| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 28.7.1994 (V R 19/92) BStBl. 1995 II S. 86

Forschungszuschüsse sind kein Entgelt im Rahmen eines Leistungsaustauschs mit dem Zahlungsempfänger, wenn dieser seine Forschungsarbeit aufgrund der sog. Bewilligungsbedingungen nicht als Leistung an den Zuschußgeber ausführt.

UStG 1967/1973 § 1 Abs. 1 Nr. 1.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

I.

Der Senat entscheidet im zweiten Rechtsgang.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) verfolgt nach seiner Satzung den Zweck, die angewandte Forschung zu fördern, und führt in diesem Zusammenhang neben frei gewählten Forschungsvorhaben von Bund und Ländern übertragene Aufgaben sowie Vertragsforschung durch.

Von der Arbeitsgemeinschaft A und deren Mitgliedern erhielt der Kläger in den Streitjahren 1969 bis 1973 auf Antrag Zuwendungen für die Durchführung bestimmter Forschungsvorhaben, die in deren Interessenbereich lagen. Die A ist ein Zusammenschluß von Forschungsorganisationen der Industrie mit der Aufgabe und dem Ziel, eine staatlich geförderte Forschungstätigkeit (Gemeinschaftsforschung) der kleinen und mittleren Unternehmen der Industrie zu ermöglichen. In seinen Anträgen mußte der Kläger die wissenschaftliche Problemstellung, ihre wirtschaftliche Bedeutung und den damit verbundenen Kostenaufwand detailliert darlegen. Die Entscheidung darüber, ob und in welchem Umfang ein bestimmtes Forschungsvorhaben finanziell unterstützt wurde, traf die A unter genauer Bezeichnung des Forschungsthemas, des Arbeitsbeginns, des Zuschußempfängers, der Forschungsstelle, der voraussichtlichen Dauer der Arbeiten, der Gesamtkosten sowie unter Beifügung eines detaillierten Kostenplans. Die Bewilligung der aus dem Budget des Bundesministers für Wirtschaft (BMWi) stammenden Mittel war ausdrücklich an dessen Bewilligungsbedingungen geknüpft.

Im Anschluß an eine Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, daß der Kläger seine Forschungsleistungen an die A und deren Mitglieder ausgeführt und dafür deren Zahlungen - die bisher als sog. echte Zuschüsse behandelt worden waren - als Entgelt erhalten habe. Das FA änderte die Umsatzsteuerfestsetzungen für die Jahre 1969 bis 1973 entsprechend.

Der Einspruch blieb erfolglos. Das Finanzgericht (FG) wies die Klage insoweit ab.

Auf die Revision des Klägers hob der Bundesfinanzhof (BFH) durch Urteil vom 9. Dezember 1987 X R 39/81 (BFHE 152, 280, BStBl II 1988, 471) die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Im zweiten Rechtsgang gab das FG der Klage statt. Es führte aus, es sei kein Anhaltspunkt dafür erkennbar, daß die A einen rechtlich durchsetzbaren Anspruch auf Durchführung des Forschungsvorhabens erworben habe. Die Forschungsleistung des Klägers sei nicht mit einem Forschungsauftrag der A verknüpft gewesen. Die Stellung der A als Projektträger im Auftrag des Bundesministers für Forschung und Technologie indiziere bei dem Kläger ein Leistungsverhalten, das nicht auf den Erhalt der Zuwendung als Gegenleistung für die zu erbringende Forschungsarbeit abziele. Es sei lediglich auf Unterstützung der eigenen Forschungsarbeit gerichtet gewesen.

Dagegen wendet sich das FA mit seiner Revision. Es rügt Verletzung von § 1 Abs. 1 Nr. 1 und § 10 Abs. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG) 1967/1973 und trägt dazu vor: Im Streitfall bestehe eine innere Verknüpfung von Zuschuß und Forschungsleistung. Die A habe nur Projekte gefördert, die im Interesse ihrer Mitglieder gelegen hätten. Die Institute des Klägers seien hinsichtlich der Ausführung der Arbeiten an einen Arbeits- und Zeitplan gebunden gewesen, wodurch ein zum umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch führendes Auftragsverhältnis begründet worden sei. Für ein Leistungsaustauschverhältnis spreche auch die Rückzahlungsverpflichtung des Klägers, falls er den Zuwendungszweck nicht erfülle. Der Pflicht des Klägers, die Forschungsergebnisse zu veröffentlichen, komme angesichts des auf die Mitglieder der A beschränkten Interessenkreises keine überragende Bedeutung zu. Der A sei es auch nicht auf die allgemeine Subventionierung des Klägers angekommen, sondern auf die Erlangung konkreter Forschungsergebnisse.

