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BFH-Urteil vom 19.4.1994 (VIII
R 2/93) BStBl. 1995 II S. 705 Der durch Auskehrung des Vermögens einer Kapitalgesellschaft bei ihrem Alleingesellschafter entstandene Gewinn ist nach §§ 16, 34 EStG steuerbegünstigt. EStG §§ 16 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2-4, 17 Abs. 4 Satz 2, 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1; AO 1977 § 42. Vorinstanz: FG Münster Sachverhalt Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin zu 1 (Klägerin zu 1) und ihr Vater (F) waren die alleinigen Gesellschafter einer KG. Die Klägerin, Revisionsbeklagte und Anschlußrevisionsklägerin zu 2 (Klägerin zu 2) ist zusammen mit der Klägerin zu 1 Erbin des am 12. Dezember 1983 verstorbenen F. Die KG übertrug im Jahre 1980 ihr Unternehmen im Rahmen einer Betriebsaufspaltung auf die U-GmbH, an deren Stammkapital sie nach einer Kapitalerhöhung im gleichen Jahr mit 299.000 DM und F mit 1.000 DM beteiligt war. Die GmbH wurde durch Gesellschafterbeschluß vom 14. Juli 1981 aufgelöst. Mit notariellem Vertrag vom 15. März 1983 übertrug F seinen Geschäftsanteil an der GmbH auf die KG, die seitdem Alleingesellschafterin der GmbH war. Der Anteil war in der Bilanz der KG mit 326.413,96 DM ausgewiesen. Im Rahmen der Liquidation hatte die GmbH ihr Anlagevermögen an Dritte veräußert; die restlichen Aktiva und Passiva übernahm die KG mit Abschluß der Liquidation am 14. April 1983. Die GmbH wies in ihrer Liquidationsschlußbilanz einen Bilanzgewinn in Höhe von 128.341,76 DM aus, von dem auf den Liquidationsüberschuß 123.556,81 DM (nach Körperschaftsteuer) und auf den nicht ausgeschütteten Gewinn des Rumpfwirtschaftsjahres 1. Januar bis 14. Juli 1981 ein Betrag von 4.784,95 DM entfielen. Die KG wurde während des Klageverfahrens im Jahre 1989 voll beendet. Der Beklagte, Revisionskläger und Anschlußrevisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) stellte auf der Grundlage der von der GmbH ausgestellten Steuerbescheinigung einen laufenden Gewerbeverlust in Höhe von 29.119 DM und Einkünfte aus Kapitalvermögen in Höhe von 174.119 DM fest. Den Einspruch, mit dem die Klägerinnen die Feststellung eines begünstigten Aufgabegewinns in Höhe von 174.119 DM begehrten, wies das FA mit dem Hinweis zurück, daß es sich dabei um einen laufenden Gewinn handle. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage im wesentlichen statt. Es ging dabei davon aus, daß die Liquidation der GmbH als Aufgabe eines Teilbetriebs i. S. von § 16 Abs. 1 Nr. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) zu beurteilen und deshalb auch der ermäßigte Steuersatz gemäß §§ 16, 34 EStG zu gewähren sei (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1993, 377). Mit der Revision rügt das FA Verletzung materiellen Rechts (§ 16 Abs. 3 EStG). In seiner Begründung führt es im wesentlichen aus, daß der Untergang der Beteiligung an der GmbH der Aufgabe eines Teilbetriebs jedenfalls dann nicht gleichstehe, wenn er zu Bezügen i. S. von § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder Nr. 2 EStG führe. Andernfalls würde der Anteilsinhaber neben der Körperschaftsteueranrechnung zusätzlich die einkommensteuerrechtlichen Vergünstigungen für einen Aufgabegewinn (Freibetrag, Tarifermäßigung) erhalten. Dies widerspreche der Systematik des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens. Dem hat sich das beigetretene Bundesministerium der Finanzen (BMF) unter Bezugnahme auf sein Schreiben vom 17. Juli 1991 IV B 2-S 2242-31/91 (BStBl I 1991, 767) mit dem Hinweis angeschlossen, daß das Gesetz für den hier zu beurteilenden Sachverhalt eine Lücke enthalte, die durch den in § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG zum Ausdruck gekommenen Rechtsgedanken zu schließen sei. Dieser besage, daß Ausschüttungen der Kapitalgesellschaft auch im Falle der Auflösung nicht neben der Körperschaftsteueranrechnung zusätzlich durch einen Freibetrag und durch einen ermäßigten Steuersatz begünstigt sein sollen. Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage abzuweisen. Die Klägerinnen beantragen, das Urteil des FG mit der Maßgabe aufzuheben, daß neben dem laufenden Verlust des Jahres 1983 in Höhe von 29.119 DM ein steuerbegünstigter Aufgabegewinn der KG für dieses Jahr mit 174.119 DM festgestellt wird. Das beigetretene BMF hat keinen Antrag gestellt. Die Revisionsbegründung wurde den Klägerinnen am 26. Januar 1993 mittels eingeschriebenen Briefes zugestellt. Die Revisionserwiderung ging am 2. April 1993 beim Bundesfinanzhof (BFH) ein. Entscheidungsgründe I. Revision des FA Die Revision ist nicht begründet; sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -). Der durch die Auskehrung des Vermögens der GmbH bei der KG entstandene Gewinn ist nach §§ 16, 34 EStG steuerbegünstigt. 1. Der Gewinn ist ein Aufgabegewinn. a) Der Gewinn aus der Liquidation einer Kapitalgesellschaft, deren Anteile zu 100 v. H. zu einem Betriebsvermögen des Anteilseigners gehören, beruht auf der Aufgabe eines Teilbetriebs (§ 16 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz, Abs. 3 EStG; BFH-Urteil vom 15. September 1988 IV R 75/87, BFHE 155, 511, BStBl II 1991, 624). Das gilt, wie der BFH in diesem Urteil ausgeführt hat, auch für Anteile, die zum Gesellschaftsvermögen einer KG gehören und auch dann, wenn das Vermögen der GmbH im Rahmen der Liquidation auf die KG als Alleingesellschafterin übertragen wird. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Ansicht angeschlossen (Schreiben vom 17. Juli 1991, BStBl I 1991, 767). Von ihr geht der erkennende Senat auch im vorliegenden Verfahren aus. b) Dieser Beurteilung steht nicht entgegen, daß die KG erst mit dem Erwerb des Geschäftsanteils ihres Gesellschafters im Rahmen der Liquidation der GmbH deren Alleingesellschafterin wurde. Selbst dann, wenn dieser Anteil ausschließlich zum Zweck der Liquidation erworben worden sein sollte, wäre darin im Streitfall kein Mißbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten zu sehen (§ 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -; zur Veräußerung bzw. dem Erwerb von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft zum Zweck der steuerbegünstigten Liquidation als Grundlage verschiedener "Sparmodelle" vgl. z. B. Herzig, Der Betrieb - DB - 1980, 1605 f., 1609 und Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, Kommentar, § 17 EStG Tz. 139 f. m. w. N.; vgl. auch BFH-Beschluß vom 3. Februar 1993 I B 90/92, BFHE 170, 197, BStBl II 1993, 426). Voraussetzung für die Annahme eines Mißbrauchs ist u. a., daß bei angemessener Gestaltung eine höhere Steuer zu zahlen wäre als auf dem tatsächlich eingeschlagenen Weg (BFH-Urteil vom 1. Dezember 1982 I R 43/79, BFHE 140, 129, BStBl II 1985, 2; Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, Kommentar, 14. Aufl., § 42 AO 1977 Tz. 19). Das ist hier nicht der Fall. Die Liquidation der GmbH hätte auch ohne diesen Erwerb den Tatbestand einer Teilbetriebsaufgabe durch die KG erfüllt. Ob eine Beteiligung mit 100 v. H. i. S. des § 16 Abs. 1 Nr. 1 2. Halbsatz EStG vorliegt, ist durch Addition der GmbH-Anteile im Gesellschaftsvermögen der KG und der GmbH-Anteile im Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer zu bestimmen (vgl. z. B. Herrmann/Heuer/Raupach, Einkommensteuer- und Körperschaftsteuergesetz mit Nebengesetzen, Kommentar, 20. Aufl., § 16 EStG Anm. 121; Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, Das Einkommensteuerrecht, 15. Aufl., § 16 EStG Rdnr. 58; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 12. Aufl., § 16 Anm. 25, 26; anderer Ansicht z. B. Reiß in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, Kommentar, § 16 Rdnr. B 284). Das ergibt sich daraus, daß der Mitunternehmeranteil aus dem Anteil an der Personengesellschaft und dem Sonderbetriebsvermögen des Mitunternehmers besteht (BFH-Urteil vom 19. März 1991 VIII R 76/87, BFHE 164, 260, BStBl II 1991, 635) und damit auch den Teilbetrieb umfaßt. Im Streitfall gehörte der GmbH-Anteil als Folge der zwischen der KG und der GmbH bestehenden Betriebsaufspaltung zum Sonderbetriebsvermögen des F (vgl. z. B. BFH-Urteil vom 16. April 1991 VIII R 63/87, BFHE 164, 513, BStBl II 1991, 832). 