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  BFH-Urteil vom 2.3.1995 (IV R 135/92) BStBl. 1995 II S. 531

Über den Abzug von Aufwendungen eines am Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft atypisch still Unterbeteiligten kann nur dann im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung der Einkünfte aus der Hauptgesellschaft entschieden werden, wenn auch die Hauptgesellschaft mit der Einbeziehung der Unterbeteiligung in ihr Feststellungsverfahren einverstanden ist.

AO 1977 § 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 4 Abs. 4, § 15 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2.

Vorinstanz: FG Düsseldorf

Sachverhalt

Gesellschafter der X & Co. KG, die Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt, waren in den Streitjahren (1981 und 1982) T als Komplementär sowie drei Kommanditisten, darunter die G-GmbH (GmbH). Mit Feststellungsbescheiden vom 23. März 1984 setzte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) die Gewinne der KG für die Streitjahre fest. Die Besteuerungsgrundlagen wurden geschätzt und anteilig den Gesellschaftern zugerechnet. Gegen diese Bescheide legte der Kläger und Revisionskläger (Kläger) Einspruch ein. Das FA verwarf die Einsprüche, die trotz Aufforderung nicht begründet wurden, durch Einspruchsentscheidung vom 14. Oktober 1987 unter Hinweis auf § 350 der Abgabenordnung (AO 1977) als unzulässig mit der Begründung, der Kläger sei mangels Beschwer nicht befugt, Einspruch einzulegen.

Mit der Klage machte der Kläger geltend, er sei am Kommanditanteil der GmbH atypisch still unterbeteiligt gewesen. Im Jahre 1981 sei er aus einer Bürgschaft für die KG in Anspruch genommen worden. Zur Tilgung der Bürgschaftsschuld habe er ein Darlehen aufgenommen. Die Darlehenssumme und die darauf gezahlten Schuldzinsen seien als Sonderbetriebsausgaben abzuziehen, und zwar im Gewinnfeststellungsverfahren der KG.

Später, nämlich im Jahre 1988, gab die KG Feststellungserklärungen für die Streitjahre ab. In diesen Erklärungen war der Kläger weder als Gesellschafter noch als Unterbeteiligter am Anteil der GmbH angegeben. Das FA änderte daraufhin die unter dem Vorbehalt der Nachprüfung ergangenen Feststellungsbescheide und stellte die erklärten Verluste fest. Die bisherigen Nachprüfungsvorbehalte wurden aufgehoben. Der Kläger erklärte daraufhin die Änderungsbescheide vom 12. Juni 1989 gemäß § 68 der Finanzgerichtsordnung (FGO) zum Gegenstand des Verfahrens.

Das Finanzgericht (FG) wies die Klage als unzulässig ab. Dem Kläger fehle die Klagebefugnis. Die Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 FGO seien nicht erfüllt, weil der Kläger nicht Gesellschafter der KG gewesen sei. Aus der mit der GmbH getroffenen Vereinbarung vom 31. Januar 1978 folge nichts anderes. Ob es sich dabei um eine atypisch stille Gesellschaft oder ein Treuhandverhältnis handele, könne offenbleiben. Weder ein atypisch stiller Unterbeteiligter noch ein Treugeber könnten in das Gewinnfeststellungsverfahren der Hauptgesellschaft eingreifen, um deren Gewinn anders feststellen und auf die Gesellschafter aufteilen zu lassen (Entscheidungen des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 5. November 1973 GrS 3/72, BFHE 112, 1, BStBl II 1974, 414; vom 13. März 1986 IV R 204/84, BFHE 146, 340, BStBl II 1986, 584). Das gelte auch für Sonderbetriebsausgaben. Der Kläger sei auch nicht nach § 40 Abs. 2 FGO klagebefugt, weil er in den Feststellungsbescheiden der KG nicht als Beteiligter angesprochen sei.

Mit der Revision rügt der Kläger Verletzung des § 48 FGO. Das FG habe zu Unrecht angenommen, der Kläger sei nicht klagebefugt.

