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  BFH-Urteil vom 8.12.1994 (IV R 73/92) BStBl. 1995 II S. 376

Bei Mitunternehmerschaften erfolgt die Aufteilung des Höchstbetrags der Steuerermäßigung des § 34e EStG nach dem vereinbarten Gewinnverteilungsschlüssel (§ 34e Abs. 1 Satz 3 EStG). Vorabgewinne und Betriebsvorgänge aus der Sonderbilanz bleiben danach außer Betracht.

EStG § 34e Abs. 1 Satz 3; EStR 1990 Abschn. 213 Abs. 6 Satz 3.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) gründete zum 1. Juli 1982 mit dem verstorbenen HK eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). Zweck dieser Gesellschaft, die ihren Gewinn durch Bestandsvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) ermittelte, war die gemeinsame Bewirtschaftung eines landwirtschaftlichen Betriebs für die Dauer von 10 Jahren. Nach dem Gesellschaftsvertrag brachte HK seinen Hof zur Nutzung und seine nach eigenem Ermessen zu bestimmende Arbeitskraft ein; der Kläger stellte nur seine Arbeitskraft zur Verfügung. Dafür erhielten HK einen Vorweggewinn von 20.000 DM und der Kläger einen Vorweggewinn von 18.000 DM. Der verbleibende Gewinn oder Verlust sollte zu 60 v. H. auf HK und zu 40 v. H. auf den Kläger entfallen. In den Streitjahren erhielt HK weiter einen Pachtzins von 16.000 DM für die Überlassung eines Schweinestalls und 9.000 DM für die Nutzung eines Schleppers von der GbR.

Nach einer Betriebsprüfung stellte der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Gewinne und die betriebsbezogenen Höchstbeträge der Steuerermäßigung nach § 34e EStG für die Streitjahre 1984 bis 1986 fest und teilte die Steuerermäßigungsbeträge jeweils im Verhältnis 60 zu 40 v. H. auf HK und den Kläger auf.

Dagegen richteten sich Einspruch und Klage mit dem Antrag, den Höchstbetrag nach Maßgabe der Anteile am steuerlichen Gesamtgewinn aufzuteilen. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage mit der Begründung statt, der Steuerermäßigungsbetrag sei entgegen Abschn. 213 Abs. 6 der Einkommensteuer-Richtlinien (EStR) nach dem einheitlich und gesondert festgestellten steuerlichen Gewinn auf die Gesellschafter zu verteilen, weil es nicht um ein gesellschaftsrechtliches, sondern ein steuerliches Problem gehe. Eine Steuerermäßigung könne vernünftigerweise nur an den steuerlichen Gewinn anknüpfen.

Mit seiner dagegen gerichteten, vom FG zugelassenen Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil ist aufzuheben, die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Zu Unrecht ist das FG bei der Aufteilung des betriebsbezogenen Höchstbetrags von dem Verhältnis der Anteile der Gesellschafter am steuerlichen Gesamtgewinn ausgegangen.

1. Sind an einem land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, der die Voraussetzungen des § 34e Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG erfüllt, mehrere Steuerpflichtige beteiligt, so ist der Höchstbetrag für die Steuerermäßigung nach § 34e Abs. 1 Satz 3 EStG auf die Beteiligten nach ihrem Beteiligungsverhältnis aufzuteilen. Zutreffend ist das FG mit den Verfahrensbeteiligten davon ausgegangen, daß sich die Aufteilung nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift nach der Gewinnbeteiligung und nicht - was nach dem Wortlaut auch denkbar wäre - nach der Kapitalbeteiligung richtet; denn auch die Steuerermäßigung selbst ist auf den Gewinn abgestellt (gleicher Ansicht Josten in Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 34e EStG Anm. 28 m. w. N.). Entgegen der Auffassung des FG ist aber nicht die steuerrechtliche Gewinnverteilung maßgebend. Schon nach seinem Wortlaut stellt der in § 34e Abs. 1 Satz 3 EStG verwendete Begriff "Beteiligungsverhältnis" vielmehr auf die gesellschaftsrechtliche Gewinnbeteiligung ab, denn die bei der steuerlichen Gewinnverteilung zu berücksichtigenden Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben beruhen ebensowenig auf der Beteiligung an der Gesellschaft, wie etwaige Gewinne aus der Veräußerung von Sonderbetriebsvermögen. Auch bisher ist der Senat von diesem Verständnis des Begriffs des Beteiligungsverhältnisses ausgegangen und hat die nach Abschn. 213 Abs. 6 EStR vorgenommene Aufteilung einer Steuerermäßigung stillschweigend übernommen (Urteil vom 23. Februar 1989 IV R 58/87, BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709).

