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  BFH-Urteil vom 27.5.1994 (VI R 67/92) BStBl. 1995 II S. 17

Wer aus beruflichen Gründen umzieht, darf die Aufwendungen für die Anschaffung von Bekleidung, die wegen des mit dem Umzug verbundenen Klimawechsels erforderlich wird, nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehen (Bestätigung der Rechtsprechung im Urteil vom 20. März 1992 VI R 55/89, BFHE 168, 83, BStBl II 1993, 192; gegen BMF-Schreiben vom 8. Februar 1993 IV B 6 - S 2353 - 11/93, BStBl I 1993, 247) [Vgl. hierzu auch BMF-Schreiben vom 29. Dezember 1994 - IV B 6 - S 2353 - 434/94 - (BStBl I 1995 S. 53)].

EStG § 9 Abs. 1 Satz 1, § 12 Nr. 1; AUV § 12 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist japanischer Staatsangehöriger, der im Streitjahr 1989 aus beruflichen Gründen von Nara (Japan) in die Bundesrepublik Deutschland umzog. Bei der Einkommensteuerveranlagung für das Streitjahr machte er neben nicht streitigen pauschalen Umzugskosten gemäß § 10 Abs. 1 der Verordnung über die Umzugskostenvergütung bei Auslandsumzügen vom 20. Juni 1966 (Auslandsumzugskostenverordnung - AUV - ) auch Aufwendungen für Sonderbekleidung gemäß § 12 AUV in Höhe der dafür vorgesehenen Pauschale von 850 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA - ) versagte den Werbungskostenabzug unter Hinweis darauf, daß in der allgemeinen Verwaltungsvorschrift zu § 12 AUV der bisherige Wohnort des Klägers nicht aufgeführt sei.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage, mit der der Kläger den Abzug der Pauschale des § 12 AUV als Werbungskosten begehrt, mit im wesentlichen folgenden Gründen ab: Die streitigen Aufwendungen seien deshalb nicht als Werbungskosten abziehbar, weil sie nicht für typische Berufskleidung angefallen seien. Dem Werbungskostenabzug stehe § 12 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) entgegen. Soweit sich aus Abschn. 26 Abs. 1 Sätze 5 und 6 der Lohnsteuer-Richtlinien 1987 (LStR 1987; jetzt Abschn. 41 Abs. 2 LStR ab 1990) etwas anderes ergebe, sei dies eine unzutreffende Auslegung des Werbungskostenbegriffs. Eine entsprechende Anwendung des öffentlichen Umzugskostenrechts in bezug auf Aufwendungen, die die Lebensführung berührten, sei abzulehnen, weil das öffentliche Umzugskostenrecht von fürsorgerechtlichen Gesichtspunkten bestimmt sei. Zwar seien die aus öffentlichen Kassen gezahlten Umzugskostenvergütungen gemäß § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei und dadurch der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung im Verhältnis von Arbeitnehmern im privaten und öffentlichen Dienst möglicherweise verletzt. Dem könne aber nur im Rahmen der Prüfung des § 3 Nr. 13 EStG auf seine Verfassungsmäßigkeit, nicht hingegen durch eine unzutreffende Anwendung des Werbungskostenbegriffs begegnet werden.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Zur Begründung führt er im wesentlichen aus: Der Bundesfinanzhof (BFH) habe im Urteil vom 30. März 1982 VI R 162/78 (BFHE 136, 79, BStBl II 1982, 595 ) anerkannt, daß aus Gründen der Gleichmäßigkeit der Besteuerung ein Anspruch auf Abzug der nach dem Bundesumzugskostengesetz (BUKG) bemessenen Umzugskostenpauschale als Werbungskosten auch bei privat beschäftigten Arbeitnehmern bestehe. Wenn auch Abschn. 26 Abs. 1 Sätze 4 und 5 LStR 1987 kein allgemein verbindliches Recht setzen könne, so erfordere das Gebot der Gleichbehandlung aller Steuerpflichtigen, aus privaten Kassen geleistete Umzugskosten steuerrechtlich nicht anders zu würdigen als Vergütungen dieser Art aus öffentlichen Kassen. Nach § 3 Nr. 13 EStG seien die letztgenannten Beträge steuerfrei; dann dürfe für die aus privater Kasse bezahlten Arbeitnehmer nichts anderes gelten. Dies müsse dazu führen, daß Arbeitnehmer, die keine entsprechende Erstattung erhielten, die Umzugskostenpauschalen des öffentlichen Dienstrechts als Werbungskosten abziehen könnten. Ein Abzug des Pauschbetrages für Sonderbekleidung würde auch nicht einen Verstoß gegen den Werbungskostenbegriff bedeuten. Das öffentliche Umzugskostenrecht unterscheide zwischen dem sog. Ausstattungsbetrag (§ 17 Abs. 2 Nr. 7 BUKG) und dem Beitrag zur Beschaffung von Sonderbekleidung. Während ersterer zusätzliche Kleidung im Sinne von Gesellschaftskleidung und damit unter § 12 Nr. 1 EStG fallende Aufwendungen erfasse, diene der Betrag zur Beschaffung von Sonderbekleidung dem Zweck, dem Bediensteten die berufsbedingt erforderliche Erstanschaffung von Kleidung beim Übergang von der einen in eine andere Klimazone zu ermöglichen. Diese Unterscheidung sei zur Abgrenzung zwischen Kosten der privaten Lebensführung und Werbungskosten geeignet, was auch dem Normzweck des § 12 EStG gerecht werde. Die Vorschrift solle verhüten, daß Steuerpflichtige durch eine mehr oder weniger zufällige oder bewußt herbeigeführte Verbindung von beruflichen und privaten Erwägungen Aufwendungen für ihre Lebensführung nur deshalb in einen einkommensteuerrechtlich relevanten Bereich verlagern könnten, weil sie einen entsprechenden Beruf hätten, während andere Steuerpflichtige gleichartige Aufwendungen aus versteuertem Einkommen decken müßten. Der Streitfall sei aber dadurch gekennzeichnet, daß aus einem unstreitig beruflich bedingten Umzug Mehraufwendungen entstanden seien, von denen andere Steuerpflichtige nicht betroffen seien.

