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  BFH-Urteil vom 25.10.1995 (II R 45/92) BStBl. 1996 II S. 11

Für die Frage, ob Rückzahlungsansprüche aus zwischen dem Erblasser und seinen Kindern vereinbarten Darlehen erbschaftsteuerrechtlich als Nachlaßverbindlichkeiten geltend gemacht werden können, sind die einkommensteuerrechtlichen Grundsätze des sog. Fremdvergleichs bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen nicht entsprechend anwendbar.

ErbStG § 10 Abs. 1 und Abs. 6; BGB §§ 516, 607.

Sachverhalt

I.

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zu gleichen Teilen Erben des in der Schweiz verstorbenen Erblassers. Die Klägerin zu 1 ist die Witwe, die Kläger zu 2 bis 4 sind die Söhne des Erblassers. Die Kläger und der Erblasser hatten als deutsche Staatsangehörige seit ... ihren Wohnsitz in der Schweiz.

Zum Inlandsvermögen des Erblassers hatten zahlreiche in X belegene Grundstücke gehört, darunter das Grundstück A-Straße, das zum Zeitpunkt des Erbfalles mit einem Geschäftshaus bebaut wurde.

In ihrer Erbschaftsteuererklärung gaben die Kläger den gemäß § 121 a des Bewertungsgesetzes (BewG) erhöhten Einheitswert der inländischen Grundstücke mit ... DM an und machten damit in Zusammenhang stehende Nachlaßverbindlichkeiten des Erblassers in Höhe von insgesamt ... DM geltend. Dieser Betrag enthielt nach Angaben der Kläger in Höhe von 13.550.000 DM als Darlehen gewährte Zahlungen der Kläger an den Erblasser. Die entsprechenden Darlehensschulden des Erblassers ordneten die Kläger in vollem Umfang dem Grundstück A-Straße zu.

Den Zahlungen lagen mehrere im wesentlichen gleichlautende Darlehensvereinbarungen aus den Jahren 1978 bis 1981 der Klägerin zu 1 und der volljährigen Kläger zu 2 bis 4 mit dem Erblasser über Beträge von insgesamt 14.360.000 DM zugrunde.

Den Vereinbarungen nach waren die Darlehen zu verzinsen und jeweils nach Ablauf von 10 Jahren zum 31. Dezember des betreffenden Jahres ohne eine besondere Kündigung zur Rückzahlung fällig. Den Klägern stand ein vorzeitiges Kündigungsrecht nicht zu. Eine Sicherung der Darlehen war nicht vorgesehen.

Die Klägerin zu 1 hatte im November 1979 einen Betrag von 110.000 DM von einem mit dem Erblasser gemeinsam geführten Konto bei einer Bank in der Schweiz, über das jeder von ihnen verfügungsberechtigt gewesen war, auf ein Konto der Grundstücksverwaltung des Erblassers in X überwiesen. In den Jahren 1978 bis 1981 waren von den jeweiligen Konten der Kläger zu 2 bis 4 bei der schweizerischen Bank Überweisungen in Höhe von insgesamt 12.300.000 DM auf mehrere Konten der Grundstücksverwaltung des Erblassers in X vorgenommen worden. Daneben waren von den Klägern zu 2 bis 4 im Dezember 1979 zusammen 300.000 DM auf ein weiteres Konto des Erblassers in X einbezahlt worden.

Ein Betrag von insgesamt 840.000 DM, den die Kläger ebenfalls zu den Darlehensverbindlichkeiten des Erblassers aus den zuletzt abgeschlossenen Darlehensverträgen vom 9. März 1981 mit den Klägern zu 2 bis 4 zählen, war am 25. November 1981 unmittelbar von dem gemeinsamen schweizerischen Konto des Erblassers mit der Klägerin zu 1 auf ein Konto der Grundstücksverwaltung überwiesen worden. Weitere Teilbeträge von zusammen 810.000 DM aus den am 9. März 1981 vereinbarten Darlehen waren bis zum Todestag des Erblassers nicht mehr ausgezahlt worden und werden von den Klägern auch nicht als Darlehensforderungen geltend gemacht.

Die Überweisungen von den Konten der Kläger zu 2 bis 4 aufgrund der Darlehensverträge entsprachen Überweisungen des Erblassers von dem gemeinsamen Konto des Erblassers mit der Klägerin zu 1 auf die jeweiligen - bei derselben Bank in der Schweiz bestehenden - Konten der Kläger zu 2 bis 4. Der Zahlung von insgesamt 300.000 DM waren Zinszahlungen des Erblassers in etwa gleicher Höhe in bar vorausgegangen. Die Wertstellungen der Gut- und Lastschriften auf den Konten der Kläger waren regelmäßig am gleichen Tag erfolgt.

