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  BFH-Beschluß vom 19.10.1994 (II E 1/94) BStBl. 1995 II S. 26

Bei einer Klage gegen die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an einer Kapitalgesellschaft sind alle Anteile in die Streitwertberechnung einzubeziehen. Eine Nachprüfung, ob einzelne Anteilseigner Vermögensteuer zahlen müssen oder nicht, ist im Verfahren über die Feststellung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften nicht erforderlich (Anschluß an BFH-Urteil vom 23. Oktober 1964 III 365/61 U, BFHE 81, 178, BStBl III 1965, 64).

GKG § 13 Abs. 1 Satz 1.

Sachverhalt

I.

Die Revision der Kostenschuldnerin und Erinnerungsführerin (Kostenschuldnerin) gegen das Urteil des Finanzgerichts (FG) wegen Feststellung des gemeinen Werts nichtnotierter Stammaktien an der Kostenschuldnerin zum 31. Dezember 1985 wurde durch Urteil des Senats vom 9. März 1994 II R 39/90 als unbegründet zurückgewiesen.

In der (berichtigten) Kostenrechnung vom 22. Juni 1994 ging die Kostenstelle des Bundesfinanzhofs (BFH) von einem Streitwert in Höhe von 0,5 v. H. des streitigen Betrags aus, der sich aus dem Unterschied zwischen dem von der Kostenschuldnerin begehrten Anteilswert und dem vom FG als richtig bestätigten Anteilswert bezogen auf alle Stammaktien ergibt.

Hiergegen richtet sich die Erinnerung der Kostenschuldnerin, die die Herabsetzung der Gerichtskosten nach Maßgabe eines um 30 v. H. ermäßigten Streitwerts begehrt. Zur Begründung trägt sie im wesentlichen vor, daß am maßgeblichen Bewertungsstichtag 30 v. H. der Stammaktien nicht der deutschen Vermögensteuer unterlägen, weil bestimmte - von der Kostenschuldnerin namentlich benannte - Anteilseigner entweder ihren Wohnsitz im Ausland hätten, oder nach § 3 Abs. 1 Nr. 12 des Vermögensteuergesetzes (VStG) von der Vermögensteuer befreit seien.

Entscheidungsgründe

II.

Die Erinnerung ist unbegründet.

Nach § 1 Abs. 1 c i. V. m. § 11 Abs. 2 Satz 1 des Gerichtskostengesetzes (GKG) richten sich die Gebühren nach dem Wert des Streitgegenstandes (Streitwert), soweit nichts anderes bestimmt ist. Im Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen (§ 13 Abs. 1 Satz 1 GKG). Nach der Rechtsprechung des BFH wird der Streitwert bei Anfechtung der gesonderten Feststellung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften grundsätzlich mit dem einfachen Jahresbetrag der auf dem streitigen Wertunterschied lastenden Vermögensteuer bemessen (BFH-Beschluß vom 28. April 1983 III R 136/82, BFHE 138, 328, BStBl II 1983, 506 m. w. N.). Hierbei wird die Vermögensteuer mit dem am Stichtag für natürliche Personen geltenden Steuersatz von 0,5 v. H. zugrunde gelegt (§ 10 Nr. 1 VStG). Bei dieser Streitwertbemessung handelt es sich um eine pauschale Wertermittlung, bei der die Umstände des Einzelfalles außer Betracht bleiben. Insoweit kann hier nichts anderes gelten als für die Streitwertbemessung beim Streit über die Artfeststellung eines Grundstücks, bei der die maßgebende finanzielle Bedeutung eines Rechtsstreits ungeachtet der steuerlichen Auswirkungen im Einzelfall pauschal bemessen wird (vgl. Senatsbeschluß vom 25. November 1992 II S 9/92, BFH/NV 1993, 261 m. w. N.). Dies ist dadurch gerechtfertigt, daß der Feststellungsbescheid keine Steuerschuld festsetzt, sondern die Bemessungsgrundlage für die Folgesteuern gesondert feststellt. Die steuerlichen Auswirkungen der gesonderten Feststellung im Einzelfall können schon deshalb nicht berücksichtigt werden, weil das Gericht sonst über die an den Feststellungsbescheid anknüpfenden Steuern befinden müßte, obwohl diese nicht Gegenstand des Verfahrens sind, für das der Streitwert festgesetzt wird (BFH in BFH/NV 1993, 261, und BFH-Beschluß vom 13. August 1976 III B 33/75, BFHE 120, 17, BStBl II 1976, 774). Aus diesem Grunde sind bei einer Klage gegen die Feststellung des gemeinen Werts der Anteile an einer Kapitalgesellschaft alle Anteile in die Streitwertberechnung einzubeziehen (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1964 III 365/61 U, BFHE 81, 178, BStBl III 1965, 64 m. w. N.). Eine Nachprüfung, ob einzelne Anteilseigner Vermögensteuer zahlen müssen oder nicht, weil sie nicht in der Bundesrepublik Deutschland vermögensteuerpflichtig sind, oder weil sie - was die Kostenschuldnerin geltend macht - die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 12 VStG erfüllen oder weil die Vermögensteuerfreibeträge nicht überschritten werden, ist im Verfahren über die Feststellung des gemeinen Werts nichtnotierter Anteile an Kapitalgesellschaften weder möglich noch von Gesetzes wegen erforderlich. Dies gilt auch für den Streitfall. Ob die von der Kostenschuldnerin benannten Anteilseigner der deutschen Vermögensteuerpflicht nach dem VStG oder nach dem Außensteuergesetz unterliegen und ob ggf. die Voraussetzungen der Befreiungsvorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 12 VStG erfüllt sind, steht jedenfalls nicht von vornherein eindeutig fest und müßte für jeden Anteilseigner gesondert geprüft werden. Ein derartiges Verfahren widerspräche jedoch dem Grundsatz einer durch § 13 GKG gedeckten pauschalen Streitwertermittlung.

Das Verfahren ist gebührenfrei (§ 5 Abs. 6 GKG).