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  BFH-Urteil vom 25.7.1995 (VIII R 54/93) BStBl. 1995 II S. 794

1. Eine GmbH und atypisch stille Gesellschaft ist eine "andere Personengesellschaft" i. S. von § 2 Abs. 1 Nr. 1 GewStG a. F. Sachlich gewerbesteuerpflichtig ist nicht die GmbH, sondern es sind die Mitunternehmer dieser Personengesellschaft, unabhängig von ihrer fehlenden dinglichen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen.

2. Unabhängig davon, ob eine solche Gesellschaft Organgesellschaft i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG a. F. sein kann, werden die Wirkungen einer gewerbesteuerrechtlichen Organschaft jedenfalls nach dem Wesen der Gewerbesteuer als Objektsteuer und dem Sinn und Zweck der Hinzurechnungs- sowie Kürzungsvorschriften durch die Mitunternehmerschaft verdrängt.

GewStG 1978 §§ 2 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 Satz 2, 8 Nr. 8, 9 Nr. 2, 12 Abs. 3 Nr. 2.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) ist in der Rechtsform einer KG geschäftsleitende Holding mehrerer gewerblich tätiger Gesellschaften mit unterschiedlichen Rechtsformen. In den Streitjahren 1980 und 1981 war sie u. a. zu jeweils 100 v. H. am Stammkapital der (A-GmbH) und der B-GmbH beteiligt. Außerdem hatte sie sich an der A-GmbH mit Vertrag vom 28. November 1978 zum 2. Januar 1979 und an der B-GmbH mit Vertrag vom 30. Oktober 1981 zum 1. November 1981 "atypisch still" beteiligt. Die Beteiligungen von jeweils 95 v. H. des Geschäftskapitals sollten sich auf das gesamte Vermögen der Tochtergesellschaften, einschließlich der stillen Reserven und eines evtl. Geschäftswertes erstrecken. Die Klägerin war am Gewinn und Verlust der Gesellschaften jeweils nach Abzug eines Gewinnvorabs für die Geschäftsinhaber im Verhältnis der Kapitalanteile zum Gesellschaftskapital (Geschäftskapital) beteiligt.

Im Zuge einer bei der Klägerin im Jahre 1987 durchgeführten Außenprüfung wurde für 1980 ein einheitlicher Gewerbesteuermeßbetrag von 190.308 DM und für 1981 von 219.836 DM ermittelt. Hierbei blieben Verluste der A-GmbH in Höhe von ./. 77.173 DM für 1980 und von ./. 910.217 DM für 1981 sowie deren Gewerbekapitalien von ./. 2.308.000 DM für 1980 und von ./. 6.646.000 DM für 1981 unberücksichtigt, weil eine gewerbesteuerrechtliche Organschaft mit der A-GmbH und atypisch stille Gesellschaft nicht anzuerkennen sei.

Die Gewerbeerträge der B-GmbH (1980: 23.688 DM und 1981: 37.028 DM) setzte der Prüfer bei der Ermittlung der Gewerbeerträge für die Klägerin in den Streitjahren mit null DM und das Gewerbekapital für beide Streitjahre mit ./. 145.660 DM an.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) erließ am 6. April 1988 nach § 164 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) entsprechend geänderte Gewerbesteuermeßbetragsbescheide für 1980 und 1981. Einspruch und Klage blieben erfolglos.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 Satz 2 des Gewerbesteuergesetzes - GewStG - a. F.). Unstreitig könne die GmbH und atypisch stille Gesellschaft als solche nicht Organgesellschaft sein. Gewerbesteuerrechtlich würden indessen die Ergebnisse ausschließlich bei der GmbH als Organgesellschaft erfaßt und im Rahmen des Organkreises der Organträgerin zugerechnet. Die GmbH und atypisch stille Gesellschaft betreibe kein eigenes gewerbliches Unternehmen. Sei sie nicht Subjekt der Gewerbesteuer, so müsse auch der Steuergegenstand objektiv allein beim Geschäftsinhaber zusammengefaßt werden. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F. erlaube es nicht, im Wege einer Fiktion die objektive Gewerbesteuerpflicht auf jegliche Mitunternehmerschaft, also auch auf reine Innengesellschaften zu erstrecken. Dafür genüge nicht das Bestehen einer Mitunternehmerschaft schlechthin. Das Gesetz normiere für natürliche Personen in § 2 Abs. 1 GewStG a. F. den Gewerbebetrieb kraft gewerblicher Betätigung. Bei Personenzusammenschlüssen knüpfe § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F. hingegen an die Rechtsform an. Für den Besteuerungsgegenstand komme es wesentlich auf die nach außen wirkende Organisation an, so daß bloße Innengesellschaften systemkonform ausgegrenzt blieben. Diese zivilrechtlichen Ordnungsstrukturen würden nicht durch die - im Gesetz erwähnte - Mitunternehmerschaft überlagert. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F. erweitere nicht den Besteuerungsgegenstand. Das Gewerbesteuerrecht wolle die Ertragskraft des gewerblichen Unternehmens als solchen und das in dem Gewerbebetrieb arbeitende Kapital erfassen. Hingegen habe der Mitunternehmer - anders als im Einkommensteuerrecht - im Gewerbesteuerrecht keinen Platz (Knobbe-Keuk, Bilanz- und Unternehmenssteuerrecht, 8. Aufl., S. 697 und 708).