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) beurteilte die Kläger als beschränkt erbschaftsteuerpflichtig und setzte zuletzt durch Änderungsbescheide gemäß § 165 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) vom 14. Oktober 1988 die Erbschaftsteuer für das Inlandsvermögen (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 des Erbschaftsteuergesetzes - ErbStG - 1974) auf jeweils ... DM fest. Dabei ließ er die von den Klägern dem Erblasser gewährten Darlehen nicht als Nachlaßverbindlichkeiten zum Abzug zu.

Auf Antrag der Kläger wurden die Erbschaftsteuer-Änderungsbescheide zum Gegenstand der bereits anhängigen Klageverfahren gemacht (§ 68 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

Mit ihrer Klage begehrten die Kläger die Berücksichtigung der Darlehen in Höhe von 13.500.000 DM als Nachlaßverbindlichkeiten.

Das Finanzgericht (FG) setzte die Erbschaftsteuer unter Änderung der Erbschaftsteuer-Änderungsbescheide vom 14. Oktober 1988 jeweils auf ... DM fest und wies die Klage im übrigen als unbegründet ab. Das FA sei zutreffend von der auf das Inlandsvermögen beschränkten Erbschaftsteuerpflicht der Kläger ausgegangen. Die Klage sei aber nur insoweit begründet, als das FA die Darlehensforderung der Klägerin zu 1 bei der Ermittlung des steuerpflichtigen Erwerbs nicht als abzugsfähige Nachlaßverbindlichkeit berücksichtigt habe. Dagegen seien die von den Klägern zu 2 bis 4 mit dem Erblasser geschlossenen Verträge über die hier streitigen Darlehen keine steuerrechtlich anzuerkennenden Schulden und damit keine Nachlaßverbindlichkeiten. Die nach den schriftlichen Darlehensverträgen zwischen dem Erblasser und den Klägern zu 2 bis 4 vom Erblasser geschuldeten Geldbeträge habe dieser nicht darlehensweise von den Klägern zu 2 bis 4 erhalten. Denn der Erblasser habe sein eigenes Geld von seinem Konto bei der Bank in der Schweiz über die Konten der Kläger zu 2 bis 4 bei demselben Geldinstitut auf Konten seiner Grundstücksverwaltung in X geleitet und damit sein eigenes Geld behalten. Das FG sei nicht davon überzeugt, daß der Erblasser den Klägern zu 2 bis 4 diese Geldbeträge schenkweise derart zugewendet habe, daß sie darüber als eigene hätten verfügen können. Denn weder der Zeitpunkt der Abschlüsse noch der Inhalt der von den Klägern behaupteten Schenkungsverträge mit dem Erblasser würden feststehen. Schriftliche Schenkungsverträge seien nicht vorgelegt worden. Unter Berücksichtigung des festgestellten Sachverhalts und insbesondere unter Berücksichtigung des erheblichen Kreditbedarfs des Erblassers für die Bebauung des Grundstücks A-Straße und des sofortigen Abflusses der Einzahlungen des Erblassers von den Konten der Söhne auf Konten des Erblassers könne diesen Umständen allenfalls das Versprechen des Erblassers gegenüber den Klägern zu 2 bis 4 zugrunde gelegen haben, ihnen die Beträge, die Gegenstand der Darlehensverträge geworden seien, unter der Auflage zur Verfügung zu stellen, dem Erblasser umgehend ungesicherte Darlehen für mindestens 10 Jahre zu gewähren. Für die Gültigkeit derartiger Schenkungsversprechen wäre aber nach § 518 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) ihre notarielle Beurkundung erforderlich. Eine solche Beurkundung sei jedoch nicht erfolgt. Die formungültigen Schenkungsversprechen seien auch nicht durch die Überweisung der Geldbeträge an die Kläger zu 2 bis 4 i. S. von § 518 Abs. 2 BGB vollzogen worden. Denn dadurch seien die Kläger zu 2 bis 4 bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht bereichert worden. Der Erblasser und die Kläger zu 2 bis 4 seien sich darüber einig gewesen, daß die jeweiligen auf ihre Konten überwiesenen Beträge umgehend auf Konten der Grundstücksverwaltung des Erblassers weiter zu überweisen und damit dem Erblasser im Ergebnis zurückzugeben seien.

