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BFH-Urteil vom 22.11.1995 (I R 185/94) BStBl. 1996 II S. 390

Bei der Ermittlung der nach § 12 UmwStG 1977 (= § 10 Abs. 1 UmwStG 1994) anzurechnenden Körperschaftsteuer, die auf den Teilbeträgen des für Ausschüttungen verwendbaren Eigenkapitals der übertragenden Körperschaft i. S. von § 30 Abs. 1 Nr. 1 und 2 KStG lastet, sind positive Teilbeträge aus dem EK 56 mit negativen Teilbeträgen aus dem EK 50 zu verrechnen. Die auf dem Teilbetrag mit 56 v. H. lastende Körperschaftsteuer in Höhe von 56/44 ist hierbei um 50/50 aus dem negativen EK 50 zu kürzen.

UmwStG 1977 § 5 Abs. 3, § 12; KStG 1991 § 23 Abs. 1, § 30 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 und 4, § 31 Abs. 2.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg (EFG 1995, 179)

Sachverhalt

I.

Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin), eine GmbH & Co. KG, ist durch rückwirkende Umwandlung zum 31. Dezember 1990 aus einer GmbH entstanden. Das verwendbare Eigenkapital (vEK) dieser GmbH gliederte sich zum 31. Dezember 1990 wie folgt:

EK 56                         6.038.484 DM

EK 50                          ./. 80.564 DM

EK 36                                      0 DM

EK 02                   ./. 15.272.270 DM

EK 04                            301.827 DM

Der Betrag des EK 50 ergab sich aus § 31 Abs. 1 Nr. 4 und Abs. 2 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) 1991.

Bei einer Außenprüfung ermittelte der Prüfer die nach § 12 des Umwandlungsteuergesetzes (UmwStG) 1977 anrechenbare Körperschaftsteuer, indem er die auf dem EK 56 lastende Körperschaftsteuer ( 56/44 = 7.685.343 DM) um den negativen Betrag des EK 50 kürzte. Er behandelte den sich hiernach ergebenden Betrag als Entnahme, erhöhte um diese den Übernahmegewinn der Klägerin gemäß § 5 Abs. 3 UmwStG 1977 und teilte den erhöhten Gewinn sowie überdies den Betrag der anrechenbaren Körperschaftsteuer entsprechend den Beteiligungsverhältnissen den einzelnen Gesellschaftern zu. Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt - FA -) schloß sich dem im geänderten Gewinnfeststellungsbescheid 1990 an.

Die dagegen gerichtete Sprungklage blieb ohne Erfolg. Das Urteil des Finanzgerichts (FG) ist in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 179 abgedruckt.

Mit ihrer Revision rügt die Klägerin Verletzung von § 12 UmwStG 1977.

Sie beantragt, das FG-Urteil aufzuheben und den einheitlichen Gewinnfeststellungsbescheid des FA für 1990 dahin zu ändern, daß die anrechenbare Körperschaftsteuer auf insgesamt 7.685.344 DM festgestellt und auf die Gesellschafter der GmbH aufgeteilt wird.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision ist unbegründet.

1. Wird eine Körperschaft auf eine Personengesellschaft übertragen, so ist die Körperschaftsteuer, die auf den Teilbeträgen des für Ausschüttungen vEK der übertragenden Körperschaft i. S. von § 30 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KStG lastet, nach § 12 UmwStG 1977 (= § 10 Abs. 1 UmwStG 1994) auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer der Gesellschafter der übernehmenden Personengesellschaft anzurechnen. Die Körperschaftsteuerbelastung des zur Ausschüttung vEK der übertragenden Körperschaft gemäß § 30 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KStG in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung belief sich bis zum Veranlagungszeitraum 1989 auf 56 v. H. und vom Veranlagungszeitraum 1990 an auf 50 v. H. des zu versteuernden Einkommens (vgl. § 23 Abs. 1 KStG 1977 bis 1984 einerseits, § 23 Abs. 1 KStG 1991 andererseits). Sie ermäßigte sich im Falle der Ausschüttung auf 36 v. H. (vgl. § 27 Abs. 1 KStG 1977 bis 1991). Mit der Anrechnung der belasteten Körperschaftsteuer korrespondierend ist gemäß § 5 Abs. 3 UmwStG 1977 (= § 4 Abs. 5 UmwStG 1994) der Gewinn der übernehmenden Personengesellschaft in dem Wirtschaftsjahr, in dem das Vermögen als übergegangen gilt, um die anzurechnende Körperschaftsteuer zu erhöhen.

