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  BFH-Urteil vom 19.1.1996 (VI R 73/94) BStBl. 1996 II S. 202

Ein seinem Charakter nach zur bürgerlichen Kleidung gehörendes Kleidungsstück (hier: Lodenmantel) wird nicht dadurch zur typischen Berufskleidung, daß es nach der Dienstanweisung des Arbeitgebers zur Dienstbekleidung zählt und mit einem Dienstabzeichen versehen ist.

EStG § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6.

Vorinstanz: FG Rheinland-Pfalz

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) ist Leiter eines staatlichen Forstamtes. Im Streitjahr 1992 schaffte er sich einen Lodenmantel an, dessen Anschaffungskosten in Höhe von 361 DM er bei der Einkommensteuerveranlagung zum Werbungskostenabzug begehrte. Dazu berief er sich auf die Verwaltungsvorschrift über die Dienstbekleidung im Bereich der Forstverwaltung des Ministeriums für Landwirtschaft, Weinbau und Forsten in Rheinland-Pfalz vom 21. Dezember 1990 731-2134, nach welcher ein Lodenmantel zur Dienstkleidung gehöre. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) lehnte den Werbungskostenabzug ab und führte in der Einspruchsentscheidung im wesentlichen aus: Der Lodenmantel gehöre zwar zur Dienstbekleidung, er sei aber keine typische Berufskleidung. Typische Berufskleidung, deren Anschaffungskosten gemäß der zum Teil rechtsbegründenden Vorschrift des § 9 Abs. 1 Nr. 6 des Einkommensteuergesetzes (EStG) als Werbungskosten abziehbar seien, sei gegeben, wenn sie ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich für die berufliche Verwendung bestimmt und wegen der Eigenart des Berufs notwendig sei. Liege die Nutzung als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen, so seien die Aufwendungen für diese Kleidung wegen des Abzugsverbotes des § 12 Nr. 1 EStG nicht als Werbungskosten abziehbar.

Die Klage hatte keinen Erfolg. Das Finanzgericht (FG) führte in seinem gemäß § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung (FGO) abgekürzten Urteil ergänzend aus: Da der Lodenmantel auch vom Kläger privat getragen werden könne und derartige Mäntel von weiten Bevölkerungskreisen getragen würden, könne ein solcher Mantel nicht als typische Berufskleidung angesehen werden. Hieran ändere das nach Bedarf leicht abnehmbare Dienstabzeichen nichts. Dem Urteil des Hessischen FG vom 9. Dezember 1986 8 K 200/85 (Entscheidungen der Finanzgerichte - EFG - 1987, 552) könne allenfalls für typische Uniformstücke, nicht aber für einen allgemein im bürgerlichen Leben tragbaren Lodenmantel gefolgt werden.

Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter. Dazu führt er im wesentlichen aus: Das FG habe verfahrensfehlerhaft unberücksichtigt gelassen, daß das Dienstabzeichen auf dem Lodenmantel aufgenäht gewesen sei. Dieser Umstand habe sich aus dem gesamten Akteninhalt einschließlich des vorgelegten Lichtbildes ergeben. Die entscheidungserhebliche Annahme des FG, das Dienstabzeichen sei leicht abnehmbar gewesen, sei überraschend und bedeute, da man nicht dazu habe Stellung nehmen können, die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Der mit dem Dienstabzeichen versehene Lodenmantel könne nicht als bürgerliche Kleidung angesehen werden, er sei vielmehr wesentlicher Teil der typischen Berufskleidung; denn er - der Kläger - sei aufgrund Verwaltungsvorschriften zum Tragen dieses Kleidungsstücks verpflichtet. Durch das aufgenähte Dienstabzeichen sei eine private Verwendung des Lodenmantels zumindest nahezu ausgeschlossen. Der Lodenmantel mit dem Dienstabzeichen sei objektiv und infolge der dienstlichen Anordnung zumindest nahezu ausschließlich für die Verwendung im Beruf des Forstbeamten bestimmt und würde auch von allen Forstbeamten im Dienst getragen. Daher besitze er - der Kläger - für private Zwecke einen weiteren Lodenmantel ohne Dienstabzeichen.

Das FA tritt der Revision im wesentlichen mit den Gründen der Vorentscheidung entgegen. Ergänzend führt es aus, das FG habe den Umstand, daß das Dienstabzeichen aufgenäht gewesen sei, berücksichtigt; denn es habe von einem "nach Bedarf leicht abnehmbaren Dienstabzeichen" gesprochen. Auch ein aufgenähtes Dienstabzeichen sei jederzeit mit wenigen Handgriffen leicht abzutrennen; dies erfordere lediglich etwas mehr Zeit als das Abnehmen eines mit einem Klettverschluß befestigten Abzeichens.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG sind Aufwendungen für typische Berufskleidung als Werbungskosten abziehbar. Nach gefestigter Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) gehören solche Kleidungsstücke zur typischen Berufskleidung, die ihrer Beschaffenheit nach objektiv nahezu ausschließlich nur für die berufliche Nutzung bestimmt und geeignet sind und die wegen der Eigenart des Berufs nötig sind (s. z. B. BFH-Urteil vom 6. Dezember 1990 IV R 65/90, BFHE 163, 134, BStBl II 1991, 348). Damit scheidet die Qualifizierung eines Kleidungsstückes als typische Berufskleidung schon dann aus, wenn seine Benutzung als normale bürgerliche Kleidung im Rahmen des Möglichen und Üblichen liegt.

Daß ein Lodenmantel zur sog. bürgerlichen Kleidung zählt, liegt auf der Hand. Hieran ändert sich nichts dadurch, daß ein solcher Mantel nach den entsprechenden öffentlich-rechtlichen Dienstanweisungen zur sog. Dienstbekleidung eines Forstbeamten zählt. Allein dadurch, daß bürgerliche Kleidung durch den Arbeitgeber zur Dienstbekleidung bestimmt wird, erlangt diese nicht den Charakter der typischen Berufskleidung i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 6 EStG. Bei öffentlichen Dienstverhältnissen kann nichts anderes gelten als im Rahmen privater Dienstverhältnisse. So wird durch die Anordnung des privaten Arbeitgebers, z. B. im Umgang mit Kunden gehobene bürgerliche Kleidung zu tragen, diese Kleidung, obwohl deren Anschaffung mit einem Mehraufwand verbunden ist, nicht zur typischen Berufskleidung. Der Gesetzgeber hat dadurch, daß er die Aufwendungen nur für typische Berufskleidung zum Werbungskostenabzug zuläßt, zum Ausdruck gebracht, daß nur solche Kleidung zur steuerrechtlich relevanten Berufskleidung gehören soll, bei der offensichtlich ist, daß sie im wesentlichen nur für die berufliche Verwendung geeignet ist und damit eine Kollision zur privaten Lebensführung und zum privaten Bekleidetsein von vornherein ausscheidet.

Daher kann im Streitfall der Lodenmantel des Klägers auch nicht dadurch zur typischen Berufskleidung geworden sein, daß das Dienstabzeichen aufgenäht ist. Durch dieses Dienstabzeichen wird der Kläger zwar als Mitglied einer bestimmten Berufsgruppe erkennbar. Eine Nutzung des Lodenmantels im privaten Bereich ist aber nicht nahezu ausgeschlossen. Auch mit dem Dienstabzeichen versehen behält der Lodenmantel seinen Charakter als ein zur bürgerlichen Kleidung gehörendes Kleidungsstück.