Der Annahme des Vollzugs formloser Schenkungsversprechen stehe weiter entgegen, daß die Kläger zu 2 bis 4 an den auf ihre schweizerischen Konten überwiesenen Beträge kein Eigentum erworben hätten. Denn eine nur symbolisch kurze Übertragung der Sachherrschaft, verbunden mit der alsbaldigen Rückgabe der Sache, stelle keine Übergabe i. S. von § 929 BGB dar. Nichts anderes könne gelten, wenn die Übergabe des Geldes - wie hier - durch Überweisung und Rücküberweisung erfolge. Fehle es aber an einer wirksam vollzogenen Schenkung, so seien auch die Darlehen gemäß den schriftlichen Darlehensverträgen nicht gewährt worden, da die Kläger zu 2 bis 4 nicht über eigene Geldbeträge verfügen konnten. Eine Schenkung unter Auflage scheitere ebenfalls an der fehlenden Bereicherung und der fehlenden Verfügungsmacht der Kläger zu 2 bis 4. Denn werde eine Zuwendung mit der Auflage verbunden, sie sogleich in vollem Umfang an einen Dritten weiterzugeben, liege keine Schenkung i. S. des § 516 BGB vor. Eine solche erfordere eine endgültige und materielle, nicht nur vorübergehende oder formale Vermögensmehrung. Ferner hätten die Kläger zu 2 bis 4 die Darlehensforderungen gegen den Erblasser auch nicht schenkweise erworben. Denn ein formlos erteiltes Versprechen, eine Darlehensforderung gegen sich zu begründen, werde erst gültig, wenn der Schuldner - woran es im Streitfall fehle - das Darlehen zurückzahle. Auch hinsichtlich der drei Darlehensverträge über jeweils 100.000 DM vom 14. Dezember 1979, die im Zusammenhang mit Zinszahlungen stünden, könne nicht von wirksam begründeten Darlehensverbindlichkeiten des Erblassers ausgegangen werden. Da die zugrundeliegenden Darlehensverträge unwirksam gewesen seien, seien die Zinszahlungen an die Kläger ohne rechtlichen Grund erfolgt. Zudem hätten die Kläger zu 2 bis 4 auch an diesen rechtsgrundlosen Zahlungen des Erblassers keine auf eine gewisse Dauer gerichtete Sachherrschaft als Voraussetzung für einen Eigentumserwerb an dem Geld erlangt. Die Darlehensverträge vom 14. Dezember 1979 seien daher nur in Höhe der Differenz zwischen den von dem Kläger zu 2 und dem Kläger zu 4 als Zinsen vereinnahmten Gelder und dem als Darlehen vereinbarten Betrag rechtlich wirksam. Der Anerkennung der Darlehen, auch soweit sie rechtlich wirksam zustandegekommen seien, als Nachlaßverbindlichkeiten stehe zudem der unter bestimmten Voraussetzungen auch für das Erbschaftsteuerrecht geltende Grundsatz entgegen, daß bürgerlich-rechtlich wirksame und tatsächlich durchgeführte Darlehensverträge zwischen nahen Angehörigen steuerrechtlich nur anerkannt werden könnten, wenn sie zu Bedingungen abgeschlossen worden seien, wie sie bei Verträgen zwischen fremden Dritten üblich seien. Im Streitfall hielten die Darlehensverträge des Erblassers mit den Klägern zu 2 bis 4 einem Drittvergleich nicht stand. Die über eine Dauer von 10 Jahren abgeschlossenen Darlehensverträge seien für die Kläger zu 2 bis 4 als Darlehensgeber nicht kündbar gewesen. Gleichwohl sei auf jede Bestellung von Sicherheiten verzichtet worden. Eine derartige Vereinbarung entspreche angesichts der Höhe der hier streitigen Darlehen der Kläger zu 2 bis 4 in ihrem Gesamtbild nicht den unter fremden Personen üblichen Gepflogenheiten.

Entgegen der Ansicht des FA sei lediglich die durch den Darlehensvertrag vom 26. November 1979 zwischen der Klägerin zu 1 und dem Erblasser begründete Schuld von 110.000 DM als weitere Nachlaßverbindlichkeit zu berücksichtigen, die auch unter dem Gesichtspunkt des Fremdvergleichs anzuerkennen sei. Das Darlehen der Klägerin zu 1 sei dem Erblasser für die Bebauung des Grundstücks A-Straße in X gewährt worden. Es stehe deshalb mit dem inländischen Grundvermögen des Erblassers in wirtschaftlichem Zusammenhang.