Das FA tritt der Revision entgegen. Zur Begründung bezieht es sich im wesentlichen auf das Urteil des Senats vom 20. März 1992 VI R 55/89 (BFHE 168, 83, BStBl II 1993, 192), mit dem in einem dem Streitfall gleichgelagerten Fall der Abzug von umzugsbedingten Aufwendungen für die Anschaffung von Sonderbekleidung als Werbungskosten abgelehnt worden ist.

lm Hinblick darauf, daß das Bundesministerium der Finanzen (BMF) durch Schreiben vom 8. Februar 1993 IV B 6 - S 2353 - 11/93 (BStBl I 1993, 247) angeordnet hat, das vorbezeichnete Urteil über den entschiedenen Einzelfall hinaus nicht anzuwenden, hat der Senat das BMF aufgefordert, dem Verfahren beizutreten. Das BMF vertritt die Meinung, im Streitfall sei die Frage der Gleichbehandlung von Umzugs- und Reisekostenvergütungen sowie Trennungsgeldern aus öffentlichen Kassen und im privaten Dienst nicht entscheidungserheblich. Es handele sich vorliegend um die Beurteilung eines Umzuges vom Ausland in das Inland. Für einen solchen Fall habe das öffentliche Dienstrecht nicht die Gewährung einer Pauschale nach § 12 AUV vorgesehen. Sei nach dieser Verordnung eine Vergütung aber nicht möglich, so komme nach den LStFR auch ein Werbungskostenabzug nicht in Betracht. Nichts anderes könne dann für den privaten Dienst gelten, auf den sich die Regelung in Abschn. 26 Abs. 1 Satz 6 LStR 1987 (jetzt Abschn. 41 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStR ab 1990) unmittelbar beziehe. Für den Fall des Zuzugs aus dem Ausland ins Inland werde durch den Nichtanwendungserlaß nicht vom Urteil in BFHE 168, 83, BStBl II 1993, 192 abgewichen. Der Nichtanwendungserlaß sei nur deswegen ergangen, weil der Leitsatz der veröffentlichten Entscheidung so allgemein gehalten sei, daß die Entscheidung auch Fälle des Umzugs vom Inland in das Ausland habe betreffen können. Die Unterscheidung zwischen einem Umzug vom Inland ins Ausland und einem Umzug vom Ausland ins Inland hinsichtlich der klimabedingten Kleideraufwendungen sei sachgerecht; die unterschiedlichen steuerrechtlichen Folgen seien vertretbar. Trage der öffentlich-rechtliche Dienstherr oder der private Arbeitgeber dem beruflich veranlaßten Umzug ins Ausland durch einen Beitrag zur Beschaffung der erforderlichen Sonderbekleidung Rechnung, so sei es sachgerecht, wenn dieser berufliche Anlaß auch steuerrechtlich zum Tragen komme. Obwohl es sich um Beiträge zur Anschaffung von bürgerlicher Kleidung handele, müsse § 12 EStG im Hinblick auf § 3 Nr. 13 EStG in den Hintergrund treten. Es handele sich nämlich nicht um bürgerliche Kleidung der in Mitteleuropa aufgrund des hiesigen Klimas üblichen Art. Aus deutscher Sicht stehe die Sonderbekleidung der Berufskleidung näher als der nach dem mitteleuropäischen Klima