Der Kläger beantragt sinngemäß, das Urteil des FG und die Einspruchsentscheidung des FA aufzuheben und die Gewinnfeststellungsbescheide 1981 und 1982 in der Weise zu ändern, daß die vom Kläger geltend gemachten Sonderbetriebsausgaben für ihn berücksichtigt werden.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet und wird deshalb zurückgewiesen (§ 126 Abs. 2 FGO).

Zutreffend hat das FG entschieden, der Kläger sei nicht klagebefugt, so daß seine gleichwohl erhobene Klage als unzulässig abzuweisen sei.

1. Der Kläger macht geltend, er sei in den Streitjahren am Kommanditanteil der GmbH atypisch still unterbeteiligt gewesen. Selbst wenn man dies als zutreffend unterstellt, kann der Kläger die Aufwendungen, die ihm in Form von Bürgschaftszahlungen und Schuldzinsen in Zusammenhang mit der Unterbeteiligung entstanden sind, nicht als Sonderbetriebsausgaben (§ 4 Abs. 4 des Einkommensteuergesetzes - EStG -) im Verfahren der gesonderten und einheitlichen Feststellung des Gewinns oder Verlusts der KG (§ 179 Abs. 2 Satz 2, § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977) geltend machen. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des BFH, daß über die Frage, ob eine atypisch stille Unterbeteiligung (Innengesellschaft) an dem Anteil eines Gesellschafters einer Personengesellschaft (Hauptgesellschaft) besteht und wie hoch der Anteil des Unterbeteiligten ist, grundsätzlich in einem besonderen Gewinnfeststellungsverfahren für die Innengesellschaft entschieden werden muß (vgl. BFH-Beschluß in BFHE 112, 1, BStBl II 1974, 414). Dem liegt die Erwägung zugrunde, daß es mangels Rechtsbeziehungen zwischen der Hauptgesellschaft und der Untergesellschaft an einer Beteiligung des Unterbeteiligten an den Einkünften der Hauptgesellschaft i. S. des § 215 Abs. 2 der Reichsabgabenordnung (AO), jetzt des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 fehlt. Demzufolge muß grundsätzlich in dem besonderen Gewinnfeststellungsverfahren für die Untergesellschaft auch über den Abzug von Betriebsausgaben entschieden werden, die dem Unterbeteiligten in Zusammenhang mit der Unterbeteiligung entstehen. Denn wenn über das Bestehen einer Unterbeteiligung dem Grund und der Höhe nach nicht im Gewinnfeststellungsverfahren der Hauptgesellschaft entschieden werden darf, dann darf in diesem Verfahren auch nicht über Aufwendungen des Unterbeteiligten in Zusammenhang mit der Unterbeteiligung entschieden werden. Die materiell-rechtliche Regelung über die Mitunternehmerschaft bei mittelbarer Beteiligung (§ 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG) ist nach einer im Schrifttum vertretenen Auffassung (vgl. Schmidt, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 15 Anm. 94 b) so zu verstehen, daß auch die atypisch stille Unterbeteiligung in ihren Anwendungsbereich fällt. Als (mittelbarer) Mitunternehmer der Hauptgesellschaft wäre der atypisch stille Unterbeteiligte dann möglicherweise auch als an den Einkünften der Hauptgesellschaft i. S. des § 180 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a AO 1977 beteiligt anzusehen. Im Streitfall braucht nicht darauf eingegangen zu werden, ob und welche verfahrensrechtlichen Folgerungen sich hieraus ergeben könnten. Denn die Vorschrift des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Satz 2 EStG ist nach § 52 Abs. 18 EStG erstmals für das Wirtschaftsjahr anzuwenden, das nach dem 31. Dezember 1991 endet und gilt somit nicht für die Streitjahre 1981 und 1982.

