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  BFH-Urteil vom 29.6.1995 (VIII R 68/93) BStBl. 1995 II S. 722

Nimmt ein Steuerpflichtiger an einer Kapitalerhöhung teil und veräußert er anschließend die gesamte, im Privatvermögen gehaltene wesentliche Beteiligung, ist ein dadurch erhöhter Veräußerungsverlust anzuerkennen, wenn der Steuerpflichtige eine derartige Abwicklungsmaßnahme getroffen hat, um die gesamte wesentliche Beteiligung überhaupt veräußern zu können und um seinen Ruf als Kaufmann zu wahren (Abgrenzung zum Schreiben des BMF vom 24. August 1994 IV B 2 - S 2244 - 41/94, BStBl I 1994, 711).

EStG 1985 § 17 Abs. 1, 2, § 22 Nr. 3, § 23 Abs. 1, 3 Satz 1, 4 Satz 3; AO 1977 § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2, § 42.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) beteiligte sich am Stammkapital von 51.000 DM der 1983 gegründeten S-GmbH mit einem Geschäftsanteil von 17.000 DM. In der gleichen Höhe waren ferner L und S beteiligt. Der Gesellschafter S hielt seinen Geschäftsanteil von 17.000 DM je hälftig treuhänderisch für den Kläger und L. Die Geschäftsanteile waren voll einbezahlt.

Der Kläger übernahm privatschriftlich am 17. Dezember 1984 gegenüber der Kreissparkasse M aufgrund der finanziellen Situation der S-GmbH für den dieser eingeräumten Kontokorrentkredit eine selbstschuldnerische Bürgschaft bis zur Höhe von 10.000 DM. Nach der Bilanz zum 31. Dezember 1984 erlitt die S-GmbH bei einem Verlustvortrag von 18.869,66 DM einen laufenden Verlust von 46.629,26 DM und auf den 31. Dezember 1985 einen laufenden Verlust von 40.584,81 DM.

Mit notariellem Vertrag vom 4. Februar 1985 erwarb der Kläger den Anteil vom Treuhänder zum nominellen Betrag von 8.500 DM. Mit weiterem notariellem Vertrag vom gleichen Tage erhöhten die Gesellschafter das Stammkapital um 15.000 DM auf 66.000 DM. Der Kläger leistete eine Einlage von 7.500 DM. Mit notariellem Vertrag vom gleichen Tage veräußerte der Kläger seine Anteile von insgesamt 33.000 DM zu einem Preis von 1.650 DM an Frau S. Das gleiche tat L.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) anerkannte den für 1985 erklärten Veräußerungsverlust von insgesamt 31.350 DM nur in Höhe von 15.350 DM (17.000 DM - ursprüngliche Beteiligung - ./. 1.650 DM Veräußerungserlös). Den weiteren Betrag von 16.000 DM behandelte das FA als einen nicht ausgleichsfähigen Spekulationsverlust. Die Einkommensteuer für 1985 setzte es nach einem Verlustrücktrag aus 1987 in Höhe von 28.775 DM auf 0 DM fest.

Für 1989 setzte das FA die Einkommensteuer unter Berücksichtigung eines Verlustvortrages in Höhe von 37.998 DM auf 13.769 DM fest (Einkommensteuerbescheid vom 9. September 1991). In dem erfolglos durchgeführten Einspruchsverfahren wegen Einkommensteuer 1989 hatte der Kläger die Kapitalerhöhung mit der Abwendung des Konkurses über das Vermögen der S-GmbH begründet. Er habe sich dieser Maßnahme nicht entziehen können.

Mit der Klage begehrte der Kläger unverändert, einen weiteren Veräußerungsverlust in Höhe von 16.000 DM abzuziehen.

Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt und verpflichtete das FA, die Einkommensteuer 1989 unter Abzug des zusätzlich geltend gemachten Veräußerungsverlustes in Höhe von 16.000 DM festzusetzen.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung materiellen Rechts (§§ 23 Abs. 3, Abs. 4 Satz 3, 17 Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes - EStG -).