Die vom Finanzgericht (FG) vorgenommene Auslegung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F. lasse sich ebensowenig mit dem Gedanken rechtfertigen, wirtschaftlich gleichwertige Sachverhalte seien auch steuerrechtlich gleichzubehandeln. Die Gleichbehandlung des atypisch stillen Gesellschafters mit anderen Mitunternehmern werde bereits über § 15 Abs. 1 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) i. V. m. § 7 GewStG bewirkt. Einer zusätzlichen sachlichen Gewerbesteuerpflicht der Mitunternehmer als solcher neben derjenigen des Handelsunternehmens bedürfe es hingegen nicht.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und die geänderten Gewerbesteuermeßbescheide i. d. F. der Einspruchsentscheidung vom 14. Juni 1988 in der Weise abzuändern, daß Gewerbeertrag und Gewerbekapital der A-GmbH und der B-GmbH in vollem Umfang der Klägerin zugerechnet werden.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet. Sie war deshalb zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat zutreffend erkannt, daß nach der Systematik des GewStG die Gewerbeerträge und Gewerbekapitalien der A-GmbH und der B-GmbH, jeweils atypisch sill, nicht der Klägerin als Organträgerin zugerechnet werden dürfen, weil sie nach den in den Hinzurechnungs- und Kürzungsvorschriften (§ 8 Nr. 8, § 9 Nr. 2, § 12 Abs. 3 Nr. 2 GewStG) enthaltenen Regelungen vorrangig bei der jeweiligen Mitunternehmerschaft zu erfassen sind und dadurch die Wirkungen der gewerbesteuerlichen Organschaftsverhältnisse (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG a. F.; jetzt § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG n. F.) verdrängt werden.

a) Nach den von den Beteiligten nicht angegriffenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) liegen die Voraussetzungen für gewerbesteuerrechtlich anzuerkennende Organschaftsverhältnisse nach § 14 Nr. 1 und 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) vor. Einen Gewinnabführungsvertrag (vgl. § 14 Satz 1 und Nr. 4 KStG) setzt die gewerbesteuerrechtliche Organschaft nicht voraus. Die Zurechnung erfolgt aufgrund der Betriebsstättenfiktion in § 2 Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 GewStG a. F. (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. Februar 1994 I R 10/93, BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768). Die notwendige eigene gewerbliche Tätigkeit der Organträgerin liegt bereits durch die Ausübung der einheitlichen Leitung über mehrere Organgesellschaften vor (sog. geschäftsleitende Holding, BFH-Urteil vom 14. Oktober 1987 I R 26/84, BFH/NV 1989, 192, 193 m. w. N.).