Mit der Revision rügen die Kläger Verletzung materiellen und formellen Rechts. Zur Begründung führen sie im wesentlichen aus, es reiche nicht aus, die zivilrechtlichen Vereinbarungen steuerlich deshalb zu verneinen, weil mögliche Steuervorteile angestrebt würden. Das FG habe hinsichtlich des Fremdvergleichs sich ausschließlich auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) zur Abzugsfähigkeit von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten bezogen. Dies sei für die erbschaftsteuerrechtliche Betrachtung aber unzulässig. Für den Streitfall komme es lediglich darauf an, ob zivilrechtlich Vermögensübertragungen vom Erblasser auf die Kläger erfolgt seien. Im Streitfall habe es sich dementsprechend um Schenkungen mit anschließender Darlehensgewährung gehandelt. Die volljährigen Kläger zu 2 bis 4 seien durch die Schenkungen bereichert worden. Denn der Anspruch aus einem Darlehen an den Erblasser stelle eine Vermögensmehrung dar. Zudem rügen die Kläger mangelnde Sachaufklärung des FG im Hinblick auf die Schenkungsabreden zwischen dem Erblasser und den Klägern zu 2 bis 4.

Die Kläger beantragen sinngemäß, unter Aufhebung der Vorentscheidung (im Umfang der Klageabweisung) und der Einspruchsentscheidung die Erbschaftsteuer jeweils auf 0 DM festzusetzen.

Das FA ist der Revision entgegengetreten.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist begründet. Sie führt im Umfang der Klageabweisung zur Aufhebung der Vorentscheidung und Zurückverweisung der Sache an das FG (§ 126 Abs. 3 Nr. 2 FGO).

1. Die Verfahrensrüge der Kläger greift nicht durch. Einer Begründung bedarf es insoweit nicht (Art. 1 Nr. 8 des Gesetzes zur Entlastung des Bundesfinanzhofs).

2. Zu Unrecht hat das FG die Abziehbarkeit der von den Klägern als Nachlaßverbindlichkeiten geltend gemachten Darlehensforderungen deshalb ausgeschlossen, weil zum einen die Kläger zu 2 bis 4 über die für die Darlehenshingabe verwendeten Beträge nicht wirksam als eigene hätten verfügen können und zum anderen die getroffenen Darlehensvereinbarungen nicht einer unter fremden Dritten üblichen Vertragsgestaltung entsprächen.

a) Der Vermögensanfall der Kläger, der in Inlandsvermögen i. S. des § 121 Abs. 2 BewG besteht, unterliegt nach Maßgabe der Regelungen des Abkommens zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Schweizerischen Eidgenossenschaft zur Vermeidung der Doppelbesteuerung auf dem Gebiet der Nachlaß- und Erbschaftsteuern vom 30. November 1978 (DBA-Schweiz) der Erbschaftsteuer (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974), da weder der Erblasser noch die Kläger Inländer i. S. von Art. 4 Abs. 1 Buchst. a DBA-Schweiz i. V. m. § 2 Abs. 1 ErbStG 1974 waren. Denn nach den Feststellungen des FG hatten die Kläger und der Erblasser als deutsche Staatsangehörige ihren Wohnsitz zum Zeitpunkt des Erbfalls bereits länger als fünf Jahre in der Schweiz (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. b ErbStG 1974).

b) Die von den Klägern geltend gemachten Erblasserschulden können von dem Wert des der Erbschaftsteuer unterliegenden inländischen Grundvermögens des Erblassers (§ 2 Abs. 1 Nr. 3 ErbStG 1974 i. V. m. § 121 Abs. 2 Nr. 2 BewG und Art. 5 Abs. 1 DBA-Schweiz) nach Art. 9 Abs. 1 DBA-Schweiz und § 10 Abs. 5 Nr. 1, Abs. 6 Satz 2 ErbStG 1974 abgezogen werden. Nach Art. 9 Abs. 1 DBA-Schweiz werden Schulden, die mit einem bestimmten Vermögensgegenstand in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen, vom Wert dieses Vermögens abgezogen. Da das Abkommen keine Begriffsbestimmung für den Ausdruck "Schulden" enthält, bestimmt sich die Auslegung (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz) nach innerstaatlichem Recht (Flick/Wassermeyer/Wingert, Doppelbesteuerungsabkommen Deutschland-Schweiz, Bd. II, Erb. Art. 9 Anm. 8). Nach § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG 1974 sind für den Fall, daß sich die Besteuerung auf einzelne Vermögensgegenstände (§ 2 Abs. 1 Nr. 3, § 19 Abs. 2 ErbStG) beschränkt, nur die damit in wirtschaftlichem Zusammenhang stehenden Schulden und Lasten abzugsfähig.

