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  BFH-Urteil vom 22.9.1995 (VI R 13/93) BStBl. 1996 II S. 8

Eine Berufsausbildung i. S. von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG erfordert, daß eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt wird. Diese Voraussetzung wird nicht dadurch erfüllt, daß in einem Sportverein bzw. -verband gelegentlich Aufgaben gegen Aufwandsentschädigung übernommen werden sollen.

EStG § 10 Abs. 1 Nr. 7.

Vorinstanz: FG Nürnberg

Sachverhalt

Die Kläger und Revisionsbeklagten (Kläger) werden als Ehegatten zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger, der als Fliesenlegermeister nichtselbständig tätig ist, machte in den Streitjahren Aufwendungen für Lehrgänge jeweils in Gerlos/Österreich 1986 (820 DM) und 1987 (1.900 DM) zur Ausbildung zum Ski-Übungsleiter des Deutschen Skiverbandes (DSV) als Sonderausgaben geltend, deren Abzug der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) versagte.

Im Einspruchsverfahren wollten die Kläger die besagten Aufwendungen unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26. August 1988 VI R 175/85 (BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91) als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt wissen. Als Unterlagen legten sie ein Merkblatt des örtlichen Skiverbandes über das Ausbildungs- und Prüfungswesen zum Übungsleiter (Grund- und Oberstufe), ein Informationsblatt des DSV über die Ausbildung zur Ski-Lehrkraft in fünf Lizenzstufen (Grund- und Oberstufe, DSV-Ski-Lehrer, DSV-Landesausbilder und DSV-Bundesausbilder), einen Ausweis des Bayerischen Skiverbandes über die erfolgreiche Teilnahme am Grundlehrgang für Skilauf alpin mit der Berechtigung im Rahmen der Vereinsarbeit tätig zu sein und einen vom Bayerischen Landes-Sportverband ausgestellten Übungsleiterschein Oberstufe Fach Ski alpin vor. Aufgrund dieses Übungsleiterscheines sind dem Kläger von seinem Sportverein erstmals im Dezember 1988 Leistungsstunden vergütet worden.

Das FA wies den Einspruch mit der Begründung zurück, als vorweggenommene Betriebsausgaben könnten zwar Fortbildungs- nicht aber - wie hier - Ausbildungskosten berücksichtigt werden. Ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 des Einkommensteuergesetzes (EStG) erfordere, daß Voraussetzungen geschaffen würden, die eine zumindest nebenberufliche Erwerbstätigkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erwarten ließen. Nicht ausreichend sei, daß eine gelegentlich bezahlte Freizeitbeschäftigung angestrebt werde. Für letztere spreche der geringe Umfang der Übungsleitertätigkeit des Klägers. Er führe jährlich nur eine Kinderfreizeit von einer Woche durch. Sofern der Kläger auch anläßlich von Vereinsmeisterschaften und Vereinsfahrten Skiunterricht für Vereinsmitglieder erteilt habe, stehe nach der allgemeinen Lebenserfahrung das private Interesse am geselligen Vereinsleben gegenüber der Übungsleitertätigkeit im Vordergrund. Auch die geringen Einnahmen machten deutlich, daß eine echte nebenberufliche Nebenerwerbstätigkeit nicht angestrebt werde; denn tatsächlich seien nur 96 DM für 16 Übungsleiterstunden zugeflossen, weitere nur vereinbarte Einnahmen seien sofort dem Verein als Spende wieder überlassen worden.

Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte aus, zwar könnten die Aufwendungen nicht als vorweggenommene Betriebsausgaben berücksichtigt werden, da nicht Fortbildungskosten zu beurteilen seien, sondern Aufwendungen für die Ausbildung in einem zukünftigen Beruf, nämlich dem des nebenberuflich tätigen DSV-Ski-Übungsleiters alpin (Grund- und Oberstufe), wobei sich das Tätigkeitsfeld im wesentlichen auf die Vereins- bzw. Verbandstätigkeit beschränke. Dagegen sei im Rahmen der Höchstbeträge der Sonderausgabenabzug zu gewähren, da die fragliche Tätigkeit in der Regel nicht ohne Entschädigung ausgeübt werde und damit zu einer steuerlich relevanten Tätigkeit führe, was auch aus § 3 Nr. 26 EStG zu folgern sei.

Mit der Revision rügt das FA die Verletzung von § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG.

Das FA beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Kläger treten der Revision entgegen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Abweisung der Klage.

1. Nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind Aufwendungen bis zu einer Höhe von 900 DM bzw. bei auswärtiger Unterbringung bis zu 1.200 DM als Sonderausgaben abziehbar, wenn sie der Steuerpflichtige für seine Berufsausbildung oder seine Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf getätigt hat.

a) Eine Berufsausbildung im Sinne dieser Vorschrift hat der Senat angenommen, wenn der Steuerpflichtige mit der Ausbildung eine nicht nur vorübergehende Betätigungsmöglichkeit schaffen wollte, die dem Aufbau oder der Erhaltung und Sicherung seiner beruflichen Existenz und damit der Erhaltung und Sicherung seiner Lebensgrundlagen dienen konnte und sollte (BFH-Urteil vom 18. Dezember 1987 VI R 149/81, BFHE 152, 337, BStBl II 1988, 494). Unter Berufung auf die Begründung der Bundesregierung zum Gesetzentwurf (BTDrucks V/3430, S. 8, 9) hat der Senat gefordert, daß es sich um Maßnahmen handeln muß, die eine Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen vorbereiten (BFH-Urteil vom 17. November 1978 VI R 139/76, BFHE 126, 437, BStBl II 1979, 180) und nicht nur sein Interesse an Allgemeinbildung im weitesten Sinne bzw. seine persönlichen Neigungen befriedigen sollen.

Hieran hält der Senat fest. Wie im Rahmen des Begriffs "Berufsausbildung" dem Wortbestandteil "Beruf" zu entnehmen ist, sollen nicht sämtliche Aufwendungen, die dem Erlernen von Fähigkeiten und Kenntnissen dienen, den Sonderausgabenabzug begründen, sondern nur solche, die auf eine berufsmäßige Anwendung des Erlernten abzielen. Ungeachtet des zu fordernden Umfangs einer künftigen Berufstätigkeit scheiden damit solche Aufwendungen aus, mit denen lediglich private Interessen verfolgt werden sollen oder die im Rahmen ehrenamtlicher Vereinsarbeit (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1992 VI R 59/91, BFHE 170, 48, BStBl II 1993, 303) oder sonstiger ehrenamtlicher Betätigung (vgl. BFH-Urteile vom 4. August 1994 VI R 94/93, BFHE 175, 276, BStBl II 1994, 944; vom 25. März 1993 VI R 14/90, BFHE 171, 206, BStBl II 1993, 559, und vom 2. Oktober 1992 VI R 11/90, BFHE 169, 185, BStBl II 1993, 53) nicht die nachhaltige Erzielung von Einnahmen, sondern lediglich im wesentlichen den Ausgleich der entstandenen Aufwendungen bezwecken. Aus § 3 Nr. 26 EStG ist nichts Abweichendes abzuleiten, zumal der Umstand, daß eine Vergütung nicht bloß eine Aufwandsentschädigung, sondern eine darüber hinausgehende Bezahlung darstellt, der Anwendung des § 3 Nr. 26 EStG nicht entgegensteht (BFH-Urteil vom 30. März 1990 VI R 188/87, BFHE 160, 486, BStBl II 1990, 854 m. w. N.). Entgegen der Auffassung des angefochtenen Urteils reicht es daher nicht aus, daß die angestrebte Tätigkeit in der Regel nicht ohne Entschädigung ausgeübt wird. Vielmehr muß nach den Umständen des Falles zu erwarten sein, daß eine nachhaltige berufsmäßige Ausübung der erlernten Fähigkeiten zur Erzielung von Einkünften angestrebt wird.

b) Danach ist im Streitfall der Sonderausgabenabzug zu verneinen. Das FG hat festgestellt, daß sich das Tätigkeitsfeld des Klägers als DSV-Ski-Lehrkraft im wesentlichen auf die Vereins- bzw. Verbandsarbeit beschränkt. Der Kläger hat nicht vorgetragen, daß er auf diesem Betätigungsgebiet namhafte Einnahmen erzielen wolle bzw. könne. Insbesondere ist er der Einlassung des FA nicht entgegengetreten, daß Skiunterricht im Rahmen der Vereinsarbeit in nur ganz begrenztem Umfang anfalle. Infolgedessen sind geeignete Anhaltspunkte dafür, daß mit den streitigen Aufwendungen eine Nebenerwerbstätigkeit berufsmäßig in Einkünfteerzielungsabsicht angestrebt werde, nicht ersichtlich.

2. Das FG hat zu Recht entschieden, daß die streitigen Aufwendungen nicht als vorweggenommene Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind. Denn der Kläger hat - wie dargelegt - nicht die selbständige oder nichtselbständige Ausübung eines Berufs angestrebt, sondern lediglich solche Tätigkeiten im Sportverein bzw. -verband, die nicht einer nachhaltigen Einkunftserzielung dienen. Die Kläger berufen sich in diesem Zusammenhang zu Unrecht auf das zum Schulskilehrer ergangene Urteil in BFHE 154, 513, BStBl II 1989, 91, da dort über Aufwendungen zu entscheiden war, die den derzeit ausgeübten Beruf des Steuerpflichtigen betrafen. Mit dem derzeitigen Beruf des Klägers als Fliesenlegermeister haben die geltend gemachten Aufwendungen indessen nichts zu tun.