Das FA anerkenne die Berücksichtigung des Verlustes hinsichtlich des zunächst treuhänderisch gehaltenen Geschäftsanteils von 8.500 DM. Bezüglich des verbleibenden Verlustes von 7.500 DM (Geschäftsanteil aus der Kapitalerhöhung) sei jedoch § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG trotz des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 4. November 1992 X R 33/90 (BFHE 169, 357, BStBl II 1993, 292) anwendbar. Im Streitfall habe nämlich insoweit eine Gewinnerzielungsabsicht gefehlt. Die Kapitalerhöhung sei in der Absicht vorgenommen worden, den Anteil am gleichen Tag zu einem unter dem Nennbetrag liegenden Preis zu veräußern. Der Kläger habe die Erzielung eines gewerblichen Gewinns aus dem Halten des Geschäftsanteils nicht beabsichtigt.

Das FA beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die Klage als unbegründet abzuweisen, soweit der Abzug eines weiteren Verlustes von 7.500 DM begehrt wird.

Der Kläger beantragt sinngemäß, die Revision zurückzuweisen.

Das FA hat während des Revisionsverfahrens mit geändertem Einkommensteuerbescheid vom 30. Dezember 1993 unter Berücksichtigung des weiteren Verlustes von 8.500 DM die Einkommensteuer auf 10.273 DM herabgesetzt, ohne daß insoweit die tatsächlichen Grundlagen des Streitstoffes berührt sind. Der Kläger hat den Änderungsbescheid mit Schriftsatz vom 14. Januar 1994 fristgerecht zum Gegenstand des Verfahrens gemacht.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Das FG hat im Ergebnis zu Recht den aus der Veräußerung der wesentlichen Beteiligung des Klägers an der S-GmbH im Jahre 1985 entstandenen Verlust auch insoweit bei der Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte als ausgleichsfähig behandelt, als er auf den durch die Beteiligung des Klägers an der Kapitalerhöhung entstandenen Geschäftsanteil in Höhe von 7.500 DM entfällt (§ 10 d Satz 1 EStG i. d. F. des Steuerentlastungsgesetzes 1984 vom 22. Dezember 1983, BGBl I 1983, 1583). Der in dieser Höhe aus dem Veranlagungszeitraum 1987 auf den Veranlagungszeitraum 1985 zurückgetragene Verlust ist auf das Streitjahr 1989 vorzutragen.

Das FG hat die Aufwendungen für den Rückerwerb des Treuhandanteils von S und für die Kapitalerhöhung in vertretbarer Weise und ohne daß insoweit Rügen erhoben worden sind (vgl. § 118 Abs. 2 FGO) als steuerlich relevante Abwicklungsmaßnahmen gewürdigt, um einerseits die Anteile aus der wesentlichen Beteiligung überhaupt veräußern zu können und zum anderen, um den kaufmännischen Ruf zu wahren.

1. Das FG hat zutreffend einen Vorrang des § 17 EStG vor §§ 22 Nr. 2, 23 EStG angenommen mit der Folge, daß der für Spekulationsgeschäfte in § 23 Abs. 4 Satz 3 EStG bestimmte Verlustausschluß im Streitfall nicht eingreift.

a) Der erkennende Senat hat sich der unter Änderung der bisherigen entgegenstehenden Rechtsprechung gewonnenen Rechtsauffassung des X. Senats des BFH (Urteil in BFHE 169, 357, BStBl II 1993, 292) angeschlossen, daß § 17 EStG ein entsprechender Vorrang zukomme, und nach erneuter Überprüfung der hiergegen insbesondere vom Bundesministerium der Finanzen (BMF) erhobenen Einwendungen daran festgehalten (Urteil des erkennenden Senats vom 14. September 1993 VIII R 42/92, BFHE 173, 312, BStBl II 1994, 683, nur Leitsatz, Gründe in BFH/NV 1994, 615). Das BMF hat sich mit Schreiben vom 24. August 1994 IV B 2 - S 2244 - 41/94 (BStBl I 1994, 711) zwischenzeitlich bis zum Inkrafttreten des geänderten § 23 Abs. 3 Satz 2 EStG i. d. F. des Mißbrauchsbekämpfungs- und Steuerbereinigungsgesetzes (BStBl I 1994, 50) mit Wirkung vom Veranlagungszeitraum 1994 dieser Rechtsauffassung grundsätzlich angeschlossen.

b) Im Ergebnis zu Recht ist das FG von einem nach § 17 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Satz 1 EStG anzusetzenden Veräußerungsverlust ausgegangen.

aa) Bei der Ermittlung des Einkommens für die Einkommensteuer sind nur solche positiven oder negativen Einkünfte anzusetzen, die unter die Einkünfte nach § 2 Abs. 1 Nr. 1 bis 7 EStG fallen. Fehlt es an der Absicht der Einkünfteerzielung, liegen keine steuerbaren Einkünfte vor (vgl. Beschluß des Großen Senats des BFH vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766).