Als Organgesellschaft kommt aber nach dem eindeutigen Wortlaut in § 2 Abs. 2 Nr. 2 Satz 2 GewStG a. F. nur eine Kapitalgesellschaft in Betracht. Nach ständiger Rechtsprechung ist eine GmbH & Co. KG eine Personengesellschaft; sie kann einer Kapitalgesellschaft auch nicht im Hinblick auf die Beteiligung einer Kapitalgesellschaft gleichgestellt werden (BFH-Beschluß vom 25. Juni 1984 GrS 4/82, BFHE 141, 405, BStBl II 1984, 751, 758 ff.; Urteile vom 17. April 1986 IV R 221/84, BFH/NV 1988, 116; vom 10. November 1983 IV R 56/80, BFHE 140, 93, BStBl II 1984, 150, 151 m. w. N.; vom 17. Januar 1973 I R 253/71, BFHE 108, 51, BStBl II 1973, 269, 270; vom 7. März 1973 I R 119/71, BFHE 109, 196, BStBl II 1973, 562). Nichts anderes gilt für die GmbH und atypisch stille Gesellschaft, die ebenfalls eine Personengesellschaft ist (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 12. November 1985 VIII R 364/83, BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 312; Glanegger/Güroff, Gewerbesteuergesetz, 3. Aufl., § 2 Rdnr. 194; Sarrazin, Finanz-Rundschau - FR - 1989, 11, 12).

Indessen ist anerkannt, daß eine Komplementär-GmbH von der Rechtsform her - unabhängig von ihrer Tätigkeit - unter besonderen, hier nicht vorliegenden Umständen, nämlich bei fehlenden Voraussetzungen für eine steuerrechtliche Mitunternehmerschaft (vgl. Obermeier in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 2 GewStG Rz. 55) Organgesellschaft sein kann (vgl. BFHE 140, 93, BStBl II 1984, 150, 151; Urteile vom 8. Dezember 1971 I R 3/69, BFHE 104, 174, BStBl II 1972, 289; in BFHE 108, 51, BStBl II 1973, 269, 270; ferner Urteil des erkennenden Senats vom 11. Juni 1985 VIII R 252/80, BFHE 144, 357, BStBl II 1987, 33, 35 sub Ziff. 4; zustimmend das Schrifttum, so Sarrazin, a. a. O.; Popp in Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, Gewerbesteuergesetz, § 2 Rdnr. 634; Glanegger/Güroff, a. a. O., § 2 Rdnr. 194).

Für die GmbH und atypisch stille Gesellschaft ergeben sich insoweit keine Unterschiede (Knobbe-Keuk, a. a. O., 9. Aufl., S. 769; Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1988, 128, 133).

b) Zutreffend hat das FG aus den miteinander korrespondierenden Bestimmungen in § 8 Nr. 8, § 9 Nr. 2 und § 12 Abs. 3 Nr. 2 GewStG einen Vorrang der jeweiligen Mitunternehmerschaft abgeleitet, der eine Zusammenrechnung von Gewerbeerträgen und Gewerbekapitalien der Personengesellschaften, an denen die Organgesellschaften beteiligt sind, ausschließt.

aa) Organgesellschaft und Organträger sind nicht nur bürgerlich-rechtlich, sondern auch steuerrechtlich selbständige Gesellschaften. Die von ihnen betriebenen Unternehmen bilanzieren getrennt. Für jedes Unternehmen des Organkreises ist eigenständig der Gewerbeertrag (§§ 7 bis 9 GewStG) und das Gewerbekapital (§ 12 GewStG) zu ermitteln. Kürzungen und Hinzurechnungen nach den §§ 8, 9 und 12 Abs. 2 und 3 GewStG sind beim jeweiligen Gewinn bzw. Einheitswert anzusetzen (Urteile in BFHE 173, 426, BStBl II 1994, 768; vom 23. Januar 1992 XI R 47/89, BFHE 167, 158, BStBl II 1992, 630, 631; vom 27. Juni 1990 I R 183/85, BFHE 161, 157, BStBl II 1990, 916, 918; Beschluß vom 25. Mai 1988 I B 8/88, BFH/NV 1989, 454, 455; Urteil vom 6. November 1985 I R 56/82, BFHE 145, 78, BStBl II 1986, 73).