üblichen bürgerlichen Kleidung. Anders verhalte es sich bei einem Zuzug vom Ausland ins Inland. Bei der in diesem Fall beschafften neuen Kleidung handele es sich aus deutscher Sicht um die im mitteleuropäischen Klima bürgerliche Kleidung; aus dieser Sicht stelle sie sich nicht als Sonderbekleidung dar. Deshalb stehe in diesem Fall, obwohl auch hier die Kleideraufwendungen ohne den Umzug nicht entstanden wären, § 12 EStG dem Werbungskostenabzug entgegen. Im übrigen müßten Arbeitnehmer im öffentlichen und im privaten Dienst gleichbehandelt werden. Dies gelte für den Lohnbegriff wie für den Werbungskostenabzug und damit auch für Umzugskosten- und Reisekostenvergütungen sowie für Trennungsgelder. Es müsse daher angestrebt werden, auf der Grundlage des § 3 Nr. 13 EStG einerseits und des § 3 Nr. 16 EStG andererseits i. V. m. den Bestimmungen über den Werbungskostenabzug zu einem möglichst übereinstimmenden Ergebnis zu gelangen. Dies sei auch das Ziel des Nichtanwendungserlasses in BStBl I 1993, 247 gewesen. Da der Beitrag zur Beschaffung von Sonderbekleidung eine Umzugskostenvergütung sei, sei er bei Zahlung aus öffentlichen Kassen gemäß § 3 Nr. 13 EStG steuerfrei. Dies könne bei einer Zahlung außerhalb des öffentlichen Dienstes nach § 3 Nr. 16 EStG zweifelhaft sein. Da eine unterschiedliche Behandlung der Umzugskostenvergütung nicht vertretbar sei, sei es geboten, § 3 Nr. 16 EStG insoweit im Lichte des § 3 Nr. 13 EStG mit dem Ergebnis auszulegen, daß unter sonst gleichen Voraussetzungen auch nach § 3 Nr. 16 EStG die Steuerfreiheit zu bejahen sei. Dieser Gedanke der Gleichbehandlung müsse auch dann durchschlagen, wenn im Einzelfall der private Arbeitgeber keinen Beitrag zur Beschaffung von klimabedingter Sonderbekleidung leiste, mithin der Arbeitnehmer auf den Werbungskostenabzug angewiesen sei. Wenn es auch sachgerecht und geboten sei, Umzugs- und Reisekostenvergütungen sowie Trennungsgelder bzw. die doppelte Haushaltsführung im privaten und im öffentlichen Dienst gleichzubehandeln, so dürfte es aber dennoch nicht in jedem Fall möglich sein, die Leistungen im privaten Dienst ohne weitere Prüfung steuerfrei zu stellen. Bei einer Zahlung aus einer öffentlichen Kasse sei nämlich regelmäßig die Gewähr dafür gegeben, daß die Voraussetzungen für die Leistung von einer anderen amtlichen Stelle sorgfältig geprüft würden. Dies könne im privaten Dienst nicht uneingeschränkt vorausgesetzt werden. Daher könne in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 15. Oktober 1982 VI R 229/77, BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75 ) wohl bei § 3 Nr. 13 EStG, nicht hingegen bei § 3 Nr. 16 EStG von einem Nachprüfungsrecht und einer Nachprüfungspflicht der Finanzverwaltung abgesehen werden.