c) Entgegen der Auffassung des FG - und des FA - kommen die von den Klägern geltend gemachten Darlehensverbindlichkeiten des Erblassers als abzugsfähige Schulden in Betracht.

Das FG ist in Übereinstimmung mit den Beteiligten im Hinblick auf die zwischen den Klägern und dem Erblasser getroffenen Vereinbarungen von der Anwendung des deutschen Schuldrechts ausgegangen. Dies ist revisionsrechtlich nicht zu beanstanden.

aa) Ein Darlehensrückerstattungsanspruch (§ 607 Abs. 1 BGB) des Darlehensgebers und die entsprechende Schuld des Darlehensnehmers setzen den Empfang der als Darlehen vereinbarten Geldbeträge durch den Darlehensnehmer voraus. Mit der bargeldlosen Überweisung der Darlehensvaluta an den Darlehensnehmer gilt das Darlehen als gewährt (Putzo in Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 54. Aufl., § 607 Tz. 5).

bb) In Erfüllung der in den Jahren 1978 bis 1981 getroffenen Darlehensvereinbarungen über insgesamt 14.360.000 DM haben die Kläger dem Erblasser tatsächlich Darlehen in Höhe von zusammen 12.710.000 DM gewährt. In Höhe von 12.300.000 DM erfolgte die Auszahlung der Darlehensbeträge durch Überweisung von den jeweiligen Konten der Kläger zu 2 bis 4 in der Schweiz und in Höhe von 110.000 DM von dem von der Klägerin zu 1 gemeinsam mit dem Erblasser geführten Oder-Konto auf verschiedene Konten des Erblassers im Inland. 300.000 DM zahlten die Kläger zu 2 bis 4 im Dezember 1979 aus ihnen zugeflossenen Darlehenszinsen auf ein Konto des Erblassers in X ein. Neben den vom FG anerkannten Darlehensschulden gegenüber der Klägerin zu 1 haben danach im Zeitpunkt des Erbfalls Darlehensschulden des Erblassers gegenüber den Klägern zu 2 bis 4 in Höhe von 12.600.000 DM bestanden.

cc) Die von den Klägern darüber hinaus geltend gemachten Darlehensschulden des Erblassers in Höhe von 840.000 DM bestanden nicht. In diesem Umfang hatten die Kläger zu 2 bis 4 den vertraglichen Kapitalverschaffungsanspruch des Erblassers aus den Verträgen vom 9. März 1981 nicht erfüllt. Nach den Feststellungen des FG besteht kein Anhaltspunkt, daß durch die Überweisung des Erblassers von insgesamt 840.000 DM unmittelbar von seinem mit der Klägerin zu 1 geführten Oder-Konto auf eines der inländischen Konten der Grundstücksverwaltung Darlehen der Kläger an ihn begründet werden sollten.

d) Zu Unrecht hat das FG angenommen, daß die Darlehensschulden des Erblassers gegenüber den Klägern zu 2 und 4 im Zeitpunkt des Erbfalls noch nicht entstanden gewesen seien. Es trifft nicht zu, daß die auf die Konten des Erblassers überwiesenen Beträge von 12.300.000 DM den Klägern zu 2 bis 4 nicht zuvor vom Erblasser schenkweise zugewendet worden seien und sie darüber nicht als eigene hätten verfügen können.

aa) Nach § 516 Abs. 1 BGB ist eine Schenkung eine Zuwendung, durch die jemand aus seinem Vermögen einen anderen bereichert, wenn beide Teile darüber einig sind, daß die Zuwendung unentgeltlich erfolgt.