Erst auf einer zweiten Stufe werden die so ermittelten Werte zu einem Gewerbeertrag und einem Gewerbekapital zusammengefaßt und beim Organträger der Gewerbesteuer unterworfen.

bb) Die vorgenannten Vorschriften sollen die Doppelerfassung von Verlusten oder Gewinnen und von Vermögenswerten bei Mitunternehmerschaften vermeiden und zu einer zutreffenden Objektbesteuerung führen. Verluste und Gewinne sollen sich nur einmal und allein in dem Unternehmen auswirken, in dem sie entstanden sind (vgl. BFH-Urteile vom 10. Juni 1987 I R 301/83, BFHE 150, 441, BStBl II 1987, 816, 817 zu § 9 Nr. 2 GewStG; vom 23. Oktober 1986 IV R 319/84, BFHE 148, 67, BStBl II 1987, 64 zu § 8 Nr. 8 GewStG; vom 7. Dezember 1971 VIII 16/65, BFHE 104, 460, BStBl II 1972, 388; ferner Urteil vom 7. Februar 1985 IV R 31/83, BFHE 143, 280, BStBl II 1985, 372, 373, wonach die Vorschriften die Beteiligung an einer Personengesellschaft voraussetzen, die einen Gewerbebetrieb unterhält; ferner Abschn. 53 Abs. 3 der Gewerbesteuer-Richtlinien - GewStR - 1990; Knobbe-Keuk, a. a. O., S. 745). Gegenstand der Gewerbesteuer ist nur der auf den eigenen Betrieb entfallende Gewinn und Verlust (BFH-Urteile vom 5. September 1990 X R 20/89, BFHE 162, 135, BStBl II 1991, 25, 27; in BFHE 148, 67, BStBl II 1987, 64, 65).

Die Tätigkeit von Personengesellschaften, bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer anzusehen sind, ist stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen (vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F.; jetzt - seit dem Steuerbereinigungsgesetz 1986 - § 2 Abs. 1 Satz 2 GewStG i. V. m. § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG). § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG galt bis zum Erhebungszeitraum 1985 und wurde erst mit Wirkung ab 1986 gestrichen (vgl. § 36 Abs. 1 GewStG i. d. F. des Steuerbereinigungsgesetzes 1986 vom 19. Dezember 1985, BGBl I 1985, 2436). Der Betrieb dieser Gesellschaften bildet deshalb einen selbständigen Steuergegenstand. Gewerbeertrag und Gewerbekapital sind nur bei dieser Gesellschaft anzusetzen. Insoweit unterbleibt eine Zusammenrechnung im Rahmen eines Organschaftsverhältnisses mit einer an dieser Gesellschaft beteiligten Kapitalgesellschaft als Organgesellschaft. Vielmehr bleiben diese Erträge und Vermögenswerte außerhalb des Organschaftsverhältnisses (BFH-Urteile vom 2. März 1983 I R 85/79, BFHE 138, 94, BStBl II 1983, 427, 428 m. w. N.; vom 8. Januar 1963 I 237/61 U, BFHE 76, 513, BStBl III 1963, 188, 189).

Im Streitfall handelt es sich zwar um keine GmbH & Co KG, wie in den bislang entschiedenen Fällen, sondern um Beteiligungen in Form von GmbH und atypisch stillen Gesellschaften. Die vorstehend genannten Vorschriften sind indessen auch auf sie anwendbar. Denn eine atypisch stille Gesellschaft kann bürgerlich-rechtlich und ertragsteuerrechtlich wirksam auch durch die Beteiligung des einzigen Gesellschafters einer GmbH an dieser, und zwar selbst durch den Organträger an einer Organgesellschaft zustande kommen (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 15. Dezember 1992 VIII R 42/90, BFHE 170, 345, 349, BStBl II 1994, 702, m. w. N.). Nach den nicht angegriffenen Feststellungen des FG (§ 118 Abs. 2 FGO) sind derartige atypisch stille Gesellschaften zwischen der Klägerin sowie der A-GmbH und der B-GmbH wirksam vereinbart worden.

