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BFH-Urteil vom 18.5.1995 (IV R 31/94) BStBl. 1995 II S. 718 Bei der Beantwortung der Frage, ob der Getränkeverkauf in einer von einer GbR geführten Tanzschule mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben wird, sind solche Aufwendungen außer Ansatz zu lassen, die in vollem Umfang für den Betrieb der Tanzschule notwendig sind. EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2. Sachverhalt Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) betreibt in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) in A und B eine Tanzschule. Sie erklärte hieraus Einkünfte aus selbständiger Arbeit i. S. des § 18 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG). Die Erlöse enthielten außer den Einnahmen aus Tanzkursen u. a. auch Erlöse aus Getränkeverkauf (etwa 9 v. H. der Gesamterlöse). Die Getränke werden in den Tanzpausen, vor und nach dem Tanzunterricht und bei Sonderveranstaltungen (z. B. Mittelbällen) angeboten. Aus den Gewinnermittlungen ergeben sich nach den Feststellungen des Finanzgerichts (FG) für den Getränkeverkauf in den Streitjahren folgende Daten:
Nach einer bei der Klägerin durchgeführten Außenprüfung vertrat der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) die Auffassung, der Getränkeverkauf sei eine gewerbliche Tätigkeit. Deshalb gehörten die gesamten Einkünfte der Klägerin, also insbesondere auch jene aus Tanzkursen, zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Das FA erließ für die Streitjahre geänderte Gewinnfeststellungsbescheide, in denen nunmehr statt Einkünften aus selbständiger Tätigkeit solche aus Gewerbebetrieb festgestellt wurden. Außerdem erließ es erstmalig Gewerbesteuermeßbescheide. Gegen diese Bescheide erhob die Klägerin Einspruch. Sie machte unter Zugrundelegung der eingangs aufgeführten Erlöse und Wareneinsätze geltend, sie habe die Getränke nicht in Gewinnerzielungsabsicht angeboten, sondern lediglich zu dem Zweck, den Tanzschulbetrieb zu fördern. Sie habe bei anteiliger Zurechnung der im Gesamtbetrieb angefallenen Aufwendungen in den Streitjahren insgesamt einen Verlust in Höhe von 23.379 DM erzielt. Die Einsprüche hatten keinen Erfolg. Das FA vertrat die Auffassung, ein Rohgewinnaufschlag von 201 v. H., wie er im Jahre 1982 erzielt worden sei, widerspreche der Behauptung fehlender Gewinnerzielungsabsicht. Mit der Klage verfolgte die Klägerin ihr Begehren weiter. Sie trug vor, sie habe mit einem durchschnittlichen Aufschlag von 160 v. H. gearbeitet. Die abweichenden Aufschläge in den Überschußermittlungen 1982 und 1983 beruhten wohl auf "Verschiebungen bei den Warenbeständen". Im Gegensatz hierzu hätten vergleichbare Gaststättenbetriebe mit Aufschlägen von 300 v. H. kalkuliert. Ab Oktober 1983 habe sie den gastronomischen Bereich in A einem Tanzschul-Service übertragen. Auf Aufforderung des FG legte der Bevollmächtigte der Klägerin unter dem Datum vom 26. April 1990 eine weitere, aus der einheitlichen Buchführung entwickelte Ergebnisermittlung für den Getränkeverkauf vor. Sie wies Verluste in Höhe von insgesamt 66.132 DM aus. Bei dieser Berechnung entsprach der Wareneinsatz nicht mehr den in der eingangs dargestellten Übersicht enthaltenen Beträgen. Vielmehr war er unter Zugrundelegung eines Rohgewinnaufschlagsatzes von 160 v. H. retrograd aus den Erlösen ermittelt worden. Der Bevollmächtigte begründete das damit, daß Warenbestandsaufnahmen für Getränke nicht vorhanden seien. Ein Warenbestand sei daher in den Bilanzen überhaupt nicht erfaßt worden. Anteilige Raumkosten und Absetzung für Abnutzung (AfA) waren in Höhe von 25 v. H. der Gesamtaufwendungen angesetzt. Dieser Vomhundertsatz war in der Weise ermittelt worden, daß manche Räume (Barbereiche, Küchen und Büros) ganz und manche anteilig dem Getränkeverkauf zugeordnet worden waren. Die auf diese Weise ermittelten Flächen hatte der Bevollmächtigte der Klägerin sodann ins Verhältnis zu der Gesamtfläche der Räume gesetzt. Der Zinsaufwand war überwiegend direkt zugeordnet. An Personalkosten waren für jede der beiden Tanzschulen vier Putzhilfestunden und zwei Tanzlehrerstunden wöchentlich sowie 76 v. H. der Aushilfslöhne berücksichtigt worden. Die übrigen Aufwendungen waren entweder direkt (z. B. Getränkesteuer) oder im Verhältnis der Erlöse (z. B. Verwaltungskosten, Reparaturen, Beratungskosten) zugeordnet. Das