2. Der Aufgabegewinn ist steuerbegünstigt (§§ 16 Abs. 4, 34 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 EStG). a) Aufgabegewinn aus der Liquidation einer Kapitalgesellschaft ist der Unterschiedsbetrag zwischen dem gemeinen Wert des gesamten von der Kapitalgesellschaft ausgekehrten Vermögens und dem Buchwert der Beteiligung an der Kapitalgesellschaft im Gesellschaftsvermögen der KG bzw. im Sonderbetriebsvermögen der Mitunternehmer (§ 16 Abs. 2 und Abs. 3 Satz 3 EStG; vgl. auch - für Beteiligungen im Privatvermögen - § 17 Abs. 2 und Abs. 4 Satz 2 EStG). Ob das uneingeschränkt gilt oder ob der ausgekehrte Betrag insoweit als laufender Gewinn zu behandeln ist, als er eine Gewinnausschüttung für die Zeit vor Beginn der Liquidation enthält, braucht der Senat im Streitfall nicht zu entscheiden (vgl. dazu Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a. a. O., § 17 Anm. 120; Schmidt, a. a. O., § 17 Anm. 33 m. w. N.; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 20 Rdnr. D 14). Das FG hat den ausgekehrten Betrag, soweit er auf einem Gewinnausschüttungsbeschluß der GmbH für das Rumpfwirtschaftsjahr 1981 beruht, als laufenden Gewinn behandelt. Eine Überprüfung dieser Entscheidung ist im vorliegenden Revisionsverfahren nicht mehr möglich (vgl. dazu unten II.). b) Die durch die Auskehrung des übrigen Gesellschaftsvermögens eingetretene Vermögensmehrung gehört weder insoweit zum laufenden Gewinn der KG aus Gewerbebetrieb, als sie bei einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 und 2 EStG als Einnahme aus Kapitalvermögen anzusetzen wäre, noch insoweit, als dem ausgekehrten Vermögen die anzurechnende Körperschaftsteuer als weitere Einnahme nach § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG hinzuzurechnen ist. Das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren zwingt weder zu einer einschränkenden Auslegung noch zu einer teleologischen Reduktion der §§ 16, 34 EStG. aa) Der BFH hat sich bisher mit der Frage, welchen Einfluß das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren bei einer Beteiligung mit 100 v. H. an einer Kapitalgesellschaft auf die Höhe des Aufgabegewinns i. S. des § 16 Abs. 3 EStG hat, nicht befaßt. Der IV. Senat brauchte dazu in seinem Urteil in BFHE 155, 511, BStBl II 1991, 624 nicht Stellung zu nehmen, weil er nur über die Beteiligung an einer ausländischen Kapitalgesellschaft zu entscheiden hatte. Im Schrifttum wird von einigen Autoren die Auffassung vertreten, das gesamte aufgrund der Liquidation ausgekehrte Vermögen zuzüglich der anzurechnenden Körperschaftsteuer i. S. des § 20 Abs. 1 Nr. 3 und § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG sei Veräußerungs- bzw. Aufgabepreis i. S. des § 16 Abs. 3 EStG (so etwa Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a. a. O., § 17 EStG Tz. 136; Herzig, DB 1980, 1605; Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 16 EStG Rdnr. 119, 126, 134; Hörger in Littmann/Bitz/Hellwig, a. a. O., § 16 EStG Rdnr. 61 und § 17 Rdnr. 90). Folgt man dieser Ansicht, so stehen - soweit der ausgekehrte Betrag auf Ausschüttungen aus dem verwendbaren Eigenkapital EK 56/50 bis EK 03 entfällt - dem Gesellschafter die Körperschaftsteueranrechnung und zusätzlich die Vergünstigungen für den Aufgabegewinn (Freibetrag, Tarifermäßigung) zu. Im