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  BFH-Urteil vom 27.6.1995 (IX R 123/92) BStBl. 1995 II S. 763

Die Beiladung der übrigen Feststellungsbeteiligten ist auch dann gemäß § 60 Abs. 3 FGO notwendig, wenn das FA - statt die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung der Bauherrengemeinschaft gesondert und einheitlich festzustellen - nach seinem Ermessen (§ 180 Abs. 2 AO 1977 i. V. m. § 1 Abs. 1 der dazu ergangenen VO) von der Durchführung des Feststellungsverfahrens für die Bauherrengemeinschaft hätte absehen können.

FGO § 60 Abs. 3; AO 1977 § 180 Abs. 2; VO zu § 180 Abs. 2 AO 1977 § 1 Abs. 1.

Vorinstanz: Hessisches Finanzgericht

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) beteiligte sich neben anderen Anlegern an einer Bauherrengemeinschaft, um eine Eigentumswohnung (Gesamtkosten rund 890.000 DM) zu erwerben. Nachdem sich in der Folgezeit herausstellte, daß das Bauvorhaben wegen Rücknahme der Baugenehmigung nicht planungsgemäß zu verwirklichen war, verkauften die einzelnen Anleger ihre Grundstücksanteile im September 1982 an einen der Initiatoren. Der vom Kläger erzielte Kaufpreis von rd. 528.000 DM setzte sich aus den Kosten für Grund und Boden und Notargebühren, Architektenhonorare sowie aus den Gebühren und Provisionen, die für den Kläger bisher angefallen waren und die er als vorab entstandene Werbungskosten in den Vorjahren abgezogen hatte, zusammen. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erfaßte bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung für das Streitjahr 1982 die mit dem Kaufpreis zurückerstatteten Gebühren und Provisionen als Einnahmen und setzte in dem geänderten Feststellungsbescheid für das Streitjahr einen Gesamtüberschuß der Einnahmen über die Werbungskosten von 846.680 DM fest; davon entfiel auf den Kläger ein Betrag von 196.676 DM. Den Einspruch wies das FA mit einer an alle Anleger gerichteten Einspruchsentscheidung zurück. Dagegen erhob der Kläger Klage, die das Finanzgericht (FG) mit der Begründung zurückwies, das FA habe zu Recht die zurückgezahlten Gebühren und Provisionen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erfaßt. Das FG verzichtete auf die Beiladung der übrigen Anleger mit der Begründung, der Feststellungsbescheid enthalte keine notwendigerweise gemeinsam zu treffenden Entscheidungen, sondern Einzelentscheidungen, die auch jeweils unabhängig voneinander getroffen werden könnten und bei entsprechender Ermessensauslegung der Verwaltung auch getroffen werden. Auch ein Fall der einfachen Beiladung nach § 60 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) liege nicht vor, weil die nichtklagenden Beteiligten durch die Entscheidung gegenüber dem Kläger nicht berührt würden. Ihnen gegenüber sei der Feststellungsbescheid in Bestandskraft erwachsen.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers, mit der er rügt, das FG habe zu Unrecht die zurückgezahlten Gebühren und Provisionen als Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung erfaßt. Der Kläger beantragt, den auf ihn entfallenden Werbungskostenüberschuß aus Vermietung und Verpachtung für 1982 auf 12.141 DM festzusetzen.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Das FG hat es verfahrensfehlerhaft unterlassen, die übrigen an der Bauherrengemeinschaft beteiligten Anleger gemäß § 60 Abs. 3 FGO zu dem Rechtsstreit beizuladen. Dritte sind nach dieser Vorschrift notwendig beizuladen, wenn sie an dem umstrittenen Rechtsverhältnis derart beteiligt sind, daß die Entscheidung auch ihnen gegenüber nur einheitlich ergehen kann. Diese Voraussetzung ist grundsätzlich dann erfüllt, wenn der Dritte klagebefugt ist. Klagebefugnis und notwendige Beiladung hängen in dem Sinne miteinander zusammen, daß diejenigen Klagebefugten, die nicht Klage erhoben haben, notwendig beizuladen sind. Bei der gesonderten und einheitlichen Feststellung von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung sind nach § 48 Abs. 2 FGO alle Mitberechtigten, gegen die der Feststellungsbescheid ergangen ist, ohne die Beschränkung des § 48 Abs. 1 FGO klagebefugt (Senatsurteil vom 9. April 1991 IX R 78/88, BFHE 163, 517, BStBl II 1991, 809; Beschluß vom 2. September 1993 IX B 34/93, BFH/NV 1994, 114 für Bauherrengemeinschaften).

Die notwendige Beiladung kann ausnahmsweise unterbleiben, wenn der nichtklagende Mitberechtigte unter keinem denkbaren Gesichtspunkt rechtlich betroffen ist. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall nicht vor. Die übrigen Bauherren sind durch den angegriffenen Feststellungsbescheid schon dadurch betroffen, daß in ihm der Gesamtbetrag der Einkünfte der Bauherrengemeinschaft, an dem sie beteiligt sind, festgestellt wird. Außerdem betrifft die Streitfrage, ob die zurückgezahlten Gebühren und Provisionen zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung gehören, alle Anleger. Daß das FA möglicherweise nach seinem Ermessen auf eine gesonderte und einheitliche Feststellung nach § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) i. V. m. der dazu ergangenen Verordnung hätte verzichten können, ist unerheblich. Maßgebend ist nur, daß sich der angefochtene Verwaltungsakt auch gegen die übrigen an der Bauherrengemeinschaft beteiligten Anleger, die im übrigen auch Adressaten des Feststellungsbescheids und der Einspruchsentscheidung sind, richtet. Unerheblich ist auch, daß die übrigen Anleger den Feststellungsbescheid nicht mit der Klage angefochten haben. Notwendig beizuladen sind gerade diejenigen, die nicht selbst Klage erhoben haben, obwohl sie dazu befugt gewesen wären.

Das Unterlassen der notwendigen Beiladung ist ein Verstoß gegen die Grundordnung des finanzgerichtlichen Verfahrens, der auch ohne Rüge zur Aufhebung der Vorentscheidung führen muß. Die Vorentscheidung ist danach aufzuheben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).