| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 14.2.1995 (IX R 5/92) BStBl. 1995 II S. 380

1. Vorauszahlungsmittel nach dem Landesförderungsprogramm Berlin mindern die AfA-Bemessungsgrundlage nicht bereits im Zeitpunkt des Zuflusses.

2. Die Bescheinigung nach § 14b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BerlinFG kann auch nach Abschluß der begünstigten Modernisierungsmaßnahmen beantragt und erteilt werden.

BerlinFG § 14b; StBauFG § 39 Abs. 5.

Vorinstanz: FG Berlin

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) erzielten im Streitjahr (1983) gemeinschaftlich Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus einem Grundstück in Berlin.

Die Wohnungsbau-Kreditanstalt Berlin (WBK) gewährte den Klägern einen Baukostenzuschuß und Vorauszahlungsmittel analog § 39 Abs. 5 des Städtebauförderungsgesetzes (StBauFG) zur Modernisierung und Instandsetzung der um das Jahr 1890 errichteten Gebäude auf dem Grundstück. Das Land Berlin sollte nach den Förderbedingungen 10 Jahre nach Bezugsfertigkeit entscheiden, in welcher Höhe die Vorauszahlungsmittel in Darlehen umgewandelt oder endgültig als Zuschuß gewährt werden. Es sollte dabei die nachhaltig erzielbaren Mieten und die Haushaltslage berücksichtigen. Die Vorauszahlungsmittel waren durch eine Grundschuld zu sichern.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) ermittelte die Absetzungen für Abnutzung (AfA) nach einem Satz von 2,5 v. H. Er zog dabei von den für die Modernisierung und Instandsetzung angefallenen Herstellungskosten nicht nur den Baukostenzuschuß, sondern auch die im Streitjahr ausgezahlten Vorauszahlungsmittel ab.

Mit der Klage begehrten die Kläger, die Vorauszahlungsmittel bei der Berechnung der AfA-Bemessungsgrundlage nicht abzuziehen und für 60 v. H. der Bemessungsgrundlage erhöhte Absetzungen von 17 v. H. nach § 14b des Berlinförderungsgesetzes (BerlinFG) und im übrigen AfA von 2,5 v. H. zuzulassen.

Die Kläger beantragten erst während des Klageverfahrens beim Berliner Senator für Bau- und Wohnungswesen eine Bescheinigung nach § 14b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BerlinFG für die 1983 durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen. Der Senator bescheinigte den Klägern, die Art der Nutzung des zu modernisierenden Mehrfamilienhauses widerspreche nicht den Festsetzungen eines Bebauungsplanes. Die Durchführung der angegebenen Modernisierungsmaßnahmen entspreche der geordneten baulichen Entwicklung des Stadtgebietes sowie den Zielsetzungen neuzeitlichen Städtebaues hinsichtlich Erschließung und Auflockerung.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Vorauszahlungsmittel seien nicht als die AfA-Bemessungsgrundlage mindernder Zuschuß, sondern als Darlehen zu beurteilen. Die Bescheinigung des Senators für Bau- und Wohnungswesen beziehe sich nach den gesamten Umständen auf die im Streitjahr durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen und genüge den gesetzlichen Anforderungen.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung von §§ 7, 8, 9 und 21 des Einkommensteuergesetzes (EStG) und § 14b BerlinFG. Die AfA-Bemessungsgrundlage sei um die Vorauszahlungsmittel zu kürzen. Die nach § 14b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BerlinFG erforderliche Bescheinigung müsse der Steuerpflichtige vor der Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen beantragen.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

1. Das FG hat die Vorauszahlungsmittel zu Recht nicht als die Bemessungsgrundlage der AfA mindernden Zuschuß (vgl. dazu Urteil des Senats vom 26. März 1991 IX R 104/86, BFHE 164, 263, BStBl II 1992, 999) beurteilt.