Nach den vom FG getroffenen Feststellungen gingen der Darlehensgewährung in Höhe von insgesamt 12.300.000 DM nach und nach Zuwendungen des Erblassers an die Kläger zu 2 bis 4 in entsprechender Höhe voraus. Dies geschah durch Überweisungen der als Darlehensvaluten benötigten Beträge von dem Konto des Erblassers auf die jeweiligen Konten der Kläger zu 2 bis 4. Mit der Gutschrift der zugewendeten Geldbeträge erlangten die Kläger zu 2 bis 4 als Konteninhaber die Verfügungsbefugnis über die Guthaben (vgl. Canaris in Großkommentar zum Handelsgesetzbuch, Bankvertragsrecht Rdnr. 144).

bb) Der entgegenstehenden rechtlichen Beurteilung des FG kann nicht gefolgt werden.

aaa) Die Schenkungen leiden insbesondere nicht wegen fehlender schriftlicher Vertragsabfassung an einem Formmangel. Lediglich ein Schenkungsversprechen bedarf, solange die versprochene Leistung nicht erbracht wird, zu seiner Gültigkeit der notariellen Beurkundung (§ 518 Abs. 1 BGB). Für vollzogene Schenkungen gilt dies nicht (vgl. § 518 Abs. 2 BGB). Mit Überweisung und Gutschrift der schenkweise zugedachten Geldbeträge waren die Schenkungen des Erblassers aber bereits vollzogen.

bbb) Die Wirksamkeit der Schenkungen wird nicht davon berührt, daß die schenkweise zugewendeten Beträge umgehend an den Zuwendenden als Darlehen gewährt wurden. Die unmittelbare Abfolge von Schenkung und Darlehensgewährung schließt die Bereicherung der Zuwendungsempfänger (vgl. § 516 Abs. 1 BGB) nicht aus. Entgegen den Folgerungen der Vorentscheidung liegt darin keine lediglich symbolische, bloß formale Vermögensmehrung. Von einer solchen könnte nur die Rede sein, wenn der Empfänger lediglich Durchgangs- oder Mittelsperson ist und das Erhaltene sogleich an einen Dritten weitergeben muß, ohne daß ihm eine Bereicherung verbleibt (vgl. Senatsurteil vom 13. Oktober 1993 II R 92/91, BFHE 172, 520, BStBl II 1994, 128). Das FG hat verkannt, daß den Klägern trotz des "körperlichen Geldrückflusses" die Bereicherung aus den Zuwendungen des Erblassers in Form der Darlehensforderungen verblieben war. Die den gutgläubigen Erwerb an beweglichen Sachen nach § 933 BGB betreffenden Erwägungen des vom FG herangezogenen Urteils des Oberlandesgerichts München vom 22. Januar 1970 1 U 1743/69 (Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1970, 667) sind auf den dem Streitfall zugrundeliegenden Sachverhalt nicht anwendbar.

ccc) Auch die zur Abziehbarkeit von Darlehenszinsen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten ergangene Rechtsprechung des BFH (vgl. etwa BFH-Urteile vom 10. April 1984 VIII R 134/81, BFHE 141, 308, 310, BStBl II 1984, 705, und vom 12. Februar 1992 X R 121/88, BFHE 167, 119, BStBl II 1992, 468 m. w. N.) vermag die Auffassung des FG nicht zu rechtfertigen. Zwar wird in der Ertragsteuerrechtsprechung des BFH angenommen, daß die Gestaltungen, bei denen Kindern Geldbeträge zugewendet werden, die sie umgehend wieder als Darlehen zurückzugewähren haben, auf einen erst zukünftigen Vermögenstransfer angelegt seien und den Kindern deswegen nicht selbst und gegenwärtig Kapital zur Nutzung überlassen werde (BFH in BFHE 167, 119, BStBl II 1992, 468; a. A. BFH-Urteil vom 20. März 1987 III R 197/83, BFHE 149, 464, BStBl II 1988, 603). Indes ist diese Rechtsprechung das Ergebnis einer am Maßstab von § 4 Abs. 4 und § 12 Nr. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) vorgenommenen einkommensteuerrechtlichen Wertung der zwischen nahen Angehörigen getroffenen Darlehensvereinbarungen, die gerade unabhängig von ggf. bürgerlich-rechtlich wirksam entstandenen Vertragsansprüchen für das Ertragsteuerrecht Geltung beansprucht. Eine vergleichbare Wertung gebietet das Erbschaftsteuerrecht nicht (vgl. unten e).

cc) Auch die weiteren von den Klägern zu 2 bis 4 gewährten Darlehen über insgesamt 300.000 DM konnten - entgegen der Auffassung des FG - mit Hilfe der Mittel aus vereinbarungsgemäß geleisteten Zinszahlungen des Erblassers erbracht werden. Denn der Verfügungsmacht der Kläger über die Zinseinnahmen steht aus den oben genannten Gründen (d, bb) nicht entgegen, daß der Empfang der Zinsen und die Darlehensgewährung zeitlich unmittelbar aufeinandergefolgt waren.