2. a) Ist die Unterbeteiligung allen Beteiligten, also auch allen Gesellschaftern der Hauptgesellschaft, bekannt, können allerdings die Gewinnfeststellung für die Hauptgesellschaft und die Gewinnfeststellung für die Unterbeteiligung in einem einheitlichen Verfahren zusammengefaßt werden, wenn alle Beteiligten damit einverstanden sind (Senatsurteil vom 24. Mai 1977 IV R 47/76, BFHE 122, 400, BStBl II 1977, 737, 740, 741). Dem entspricht, daß gemäß § 179 Abs. 2 Satz 3 AO 1977 in den Fällen, in denen eine Person am Gegenstand der Feststellung nur mittelbar über eine andere Person beteiligt ist, insoweit, also für die mittelbare Beteiligung als solche, eine besondere gesonderte Feststellung erfolgen kann, also nicht erfolgen muß. Kommt es zu einem zusammenfassenden Feststellungsverfahren, sind in ihm auch die besonderen Aufwendungen des mittelbar Beteiligten (Sonderbetriebsausgaben) zu berücksichtigen.

b) Im Streitfall sind die Voraussetzungen für ein die Haupt- und die Untergesellschaft einschließendes Feststellungsverfahren jedoch nicht erfüllt. Die KG hat Feststellungserklärungen abgegeben, in denen als Beteiligte nur die Gesellschafter der KG, nicht hingegen der Kläger als Unterbeteiligter angegeben waren. Mit diesem Inhalt der Feststellungserklärung haben die KG und ihre Gesellschafter auch bekundet, welche Personen in das der Erklärung folgende Feststellungsverfahren einzubeziehen waren; sie haben damit auch bekundet, daß der Kläger mit seiner behaupteten Unterbeteiligung nicht einbezogen werden solle. Das FA war an diesen Erklärungsgehalt der Feststellungserklärung gebunden und konnte nicht von sich aus die Unterbeteiligung im Feststellungsverfahren der Hauptbeteiligung berücksichtigen. Dies entspricht dem auch sonst von der Finanzverwaltung geübten Verfahren (vgl. Anwendungserlaß zur Abgabenordnung vom 24. September 1987, BStBl I 1987, 664, 702 zu § 179 AO 1977 Nr. 4).

3. Auch die weiteren Einwendungen der Revision erweisen sich als unbegründet. Daß das FA den Erlaß eines besonderen Feststellungsbescheids für die Unterbeteiligungsgesellschaft abgelehnt hat, führt entgegen der Auffassung des Klägers nicht dazu, daß die Unterbeteiligung und die mit ihr zusammenhängenden Aufwendungen im Feststellungsverfahren der Hauptgesellschaft berücksichtigt werden müßten. Nach dem eigenen Vorbringen der Revision hat das FA die Durchführung eines Feststellungsverfahrens für die Unterbeteiligungsgesellschaft mit der Begründung abgelehnt, es sei nicht ersichtlich, daß zwischen dem Kläger und der GmbH eine atypisch stille Unterbeteiligung zustande gekommen sei. Der Kläger hätte diese Entscheidung mit der Begründung anfechten können, es bestehe eine atypisch stille Unterbeteiligung. Wenn der Kläger dies unterlassen hat, kann das nicht zur Folge haben, daß die Unterbeteiligung entgegen dem bekundeten Willen der Hauptgesellschaft und ihrer Gesellschafter nun in deren Gewinnfeststellungsverfahren zu berücksichtigen wäre.

4. Im Revisionsverfahren hat der Kläger abweichend von seinem bisherigen Vortrag geltend gemacht, Kläger sei in Wirklichkeit nicht er, sondern die GmbH, für die er als Treuhänder auftrete. Auch dem kann nicht gefolgt werden. Nach dem eindeutigen Inhalt der Klageschrift ist die Klage durch den Kläger selbst eingelegt worden, der damit geltend machte, er sei an der GmbH atypisch still unterbeteiligt gewesen.

5. Da der Kläger nicht befugt war, im Gewinnfeststellungsverfahren der KG den Abzug der von ihm getragenen Bürgschafts- und Zinsaufwendungen geltend zu machen, mußten sein Einspruch gegen den Feststellungsbescheid mangels Rechtsbehelfsbefugnis gemäß § 350 AO 1977 als unzulässig verworfen und die Klage gegen die Einspruchsentscheidung mangels Klagebefugnis als unzulässig abgewiesen werden.

Danach war die Revision als unbegründet zurückzuweisen.