FG gab der Klage statt. Zur Begründung führte es aus, entgegen der Auffassung des FA könnten bei der Beantwortung der Frage, ob auf den Getränkebetrieb Gewinne oder Verluste entfielen, nicht lediglich die Getränkeerlöse den durch den Getränkeverkauf erzielten Zusatzkosten gegenübergestellt werden. Für die Abgrenzung zweier unterschiedlicher Tätigkeiten müsse gedanklich auch von zwei Teilbetrieben ausgegangen werden, d. h. für jeden Bereich müsse nach steuerlichen Grundsätzen das Betriebsvermögen und die jährlich stattfindende Betriebsvermögensvermehrung ermittelt werden. Dies erfordere eine genaue Zuordnung der dem Betrieb dienenden Wirtschaftsgüter und der durch deren Anschaffung und Nutzung verursachten Kosten. Bei einer gemischten Nutzung müßten diese Kosten entsprechend den Nutzungsverhältnissen aufgeteilt werden. Allerdings sei die von der Klägerin vorgenommene Abgrenzung der prozentual aufgeteilten Kosten zu korrigieren. Insbesondere dürften die Büroräume und die Foyers nur nach dem Umsatzschlüssel, die Toiletten, Spiegelraum und Flur nur zur Hälfte dem Gaststättenbereich zugerechnet werden. Ferner seien die Personalkosten zu hoch angesetzt. Auch nach der Korrektur verbleibe für die Streitjahre jedoch ein Verlust aus dem Getränkeverkauf in Höhe von insgesamt 8.274 DM. Hiergegen richtet sich die vom Senat zugelassene Revision des FA, mit der die Verletzung materiellen Rechts gerügt wird. Entscheidungsgründe Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage. Das FA hat in den angefochtenen Bescheiden die Klägerin zu Recht als Gewerbetreibende angesehen. Zwar erzielen Tanzlehrer mit ihrer unterrichtenden Tätigkeit an sich Einkünfte aus selbständiger Arbeit. Die Klägerin ist jedoch eine GbR. Die Tätigkeit einer Personengesellschaft ist insgesamt als gewerblich anzusehen, wenn sie auch eine gewerbliche Tätigkeit ausübt. Das ergibt sich für die Streitjahre aus § 2 Abs. 2 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG), der auch für die einkommensteuerliche Qualifizierung der Einkünfte maßgeblich ist (Senatsurteil vom 10. November 1983 IV R 86/80, BFHE 140, 44, BStBl II 1984, 152; jetzt § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). Als gewerbliche Tätigkeit, die nach den genannten Vorschriften auch die an sich freiberufliche Unterrichtstätigkeit der Klägerin zu einer gewerblichen macht, ist im Streitfall der Getränkeverkauf anzusehen (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 27. November 1984 VIII R 294/81, BFH/NV 1986, 79). Entgegen der Auffassung der Klägerin kann ihre Tätigkeit nicht mit der Begründung, der Getränkeverkauf diene lediglich dem Unterrichtszweck, einheitlich als freiberuflich eingeordnet werden. Zwar hat es der BFH für möglich gehalten, daß die Unterbringung und Beköstigung in einem Internat nur ein Hilfsmittel für die Erziehung und Ausbildung junger Menschen ist (BFH-Urteil vom 30. Juni 1964 VI 301/62 U, BFHE 80, 436, BStBl III 1964, 630) und daß aus diesem Grund der gesamte Betrieb des Internats einheitlich freiberuflichen Charakter hat. Die Beköstigung von Internatsschülern ist jedoch mit dem Getränkeverkauf in einer Tanzschule nicht vergleichbar. Während bei dem einen längeren Zeitraum umfassenden Aufenthalt in einem Internat die Verpflegung der Schüler unumgänglich ist, läßt sich Gleiches für die Versorgung der regelmäßig nur zwei Stunden in der Tanzschule anwesenden Tanzschüler mit Getränken nicht sagen. Die Abgabe von Getränken in einer Tanzschule ist nicht notwendiger Bestandteil der Verrichtungen eines Tanzlehrers (BFH-Urteil in BFH/NV 1986, 79), mag sie auch heutzutage zum Standardangebot der Tanzschulen gehören. Sie ähnelt ihrer Art nach vielmehr den Angeboten der Gastronomie und tritt zu dieser auch in Wettbewerb. Entgegen der Auffassung des FG ist der Getränkeverkauf auch nicht ohne Gewinnerzielungsabsicht betrieben worden. Zutreffend ist das FG allerdings davon ausgegangen, daß es an einer Gewinnerzielungsabsicht fehlt, wenn mit den Einnahmen lediglich die Selbstkosten gedeckt werden sollen, wobei zur Kostendeckung neben der Erwirtschaftung der laufenden Kosten auch die Erhaltung des der gewerblichen Tätigkeit dienenden Vermögens gehört (BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, unter IV. 2. a; speziell zum Getränkeverkauf in einer Tanzschule BFH-Urteil in BFH/NV 1986, 79, 80). Zuzustimmen