e) Dem FG kann auch nicht darin gefolgt werden, daß die im Einkommensteuerrecht anerkannten Grundsätze des sog. Fremdvergleichs bei Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen für das Erbschaftsteuerrecht jedenfalls dann anzuwenden seien, wenn diese Verträge ertragsteuerrechtlich nicht anzuerkennen seien und die Darlehensschulden als Nachlaßverbindlichkeiten geltend gemacht würden. Das FG verkennt, daß die der einkommensteuerrechtlichen Zielsetzung entnommenen Wertungen des Fremdvergleichs für die Ermittlung der durch einen erbschaftsteuerpflichtigen Erwerb eingetretenen Bereicherung (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 1 ErbStG 1974) nicht entsprechend anwendbar sind. Denn die zum Fremdvergleich ergangene Rechtsprechung des BFH leitet die Notwendigkeit des sog. Fremdvergleichs aus der für die Einkünfteermittlung im Einkommensteuerrecht erforderlichen Abgrenzung zwischen Aufwendungen für den privaten Lebensbereich und Aufwendungen für den beruflich-betrieblichen Bereich ab.

Aus diesem Grunde hat der BFH im Urteil vom 18. Dezember 1990 VIII R 290/82 (BFHE 163, 423, BStBl II 1991, 391) zur Auslegung von § 4 Abs. 4 und § 12 EStG entschieden, daß eine langfristige Kapitalhingabe ohne Bestellung von Sicherheiten bei Darlehensverträgen zwischen Fremden unüblich sei und deshalb das Fehlen solcher Sicherheiten der einkommensteuerrechtlichen Anerkennung von Darlehensverträgen zwischen nahen Angehörigen entgegenstehe. Diese Entscheidung berührt jedoch die hier streitige Frage, ob auf 10 Jahre ohne Sicherheit gewährte Darlehen als Nachlaßverbindlichkeiten anerkannt werden können, nicht. Die Frage, was zwischen fremden Vertragspartnern als üblich und angemessen für ein in etwa ausgeglichenes Verhältnis von Leistung und Gegenleistung gelten kann, ist für die Frage, ob abzugsfähige Nachlaßverbindlichkeiten (vgl. § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974) bestehen, ohne Bedeutung. Denn dafür ist ausschließlich zu prüfen, ob die als Nachlaßverbindlichkeiten geltend gemachten Darlehensschulden im Zeitpunkt des Erbfalls nach bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen bestanden haben und mit welchem Wert sie zum Bewertungsstichtag anzusetzen sind.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Der Senat kann mangels ausreichender tatsächlicher Feststellungen nicht in der Sache selbst entscheiden (vgl. § 126 Abs. 3 Nr. 1 FGO). Es kann nicht abschließend geprüft werden, ob und in welchem Umfang die von den Klägern zu 2 bis 4 geltend gemachten Erblasserschulden als Nachlaßverbindlichkeiten abzugsfähig sind.

a) Voraussetzung für den Abzug der Darlehensschulden als Nachlaßverbindlichkeiten ist, daß sie mit bestimmten Vermögensgegenständen des inländischen Grundvermögens in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (vgl. Art. 9 Abs. 1 DBA-Schweiz). Da § 10 Abs. 6 Satz 2 ErbStG 1974 für den Schuldenabzug ebenfalls auf den wirtschaftlichen Zusammenhang abstellt, kann für die Anwendung des Art. 9 Abs. 1 DBA-Schweiz auf die Auslegung (vgl. Art. 3 Abs. 2 DBA-Schweiz) des innerstaatlichen Rechts zurückgegriffen werden (vgl. Korn/Debatin, Doppelbesteuerung, Bd. IV, Schweiz, XIV E zu Art. 9 Tz. 2 c; Flick/Wassermeyer/Wingert, a. a. O., Erb. Art. 9 Anm. 18).