§ 17 Abs. 1 Satz 1 EStG ordnet das Halten und die Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung den gewerblichen Einkünften zu (BFH-Urteil vom 8. Oktober 1985 VIII R 234/84, BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, 598). Bei der Anwendung des § 17 EStG sind die Grundaussagen des § 2 Abs. 1 EStG über die Steuerbarkeit des Einkommens vorgegeben (BFHE 169, 357, BStBl II 1993, 292, 294), mithin auch die Notwendigkeit, daß der wesentlich Beteiligte die Anteile mit der Absicht, Gewinn zu erzielen, erwerben und halten muß (vgl. auch § 15 Abs. 2 Satz 1 EStG).

bb) Regelmäßig ist bei gewerblichen Einkünften aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung davon auszugehen, daß der wesentlich Beteiligte eine entsprechende Absicht der Gewinnerzielung besitzt, auch wenn die Gewinnerzielung bei kurzer Dauer der Beteiligung im Einzelfall in den Hintergrund treten kann (BFHE 169, 357, BStBl II 1993, 292, 294, Ziff. 5 e).

Der erkennende Senat hat in ständiger Rechtsprechung die Dauer der Beteiligung sowohl nach dem Wortlaut des Gesetzes als auch nach dem Gesetzeszweck für nicht erheblich angesehen, um gewerbliche Einkünfte nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG annehmen zu können (vgl. BFH-Urteile vom 7. Juli 1992 VIII R 54/88, BFHE 169, 49, BStBl II 1993, 331, 332 mit umfassenden Nachweisen; vom 7. Juli 1992 VIII R 56/88, BFH/NV 1993, 25, 26 zum Durchgangserwerb eines geringen weiteren Geschäftsanteils für eine juristische Sekunde und die dadurch mögliche Geltendmachung eines Liquidationsverlustes; ferner vom 20. Dezember 1988 VI R 55/84, BFH/NV 1990, 23).

Der Senat hat jedoch, soweit ein Veräußerungsverlust geltend gemacht worden ist, geprüft, ob im Einzelfall eine mißbräuchliche rechtliche Gestaltung gewählt worden ist, um steuerliche Vorteile zu erzielen (vgl. § 42 der Abgabenordnung - AO 1977 -; BFH/NV 1993, 25, 26; ferner BFHE 173, 312, BStBl II 1994, 683).

cc) Bei der Beurteilung, ob eine Gewinnerzielungsabsicht gegeben ist, wird nicht abschnittsbezogen ein Periodengewinn in Bezug genommen, sondern der Totalgewinn als Gesamtergebnis der steuerrelevanten Tätigkeit oder Nutzung von Kapitalvermögen (BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 766 sub C IV 3 c).

Bei einer wesentlichen Beteiligung ist für das Streben nach einem Totalgewinn als Voraussetzung der Einkünfteerzielungsabsicht nicht nur ein durch Wertsteigerung sich ergebender Veräußerungsgewinn zu berücksichtigen, sondern auch die laufenden Erträge aus Ausschüttungen. Veräußerungsgewinn und Ausschüttungsverhalten der Kapitalgesellschaft stehen in einer Wechselwirkung (vgl. BFH-Urteil in BFHE 145, 335, BStBl II 1986, 596, 598). In der Rechtsprechung ist ferner mehrfach das Vorliegen einer Gewinnerzielungsabsicht auch dann noch bejaht worden, wenn der Steuerpflichtige bei einer verlustbringenden Tätigkeit - den Verlust im Ergebnis noch erhöhende - Aufwendungen gemacht hat, um diese Tätigkeit zu beenden.