Schrifttum wird aber auch die Auffassung vertreten, in analoger Anwendung des § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG sei als Veräußerungs- bzw. Aufgabepreis i. S. des § 16 Abs. 3 EStG nur der Teil des Liquidationserlöses anzusehen, der auf das sog. übrige Eigenkapital i. S. von § 29 Abs. 2 Satz 1 des Körperschaftsteuergesetzes zuzüglich des EK 04 entfällt; soweit der Liquidationserlös auf Ausschüttungen aus dem verwendbaren Eigenkapital EK 56/50 bis EK 03 entfällt, liegen danach laufende Betriebseinnahmen nach § 20 Abs. 1 Nr. 2 i. V. m. § 20 Abs. 3 EStG vor, die sich gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. § 20 Abs. 3 EStG um die nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG anzurechnende Körperschaftsteuer erhöhen (so etwa Reiß in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 16 Rdnr. B 295; Schmidt, a. a. O., § 16 Anm. 28; Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Rz. 7393). Diese Ansicht vertritt auch die Finanzverwaltung (Schreiben vom 17. Juli 1991, BStBl I 1991, 767). bb) Der erkennende Senat ist der Ansicht, daß das körperschaftsteuerliche Anrechnungsverfahren keinen Einfluß auf die Besteuerung des Aufgabegewinns nach den Vorschriften der §§ 16, 34 EStG hat. aaa) Die Regelungsbereiche des Körperschaftsteuer-Anrechnungsverfahrens und der §§ 16, 34 EStG schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich. Zweck der Steuervergünstigung der §§ 16, 34 EStG ist die Vermeidung von Härten, die durch die Auflösung aller stillen Reserven und ihre Versteuerung nach dem progressiven Einkommensteuertarif entstehen würden (vgl. z. B. BFH-Urteile in BFHE 155, 511, BStBl II 1991, 624 und vom 1. Dezember 1992 VIII R 57/90, BFHE 170, 320, BStBl II 1994, 607, unter III. 4. b m. w. N.).; sie knüpft an den der Einkommensbesteuerung unterliegenden Gewinn an. Zweck des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens ist es, die Vorbelastung des Gewinns der Kapitalgesellschaft mit Körperschaftsteuer zu beseitigen. Damit soll erreicht werden, daß der von der Körperschaft ausgeschüttete Gewinn nur noch mit der individuellen Einkommensteuerschuld des Gesellschafters belastet wird (zum System der Körperschaftsteueranrechnung vgl. z. B. Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., Anm. 18 vor § 27 KStG; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 20 Rdnr. E3). Das gilt auch für Gewinne aus Beteiligungen, die im Betriebsvermögen gehalten werden (vgl. BFH-Urteil vom 7. November 1990 I R 68/88, BFHE 162, 337, BStBl II 1991, 177 m. w. N.). Sollen aber auch die sog. Gewinneinkünfte nur einmal - mit Einkommensteuer - belastet werden, dann läßt der Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer die Entscheidung des Gesetzgebers, diesen Gewinn begünstigt zu versteuern, wenn er auf der Zusammenballung stiller Reserven beruht, unberührt. Aus demselben Grunde ist auch der Anspruch auf die Anrechnung der Körperschaftsteuer nach § 36 Abs. 2 Nr. 3 EStG selbst in den begünstigten Aufgabegewinn einzubeziehen. Er ist Teil der Gesamtdividende; dementsprechend erhöht er - analog der in § 20 Abs. 1 Nr. 3 EStG für die Einkünfte aus Kapitalvermögen getroffenen Regelung - den ausgeschütteten Gewinn bzw. den nach einer Liquidation ausgekehrten Betrag (vgl. - für Gewinnausschüttungen - BFH-Urteil vom 26. Juni 1991 XI R 24/89, BFHE 165, 206, BStBl II 1991, 877). Erst durch die Erhöhung des ausgeschütteten bzw. ausgekehrten Betrages um die Körperschaftsteuer wird erreicht, daß der Gewinn der Kapitalgesellschaft bei ihren Gesellschaftern in vollem Umfang - also vor Körperschaftsteuer - besteuert wird (vgl. etwa BFH in BFHE 162, 337, BStBl II 1991, 177 unter 3. b der Gründe). Es ist in diesem Zusammenhang ohne Bedeutung, ob dieser Anspruch der Gesellschaft selbst oder - als Forderung im Sonderbetriebsvermögen - den Gesellschaftern zusteht (zum Streitstand vgl. Schmidt, a. a. O., § 5 Anm. 31 "Körperschaftsteuer-Anrechnungsanspruch" und § 15 Anm. 77 h, m. w. N.; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 20 Rdnr. E 8); der bei der Einkommensteuerveranlagung der Mitunternehmer zu berücksichtigende Anteil am Gesamtgewinn der Mitunternehmerschaft enthält den Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer nach jeder der beiden Ansichten. bbb) Auch die in § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG getroffene Regelung kann die vom FA geltend gemachte Aufteilung des ausgekehrten Betrages in Kapitalerträge und Kapitalrückzahlungen nicht rechtfertigen. Zwar fordert diese Vorschrift bei wesentlichen Beteiligungen im Privatvermögen eine solche Aufteilung, obwohl der durch die Liquidation der Gesellschaft entstandene Aufgabegewinn wie der Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG grundsätzlich ebenfalls in Höhe eines Freibetrages ganz von der Steuer freigestellt und im übrigen nur mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 Abs. 1 EStG versteuert wird (§§ 17 Abs. 3, 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG). Der Ausschluß dieser Steuervergünstigungen in § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG ist jedoch - ebensowenig wie die vergleichbaren Regelungen der §§ 10 Abs. 2 und 11 Abs. 2 des Umwandlungsteuergesetzes (UmwStG 1977) - nicht Ausdruck eines allgemein für die Besteuerung von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften geltenden Grundsatzes. Die gesetzliche Regelung läßt einen solchen Grundsatz nicht erkennen. Die ihr zugrunde liegenden Motive ergeben sich weder aus der Begründung zum Regierungsentwurf noch aus dem Bericht des Finanzausschusses. Das System des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens fordert - wie ausgeführt - eine Differenzierung der Liquidationsbesteuerung i. S. des § 17 Abs. 4 Satz 2 EStG nicht. Sie wird deshalb im Schrifttum auch überwiegend als nicht sachgerecht empfunden (zur Kritik vgl. z. B. Herrmann/Heuer/Raupach, a. a. O., § 16 EStG Anm. 33 und § 17 EStG Anm. 342; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, § 17 Tz. 122, 131 f.; Maenner in Kläschen, Körperschaftsteuergesetz 1977, Handkommentar, § 41 Rz. 46, jeweils m. w. N.). Die gegenwärtige Rechtslage hat zur Folge, daß die Realisierung der stillen Reserven im Betriebsvermögen einer Kapitalgesellschaft durch Veräußerung der wesentlichen Beteiligung regelmäßig günstiger ist als bei der Liquidation dieser Gesellschaft; sie ist damit Grundlage einer Reihe von Gestaltungsvorschlägen zur Vermeidung dieser unterschiedlichen Behandlung (vgl. dazu die Beispiele bei Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, § 17 Tz. 139 f.; Reiß in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 16 Rdnr. B294; Schmidt, a. a. O., § 17 Anm. 34 a, jeweils m. w. N.). Dementsprechend wird auch die vergleichbare Entscheidung des Gesetzgebers in den genannten Vorschriften des UmwStG als rechtspolitisch fragwürdig bezeichnet (Widmann/Mayer, a. a. O., Tz. 5651 ff., 5282.1 ff. und Reiß in Kirchhof/Söhn, a. a. O., § 16 Rdnr. B295). Ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung kann dieses Ergebnis nicht auf die Teilbetriebsaufgabe des § 16 EStG übertragen werden. II. Anschlußrevisionen der Klägerinnen Mit ihrer Revisionserwiderung begehren die Klägerinnen einen höheren steuerbegünstigten Aufgabegewinn, als ihnen das FG zugesprochen hat. Ihr Antrag war deshalb als unselbständige Anschlußrevision zu behandeln. Als solche ist sie unzulässig. Sie wurde nicht innerhalb eines Monats nach Zustellung der Revisionsbegründung eingelegt (§§ 556 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung, 155 FGO und dazu BFH-Urteil vom 8. April 1981 II R 4/78, BFHE 133, 155, BStBl II 1981, 534). |