2. Im Streitfall entspricht der Erhöhungsbetrag nach § 5 Abs. 3 UmwStG 1977 zunächst der Körperschaftsteuer, die bei der übertragenden GmbH auf dem im EK 56 ausgewiesenen Einkommensteil lastet und beläuft sich sonach auf 7.685.343 DM (= 56/44). Das FG hat diesen Betrag zu Recht in Höhe von 80.564 DM (= 50/50) um die Körperschaftsteuer aus dem im EK 50 ausgewiesenen Einkommensteil gekürzt.

a) Eine solche Kürzung steht im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut. Zwar ist nach § 12 UmwStG 1977 (nur) jene Körperschaftsteuer auf die Einkommensteuer der Gesellschafter anzurechnen, die auf den Teilbeträgen des für Ausschüttungen vEK der übertragenden Körperschaft i. S. des § 30 Abs. 1 und 2 KStG lastet. Negative Teilbeträge führen aber nicht zu einer Körperschaftsteuerbelastung. Im Schrifttum wird deshalb gefolgert, negative Teilbeträge seien bei der Anrechnung nach § 12 UmwStG 1977 rechnerisch nicht einzubeziehen (einhellige Meinung; vgl. Herzig in Steuerberater-Jahrbuch - StbJb - 1982/83, 141, 174; Förster, Recht der Internationalen Wirtschaft - RIW - 1986, 794, 800; Widmann in Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, 2. Aufl., Rz. 5709.1, und 3. Aufl., Tz. S. 247; Dehmer, Umwandlungsgesetz, Umwandlungssteuergesetz, § 10 UmwStG Rz. 15 ff.; Wolff in Blümich, Einkommensteuergesetz, Körperschaftsteuergesetz, Gewerbesteuergesetz, 15. Aufl., § 4 UmwStG Rdnr. 26 und § 10 UmwStG Rdnr. 16; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, Die Körperschaftsteuer, § 36 EStG Rz. 99; Blumers/Beinert, Der Betrieb - DB - 1995, 1043, 1047; Schaumburg/Rödder, Umwandlungsgesetz, Umwandlungs-Steuergesetz, § 4 Rz. 36). Der Senat braucht im Streitfall nicht zu entscheiden, ob dem beizupflichten ist. Hier besteht die Besonderheit, daß nicht einzelne Teilbeträge entweder i. S. von § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG oder aber i. S. von § 30 Abs. 1 Nr. 2 KStG negativ sind, sondern daß es sich ausschließlich um (positive - EK 56 - und negative - EK 50 -) Teilbeträge i. S. von § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG 1977 bis 1984/1991 handelt, also um solche Teilbeträge, die aus ungemildert der Körperschaftsteuer unterliegenden Einkommensteilen entstanden sind. Zu ihrer Höhe nach unterschiedlichen Belastungen mit Körperschaftsteuer kommt es hier allein deshalb, weil vom Veranlagungszeitraum 1990 an der Steuertarif von 56 v. H. auf 50 v. H. gesenkt worden ist. Das Gesetz bestimmt, daß für eine Übergangszeit bis zum 31. Dezember 1994 der - positive - Teilbetrag aus dem (bisherigen) EK 56 nicht in den (nunmehrigen) Teilbetrag aus dem EK 50 umzugliedern, sondern neben diesem Teilbetrag in der Gliederungsrechnung auszuweisen ist (§ 54 Abs. 11 KStG 1991). Ungeachtet dessen bleibt es dabei, daß die Körperschaftsteuer auf den Teilbeträgen des für Ausschüttungen vEK der übertragenden Körperschaft i. S. des § 30 Abs. 1 Nr. 1 KStG lastet. Dementsprechend nimmt § 12 UmwStG 1977 (nur) auf das vEK gemäß § 30 Abs. 1 Nrn. 1 und 2 KStG Bezug; eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Fassungen dieser Regelungen und damit den verschiedenen Körperschaftsteuersätzen unterbleibt hingegen. Solange der Gesamtbetrag (Saldo) dieser Teilbeträge positiv ist, kann es nach Ansicht des Senats deshalb keinen Unterschied machen, ob sie sich aus solchen Einkommensteilen zusammensetzen, die einem einheitlichen Körperschaftsteuersatz unterfallen oder aber Körperschaftsteuersätzen von unterschiedlicher Höhe (im Ergebnis ebenso Thiel, DB 1995, 1196, 1199; A. Söffing, Finanz-Rundschau 1995, 550; insoweit s. auch Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a. a. O., Anh. UmwStG Rz. 50).