Wie der Große Senat im Beschluß vom 3. Mai 1993 GrS 3/92 (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 621) erkannt hat, sind bei der gewerblichen Personengesellschaft im Regelfall die Gesellschafter die Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes sowohl in einkommensteuer- als auch in gewerbesteuerrechtlicher Sicht. Die Gesellschafter sind gewerbesteuerrechtlich, wenn sie - wie im Streitfall - Mitunternehmerrisiko tragen und Mitunternehmerinitiative ausüben können, als Mitunternehmer und damit als Unternehmer des Betriebes anzusehen.

Nach der in den Streitjahren geltenden Fassung des § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG war die Tätigkeit der OHG, der KG und anderer Gesellschaften, bei denen die Gesellschafter Unternehmer (Mitunternehmer) des Betriebes waren, stets und in vollem Umfang als Gewerbebetrieb anzusehen. Sachlich gewerbesteuerpflichtig sind danach die Mitunternehmer, unabhängig von ihrer dinglichen Beteiligung am Gesellschaftsvermögen. Das gilt auch für die Gesellschafter einer atypisch stillen Gesellschaft, die eine "andere Gesellschaft" i. S. von § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG ist (vgl. BFH-Urteil vom 10. November 1993 I R 20/93, BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327, 331 mit umfassenden Nachweisen; ferner vom 10. August 1994 I R 133/93, BFHE 175, 357, 360, BStBl II 1995, 171, zur Anerkennung der atypisch stillen Gesellschaft als "andere Personengesellschaft" nach § 15 Abs. 3 Nr. 1 EStG, der § 2 Abs. 2 Nr. 1 GewStG a. F. insoweit wortgleich entspricht).

Soweit der erkennende Senat in seinem Urteil in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 317 eine abweichende Auffassung vertreten haben sollte, ist diese Entscheidung durch den Beschluß des Großen Senats überholt. Unberührt davon bleibt, wie der Große Senat ausdrücklich unter Bezugnahme auf dieses Urteil hervorhebt (BFHE 171, 246, BStBl II 1993, 616, 624), die Beurteilung der subjektiven Steuerpflicht bei der atypisch stillen Gesellschaft. Wegen des Fehlens eines Gesellschaftsvermögens als Vollstreckungsgrundlage ist Steuerschuldner der Gewerbesteuer nach § 5 Abs. 1 Satz 3 GewStG allein der Geschäftsinhaber (vgl. Urteile des erkennenden Senats in BFHE 145, 408, BStBl II 1986, 311, 316; vom 12. November 1985 VIII R 414/83, BFH/NV 1987, 393; vom 14. September 1989 IV R 85/88, BFH/NV 1990, 591; in BFHE 173, 184, BStBl II 1994, 327, 329). Die für die Gesellschaft ermittelten Steuermerkmale sind deshalb in dem gegen ihn als Steuerschuldner festzusetzenden Gewerbesteuermeßbetrag zu erfassen (vgl. BFH/NV 1990, 591; zustimmend Glanegger/Güroff, a. a. O., § 2 Rdnr. 195, wonach für den Steuergegenstand und den Gewerbeertrag die atypisch stille Gesellschaft als Einheit angesehen werde; Glanegger, FR 1990, 469, 477; Sarrazin, FR 1989, 11, 12; a. M. Zacharias/Suttmeyer/Rinnewitz, DStR 1988, 128, 132).

Die §§ 7 bis 9 und 12 GewStG dienen der sachgerechten Abgrenzung des objektiven Steuergegenstands. Ihre Anwendung auf atypisch stille Gesellschaften als "andere Gesellschaften", bei denen die Gesellschafter als Mitunternehmer des Gewerbebetriebs anzusehen sind, wird deshalb ganz überwiegend auch im Schrifttum gebilligt (vgl. Meyer-Scharenberg/Popp/Woring, a. a. O., § 8 Nr. 8 Rdnr. 5, § 9 Nr. 2 Rdnr. 5, 8; Glanegger/Güroff, a. a. O., § 9 Nr. 2 Rdnr. 2; Hofmeister in Blümich, Gewerbesteuergesetz, 14. Aufl., § 8 Rdnr. 191; Gosch in Blümich, a. a. O., § 9 Rdnr. 115; Unvericht, DStR 1987, 413, 415; Binger, Der Betrieb 1944, 414, 416).