin anfallen.

Die vorübergehende Abwesenheit von zu Hause während der Ableistung eines studienbegleitenden Praktikums reicht demnach für die Annahme der nach § 33 a Abs. 2 Satz 3 EStG erforderlichen Ausgliederung aus dem Haushalt der Eltern nicht aus.