Ein wichtiges Merkmal bei der Feststellung der Gewinnerzielungsabsicht ist, wie ein Steuerpflichtiger auf eine längere Verlustperiode reagiert, ob er unverändert die verlustbringende Tätigkeit fortführt (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 19. November 1985 VIII R 4/83, BFHE 145, 375, BStBl II 1986, 289, 292) oder eine Umstrukturierung vornimmt oder sich um eine Beendigung bemüht, wenn er nach einer betriebsbedingten Anlaufphase erkennt, daß ein Gewinn nicht zu erzielen ist (Urteile vom 7. August 1991 X R 10/88, BFH/NV 1992, 108, 110, m. w. N.; vom 25. Oktober 1989 X R 109/87, BFHE 159, 128, BStBl II 1990, 278, 280; vom 15. November 1984 IV R 139/81, BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, 207). Erweist sich ein mit Gewinnerzielungsabsicht begonnenes Vorhaben nicht als realisierbar und stellt der Steuerpflichtige seine auf Einkünfteerzielung gerichtete Tätigkeit daraufhin ein, ist die zur Beendigung notwendige Abwicklungsphase noch Teil der steuerrelevanten Tätigkeit. Fallen für die Abwicklung noch Aufwendungen an, sind sie als durch die Einkünfteerzielung veranlaßt abzugsfähig (vgl. BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, 207; Weber-Grellet, Deutsches Steuerrecht 1992, 561, 604; Schmidt, Einkommensteuergesetz, 13. Aufl., § 15 Anm. 8 c; Groh, Der Betrieb 1984, 2424, 2425). In diesen Fällen ist nicht für jede einzelne Abwicklungsmaßnahme - über den Veranlassungszusammenhang der konkreten Aufwendung mit der zu beendenden Einkunftsart hinaus - noch positiv das Vorliegen der Gewinnerzielungsabsicht zu prüfen. Vielmehr wird die durch die betreffende Einkunftsart veranlaßte und den Verlust unter Umständen sogar erhöhende Abwicklungsmaßnahme noch von der ursprünglichen Einkünfteerzielungsabsicht mitgetragen.

Im Streitfall war der Kläger seit Gründung der S-GmbH wesentlich beteiligt, und zwar in Form des unmittelbar erworbenen Geschäftsanteils und des ihm als Treugeber zuzurechnenden, von S lediglich treuhänderisch erworbenen Geschäftsanteils (vgl. § 39 Abs. 2 Nr. 1 Satz 2 1. Alternative AO 1977; dazu BFH-Urteile vom 30. Januar 1986 IV R 125/83, BFHE 146, 59, BStBl II 1986, 404, 405; vom 28. November 1990 X R 109/89, BFHE 163, 264, BStBl II 1991, 327, 331). Letzteres ist aufgrund des während des Revisionsverfahrens ergangenen und zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Änderungsbescheides für 1989 unstreitig geworden.

Die GmbH arbeitete seit ihrer Gründung im Jahre 1983 mit Verlust. Der Kläger hatte sich deshalb - wie sein Mitgesellschafter L - für den der S-GmbH von der Kreissparkasse M eingeräumten Kontokorrentkredit am 7. Dezember 1984 dieser gegenüber selbstschuldnerisch bis zur Höhe von 10.000 DM verbürgt. Die wesentliche Beteiligung wurde nach den mit zulässigen und begründeten Verfahrensrügen nicht angegriffenen Feststellungen des FG und dem vom FA im übrigen auch nicht bestrittenen Vortrag des Klägers erst durch Rückübertragung des treuhänderisch von S gehaltenen Geschäftsanteils zum Nominalwert und die zur Abwendung eines Konkursverfahrens über das Vermögen der S-GmbH vorgenommene Erhöhung des Stammkapitals verkaufsfähig. Der Kläger hat sich an dieser Kapitalerhöhung beteiligt, um sein lediglich verlustbringendes Engagement bei der S-GmbH vollständig beenden zu können.

Unter diesen Umständen war die Anerkennung eines Veräußerungsverlustes nicht wegen fehlender Gewinnerzielungsabsicht zu versagen.

c) Das FG hat - was vom FA im Revisionsverfahren auch nicht weiter verfolgt wird - schließlich auch zu Recht die Voraussetzungen für eine rechtsmißbräuchliche Gestaltung i. S. von § 42 AO 1977 verneint.