Entscheidungsgründe

Die Revision des Klägers ist unbegründet.

1. Das FG hat zutreffend den Abzug der vom Kläger geltend gemachten Aufwendungen für umzugsbedingte Neuanschaffung von bürgerlicher Kleidung, welche in § 12 AUV als Sonderbekleidung bezeichnet wird, als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit versagt. Die Vorentscheidung liegt damit auf der Linie des Senatsurteils in BFHE 168, 83, BStBl II 1993, 192 , mit welchem der Senat in einem gleichgelagerten Fall für den berufsbedingten Zuzug eines japanischen Arbeitnehmers ins Inland entschieden hat, daß die Aufwendungen für die Anschaffung von normaler bürgerlicher Bekleidung auch dann nicht als Werbungskosten abziehbar sind, wenn die Anschaffung wegen eines mit einem beruflich bedingten Umzug verbundenen Klimawechsels erforderlich war. Dem Abzug der Anschaffungsaufwendungen für bürgerliche Kleidung steht § 12 Nr. 1 EStG entgegen. Geht man mit der gefestigten Rechtsprechung des BFH (vgl. z.B. Urteil vom 6. Dezember 1990 IV R 65/90, BFHE 163, 134, BStBl II 1991, 348) davon aus, daß selbst in Fällen beruflicher Nützlichkeit konkret angeschaffter bürgerlicher Kleidung ein Werbungskostenabzug ausscheidet, so kann nichts anderes gelten, wenn anläßlich eines beruflich veranlaßten Umzugs wegen der veränderten Lebensbedingungen am Umzugsort Kleidung für den dortigen alltäglichen Bedarf angeschafft werden muß, bei der nicht einmal eine Verwendung während der konkreten Berufsausübung in Betracht kommt

2. Der Nichtanwendungserlaß im BStBl I 1993, 247 und die damit zusammenhängenden Einwände des BMF und des Klägers gegen die Gründe des Senatsurteils in BFHE 168, 83, BStBl II 1993, 192 vermögen den Senat nicht zu veranlassen, seine Rechtsprechung aufzugeben.