Dieses Ergebnis entspricht nicht zuletzt der Auffassung des Senats von der zweistufigen Prüfung der Voraussetzungen der Steuerermäßigung des § 34e EStG, wonach zunächst in einer betriebsbezogenen Stufe die Zulässigkeit der Steuerermäßigung für den Gewinn aus einem bestimmten land- und forstwirtschaftlichen Betrieb zu prüfen ist (Senatsurteil in BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709). Im Rahmen dieser Prüfung konnte der Gesetzgeber durchaus eine Aufteilung des Höchstbetrags nach dem Beteiligungsverhältnis wählen und damit angesichts der an sich schon bestehenden Kompliziertheit der Vorschrift (Bundesfinanzhof - BFH - in BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709) vor allem dem Gedanken der Vereinfachung Rechnung tragen. Denn die jährlich gleichbleibende Aufteilung des Ermäßigungsbetrags bedarf auch bei wiederholter Berichtigung der steuerlichen Gewinnverteilung keiner weiteren Änderungen. In einer zweiten personenbezogenen Stufe sind bei der Einkommensteuerveranlagung der oder die für den Steuerpflichtigen in Betracht kommenden Gewinne oder Gewinnanteile aus Land- und Forstwirtschaft im Veranlagungszeitraum festzustellen und anschließend die Einkommensteuer, die anteilsmäßig auf diese Gewinne oder Gewinnanteile entfällt, um die zulässige Steuerermäßigung nach § 34e EStG, höchstens aber um 2.000 DM zu kürzen.

Gegenüber der hier vertretenen Auffassung hat der Kläger eingewandt, daß hohe Einnahmen im Bereich des Sonderbetriebsvermögens und Veräußerungsgewinne bei der Aufteilung des Höchstbetrags für die Steuerermäßigung nicht berücksichtigt würden; hohe Einnahmen würden aber zu einer stärkeren Steuerbelastung führen, die nur zu einer geringen Entlastung durch einen niedrigen Anteil am Höchstbetrag führte. Dabei hat der Kläger jedoch verkannt, daß die persönliche Entlastung des steuerpflichtigen Beteiligten nach dem Plan des Gesetzgebers erst auf der zweiten Stufe der personenbezogenen Prüfung der Steuerermäßigung im Veranlagungsverfahren erfolgen soll. Nach Auffassung des Senats wird damit einer höheren Steuerbelastung durch Sonderbetriebseinnahmen in ausreichendem Umfang Rechnung getragen. Tarifbegünstigte Veräußerungsgewinne sind nach der Rechtsprechung des Senats bei der Berechnung der Steuerermäßigung nach § 34e EStG ohnehin nicht zu berücksichtigen (BFH in BFHE 157, 47, BStBl II 1989, 709).