Das FA beantragt, die Klage unter Aufhebung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Entscheidung des FG, der Kläger habe seine Forschungsleistungen nicht an die A ausgeführt, deren Zuschüsse seien somit kein Entgelt und umsatzsteuerrechtlich nicht zu erfassen, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

Das FG ging mit dem zurückverweisenden Urteil in BFHE 152, 280, BStBl II 1988, 471 und dem Urteil des erkennenden Senats vom 23. Februar 1989 V R 141/84 (BFHE 156, 530, BStBl II 1989, 638) zutreffend von dem Grundsatz aus, daß auch sog. "echte" Zuschüsse nur dann als Entgelt in die Umsatzbesteuerung einbezogen werden dürfen, wenn sie Gegenleistung für eine Leistung i. S. von § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1967/1973 sind. Ein danach vorausgesetzter Leistungsaustausch liegt vor, wenn Leistung und Gegenleistung innerlich derart miteinander verknüpft sind, daß sich die Leistung auf die Erlangung einer Gegenleistung richtet (vgl. BFH-Urteil vom 7. Mai 1981 V R 47/76, BFHE 133, 133, BStBl II 1981, 495).

Für die Beantwortung der Frage, ob die Leistung des (Forschungs-)Unternehmers derart mit der Zahlung (Zuschuß) verknüpft ist, daß sie sich auf die Erlangung einer Gegenleistung (Zahlung) richtet, ist auf die Vereinbarungen des Leistenden mit dem Zahlenden (hier die Vergaberichtlinien bzw. Bewilligungsbedingungen) abzustellen. Diesen ist zu entnehmen, ob die Forschungsleistungen dem Zahlenden als Leistungsempfänger zugewendet werden sollen oder ob die Forschungstätigkeit nicht für den Zahlenden als Empfänger bestimmt ist.

Das FG hat diese Grundsätze seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Gegen die Würdigung seiner tatsächlichen Feststellungen sind durchgreifende revisionsrechtliche Einwendungen nicht vorgebracht worden. Die Würdigung durch das FG, eine innere Verknüpfung zwischen den Forschungsleistungen und der Zahlung liege nicht vor, ist nicht in sich widersprüchlich oder mit Denkfehlern behaftet. Das FG konnte seine Auffassung, der Kläger habe keine Forschungstätigkeit für die A ausgeführt, weil er von dieser dafür keinen Auftrag erhalten habe, auf die von ihm herangezogenen Bewilligungsbedingungen des BMWi in der Verordnung vom Januar 1970 stützen, ebenso auf die Feststellung, daß der Schwerpunkt der Projektträgertätigkeit der A im Rahmen der direkten und indirekt-spezifischen Projektförderung bei der fachlichen und administrativen Beratung des Antragstellers, der Vorbereitung von Förderungsentscheidungen sowie der Projektbegleitung und der Erfolgskontrolle lag (Hinweis auf den Bundesbericht Forschung 1988, BTDrucks 11/2049, S. 339), und auf die weitere Feststellung, daß nach Ziff. 7.1 der Bewirtschaftungsgrundsätze des BMWi für die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Forschung an Mitglieder der A vom März 1975 u. a. dem namentlich genannten Kläger "die Zuwendung grundsätzlich zur Selbstverwaltung zu übertragen" war.