a) Mit den Beteiligten geht der Senat davon aus, daß Arbeitnehmer im öffentlichen und privaten Dienst den gleichen steuerrechtlichen Regeln unterworfen sein müssen (s. bereits BFH-Urteil vom 10. Dezember 1971 VI R 180/79, BFHE 104, 241, BStBl II 1972, 257). Dieser Grundsatz gilt bei der Beantwortung der Frage, ob bestimmte Zuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer als Lohn der Besteuerung zu unterwerfen sind, ebenso wie auch bei der Beantwortung der Frage nach dem Abzug bestimmter Aufwendungen als Werbungskosten. Daher müssen Umzugskostenvergütungen im privaten Dienst nach den gleichen Regeln steuerfrei gestellt werden wie die Umzugskostenvergütungen im öffentlichen Dienst. Wie das BMF in seiner Stellungnahme und in seinem Schreiben in BStBl I 1993, 247 im Ergebnis zutreffend ausführt, ist es geboten, eigene Aufwendungen eines Arbeitnehmers für den beruflich veranlaßten Wohnungswechsel in demselben Umfang als Werbungskosten anzuerkennen, in welchem Umzugskosten steuerfrei durch den Arbeitgeber ersetzt werden können. Die Anweisung in Abschn. 26 Abs. 1 Sätze b und 6 LStR 1987 (jetzt Abschn. 41 Abs. 2 Sätze 1 und 2 LStR ab 1990), wonach einem im privaten Dienst tätigen, Arbeitnehmer für einen beruflich veranlaßten Umzug Aufwendungen bis zu der Höhe als Werbungskosten anzuerkennen sind, die ein vergleichbarer Bundesbeamter als Umzugskostenvergütung erhalten würde, findet dort ihre Grenze. wo sie mit dem allgemeinen Werbungskostenbegriff des § 9 Abs. 1 EStG nicht mehr zu vereinbaren ist. Dies hat der BFH mehrfach ausgesprochenen (Urteile vom 1. März 1972 IV R 166/69, BFHE 105. 20, BStBl II 1972, 458; vom 6. November 1986 VI R 135/85 148, 283, BStBl II 1987, 188, und vom 15. November 1991 VI R 36/89, BFHE 166, 456, BStBl II 1992, 492). Dieser Grundsatz, daß die nach öffentlichem Umzugskostenrecht erstattungsfähigen Aufwendungen nicht ohne weiteres als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abziehbar sind, ist daraus abgeleitet worden, daß das Umzugskostenrecht als Teil des öffentlichen Dienstrechts in nicht unwesentlichem Maße durch fürsorgerechtliche Gesichtspunkte beeinflußt ist, die bei der Frage nach der Abziehbarkeit von Aufwendungen als Werbungskosten oder Betriebsausgaben keine Rolle spielen können (Urteil vom 7. September 1990 VI R 141/86, BFH/NV 1991, 445 unter 3. der Entscheidungsgründe m. w. N.).

b) Die Beantwortung der Frage, welche Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sind, hat sich daher allein nach steuerrechtlichen Grundsätzen zu richten. Zur Grundordnung der Einkommensbesteuerung gehört es, daß Kosten der privaten Lebensführung nicht als Werbungskosten oder Betriebsausgaben abgezogen werden dürfen (§ 12 Nr. 1 EStG). Zur privaten und durch zahlreiche individuelle Bedürfnisse beeinflußten Lebensführung gehört auch das allgemeine Bedürfnis nach Bekleidetsein. Aufwendungen für die Anschaffung bürgerlicher Kleidung können daher nicht zu den abziehbaren Erwerbsaufwendungen gehören. Dies wird bestätigt durch die Vorschrift des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG, durch die der Gesetzgeber Aufwendungen für typische Berufskleidung zum Werbungskostenabzug zugelassen hat (vgl. auch Völlmeke, Der Betrieb 1993, 1590f.).

Die mitteleuropäische Kleidung kann für den aus einer anderen Klimazone stammenden Kläger auch nicht deshalb wie typische Berufskleidung betrachtet werden, weil die Anschaffung durch die berufliche Versetzung veranlaßt worden ist. Der Kläger befindet sich in einer vergleichbaren, Situation wie zahlreiche andere Steuerpflichtige auch, die ihre individuellen Bekleidungsbedürfnisse den Wünschen des Arbeitgebers oder den Gepflogenheiten bestimmter Wirtschaftskreise unterordnen müssen und denen dadurch Mehraufwendungen für Bekleidung erwachsen, welche zu den nichtabziehbaren Lebensführungskosten gehören. Der Senat vermag dem BMF auch nicht darin zu folgen, daß bei einem ins Ausland versetzten Inländer die wegen des dortigen Klimas angeschaffte neue Bekleidung aus deutscher Sicht der Berufskleidung näherstehe als der nach mitteleuropäischem Klima üblichen bürgerlichen Kleidung und daß damit ein Werbungskostenabzug gerechtfertigt sei, während einem ins Inland versetzten aus einer unterschiedlichen Klimazone stammenden ausländischen Arbeitnehmer der Werbungskostenabzug versagt sein soll, weil sich dessen neu angeschaffte Kleidung aus deutscher Sicht als die im mitteleuropäischen Klima übliche bürgerliche Kleidung darstelle. Diese Auffassung des BMF beachtet nicht hinreichend, daß Steuerpflichtige mit gleichartiger Belastung steuerrechtlich gleich zu behandeln sind. Sowohl der ins Ausland versetzte Inländer wie der ins Inland versetzte Ausländer befinden sich in der gleichen Situation (vgl. bereits Urteile in BFHE 148, 283, BStBl II 1987, 188, und vom 4. Dezember 1992 VI R 11/92, BFHE 170, 129, BStBl II 1993, 722 ); sie müssen wegen des vom Herkunftsland unterschiedlichen Klimas andersartige, dem Entsendungsland entsprechende bürgerliche Kleidung anschaffen. Diese gleichartige Belastung erfordert die gleiche steuerrechtliche Behandlung mit der Konsequenz, daß in beiden Fällen der Abzug der Bekleidungsaufwendungen als Werbungskosten ausscheidet.

c) Die Abziehbarkeit der streitigen Kleideraufwendungen als Werbungskosten läßt sich auch nicht aus § 3 Nr. 13 EStG ableiten. Nach dieser Vorschrift sind steuerfrei "die aus öffentlichen Kassen gezahlten Reisekostenvergütungen, Umzugskostenvergütungen und Trennungsgelder". Das BMF geht davon aus, der Beitrag zum Beschaffen von Sonderbekleidung i. S. des § 12 AUV sei als eine aus einer öffentlichen Kasse gezahlte Umzugskostenvergütung steuerfrei. Zur Vermeidung einer nicht gerechtfertigten unterschiedlichen Behandlung der im privaten Dienst beschäftigten Arbeitnehmer sei § 3 Nr. 16 EStG - hiernach sind steuerfrei "die Vergütungen, die Arbeitnehmer außerhalb des öffentlichen Dienstes von ihrem Arbeitgeber zur Erstattung von Reisekosten, Umzugskosten oder Mehraufwendungen bei doppelter Haushaltsführung erhalten" - aus der Sicht des § 3 Nr. 13 EStG mit dem Ergebnis auszulegen, daß unter sonst gleichen Voraussetzungen auch nach Nr. 16 die Steuerfreiheit zu bejahen sei. Dieser Gleichbehandlungsgedanke, so das BMF weiter, müsse dann auch durchschlagen, wenn im Einzelfall der private Arbeitgeber keinen Beitrag zur Beschaffung von klimabedingter Sonderbekleidung leiste, mithin der Arbeitnehmer auf den Werbungskostenabzug angewiesen sei.

Diese Auffassung des BMF läuft darauf hinaus, daß der Werbungskostenbegriff durch § 3 Nr. 13 EStG und damit letztlich durch das öffentliche Umzugs- und Reisekostenrecht bestimmt wird. Dem kann der Senat aus den unter 2.a dargelegten Gründen nicht folgen. Welche Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar sind, regelt das Einkommensteuergesetz (§§ 9, 12 EStG). Der Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung verlangt, Erstattungen i. S. des § 3 Nrn. 13 und 16 EStG nur dann als einkommensteuerfrei anzuerkennen, wenn sie der Abgeltung eines Aufwandes dienen, der, hätte ihn der Arbeitnehmer selbst zu tragen, als Werbungskosten abziehbar wäre. § 3 Nrn. 13 und 16 EStG stehen daher unter dem Einfluß des allgemeinen Werbungskostenbegriffs und nicht umgekehrt.