2. Auch der Zweck der Steuerermäßigung steht dieser Auslegung nicht entgegen. Das FG hat hierzu zwar ausgeführt, eine Steuerermäßigung, die einen Anreiz bieten solle, auf die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zu verzichten, könne vernünftigerweise nur an den steuerlichen Gewinn anknüpfen. Ob der Vorschrift des § 34e EStG in der für die Streitjahre geltenden Fassung ein solcher Lenkungscharakter zukommt, ist bereits zweifelhaft, denn die Gesetzesbegründung zu § 34d EStG i. d. F. des Gesetzes zur Neuregelung der Einkommensbesteuerung der Land- und Forstwirtschaft (jetzt § 34e EStG) enthält keine Hinweise auf einen mit der Steuerermäßigung beabsichtigten Edukationseffekt. Dieser wurde erst in der Begründung zum Steueränderungsgesetz (StÄndG) 1992 angeführt, um zu rechtfertigen, daß die Steuerermäßigung künftig auch Schätzungslandwirten versagt werden soll (BTDrucks 12/1108 S. 61). Soweit mit der Steuerermäßigung auch Kosten der Buchführung ausgeglichen werden sollten, stellt sich ohnehin die Frage, ob diese Zielsetzung sachgerecht ist, weil Gewerbetreibende und selbständig Tätige, die vergleichbare Buchführungspflichten erfüllen müssen, keinen entsprechenden Ausgleich erhalten (vgl. Bericht der von der Finanzministerkonferenz am 22. April 1993 eingesetzten Arbeitsgruppe Steuervereinfachung, Dezember 1993 S. 139f.). Ursprünglich sollte die Steuerermäßigung vielmehr das mit der Ermittlung der tatsächlichen Gewinne nach § 4 Abs. 1 oder Abs. 3 EStG verbundene sprunghafte Ansteigen der Steuerbelastung gegenüber der Gewinnermittlung nach § 13a EStG ausgleichen (vgl. BTDrucks 8/3239 S. 11 und BTDrucks 8/3673 S. 17; Senatsurteile vom 7. September 1989 IV R 91/88, BFHE 158, 263, BStBl II 1989, 975, und vom 28. November 1991 IV R 45/90, BFHE 166, 538, BStBl II 1992, 458). Eine derartige Angleichung der Belastungen durch die Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen und die Gewinnermittlung nach §§ 4 und 5 EStG wird jedenfalls durch eine Aufteilung des Höchstbetrags für die Steuerermäßigung nach dem gesellschaftsrechtlichen Beteiligungsverhältnis nicht vereitelt. Die persönliche Steuerbelastung des Gesellschafters wird - wie ausgeführt - nicht bei Aufteilung des Höchstbetrags, sondern bei Berechnung der Steuerermäßigung in ausreichendem Umfang berücksichtigt. Dabei verkennt der Senat nicht, daß in Einzelfällen Vorabgewinne und nach § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 1 EStG den Gewinnanteilen der Mitunternehmer hinzuzurechnende Vergütungen zu einem derart niedrigen gesellschaftsrechtlichen Gewinnanteil der Beteiligten oder eines Beteiligten führen können, daß die Steuerermäßigung nicht in voller Höhe ausgenutzt wird.

Entgegen der Vorentscheidung sieht der Senat auch keinen Widerspruch darin, daß die Begrenzung der Steuerermäßigung nach § 34e Abs. 1 Satz 1 und 2 EStG nach dem steuerlichen Gewinn berechnet wird, der für die Aufteilung des Höchstbetrags nicht maßgebend ist. Die für die Steuerermäßigung nach § 34e EStG maßgebenden Gewinngrenzen wurden erst kurz vor Abschluß des Gesetzgebungsverfahrens auf Vorschlag des Finanzausschusses in die Vorschrift eingefügt (BTDrucks 8/3673 S. 10), um deutlich zu machen, daß die Entlastung nur in einer "Übergangszone" von der Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen zur Gewinnermittlung nach §§ 4, 5 EStG wirken soll. Daraus folgt jedenfalls keine Abstimmung der Aufteilungsvorschrift des § 34e Abs. 1 Satz 3 EStG auf die Begrenzungsregelungen der Sätze 1 und 2, der eine Aufteilung des Höchstbetrags nach Maßgabe der steuerlichen Gewinnverteilung zu entnehmen wäre.

3. Da das FG von einer anderen Rechtsauffassung ausgegangen ist, war seine Entscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO).