| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH-Urteil vom 16.2.1995 (IV R 62/94) BStBl. 1995 II S. 592

Wird eine im gemeinsamen Eigentum von Eheleuten stehende und im gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bewirtschaftete Forstfläche in das Alleineigentum eines Ehegatten übertragen, spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß die bestehenden wirtschaftlichen Beziehungen aufrechterhalten bleiben und es sich nunmehr um Sonderbetriebsvermögen des Ehegatten, nicht aber um einen selbständigen Forstbetrieb handelt.

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 5; EStDV § 51.

Vorinstanz: FG München

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) sind Eheleute und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie haben durch Ehe- und Erbvertrag vom 7. Februar 1977 den Güterstand der Gütergemeinschaft vereinbart und betreiben einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb. Ihren Gewinn (Wirtschaftsjahr vom 1. Juli bis zum 30. Juni eines Jahres) ermitteln sie durch Vermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Verwaltung des Gesamtguts steht dem Kläger allein zu. Zu dem Gesamtgut gehörte u. a. eine rd. 49,65 ha große Forstfläche mit einem Wirtschaftswert von 42.068 DM. Die Kläger sind außerdem an einem landwirtschaftlichen Maschinenring beteiligt.

In der notariellen Urkunde vom 27. Dezember 1989 erklärten die Kläger mit Wirkung zum 31. Dezember 1989 einen Teil der forstwirtschaftlich genutzten Flächen, und zwar insgesamt 26,946 ha zum Vorbehaltsgut des Klägers. Der Wirtschaftswert dieser Flächen liegt unter der für die Auslösung der Buchführungspflicht maßgebenden Grenze. Die der Gütergemeinschaft verbliebenen Forstflächen grenzen teilweise unmittelbar an die zum Vorbehaltsgut erklärten Flächen oder liegen in der unmittelbaren Nähe.

Der Kläger bildete für die zum Vorbehaltsgut erklärte Forstfläche ein Rumpfwirtschaftsjahr und berücksichtigte bei der Ermittlung des Gewinns von 16.317,30 DM nach § 4 Abs. 3 EStG die Betriebsausgabenpauschale nach § 51 der Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV).

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) sah indessen die Forstfläche als Sonderbetriebsvermögen des Klägers im Rahmen des land- und forstwirtschaftlichen Betriebes der Gütergemeinschaft an, versagte die Betriebsausgabenpauschale und rechnete den berichtigten Gewinn in Höhe von 33.587 DM zur Hälfte dem Kläger als Vorweggewinn zu. Der Einspruch blieb erfolglos.

Mit der Klage verfolgten die Kläger ihr Begehren weiter. Sie machten geltend, die beiden Betriebe seien getrennt bewirtschaftet worden.

Die Klage hatte Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, das FA habe den zum Vorbehaltsgut gehörenden Forstbetrieb zu Unrecht als Sonderbetriebsvermögen behandelt. Dieser Betriebsteil sei wirksam auf den Kläger übertragen worden, bilde einen eigenständigen Organismus und sei auf dessen eigene Rechnung geführt worden. Die Verträge seien klar und eindeutig gefaßt und tatsächlich durchgeführt worden. Der Forstbetrieb verfüge über ein eigenes Bankkonto und setze eigene Arbeitskräfte (Aushilfen) ein. Daß forstwirtschaftliche Arbeiten zeitgleich im Betrieb der Kläger als auch in dem des Klägers durchgeführt worden seien und ebenfalls zeitgleich sowohl entsprechende Lohnaufwendungen als auch Ein- und Ausgangsrechnungen für beide Betriebe angefallen wären, sei unerheblich. Entscheidend sei, daß für beide Betriebe keine gemeinsamen Betriebsmittel von wirtschaftlichem Gewicht vorgehalten worden wären. Ab einer bestimmten Größe seien Forstflächen als Teilbetrieb anzusehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 17. Januar 1991 IV R 12/89, BFHE 164, 24, BStBl II 1991, 566). Zu Recht hätten die Beteiligten in der Erklärung der Forstflächen zum Vorbehaltsgut keine Entnahme von Teilflächen oder einen realteilungsähnlichen Vorgang gesehen. Es gäbe selbständige Forstbetriebe, die sich ausschließlich solcher Maschinen bedienten, die über Maschinenringe vermittelt würden. Es schade daher nicht, daß auch im Betrieb des Klägers Maschinen zum Einsatz gekommen seien, die teils im gemeinsamen Betrieb teils in fremden Forstbetrieben eingesetzt worden seien.

Unschädlich sei, daß der durchgeführten Betriebsteilung möglicherweise steuerliche Erwägungen zugrunde lägen. Die Finanzverwaltung erkenne grundsätzlich Betriebsteilungen unter Angehörigen an (Oberfinanzdirektion Münster, Verfügung vom 7. November 1985 S 2230-81-St 16-31, Einkommensteuerkartei, §§ 13, 13 a EStG A 119).

Zwar könne auch ein eigenständiger Betrieb zum Sonderbetriebsvermögen einer Mitunternehmerschaft gehören (BFH-Urteil vom 14. April 1988 IV R 271/84, BFHE 153, 125, BStBl II 1988, 667). Das setze aber voraus, daß der Betrieb seinerseits dem Betrieb der Mitunternehmerschaft oder der Beteiligung seines Inhabers an der Mitunternehmerschaft unmittelbar diene. Hier fehle es jedoch an dem Erfordernis, daß der Betrieb ausschließlich für die Mitunternehmerschaft tätig sei. Auch das FA bestreite nicht, daß der Forstbetrieb nur auf Rechnung des Klägers geführt werde. Dem unternehmerischen Risiko des Eigentümers komme jedoch auch nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 2. Februar 1989 IV R 96/87, BFHE 156, 163, BStBl II 1989, 504) bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft eine besondere Bedeutung zu. Auch sei davon auszugehen, daß der Kläger allein die unternehmerischen Entscheidungen für den Forstbetrieb des Vorbehaltsguts getragen habe. Die Belastung der Forstflächen mit drei Buchgrundschulden zur Abdeckung gemeinsamer Schulden beider Kläger sei unschädlich.

Unter diesen Umständen komme es nicht darauf an, ob § 51 EStDV keine ausreichende Ermächtigungsgrundlage habe.

Mit der vom FG - wegen grundsätzlicher Bedeutung - zugelassenen Revision macht das FA die Verletzung von Bundesrecht geltend.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision des FA ist begründet. Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und die Klage abgewiesen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b EStG i. V. m. § 51 Abs. 1 EStDV können forstwirtschaftliche Betriebe, die nicht zur Buchführung verpflichtet sind und den Gewinn auch nicht freiwillig nach § 4 Abs. 1 EStG ermitteln, zur Abgeltung der Betriebsausgaben auf Antrag einen Pauschsatz von 65 v. H. der Einnahmen aus der Holznutzung abziehen. Die Kläger konnten diesen Abzug nicht in Anspruch nehmen, weil ihre in Gütergemeinschaft stehende Forstfläche den Wirtschaftswert von 40.000 DM und damit die Buchführungsgrenze des § 141 Abs. 1 Nr. 3 der Abgabenordnung (AO 1977) überschritt. Die Übernahme von rd. 27 ha Forstfläche in das Vorbehaltsgut des Ehemannes sollte zumindest hinsichtlich dieser Fläche zum Abzug des Pauschbetrags führen. Dieses Ziel läßt sich auf dem eingeschlagenen Weg jedoch nicht erreichen. Die Forstfläche bildete beim Kläger vielmehr Sonderbetriebsvermögen zu seiner Beteiligung am gemeinsam mit seiner Ehefrau unterhaltenen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, nicht aber einen selbständigen forstwirtschaftlichen Betrieb.

2. Die zwischen den Klägern bestehende Gütergemeinschaft stellt ein den in § 15 Abs. 1 Nr. 2 EStG genannten Gesellschaftsverhältnissen vergleichbares Gemeinschaftsverhältnis und damit eine taugliche Grundlage für die Begründung einer Mitunternehmerschaft i. S. von § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 5 EStG dar (BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 768). Bei der Gewinnermittlung für eine derartige Mitunternehmergemeinschaft ist auch Sonderbetriebsvermögen der Gesellschafter zu berücksichtigen. Hierzu zählen insbesondere Wirtschaftsgüter, die der Gesellschafter der Gesellschaft zur betrieblichen Nutzung überläßt.

Derartiges Sonderbetriebsvermögen hat gerade für Ehegatten-Mitunternehmerschaften in der Land- und Forstwirtschaft besondere Bedeutung. Hier ist es weithin üblich, daß sich der gemeinsam geführte Betrieb auf land- oder forstwirtschaftliche Flächen erstreckt, die teilweise im gemeinsamen Eigentum, teilweise aber im Alleineigentum der Ehegatten stehen; die Mitunternehmerschaft kann sogar dann bestehen, wenn die bewirtschafteten Flächen nur im Alleineigentum der Ehegatten oder gar nur eines Ehegatten stehen (vgl. BFH-Urteile vom 19. Februar 1987 IV R 175/85, BFHE 149, 196, BStBl II 1987, 430; vom 27. Januar 1994 IV R 26/93, BFHE 173, 543, BStBl II 1994, 462 jeweils m. w. N.). In diesen Fällen ist ausschlaggebend, ob die den Ehegatten allein gehörenden Flächen durch den gemeinsamen Betrieb bewirtschaftet werden. Trifft dies zu, hat auch die Übertragung von Flächen aus dem gemeinsamen in das Alleineigentum eines Ehegatten keine Bedeutung. Ein eigenständiger Betrieb des Ehegatten wird hierdurch nicht begründet. Hierzu genügt auch nicht die Aufstellung einer selbständigen Erfolgsrechnung für die Eigenflächen, in der über den gemeinsamen Betrieb vereinnahmte oder verausgabte Beträge dem Ehegatten zugewiesen werden. Ausschlaggebend ist vielmehr, ob die Flächenbewirtschaftung organisatorisch und sachlich miteinander verflochten ist; in diesem Fall handelt es sich bei der Fläche des Ehegatten um Sonderbetriebsvermögen.

3. Führen die Ehegatten gemeinsam einen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb, gelten diese Erwägungen auch für Forstgrundstücke der Eheleute. Werden die Grundstücke im gemeinsamen Betrieb der Eheleute mitbewirtschaftet, handelt es sich um Sonderbetriebsvermögen. Dem steht nicht entgegen, daß die Rechtsprechung bei aussetzenden forstwirtschaftlichen Betrieben geringe Anforderungen an das Bestehen eines forstwirtschaftlichen Betriebs oder Teilbetriebs stellt (BFH-Urteile vom 5. November 1981 IV R 180/77, BFHE 134, 426, BStBl II 1982, 158; vom 17. Januar 1991 IV R 12/89, BFHE 164, 24, BStBl II 1991, 566). Hieraus läßt sich nicht folgern, daß durch eine Aufteilung von Flächen eine Vielzahl von Betrieben oder Teilbetrieben gewonnen werden kann oder daß forstwirtschaftliche Flächen von Eheleuten nach Belieben dem gemeinsamen Betrieb zugeordnet oder als selbständiger Betrieb bezeichnet werden können. Vielmehr kommt es auch in diesem Fall auf die Art der Bewirtschaftung an; hiernach entscheidet sich, ob von einem oder von mehreren Betrieben auszugehen ist.

4. Stand eine forstwirtschaftliche Fläche in der Vergangenheit im gemeinsamen Eigentum der Ehegatten und war sie im gemeinsamen Betrieb bewirtschaftet worden, so spricht eine tatsächliche Vermutung dafür, daß diese sachlichen Beziehungen aufrechterhalten werden, wenn die Fläche in das Alleineigentum eines Ehegatten übertragen wird. Ein Abbruch dieser Beziehungen widerspräche der wirtschaftlichen Vernunft. In der Regel ist deswegen anzunehmen, daß eine solche Fläche Sonderbetriebsvermögen des Ehegatten im gemeinsamen land- und forstwirtschaftlichen Betrieb bleibt. Das gilt auch im Streitfall. Aus den tatsächlichen Feststellungen des FG läßt sich nicht folgern, daß der Kläger mit den in sein Alleineigentum übertragenen Flächen einen selbständigen forstwirtschaftlichen Betrieb begründet hat.

Hiergegen spricht bereits, daß zwischen den Forstflächen des Gesamtguts und des Vorbehaltsguts eine geringe räumliche Entfernung besteht, die Forstflächen teilweise sogar unmittelbar aneinander grenzen. Schon dies spricht für eine gemeinsame Bewirtschaftung vom Hof der Eheleute aus. Sie war in der Person des Klägers auch gewährleistet, der die Bewirtschaftung sämtlicher Flächen von der Hofstelle aus leitete. Über die gemeinsame Leitung und Verwaltung hinaus sind auch laufende Bewirtschaftungsmaßnahmen einheitlich für das Gesamtgut und das Vorbehaltsgut durchgeführt worden.

Aus den Feststellungen des FG ergibt sich hierzu, daß bei der Bewirtschaftung der Vorbehaltsflächen Maschinen der Mitunternehmerschaft und eines Maschinenrings zum Einsatz gekommen sind, die in gleicher Weise auch für die gemeinschaftliche Forstfläche verwendet wurden. Hieraus folgt, daß auch die hiermit verbundenen Lohnarbeiten gemeinschaftlich für sämtliche Flächen in Auftrag gegeben und durchgeführt worden sind.

Ebenso hat der Kläger in wirtschaftlich einsichtiger Weise Jungpflanzen einheitlich für sämtliche Forstflächen beschafft und, wie hieraus zu folgern, auch die Pflanzarbeiten einheitlich durchführen lassen. Schließlich kann nicht unbeachtet bleiben, daß der gemeinsame land- und forstwirtschaftliche Betrieb teilweise auch durch Fremdkapital finanziert worden, daß hiervon auch die spätere Vorbehaltsfläche betroffen war, und daß diese Verbindung noch in den fortbestehenden Grundschulden von 190.000 DM zum Ausdruck kommt.

Das FG ist zu einem anderen Ergebnis gekommen, weil es die Vorbehaltsflächen von vornherein als möglichen Teilbetrieb und die Einräumung von Vorbehaltseigentum daher als Betriebsteilung angesehen hat. Dies entspricht, wie dargelegt, aber nicht den rechtlichen Gegebenheiten.