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  BGH-Beschluß vom 1.11.1995 (5 StR 535/95) BStBl. 1996 II S. 33

Der Abgabe einer falschen Umsatzsteuerjahreserklärung kommt im Verhältnis zu den vorangegangenen unzutreffenden monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in steuerstrafrechtlicher Hinsicht stets ein selbständiger Unrechtsgehalt zu; es handelt sich nicht um eine mitbestrafte Nachtat.

[Der Leitsatz wurde vom BMF gebildet]

Gründe:

Zu der von der Revision aufgeworfenen Frage des Verhältnisses zwischen Umsatzsteuervoranmeldungen und Umsatzsteuerjahreserklärung ist folgendes zu bemerken:

Der Senat hält an seiner ständigen Rechtsprechung fest, daß der Abgabe einer falschen Umsatzsteuerjahreserklärung (§ 18 Abs. 3 UStG) im Verhältnis zu den vorangegangenen unzutreffenden monatlichen Umsatzsteuervoranmeldungen in demselben Kalenderjahr (§ 18 Abs. 1 UStG) in steuerstrafrechtlicher Hinsicht ein selbständiger Unrechtsgehalt zukommt; es handelt sich nicht um eine mitbestrafte Nachtat (BGHSt 38, 165, 171). Zwar beziehen sich die Voranmeldungen und die Jahreserklärung auf dieselbe Steuerart und dasselbe Steueraufkommen eines jeweiligen Jahres. Beiden Arten von Steuererklärungen kommt jedoch ein eigenständiger Erklärungswert zu, der auch durch die Zusammenfassung in der Jahreserklärung nicht deckungsgleich wird.

Monatliche Voranmeldungen dienen der zeitnahen Erfassung und Erhebung der Umsatzsteuer; auf der Grundlage der erklärten monatlichen Umsätze wird die Steuer für den Voranmeldungszeitraum als Vorauszahlung vom Steuerpflichtigen berechnet oder vom Finanzamt festgesetzt (§ 168 AO).

Die Abgabe der Steuererklärung für den Besteuerungszeitraum - nach § 16 Abs. 1 und 2 UStG grundsätzlich das Kalenderjahr - berührt die bereits abgegebenen Voranmeldungen nicht, sie werden weder geändert, noch ergänzt; die Fälligkeit rückständiger Vorauszahlungen, die aufgrund vorangegangener Voranmeldungen zu erbringen sind, bleibt nach § 18 Abs. 4 Satz 3 UStG unberührt (vgl. zum Ganzen: Mößlang in Sölch/Ringleb/List, Umsatzsteuergesetz, § 18 Rdnr. 65 ff.). Auch wenn sich die Summe der Vorauszahlungen mit der Steuer für den Besteuerungszeitraum deckt, ist eine Steuererklärung abzugeben. Aufgrund der Jahreserklärung wird die Steuer für den Besteuerungszeitraum erstmals festgesetzt; das Leistungsgebot beschränkt sich nach § 18 Abs. 4 Sätze 1 und 2 UStG jedoch auf den Unterschiedsbetrag zur Summe der Vorauszahlungen.

Es handelt sich folglich nach diesem vom Gesetz vorgegebenen System bei den Voranmeldungen und den Jahreserklärungen um verschiedene Steuerfestsetzungen, die einer unterschiedlichen steuerstrafrechtlichen Würdigung unterliegen: Während die Abgabe falscher monatlicher Voranmeldungen zur Verkürzung von Vorauszahlungen führt - mithin zu einer Steuerverkürzung auf Zeit -, bewirkt die Abgabe der falschen Jahreserklärung die endgültige Steuerverkürzung. Dasselbe gilt, wenn nach unterlassenen oder unrichtigen Voranmeldungen keine Jahreserklärung abgegeben wird (BGHSt 38, 165, 171).

Diese in ständiger Rechtsprechung vertretene Auffassung des Senats liegt auch den Entscheidungen in BGHSt 38, 366 und BGHSt 39, 233 zugrunde. Dabei hatte der Senat jeweils nur über die Frage zu entscheiden, wie die durch Nichtabgabe der Jahressteuererklärung zum 31. Mai des Folgejahres (§ 149 Abs. 2 AO) bewirkte Steuerhinterziehung durch Unterlassen sich zu der nach Ablauf der Frist eingereichten (unzutreffenden) Jahressteuererklärung verhält, zu deren Abgabe der Steuerpflichtige rechtlich auch nach Fristablauf weiterhin gehalten ist. Wenn in diesem Zusammenhang bei der vorgegebenen Fallkonstellation (Abgabe falscher Voranmeldungen und Unterlassen der fristgerechten Jahreserklärung) auch auf die falschen Umsatzsteuervoranmeldungen abgestellt worden ist, so erfolgte dies zur Ermittlung des Schuldumfangs der auf Dauer bewirkten Steuerhinterziehung durch Unterlassen; es ändert jedoch nichts an den oben aufgezeigten Grundsätzen zum Verhältnis von Voranmeldungen und Jahressteuererklärung. Eine vom Beschwerdeführer (unter Berufung auf Kohlmann, Steuerstrafrecht, 6. Aufl., § 370 AO Rdnr. 146.3; ebenso Rdnr. 315) angenommene Änderung der Rechtsprechung ist darin nicht zu sehen.