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  BFH-Urteil vom 26.7.1995 (X R 113/93) BStBl. 1996 II S. 157

1. Einkünfte eines Altenteilsberechtigten aus wiederkehrenden Leistungen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) liegen nur insoweit vor, als der Verpflichtete materiell-rechtlich berechtigt ist, diese Leistungen als Sonderausgaben abzuziehen (vgl. Senatsurteil vom 26. Juli 1995 X R 91/92, BFHE 178, 339, BStBl II 1995, 836).

2. Kann der Übernehmer eines land- und forstwirtschaftlichen Betriebes die in der Überlassung der Wohnung bestehende Versorgungsleistung lediglich mit dem der Wohnfläche entsprechenden Anteil des pauschalierten Nutzungswertes der Wohnung (§ 13 a Abs. 7 EStG) abziehen, ist diese Leistung auch beim Berechtigten nur in gleicher Höhe, also nicht mit dem üblichen Mittelpreis des Verbrauchsorts (§ 8 Abs. 2 EStG) steuerbar.

EStG § 8 Abs. 2, § 10 Abs. 1 Nr. 1a, § 13a Abs. 7, § 22 Nr. 1 Satz 1.

Vorinstanz: Niedersächsisches FG

Sachverhalt

Der im Jahre 1985 verstorbene Ehemann der Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) hatte mit Vertrag vom 3. Dezember 1979 seinem Sohn K einen rd... ha großen Hof im Wege der vorweggenommenen Erbfolge übertragen und dabei für sich und seine Ehefrau - die Klägerin - Altenteilsrechte vorbehalten. U. a. waren "die im Obergeschoß des Hauses befindlichen Wohnräume im sog. Neubautrakt und das sog. große zur Westseite im Ausbau befindliche Zimmer sowie sämtliche dazu gehörenden Nebenräume, wie z. B. Bad mit Toilette" zur Nutzung zu überlassen.

Der Sohn K versteuert seine Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft nach Durchschnittssätzen (§ 13 a des Einkommensteuergesetzes - EStG -). Gemäß § 13 a Abs. 7 Satz 1 EStG hat er den Nutzungswert der Wohnung mit 1/18 des im Einheitswert besonders ausgewiesenen Wohnungswerts (23.523 DM) in Höhe von 1.306 DM angesetzt. Der Anteil der Altenteilerwohnung an der Gesamtwohnfläche des Hofes beträgt 31,5 v. H.; dies entspricht einem anteiligen Nutzungswert von 411 DM. Diesen Betrag hat der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) nach den Grundsätzen des Urteils des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 28. Juli 1983 IV R 174/80 (BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97) beim Sohn K zum Abzug als Sonderausgaben (§ 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) zugelassen. Die Klägerin ist der Auffassung, daß die Einkünfte aus der Nutzung der Wohnung (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) gleichfalls mit 411 DM anzusetzen seien. Demgegenüber hat das FA den zu versteuernden Nutzungswert mit 3.000 DM beziffert. Es vertrat die Auffassung, wegen des Grundsatzes der Gleichmäßigkeit der Besteuerung müsse der Nutzungswert der Altenteilerwohnung gemäß § 8 Abs. 2 EStG mit den üblichen Mittelpreisen des Verbrauchsorts angesetzt werden.

Die hiergegen nach erfolglosem Einspruch erhobene Klage hat das Finanzgericht (FG) als unbegründet abgewiesen. Die beschränkte Abziehbarkeit nach den Grundsätzen des Urteils in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97 habe auf die Besteuerung des Altenteilsberechtigten keinen Einfluß. In dieser Hinsicht gebe es keinen Grundsatz der Korrespondenz. Der Wert der wiederkehrenden Bezüge (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) sei nach § 8 Abs. 2 Satz 1 EStG anzusetzen.

Mit der Revision rügt die Klägerin Verletzung materiellen Rechts.

Sie beantragt, das Urteil des FG aufzuheben und den angefochtenen Steuerbescheid vom 21. Juni 1988 in der Weise abzuändern, daß die Einkommensteuer von 4.680 DM auf 4.110 DM herabgesetzt wird.

Das FA beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist begründet.

1. Einkünfte der Klägerin aus wiederkehrenden Leistungen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG) liegen nur insofern vor, als der Altenteilsverpflichtete wegen dieser Leistungen materiell-rechtlich zum Abzug von Sonderausgaben (Leibrente oder dauernde Last; § 10 Abs. 1 Nr. 1 a EStG) berechtigt ist. Dieser gegenständlich auf den "Transfer von Einkünften" vom Übernehmer auf den Übergeber eines Vermögens beschränkte Grundsatz der materiell-rechtlichen Korrespondenz folgt aus der Erwägung, daß es nach der Systematik des Einkommensteuerrechts für die Zurechnung von dem Übergeber zugewendeten Leistungen keinen hinreichenden rechtlichen Grund gibt als den, daß diese Einkünfte beim Verpflichteten dem Grund und der Höhe nach abziehbar sind. Aus § 8 Abs. 2 EStG folgt nichts anderes, da diese Vorschrift lediglich die Bewertung von nicht in Geld bestehenden Einnahmen regelt, die "im Rahmen einer der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 Nr. 4 bis 7 EStG" (vgl. § 8 Abs. 1 EStG) zufließen.

2. Bei den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft nach § 13 a Abs. 3 Nr. 4 EStG ist der Nutzungswert der Altenteilerwohnung beim Hofinhaber (Altenteilsverpflichteten) mit 1/18 des im Einheitswert besonders ausgewiesenen Wohnungswertes zu erfassen, und zwar unabhängig davon, ob das Wohnungsrecht dinglich gesichert ist oder nicht. Im Umfang dieser Zurechnung ist die unentgeltliche Überlassung der Wohnung oder die Einräumung eines Wohnungsrechts ein Teil der Sachleistungen aus dem Hofübergabevertrag, die der Übernehmer als Sonderausgaben abziehen kann. Bei Landwirten mit Gewinnermittlung nach Durchschnittssätzen ist der als Sonderausgabe abziehbare Nutzungswert einer Altenteilerwohnung nicht höher anzusetzen als der bei der Gewinnermittlung angesetzte Nutzungswert dieser Wohnung (BFH-Urteile in BFHE 139, 367, BStBl II 1984, 97; vom 21. April 1993 X R 96/91, BFHE 171, 236, BStBl II 1993, 608).

3. Der die Wohnung nutzende Übergeber des Hofes hat grundsätzlich in Höhe des beim Übernehmer als Einnahme und als dauernde Last anzusetzenden Bruttonutzungswertes Einnahmen aus sonstigen wiederkehrenden Leistungen (§ 22 Nr. 1 Satz 1 EStG). Der Senat teilt nicht die vom Niedersächsischen FG (Urteil vom 18. März 1987 IX 637/85, Entscheidungen der Finanzgerichte 1987, 460) vertretene Auffassung, daß ungeachtet der Beschränkung des Sonderausgabenabzugs bei der Gewinnermittlung nach § 13 a EStG ein gemäß § 8 Abs. 2 EStG ermittelter Nutzungswert maßgebend sei.

Zwar gilt § 8 EStG, der ausdrücklich auch die Wohnungsüberlassung zu den Sachbezügen rechnet, nach seinem Wortlaut für die Einkunftsarten des § 2 Nr. 4 bis 7 EStG, mithin auch für die sonstigen Einkünfte nach § 22 EStG. Die Anwendung des § 8 Abs. 1 und 2 EStG setzt aber voraus, daß der Zufluß im Rahmen einer Einkunftsart stattfindet. Dies ist hier nur in der Höhe der Fall, wie der Altenteilsverpflichtete zum Abzug von Sonderausgaben berechtigt ist. Wegen der Begründung im einzelnen wird auf das Senatsurteil vom heutigen Tage zum Az. X R 91/92 (BFHE 178, 339, BStBl II 1995, 836, dort unter 4. b) Bezug genommen.

Der Senat bemerkt klarstellend, daß eine Aussage zu einem generellen materiell-rechtlichen Korrespondenzprinzip, das allgemein abgelehnt wird (vgl. Crezelius in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuer, § 8 B 6), nicht getroffen werden soll.

4. Da die Vorentscheidung von anderen Rechtsgrundsätzen ausgegangen ist und sie sich auch nicht aus anderen Gründen als zutreffend darstellt, war sie aufzuheben. Die Sache ist spruchreif. Auf Antrag der Klägerin ist die Bemessungsgrundlage der Einkommensteuer um 2.589 DM (3.000 DM ./. 411 DM) auf 27.782 DM zu vermindern. Die Einkommensteuer hierauf lt. Splittingtabelle beträgt 4.110 DM.