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  BFH-Urteil vom 27.7.1995 (V R 40/93) BStBl. 1995 II S. 753

Die Vermittlung der Mitgliedschaften in einem Idealverein ist keine "Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen" i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980.

UStG 1980 § 1 Abs. 1, § 4 Nr. 8 Buchst. f.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) betreibt die Werbung von Mitgliedern für sog. Idealvereine. Die ihm hierfür von den Vereinen gezahlte Provision behandelte er in seinen Umsatzsteuererklärungen für die Streitjahre (1985 und 1986) als Entgelt für steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 8 Buchst. f des Umsatzsteuergesetzes (UStG 1980). Er meinte, bei der Vermittlung der Mitgliedschaften handele es sich um "die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an .... anderen Vereinigungen" im Sinne dieser Vorschrift.

Nach einer Außenprüfung folgte der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) dem nicht und unterwarf die Provisionszahlungen der Umsatzsteuer.

Einspruch und Klage blieben erfolglos. Das Finanzgericht (FG) teilte die rechtliche Beurteilung des FA (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1993, 615). Zur Begründung führte das FG im wesentlichen aus, der Kläger habe keine Umsätze von Anteilen an anderen Vereinigungen vermittelt. § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 setze voraus, daß dem betreffenden Leistungsaustausch überhaupt Umsätze von Anteilen an Vereinigungen zugrunde liegen könnten. Dies sei bei Mitgliedschaften in eingetragenen Vereinen nach bürgerlichem Recht nicht möglich, da die Mitgliedschaften nicht handelbar seien. Auch aus dem systematischen Zusammenhang der erwähnten Befreiungsvorschrift mit den anderen Befreiungstatbeständen des § 4 Nr. 8 UStG 1980 sei zu schließen, daß die Steuerbefreiung nur für selbständig handelbare, geldwerte Beteiligungen gelten solle.

Dagegen wendet sich der Kläger mit seiner Revision. Er rügt Verletzung materiellen Rechts. Zur Begründung trägt er im wesentlichen vor, der Erwerb der von ihm vermittelten Mitgliedschaften erfolge im Rahmen eines Leistungsaustausches. Die Vereine gewährten ihren Mitgliedern gegen Zahlung des Beitrags konkrete Leistungen wie z. B. Rettungsleistungen im Notfall bzw. allgemein das Vorhalten von Rettungseinrichtungen. Die (von ihm vermittelten) Mitgliedschaften seien Anteile an anderen Vereinigungen i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980. Der Begriff "Anteil" sei nicht gleichbedeutend mit einer Beteiligung am Vereinsvermögen. Er sei vielmehr als Anteil i. S. des Mitgliedschaftsrechtes an einem Verein zu verstehen. Ohne Bedeutung sei, daß über den Anteil zivilrechtlich nicht verfügt werden dürfe. Für die Annahme eines steuerfreien Umsatzes genüge es, daß der Anteilsinhaber nach Kündigung oder mit Zustimmung der Vereinigung oder der übrigen Anteilsinhaber einem Dritten rechtlich oder wenigstens wirtschaftlich die Berechtigung aus dem Anteil verschaffe und der Dritte diese Leistung vergüte.

Der Kläger beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils, die Umsatzsteuer für 1985 um 93.055,24 DM und für 1986 um 94.429,27 DM herabzusetzen.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Die Auffassung des FG, der Kläger habe mit der Mitgliederwerbung keine steuerfreie Vermittlung der Umsätze von Anteilen an anderen Vereinigungen i. S. von § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 ausgeführt, ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

1. Nach dieser Befreiungsvorschrift sind von den unter § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG 1980 fallenden Umsätzen u. a. die Umsätze und die Vermittlung der Umsätze von Anteilen an Gesellschaften und anderen Vereinigungen steuerfrei. Voraussetzung für die Steuerbefreiung ist demnach, daß die näher bezeichneten Anteile Gegenstand steuerbarer Umsätze i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 bis 3 UStG 1980 sind oder daß derartige Umsätze vermittelt werden.

Die Vermittlung von Mitgliedschaftsrechten in eingetragenen Vereinen ist kein steuerbarer Umsatz. Die Vereine führten hierdurch nicht - wie nach dem allein in Betracht kommenden § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG 1980 erforderlich - Leistungen im Rahmen ihres Unternehmens aus.

Soweit die Vereine in Verwirklichung des die Gesamtbelange der Mitglieder betreffenden Satzungszweckes tätig werden, liegt zwischen den Vereinen und ihren Mitgliedern kein Leistungsaustauschverhältnis vor. Das Mitglied erbringt seine Beitragsleistung nicht, um damit eine konkrete Leistung des Vereins oder dessen Leistungsbereitschaft abzugelten, sondern weil das Mitglied sich durch den Beitritt zum Verein dieser körperschaftlichen Pflicht unterworfen hat (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 20. Dezember 1984 V R 25/76, BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176 unter B. 5. a). Die Gewährung der Mitgliedschaft durch den Verein, die die Beitragspflicht begründet, ist daher nicht steuerbar.

Erbringen die Vereine hingegen den Sonderbelangen eines Mitglieds dienende Leistungen gegen Entgelt, liegt insoweit zwischen Verein und Mitglied ein Leistungsaustausch vor (vgl. BFH in BFHE 142, 524, BStBl II 1985, 176 unter A.). Soweit diese Sonderleistungen durch Mitgliedsbeiträge finanziert werden, handelt es sich zwar bei den Beiträgen um die Gegenleistung der Mitglieder für die der Umsatzsteuer unterliegenden Leistungen der Vereine. Dieser Leistungsaustausch beschränkt sich aber auf die Sonderleistungen. Die Gewährung der Vereinsmitgliedschaft als solche wird hiervon nicht berührt. Diese vollzieht sich außerhalb eines Leistungsaustausches und ist daher in keinem Fall steuerbar.

Da die Mitgliederwerbung durch den Kläger mithin zu keinen (steuerbefreiten) Umsätzen i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 der Vereine führte, konnten die vom Kläger im Rahmen seines Unternehmens den Vereinen gegenüber erbrachten Werbeleistungen ebenfalls nicht als Vermittlungsleistungen von dieser Befreiungsvorschrift erfaßt werden.

2. Ob die Mitgliedschaft in einem eingetragenen Verein - wie das FG meint - kein Anteil an "anderen Vereinigungen" i. S. des § 4 Nr. 8 Buchst. f UStG 1980 ist und die Steuerbefreiungsvorschrift aus diesem Grund bei Idealvereinen überhaupt nicht zur Anwendung kommt, kann der Senat daher offenlassen.