aa) Der für einen Schuldenabzug geforderte wirtschaftliche Zusammenhang zwischen einem Vermögensgegenstand und einer Schuld oder einer Last setzt voraus, daß die Entstehung der Verbindlichkeit ursächlich und unmittelbar auf Vorgängen beruht, die diesen Vermögensgegenstand betreffen (BFH-Urteil vom 19. Februar 1982 III R 108/80, BFHE 135, 338, BStBl II 1982, 449; Kapp/Ebeling, Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz, Kommentar, 11. Aufl., § 2 Rdnr. 46). Dieser Zusammenhang ist insbesondere dann zu bejahen, wenn die Schuld zum Erwerb, zur Sicherung oder zur Erhaltung des inländischen Grundvermögens eingegangen worden ist (BFH-Urteil vom 28. September 1962 III 242/60 U, BFHE 75, 738, BStBl III 1962, 535). Dagegen reicht es nicht aus, wenn lediglich ein rechtlicher Zusammenhang zwischen Schuld und Vermögensgegenstand besteht. Wird ein Darlehen gewährt, ist für die Bestimmung des wirtschaftlichen Zusammenhangs die tatsächliche Verwendung des Geldes maßgeblich (vgl. Flick/Wassermeyer/Wingert, a. a. O., Erb. Art. 9 Anm. 18). Daher muß - entgegen der Auffassung des FA - außer Betracht bleiben, ob die Mittel zur Ausreichung des Darlehens zuvor schenkweise zugewandt worden sind. Für die Abzugsfähigkeit der Nachlaßverbindlichkeiten ist allein die Verwendung des dem Darlehensnehmer überlassenen Darlehenskapitals im Zusammenhang mit dem inländischen Grundvermögen von Bedeutung.

bb) Nach den bisherigen tatsächlichen Feststellungen der Vorinstanz, an die der Senat gebunden ist (§ 118 Abs. 2 FGO), ist das von der Klägerin zu 1 dem Erblasser gewährte Darlehen in Höhe von 110.000 DM für die Bebauung des der Erbschaftsteuer unterliegenden Grundstücks A-Straße in X verwendet worden. Im übrigen hat das FG ausgehend von einer anderen Rechtsauffassung keine Feststellungen zu der Frage über den wirtschaftlichen Zusammenhang der von den Klägern zu 2 bis 4 in den Jahren 1978 bis 1981 dem Erblasser gewährten Darlehen in Höhe von zusammen 12.600.000 DM mit einem bestimmten inländischen Grundstück getroffen. Die Feststellungen, daß die Darlehen auf Konten der Grundstücksverwaltung geflossen sind, sowie die Feststellung des großen Kreditbedarfs für die Bebauung des Grundstücks A-Straße in X reichen für die Darlegung des wirtschaftlichen Zusammenhangs mit einem einzelnen inländischen Grundstück nicht aus, da die tatsächliche Verwendung der gewährten Darlehen damit nicht nachgewiesen ist.

b) Das FG hat auch über die Werthaltigkeit der streitigen Darlehensverbindlichkeiten keine Feststellungen getroffen. Diese sind ebenfalls tatrichterlich im zweiten Rechtsgang nachzuholen. Da das DBA-Schweiz keine eigenen Bewertungsvorschriften vorsieht, bestimmt sich der Wertansatz von Schulden nach der Regelung des § 10 Abs. 1 Satz 2 ErbStG 1974. Danach gilt bei Erwerben von Todes wegen als Bereicherung der Betrag, der sich ergibt, wenn von dem zu ermittelnden Wert des gesamten Vermögensanfalls, soweit er der Besteuerung nach dem Erbschaftsteuergesetz unterliegt, die nach dem Gesetz abzugsfähigen Nachlaßverbindlichkeiten mit ihrem nach § 12 ErbStG 1974 zu ermittelnden Wert abgezogen werden. Als Kapitalforderungen bestehende Nachlaßverbindlichkeiten sind danach nicht mit ihrem Nennwert anzusetzen, wenn besondere Umstände zum Bewertungsstichtag (§ 11 ErbStG 1974) einen anderen Wertansatz oder keinen Wert begründen (§ 12 Abs. 1 ErbStG 1974 i. V. m. § 12 Abs. 1 und Abs. 2 BewG). Ungesicherte, langfristige Kapitalforderungen bleiben deswegen nur dann als Nachlaßverbindlichkeiten ganz oder teilweise außer Ansatz, wenn aufgrund der am Todestag des Erblassers (§§ 11 und 9 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG 1974) bestehenden Umstände mit einer Erfüllung der Forderungen nicht oder nicht in vollem Umfang gerechnet werden kann. Das Fehlen von Sicherheiten für geltend gemachte Nachlaßverbindlichkeiten rechtfertigt allein keinen vom Nennwert abweichenden Wertansatz.