b) Dieses im Einklang mit dem möglichen Wortsinn des § 12 UmwStG 1977 stehende Verständnis führt auch zu sachgerechten Ergebnissen. Negatives EK 50 kann entstehen, soweit nichtabziehbare Ausgaben bei der Ermittlung des Einkommens zur Berechnung der in § 30 KStG 1991 bezeichneten Einkommensteile des vEK gemäß § 31 Abs. 1 Nr. 4 KStG 1991 von jenen Einkommensteilen abzuziehen sind, die ungemildert der Körperschaftsteuer unterliegen, also von den im EK 50 ausgewiesenen Beträgen. Soweit diese Beträge für den Abzug nicht ausreichen, treten an ihre Stelle zunächst die im EK 36 ausgewiesenen Einkommensteile oder - falls auch diese zu niedrig sind - die entsprechenden Einkommensteile in gleicher Reihenfolge in den Folgejahren (§ 31 Abs. 2 KStG 1991). Diese Verfahrensweise ist darin begründet, ab 1990 die Körperschaftsteuerbelastung der nichtabziehbaren Ausgaben einheitlich auf 50 v. H. zu bemessen. Würden diese Ausgaben nämlich von den Einkommensteilen aus dem EK 56 abgezogen, würde ihre Belastung in der Gliederungsrechnung von 50 v. H. auf 56 v. H. erhöht (vgl. Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a. a. O., § 31 KStG, Rz. 111). Dadurch ist es aber in gewisser Weise dem Zufall überlassen, ob das sich am Schluß des jeweiligen Wirtschaftsjahres nach Abzug der nichtabziehbaren Ausgaben ergebende EK 50 oder EK 36 noch positiv oder bereits negativ ist. Ist aber letzteres der Fall und bliebe der negative Teilbetrag sodann bei der Berechnung der nach § 12 UmwStG 1977 anzurechnenden Körperschaftsteuer unberücksichtigt, käme es im Ergebnis im Umwandlungsjahr zu einer Körperschaftsteueranrechnung, ohne daß hiermit einhergehend die nichtabziehbaren Ausgaben in diesem Jahr mit Körperschaftsteuer belastet worden wären. Eine solche Wirkung widerspräche dem System des körperschaftsteuerlichen Anrechnungsverfahrens. Sie wird durch die vom Senat für richtig gehaltene Auslegung des § 12 UmwStG 1977 für den Sachverhalt, wie er sich im Streitfall darstellt, vermieden.

c) Zutreffend hat das FA auch nicht einfach den Teilbetrag aus dem EK 56 um jenen aus dem EK 50 gekürzt und sodann aus dem gekürzten Betrag das Körperschaftsteuerguthaben errechnet, sondern zutreffend das Körperschaftsteuerguthaben aus dem EK 56 ( 56/44) um 50/50 aus dem EK 50 gekürzt.

3. Gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Feststellungsbescheides bestehen schließlich keine sonstigen Bedenken. Das FA hat zwar - dem Prüfer folgend - den Gewinn der Klägerin gemäß § 5 Abs. 3 UmwStG 1977 um den anrechenbaren Körperschaftsteueranspruch erhöht, indem es den sich ergebenden Anrechnungsbetrag durch den korrespondierenden Ausweis einer Entnahme ausgeglichen hat. Der Anspruch auf Anrechnung der Körperschaftsteuer gehört aber nicht zum Gesellschaftsvermögen der Personengesellschaft. Vielmehr entsteht der Anspruch unmittelbar in der Person des einzelnen (einkommensteuerpflichtigen) Gesellschafters; diesem sind gemäß § 36 Abs. 2 Nr. 3 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) die “Einnahmen im Sinne des § 20 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 EStG” zuzurechnen (Döllerer in Festschrift für Walter Stimpel, 1985, S. 729, 741 f.; s. auch Bundesgerichtshof - BGH -, Urteil vom 30. Januar 1995 II ZR 42/94, Deutsches Steuerrecht - DStR - 1995, 574). Richtig wäre es deshalb gewesen, den Anrechnungsanspruch im Sonderbetriebsvermögen des einzelnen Gesellschafters zu erfassen (allgemeine Ansicht, vgl. z. B. Döllerer, a. a. O., S. 740; Dötsch in Dötsch/Eversberg/Jost/Witt, a. a. O., Vor § 27 KStG Rz. 73, § 20 EStG Rz. 164 f., § 36 EStG Rz. 56; Wassermeyer in Kirchhof/Söhn, Einkommensteuergesetz, § 20 Rdnr. E 7; Heinicke in Schmidt, Einkommensteuergesetz, 14. Aufl., § 20 Rz. 212; Streck, Körperschaftsteuergesetz, 4. Aufl., ABC Stichwort “Mitunternehmerschaft”; Raupach, Finanz-Rundschau - FR - 1978, 570, 578; Selchert, Betriebs-Berater - BB - 1984, 888). Das FA hat überdies den Erhöhungsbetrag gemäß § 5 Abs. 3 UmwStG 1977 nicht gesondert ausgewiesen, sondern ihn - abweichend von Tz. 19 des Schreibens des Bundesministers der Finanzen vom 15. April 1986 (BStBl I 1986, 164; s. dazu z. B. Widmann in Widmann/Mayer, a. a. O., Tz. 5055; Wolff in Blümich, a. a. O., § 4 UmwStG Rdnr. 24) - mit dem Übernahmegewinn zusammengerechnet. Der angefochtene Bescheid wird dadurch aber nicht rechtswidrig. Da das FA sowohl den gesamten Übernahmegewinn als auch die gemäß § 12 UmwStG 1977 anrechenbare Körperschaftsteuer in entsprechender Höhe den Gesellschaftern gesondert zugerechnet hat, ist sichergestellt, daß das jeweils anteilige Guthaben bei der jeweiligen Einkommensteuer-Veranlagung der einzelnen Gesellschafter berücksichtigt werden kann (s. auch dazu Widmann, a. a. O.).

Es bestehen auch keine Bedenken dagegen, daß die Körperschaftsteuerguthaben ihrerseits gesondert festgestellt worden sind (vgl. Abschn. 97 Abs. 4 der Körperschaftsteuer-Richtlinien 1990). Zwar ist eine ausdrückliche Befugnis hierzu erst mit Wirkung für Feststellungszeiträume, die nach dem 31. Dezember 1994 beginnen, in die Abgabenordnung (AO 1977) eingefügt worden, vgl. § 180 Abs. 5 Nr. 2 AO 1977 i. d. F. des Mißbrauchsbeseitigungs- und Steuerbereinigungsgesetzes vom 21. Dezember 1993 (BGBl I 1993, 2310, 2346). Bereits zuvor war die gesonderte Feststellung der Guthaben gemäß § 180 Abs. 1 Nr. 2 a AO 1977 in der für das Streitjahr maßgeblichen Fassung aber zulässig, wenn die entsprechenden Ansprüche zum Sonderbetriebsvermögen der einzelnen Gesellschafter gehören (vgl. z. B. Döllerer, a. a. O., S. 741 f.). So verhält es sich auch im Streitfall.