| Home | Index | EStG | Neuzugang | Impressum  
       

 

 

 

 

 

  BFH- Urteil vom 14.2.1995 (IX R 66/94) BStBl. 1995 II S. 412

Wesentliche Erweiterungen einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung sind nicht in die fortgeführte Nutzungswertbesteuerung nach § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG einzubeziehen (Abgrenzung zu den BFH-Urteilen vom 5. August 1992 X R 8/91, BFHE 169, 82, BStBl II 1993, 30, und X R 23/92, BFH/NV 1993, 22).

EStG § 21 Abs. 2 Satz 1, § 52 Abs. 21 Sätze 1 bis 3.

Vorinstanz: Hessisches FG

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger), zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute, bewohnten 1986 eine 101 qm große Erdgeschoßwohnung im eigenen Zweifamilienhaus selbst. Später erweiterten sie diese Wohnung um einen Anbau von 20 qm und verbanden sie mit der zuvor vermieteten, 82 qm großen Obergeschoßwohnung zu einer Einheit. Die im Kellergeschoß eingerichtete Einliegerwohnung war im Streitjahr (1991) vermietet.

Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) bezog für das Streitjahr den Anbau in die Ermittlung des negativen Nutzungswerts der selbstgenutzten Wohnung ein, nicht aber die Räume der früheren Obergeschoßwohnung. Der Einspruch blieb insoweit erfolglos.

Das Finanzgericht (FG) gab der hiergegen gerichteten Klage mit der Begründung statt, die selbstgenutzte Wohnung und die früher vermietete Wohnung bildeten nunmehr eine Einheit; der negative Nutzungswert sei deshalb für diese Einheit zu ermitteln.

Mit der Revision rügt das FA Verletzung des § 52 Abs. 21 Satz 2, § 21 Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG).

Im Rahmen dieser Übergangsvorschrift erstrecke sich die Nutzungswertbesteuerung selbstgenutzter Wohnungen zwar auf zusätzlich geschaffenen Wohnraum, nicht aber auf früher vermietete und nunmehr in die Wohnung einbezogene Räume.

Das FA beantragt, die Vorentscheidung aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger beantragen, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Die Vorentscheidung ist aufzuheben und die Klage abzuweisen (§ 126 Abs. 3 Nr. 1 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

1. Das FG hat zu Unrecht auch die Räume der früher vermieteten Wohnung im Obergeschoß in die Nutzungswertbesteuerung der von den Klägern selbstgenutzten Wohnung einbezogen.

a) Nach § 52 Abs. 21 Satz 1 EStG sind § 21 Abs. 2 Satz 1 EStG und § 21a EStG letztmals für den Veranlagungszeitraum 1986 anzuwenden. Allerdings kann nach der sog. großen Übergangsregelung in § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG bei einer Wohnung im eigenen Haus der Nutzungswert für die eigengenutzte Wohnung weiter im Wege der Einnahme-Überschußrechnung ermittelt werden, wenn bei dem Steuerpflichtigen im Veranlagungszeitraum 1986 die Voraussetzungen für die Ermittlung des Nutzungswerts als Überschuß des Mietwerts über die Werbungskosten vorgelegen haben (vgl. z. B. Senatsurteile vom 30. Juli 1991 IX R 49/90, BFHE 165, 92, BStBl II 1992, 27, und vom 22. März 1994 IX R 78/92, BFH/NV 1995, 99).

b) Die Möglichkeit, die Nutzungswertbesteuerung übergangsweise fortzuführen, wurde aus Gründen des Vertrauensschutzes in das Gesetz aufgenommen. Die Inhaber von Wohnungen im eigenen Haus sollten nicht übergangslos den für sie nachteiligen Folgen der Konsumgutlösung unterworfen werden (Senatsurteil vom 25. Januar 1994 IX R 143/90, BFHE 174, 133, BStBl II 1994, 457, m. w. N.). Danach läßt es sich zwar rechtfertigen, Ausbauten und Erweiterungen an einer zu eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung, deren Nutzungswert gemäß § 52 Abs. 21 Satz 2 EStG über 1986 hinaus besteuert wird, in die Nutzungswertbesteuerung einzubeziehen, wenn sie in einem einheitlichen Nutzungs- und Funktionszusammenhang mit der Wohnung stehen und die zusätzlich geschaffene Wohnfläche gegenüber der bisherigen Wohnfläche von untergeordneter Bedeutung ist (vgl. Urteile des Bundesfinanzhofs vom 5. August 1992 X R 8/91, BFHE 169, 82, BStBl II 1993, 30, und X R 23/92, BFH/NV 1993, 22). Wird die Wohnfläche dagegen wesentlich vergrößert, erstreckt sich die Nutzungswertbesteuerung jedenfalls nicht auf die zusätzlichen Flächen. Insoweit ist das Vertrauen der Steuerpflichtigen auf den Fortbestand der bis 1986 geltenden Rechtslage nicht schutzwürdig.

c) Da das FG von anderen Grundsätzen ausgegangen ist, ist die Vorentscheidung aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Die Klage ist abzuweisen. Das FA hat die Räume der früher vermieteten Obergeschoßwohnung zu Recht nicht in die Nutzungswertbesteuerung der selbstgenutzten Wohnung einbezogen. Ob überhaupt ein negativer Nutzungswert zu erfassen war - weil die neue Wohnung mit der im Veranlagungszeitraum 1986 selbstgenutzten Wohnung möglicherweise nicht identisch ist - kann dahingestellt bleiben. Eine Erhöhung der Steuer im gerichtlichen Verfahren ist ausgeschlossen.