ist auch der Annahme, daß für die Abgrenzung zweier unterschiedlicher Tätigkeiten gedanklich von zwei Teilbetrieben auszugehen ist, und daß demnach gedanklich für jeden Bereich auch das Betriebsvermögen zu ermitteln ist. Daraus folgt entgegen der Annahme des FG jedoch nicht, daß sämtliche Aufwendungen der GbR auf den Tanzschulbereich und den Getränkeverkauf aufzuschlüsseln seien. Der Streitfall weist die Besonderheit auf, daß der eine der beiden gedanklichen Teilbetriebe, nämlich der Getränkeverkauf, dem anderen zu dienen bestimmt ist. Das zeigt sich zwar - wie ausgeführt - nicht darin, daß der Getränkeverkauf für den Tanzschulbetrieb notwendig wäre, wohl aber darin, daß er von der Existenz des anderen Betriebs (Tanzschule) in der Weise abhängig ist, daß er ohne den "Hauptbetrieb" nicht existieren würde. Ähnliches läßt sich beispielsweise von einer Kantine sagen. Ist in einem solchen Fall die Frage zu beantworten, ob der dienende Betrieb mit oder ohne Gewinnerzielungsabsicht tätig wird, so sind Aufwendungen, die für den Hauptbetrieb unentbehrlich sind, nicht in die Berechnung des Totalgewinns einzubeziehen. Diese Aufwendungen dienen in vollem Umfang der Gewinnerzielung durch den gedachten Hauptbetrieb und stellen daher Betriebsausgaben bei seiner Gewinnermittlung dar. Sie können folglich nicht dazu herangezogen werden, das Fehlen einer Gewinnerzielungsabsicht in dem gedachten dienenden Betrieb zu begründen. Das gefundene Ergebnis entspricht auch der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs und des BFH zur Beherbergung und Beköstigung in Krankenanstalten und Internaten. In diesen Fällen hat die Rechtsprechung den gesamten Betrieb als gewerblich angesehen, wenn mit der Beherbergung und Beköstigung ein "besonderer" Gewinn erstrebt wurde, also eine besondere Gewinnquelle neben dem ärztlichen oder unterrichtenden Beruf eröffnet werden soll (vgl. BFH-Urteil in BFHE 80, 436, BStBl III 1964, 630 m. w. N.). Die Formulierung ("neben") ist so zu verstehen, daß die für die Ausübung des ärztlichen oder unterrichtenden Berufs notwendigen Aufwendungen nicht anteilig in die Betrachtung eingehen, ob die Beherbergung und Beköstigung mit Gewinnerzielungsabsicht betrieben werden. Auf den Streitfall bezogen heißt das, daß beim Ansatz der Raumkosten die Aufwendungen für die jeweiligen Barbereiche sowie die (nach dem Umsatzschlüssel umzulegenden) Bürokosten bei der Berechnung des Totalgewinns als Betriebsausgaben des Getränkeverkaufs zu berücksichtigen sind, während die Aufwendungen für Flure, Garderoben und Toiletten in vollem Umfang dem Tanzschulbetrieb zugeordnet werden müssen. Das FG hat darüber hinaus einen Abstellraum und jeweils eine Küche in A und B den Aufwendungen des Getränkeverkaufs zugerechnet. Letzteres ist zweifelhaft, weil eine der beiden Küchen (als Teeküche bezeichnet) nicht in der Nähe des Barbereichs, sondern in der Nähe der Büros liegt.
Die Summe von 161,24 qm entspricht 14,77 v. H. der Gesamtfläche von 1.091,81 qm. Das FG hat demgegenüber einen Vomhundertsatz von 19,06 v. H. der Raumkosten dem Getränkeverkauf zugeordnet. Die dem Getränkeverkauf zuzurechnenden Ausgaben mindern sich mithin um 4,29 v. H. von 715.274 DM = 30.685 DM. Daher ergibt sich für die Streitjahre nicht der vom FG errechnete Totalverlust in Höhe von 8.274 DM, sondern ein Totalgewinn von 22.411 DM. Werden über mehrere Jahre Geschäftsergebnisse erzielt, die insgesamt zu einem Gewinn führen, so liegt hierin ein Beweisanzeichen dafür, daß die Tätigkeit mit Gewinnerzielungsabsicht ausgeübt wurde (BFH-Beschluß in BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 765, unter IV. 3. c). Dieses Beweisanzeichen kann nicht durch den Umstand entkräftet werden, daß die Klägerin - wie der Zeuge bekundet hat - die Verkaufspreise um 30 v. H. bis 50 v. H. niedriger festgesetzt hat als die Getränkepreise in vergleichbaren Gaststättenbetrieben. Zutreffend weist die Revision darauf hin, daß auch der von der Klägerin angewandte Rohgewinnaufschlagsatz von 160 v. H. selbst dann Gewinne ermöglicht, wenn mit dem Rohgewinn die Kosten einer gehobenen Ausstattung zu decken sind. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, daß die gehobene Ausstattung der dem Tanzschulbetrieb dienenden Räume nach dem oben Gesagten nicht in den Vergleich einbezogen werden darf.
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