Daß die Forschungstätigkeit des Klägers nicht deshalb als Erfüllung eines Forschungsauftrages seitens der A einzuordnen ist, weil der Kläger der A zusammen mit den Zuschußanträgen Arbeits- und Zeitpläne zu den beabsichtigten Forschungsvorhaben vorzulegen hatte, die dann Gegenstand der Bewilligungsbedingungen wurden, entspricht der Rechtsprechung des Senats. So ist im Urteil vom 5. Juni 1986 V R 114/76 (BFH/NV 1987, 199) ausgeführt, daß der Zahlende die Ausgestaltung einer Zahlung nach seinem Belieben vornehmen kann, sie also auch mit bestimmten Tätigkeiten verbinden und mit Erfolgskontrollen oder Auflagen versehen kann, was unter Umständen aus Gründen öffentlich-rechtlicher Haushaltsführung geboten sein kann. Das gilt für Beschränkungen der Förderung bestimmter Forschungsvorhaben, wie etwa solcher, die für Wirtschaftsbereiche des Zahlenden von Interesse sind. Das Interesse des Zahlenden an der Forschungstätigkeit des Zahlungsempfängers reicht nicht aus, um einen steuerbaren Leistungsaustausch von Forschungsleistung und Zahlung zu begründen. Erforderlich ist vielmehr nach den eingangs dargelegten Grundsätzen, daß nach den Vereinbarungen, die der Zahlung zugrunde liegen (ausdrücklich oder schlüssig), der Zahlungsempfänger seine Forschungsleistung an den Zahlenden ausführt und dafür die Zuwendung als Entgelt erhält.

Läßt sich aber - wie im Streitfall - den Zahlungsbedingungen als Rechtsgrund für die Zahlung nicht entnehmen, daß die Forschungsleistung konkret in Erfüllung eines Auftrags durch den Zahlungsempfänger ausgeführt wurde, sondern nur, daß der Zahlungsempfänger mit diesem Zuschuß unterstützt werden sollte, damit er seine Forschungstätigkeit ausüben kann, fehlt es an der erforderlichen Verknüpfung von Forschungsleistung und Zuschußzahlung zu einem steuerbaren Umsatz.

Das FG hat in diesem Zusammenhang ferner zu Recht darauf abgestellt, daß die Forschungsergebnisse dem Kläger zur Verwertung (gegenüber der Allgemeinheit) zustehen, daß also - anders als im Fall des Senatsurteils in BFHE 156, 530, BStBl II 1989, 638 - Verwertungsrechte nicht den Zahlenden übertragen wurden.

Soweit der Kläger nach den Bewilligungsbedingungen in bestimmten Fällen zur Rückzahlung der Zuwendungen verpflichtet ist - worauf das FA mit der Revision u. a. abstellt -, führt das zu keiner anderen Beurteilung. Das gilt sowohl für eine Verpflichtung, bei Verwertung der Forschungsergebnisse aus den Verwertungsentgelten einen Betrag bis zur Höhe der gewährten Zuwendung zurückzuzahlen (Art. 11 der Bewilligungsbedingungen), als auch für eine Rückzahlungsverpflichtung für den Fall, daß der Zuwendungszweck (die Forschungstätigkeit) nicht erfüllt werden kann. Beide Arten einer Rückzahlungsklausel gehören zur Ausgestaltung der Zahlung, die im Belieben des Zuschußgebers steht (vgl. Senatsurteil in BFH/NV 1987, 199).

Soweit das FA mit der Revision zur Begründung seiner Annahme einer Auftragsforschung vorträgt, der Interessentenkreis, dem der Kläger aufgrund seines Verwertungsrechts die Forschungsergebnisse zugänglich machen könnte, sei faktisch beschränkt auf die Mitgliedsvereinigungen der A, das Interesse der Allgemeinheit an den Forschungsergebnissen trete nämlich gegenüber dem Interesse des Industrie- oder Wirtschaftszweiges aufgrund der Branchenbezogenheit zurück, handelt es sich um eine andere Würdigung des Sachverhalts, als sie dem FG-Urteil zugrunde liegt. Selbst wenn einzelne Unternehmen des Industrie- oder Wirtschaftszweiges, den die A repräsentiert, oder sogar einzelne Mitgliedsvereinigungen der A die Forschungsergebnisse des Klägers erworben haben sollten, so betrifft dies nicht die streitigen Leistungen des Klägers. Nach den Feststellungen des FG wurden die Forschungsergebnisse, um die es hier geht, der Allgemeinheit zugänglich gemacht, ohne daß der fördernden A oder der entsprechenden Mitgliedsvereinigung ein Verwertungsrecht übertragen wurde. Soweit das FG noch zusätzlichen Prüfungskriterien des zurückverweisenden Urteils nachging, denen der Senat bereits im Urteil in BFHE 156, 530, BStBl II 1989, 638 entgegentrat, ergeben sich für die Entscheidung keine Auswirkungen. Denn das angefochtene Urteil ist (ausdrücklich) auf die Grundsätze des letztgenannten Senatsurteils gestützt.