Eine Umgehung i. S. von § 42 AO 1977 ist nach ständiger Rechtsprechung bei einer Gestaltung anzunehmen, die, im Vergleich mit dem angestrebten Ziel, unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und nicht durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche außersteuerliche Gründe zu rechtfertigen ist. Zwar ist es dem Steuerpflichtigen grundsätzlich nicht verwehrt, seine rechtlichen Verhältnisse in einer Weise zu gestalten, daß sich die steuerliche Belastung verringert. Die hierfür gewählte Gestaltung ist jedoch der Besteuerung dann nicht zugrunde zu legen, wenn sie ausschließlich der Steuerminderung dient und bei einer sinnvollen, die Zwecke und Ziele der Rechtsordnung berücksichtigenden Auslegung des Gesetzes mißbilligt wird (vgl. BFH-Urteil vom 18. Dezember 1991 XI R 40/89, BFHE 166, 550, BStBl II 1992, 486, 487; zu § 17 EStG vgl. BFH/NV 1993, 25, 26; ferner BFH-Urteil vom 27. Januar 1977 IV R 46/76, BFHE 122, 445, BStBl II 1977, 754, 756).

Die Voraussetzungen für eine mißbräuchliche Gestaltung hat das FG rechtsfehlerfrei verneint. Wie bereits ausgeführt, war der Kläger seit Gründung der S-GmbH an dieser wesentlich beteiligt. Er hat also nicht erst mit Hilfe einer kurzfristigen Kapitalerhöhung überhaupt die Voraussetzungen für die steuerliche Abzugsfähigkeit eines im privaten Vermögensbereich entstandenen Verlustes geschaffen. Der Kläger hat weiterhin nicht lediglich den im Zuge der Kapitalerhöhung erworbenen Geschäftsanteil mit Verlust veräußert. Vielmehr ist nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG und dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag des Klägers eine Veräußerung der wesentlichen Beteiligung insgesamt erst durch den Zufluß zusätzlicher finanzieller Mittel zur Abwendung des Konkursverfahrens über das Vermögen der S-GmbH ermöglicht worden (vgl. dazu auch BFHE 173, 312, BStBl II 1994, 683; BFH/NV 1993, 25, 26; BFHE 142, 464, BStBl II 1985, 205, 208). Im Falle des Konkurses mußte der Kläger nicht nur mit einem vollständigen Verlust seiner Beteiligung rechnen, sondern darüber hinaus mit einer Inanspruchnahme aus der selbstschuldnerischen Bürgschaft ohne die Möglichkeit eines entsprechenden Rückgriffs. Wäre der Kläger aus der Bürgschaft in voller Höhe in Anspruch genommen worden und in dieser Höhe im Rahmen des § 17 Abs. 2 EStG zu berücksichtigende nachträgliche Anschaffungskosten entstanden (vgl. dazu BFH-Urteile vom 8. Dezember 1992 VIII R 99/90, BFH/NV 1993, 654, 655; vom 7. Juli 1992 VIII R 24/90, BFHE 168, 551, BStBl II 1993, 333, 334 m. w. N.; vom 16. April 1991 VIII R 224/85, BFH/NV 1992, 94, 95), so hätte der Kläger sogar unter Umständen einen noch höheren Veräußerungsverlust - nämlich ohne den Veräußerungserlös von 1.650 DM - geltend machen können.

Der Kläger hat im finanzgerichtlichen Verfahren unwidersprochen vorgetragen, seine geschäftliche Reputation, insbesondere gegenüber der Kreissparkasse M als Hauptgläubigerin der S-GmbH, wäre gefährdet gewesen ebenso wie im Bereich seiner weiteren geschäftlichen Aktivitäten, wenn er sich zur Abwendung des Konkursverfahrens nicht an der Kapitalerhöhung beteiligt hätte (vgl. im Ergebnis ebenso BFH/NV 1993, 25, 26).

2. Die Revision war danach als unbegründet zurückzuweisen.

Der geltend gemachte Veräußerungsverlust in Höhe von 31.350 DM ist im Rahmen der Ermittlung des Gesamtbetrages der Einkünfte für 1985 in vollem Umfang ausgleichsfähig. In Höhe von 7.500 DM ist der aus 1987 nach 1985 zurückgetragene Verlust nunmehr nach 1989 vorzutragen. In diesem Umfang verbleibt es nach dem Erlaß des während des Revisionsverfahrens ergangenen und fristgerecht zum Gegenstand des Verfahrens gemachten Einkommensteueränderungsbescheides für 1989 vom 30. Dezember 1993 bei der vom FG dem FA gemäß § 100 Abs. 2 Satz 2 FGO unter Abänderung der Einkommensteuerfestsetzung für 1989 übertragenen Neuberechnung der Einkommensteuer.