Für die Auffassung des BMF spricht allerdings das Urteil in BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75, mit welchem der Senat entschieden hat, daß die steuerfreie Behandlung einer aus einer öffentlichen Kasse gezahlten Reisekostenvergütung (§ 3 Nr. 13 EStG) nicht davon abhängig ist, ob mit der Zahlung dem Grunde und/oder der Höhe nach Werbungskosten des Arbeitnehmers erstattet werden. Aus den oben dargelegten Gründen hält der Senat an dieser Rechtsprechung nicht mehr fest. Er liegt damit auf der Linie des zu § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ergangenen Urteils des IV. Senats des BFH vom 9. Juli 1992 IV R 7/91 (BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50 ). Nach § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG sind steuerfrei "andere Bezüge, die als Aufwandsentschädigung aus öffentlichen Kassen an öffentliche Dienste leistende Personen gezahlt werden, soweit nicht festgestellt wird, daß sie für Verdienstausfall oder Zeitverlust gewährt werden oder den Aufwand, der dem Empfänger erwächst, offenbar übersteigen". Hierzu hat der IV. Senat des BFH entschieden, daß unter Aufwand im Sinne dieser Vorschrift Betriebsausgaben oder Werbungskosten zu verstehen sind. In die gleiche Richtung geht der Beschluß des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28. Juni 1993 1 BvR 390/89 (Betriebs-Berater - BB - 1993, 2068), welches den Begriff Aufwand i. S. des § 3 Nr. 12 Satz 2 EStG ebenfalls als beruflich bedingten Aufwand im Sinne des Werbungskostenbegriffs versteht. Der erkennende Senat ist in seinem Urteil in BFHE 136, 542, BStBl II 1983, 75 davon ausgegangen, daß die Nrn. 12, 13 und 16 des § 3 EStG im Zusammenhang gesehen werden müssen (unter 2.c der Entscheidungsgründe). Hieran hält der Senat mit der Maßgabe fest, daß die Befreiungsvorschriften hinsichtlich ihres Regelungsgehalts nicht unterschiedlich ausgelegt werden dürfen. Dies erfordert das verfassungsrechtliche Gebot, wesentlich gleiche Tatbestände auch gleich zu behandeln, soweit nicht ein einleuchtender Grund für eine Differenzierung gegeben ist. Ein sachlicher Grund, wonach es gerechtfertigt wäre, Reise- bzw. Umzugskostenvergütungen aus öffentlichen Kassen im Gegensatz zu solchen aus privaten Kassen auch insoweit von der Besteuerung freizustellen, als sie den Aufwand im Sinne des Werbungskostenbegriffs übersteigen, liegt nach Auffassung des Senats nicht vor. Der mit der Steuerbefreiung des § 3 Nr. 13 EStG verfolgte Vereinfachungszweck rechtfertigt ebenfalls nicht die Annahme, das Gesetz akzeptiere ein Auseinanderfallen der nach Reise- und Umzugskostengesetzen geleisteten Vergütungen und der nach § 9 EStG berücksichtigungsfähigen Beträge (so aber von Beckerath in Kirchhof/Söhn, EStG, § 3 Rdnr. B 13/2). Dieser Zweck beschränkt sich vielmehr darauf, daß bei der Nachprüfung, ob die Erstattungen Betriebsausgaben oder Werbungskosten abdecken, nicht kleinlich verfahren und dem Empfänger ein ins einzelne gehender Nachweis nicht zugemutet werden soll (s. BFH-Urteil in BFHE 169, 144, BStBl II 1993, 50).