a) Die WBK hat die Vorauszahlungsmittel analog § 39 Abs. 5 StBauFG gewährt. Sanierungsförderungsmittel können nach dieser Vorschrift als Vorauszahlung gegeben werden unter dem Vorbehalt einer späteren Bestimmung, ob sie als Darlehen oder Zuschuß gewährt werden oder durch andere Finanzierungsmittel zu ersetzen oder zurückzuzahlen sind. In der Vorauszahlungszeit sind die vorausgezahlten Mittel zins- und tilgungsfrei. Es handelt sich damit um einen Schwebezustand (vgl. dazu Beschluß des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 21. Juni 1990 IV B 100/89, BFHE 161, 120, BStBl II 1990, 980). Die Entscheidung des Landes Berlin über eine etwaige Rückforderung der Vorauszahlungsmittel hing von Umständen ab, die die Kläger nicht beeinflussen konnten; nämlich der Entwicklung des Mietmarkts einerseits und der Haushaltslage andererseits. Die Sicherung der Vorauszahlungsmittel durch eine Grundschuld zeigt, daß die Kläger mit einer vollständigen oder teilweisen Rückforderung der Vorauszahlungsmittel rechnen mußten. Die Vorauszahlungsmittel können deshalb während des Schwebezustands nicht als die AfA-Bemessungsgrundlage mindernder Zuschuß beurteilt werden.

b) Soweit die Vorauszahlungsmittel nach der endgültigen Entscheidung des Landes Berlin nicht zurückgezahlt zu werden brauchen, wirkt diese Entscheidung nicht nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) auf den Zeitpunkt der Gewährung der Vorauszahlungsmittel zurück. Die endgültig belassenen Vorauszahlungsmittel sind vielmehr als nachträglich gewährter Zuschuß zu behandeln. Im Streitfall kommt es daher nicht darauf an, inwieweit die Kläger später die Vorauszahlungsmittel zurückzahlen mußten.

2. Das FG hat ebenfalls zu Recht erhöhte Absetzungen nach § 14b BerlinFG zum Abzug zugelassen. Die nach § 14b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BerlinFG hierfür erforderliche Bescheinigung des Senators für Bau- und Wohnungswesen liegt vor.

a) Die Bescheinigung nach dieser Vorschrift kann auch noch nach Abschluß der begünstigten Maßnahmen beantragt und erteilt werden.

aa) Der auf "das zu modernisierende Mehrfamilienhaus" abstellende Wortlaut des § 14b Abs. 1 Nr. 2 BerlinFG läßt zwar die Deutung zu, daß sich die Bescheinigung auf künftige Modernisierungsmaßnahmen beziehen müsse. Bei einer solchen Auslegung der Vorschrift müßte der Steuerpflichtige aber unter Umständen die beabsichtigten Modernisierungsmaßnahmen um Jahre zurückstellen, um in Streitfällen erst seinen Anspruch auf Erteilung der Bescheinigung klageweise durchzusetzen. Dies würde dem Ziel des § 14b BerlinFG widersprechen, die Anpassung des veralteten Wohnungsbestands in Berlin (West) an moderne Wohnbedürfnisse zu beschleunigen (vgl. Sönksen/Söffing, Berlinförderungsgesetz, § 14b Tz. 2, 3). Die mit dem Erfordernis der Bescheinigung verfolgte Absicht, Maßnahmen mit unerwünschten städtebaulichen Auswirkungen nicht steuerlich zu begünstigen (vgl. Sönksen/Söffing, a. a. O., § 14b Tz. 38 m. w. N.), läßt sich auch erreichen, wenn nach Abschluß der Modernisierungsmaßnahmen geprüft wird, ob diese den Anforderungen des § 14b Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BerlinFG entsprechen. Führt der Steuerpflichtige die Modernisierungsmaßnahmen vor Erteilung der Bescheinigung durch, handelt er auf die Gefahr hin, die Bescheinigung und dadurch die erhöhten Absetzungen nicht zu erhalten.

bb) § 14b Abs. 2 Nr. 1 BerlinFG ist nicht zu entnehmen, daß der Antrag auf Erteilung der Bescheinigung bereits vor Beginn oder Abschluß der Modernisierungsarbeiten gestellt sein muß. Andere Gesetze (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 4 des Investitionszulagengesetzes 1986) enthalten dagegen für ihren Bereich entsprechende Regelungen. Es ist deshalb davon auszugehen, daß der Gesetzgeber den Antrag auf Erteilung der Bescheinigung nach § 14b Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 BerlinFG nicht zeitlich befristen wollte.

b) Nach den mit zulässigen und begründeten Revisionsrügen nicht angegriffenen und damit für den Senat bindenden Feststellungen (vgl. § 118 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -) des FG bezieht sich die den Klägern erteilte Bescheinigung auf die im Streitjahr durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen.