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  BFH-Urteil vom 6.3.1996 (II R 102/93) BStBl. 1996 II S. 396

1. Das frühere GrEStG BW ist seit Aufhebung des § 160 Abs. 2 FGO durch das FGO-ÄndG vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109) ab 1. Januar 1993 kein revisibles Recht mehr, das der Überprüfung durch den BFH unterliegt.

2. Kann der BFH als Revisiongericht mangels Revisibilität eines landesrechtlichen Steuergesetzes dessen Auslegung durch das FG nicht überprüfen, so kann er auch nicht überprüfen, ob eine sachliche Härte i. S. des § 227 AO 1977 vorliegt.

FGO § 118 Abs. 1, § 160 Abs. 2 a. F.; AO 1977 § 227; GrEStG 1983 § 23 Abs. 2; GrEStG BW § 1 Abs. 1.

Vorinstanz: FG Baden-Württemberg

Sachverhalt

I.

Der Kläger und Revisionsbeklagte (Kläger) erwarb mit Kaufvertrag vom 12. Februar 1979 ein Baugrundstück. Der Kaufpreis betrug ... DM. Antragsgemäß wurde ihm zunächst vorläufig Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 des damals geltenden Grunderwerbsteuergesetzes Baden-Württemberg (GrEStG BW) gewährt. Innerhalb der zehnjährigen Bebauungsfrist wurde das Grundstück nicht dem steuerbegünstigten Zweck zugeführt. Der Beklagte und Revisionskläger (das Finanzamt - FA -) erhob deshalb die Grunderwerbsteuer für den Erwerbsvorgang nach und setzte gegen den Kläger Grunderwerbsteuer und Aufgeld in Höhe von insgesamt ... DM fest. Über die hiergegen gerichtete Klage ist noch nicht entschieden.

Am 6. Juni 1979 wurde ein Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung für die Errichtung von zweimal vier Reihenhäusern und acht Garagen auf dem Grundstück abgelehnt. Am 8. Juni 1983 wurden auf dem Grundstück zwei Einzelhäuser mit maximal zwei Geschossen genehmigt. Die Genehmigung eines dritten Hauses wurde abgelehnt. Gegen diesen Bauvorbescheid, der das beantragte dritte Gebäude ablehnte, legte der Kläger keinen Widerspruch ein. Am 26. Januar 1989 wurden zwei Doppelhäuser mit maximal vier Wohneinheiten genehmigt. Am 17. September 1991 wurde dann der Antrag auf Erstellung von zwei Mehrfamilienhäusern mit sieben Wohneinheiten und einer Tiefgarage abgelehnt. Am 5. Oktober 1992 wurden zwei Wohnblocks mit 16 Wohneinheiten genehmigt.

Mit Schreiben vom 14. März 1989 und vom 13. Juli 1989 teilte die Stadt L dem FA mit, daß objektive Hinderungsgründe für eine rechtzeitige Bebauung des Grundstücks aus behördlicher Sicht nicht vorgelegen hätten. Aufgrund des Bauvorbescheids vom 8. Juni 1983 hätte der Kläger zwei Einzelhäuser mit maximal zwei Geschossen errichten können. Die beantragte Erstellung von drei Häusern habe nicht den Vorstellungen des Bebauungsplans und der vorhandenen Bebauung entsprochen.

Mit Schreiben vom 22. Dezember 1988 und vom 25. Juni 1990 beantragte der Kläger, von der Nacherhebung der Grunderwerbsteuer aus Billigkeitsgründen vorläufig abzusehen, da die Gemeinde während der Verwendungsfrist faktisch eine Veränderungssperre vollzogen habe. Diese habe nur den Bau von zwei Häusern anstelle der beantragten drei Häuser genehmigt. Dies sei rechtswidrig gewesen, da die Gemeinde im April 1989 den Bau von vier Häusern zugelassen habe. Das FA lehnte den Antrag des Klägers auf Verlängerung der Bebauungsfrist im Billigkeitsweg durch Bescheid vom 12. Juli 1990 ab. Die hiergegen gerichtete Beschwerde wies die Oberfinanzdirektion (OFD) durch Entscheidung vom 20. September 1990 als unbegründet zurück. Der Kläger habe das Risiko, daß seine Vorstellungen innerhalb der Bebauungsfrist nicht verwirklicht werden könnten, auf sich nehmen müssen. Ein rechtswidriges Verhalten der Baurechtsbehörde sei nicht erkennbar.

Die dagegen gerichtete Klage führte zur Aufhebung des ablehnenden Bescheids des FA und der Beschwerdeentscheidung der OFD durch das FG sowie zur Verpflichtung des FA, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die Finanzbehörden hätten zutreffend erkannt, daß die Voraussetzungen des allgemeinen Billigkeitserlasses des Finanzministeriums Baden-Württemberg vom 14. September 1981 S 4509 A-31/81 (abgedruckt in "Das Grunderwerbsteuerrecht in Baden-Württemberg", Aufl. 1981, S. 100 f.) nicht vorgelegen hätten. Die Frage, ob eine Verlängerung der Bebauungsfrist unmittelbar aus den §§ 163, 227 der Abgabenordnung (AO 1977) im Billigkeitswege möglich sei, sei von den Finanzbehörden dagegen nur unvollkommen erörtert bzw. aufgrund der Annahme eines unzutreffenden Sachverhalts abgelehnt worden. Die Finanzbehörden hätten ihre Ablehnung im wesentlichen damit begründet, daß ein rechtswidriges Verhalten der Baurechtsbehörde nicht erkennbar gewesen sei. Zum Zeitpunkt der Entscheidung der OFD am 20. September 1990 hätte aufgrund der damals vorliegenden bestandskräftigen Baugenehmigungen tatsächlich der Anschein der Rechtmäßigkeit entstehen können. Nunmehr zeige sich jedoch im nachhinein durch die Baugenehmigung vom 5. Oktober 1992, daß die früheren Baugenehmigungen eine viel zu geringe Bebauung zugelassen hätten. Die im Zeitpunkt der OFD-Entscheidung am 20. September 1990 vorliegenden Baugenehmigungen seien daher rechtswidrig gewesen, wenn diese Rechtswidrigkeit auch nicht ohne weiteres von der OFD hätte erkannt werden können. Es komme nicht darauf an, ob die Finanzbehörden diese Rechtswidrigkeit hätten erkennen können, sondern lediglich darauf, ob diese Rechtswidrigkeit objektiv gegeben gewesen sei oder nicht.

Hiergegen richtet sich die Revision des FA. Dieses rügt Verletzung von § 163 und § 277 AO 1977. Das FA beantragt, unter Aufhebung der Vorentscheidung die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Revision als unbegründet zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

II.

Die Revision des FA ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das FG.

Zu Unrecht hat das Finanzgericht (FG) angenommen, daß die Finanzbehörden bei der Ablehnung der vom Kläger begehrten Billigkeitsmaßnahme von ihrem Ermessen einen fehlerhaften Gebrauch gemacht haben.

1. Nach § 227 AO 1977 können die Finanzbehörden Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falles unbillig wäre.

Die Entscheidung über einen Erlaßantrag aus Billigkeitsgründen ist eine Ermessensentscheidung, die im finanzgerichtlichen Verfahren nur dahin geprüft werden kann, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist (§ 102 der Finanzgerichtsordnung - FGO -; vgl. Beschluß des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes vom 19. Oktober 1971 GmS-OGB 3/70, BFHE 105, 109, BStBl II 1972, 603). Der Maßstab der Billigkeit bestimmt Inhalt und Grenzen des pflichtgemäßen Ermessens. Die Unbilligkeit kann entweder in der Sache liegen oder ihren Grund in der wirtschaftlichen Lage des Steuerpflichtigen haben (vgl. Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 2. März 1961 IV 126/60 U, BFHE 73, 53, BStBl III 1961, 288).

Die revisionsgerichtliche Überprüfung eines FG-Urteils in einer Erlaßsache ist dementsprechend darauf beschränkt, ob das FG diese Grundsätze beachtet und dabei nicht gegen revisibles Recht verstoßen hat.

Im Streitfall ergibt sich eine weitere Einschränkung der Überprüfung des finanzgerichtlichen Urteils durch den erkennenden Senat daraus, daß das frühere GrEStG BW kein revisibles Recht i. S. des § 118 Abs. 1 FGO ist. Das GrEStG BW ist Landesrecht. Nach § 118 Abs. 1 Satz 1 FGO kann die Revision nur auf die Verletzung von Bundesrecht gestützt werden. Zwar kann dem BFH als einem obersten Gerichtshof des Bundes (Art. 95 des Grundgesetzes) auch die Entscheidung in solchen Sachen zugewiesen werden, bei denen es sich um die Anwendung von Landesrecht handelt; eine derartige Zuweisung besteht für das GrEStG BW jedoch nicht (mehr). Nach § 23 Abs. 2 GrEStG 1983 sind auf vor dem 1. Januar 1983 verwirklichte Erwerbsvorgänge grundsätzlich die bis zum Inkrafttreten des GrEStG 1983 geltenden Vorschriften anzuwenden. Diese weiter anwendbaren grunderwerbsteuerrechtlichen Vorschriften gehörten überwiegend dem Landesrecht an. Die Revisibilität dieser landesrechtlichen Vorschriften des Grunderwerbsteuerrechts ergab sich bisher aus § 160 Abs. 2 FGO in der bis zum 31. Dezember 1992 geltenden Fassung. Diese Vorschrift wurde jedoch durch Art. 1 Nr. 37 des Gesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl I 1992, 2109, BStBl I 1993, 90) mit Wirkung vom 1. Januar 1993 aufgehoben.

Auch eine landesrechtliche Regelung, die die Revisibilität des GrEStG BW anordnet, besteht nicht. Zwar ist nach § 4 des Baden-Württembergischen Gesetzes zur Ausführung der Finanzgerichtsordnung der Finanzrechtsweg auch in öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten über Abgabenangelegenheiten gegeben, soweit die Abgaben nicht der Gesetzgebung des Bundes unterliegen und durch Landesfinanzbehörden verwaltet werden. Allein die Eröffnung des Finanzrechtswegs reicht jedoch nicht aus, um die Revisibilität von Landesrecht zu begründen. Erforderlich ist vielmehr, daß die FGO insgesamt bzw. zumindest die Vorschriften des Unterabschnitts der FGO über die Revision (§ 115 f. FGO) für anwendbar erklärt worden sind (vgl. BFH-Urteil vom 7. August 1985 I R 309/82, BFHE 145, 7, BStBl II 1986, 42, m. w. N.). Da für das GrEStG BW lediglich der Finanzrechtsweg eröffnet, nicht aber die FGO in bezeichnetem Sinn für anwendbar erklärt worden ist, handelte es sich bei dem GrEStG BW um irrevisibles Recht, dessen Anwendung durch das FG vom Senat nicht überprüft werden kann (vgl. für das frühere Nordrhein-Westfälische GrEStG Senatsurteil vom 26. April 1995 II R 6/94, BFHE 178, 222, BStBl II 1995, 738; und für das GrEStG BW Senatsurteil vom 17. Januar 1996 II R 88/94, nicht veröffentlicht).

Zwar ist es nach Auffassung des Senats für die Revisibilität von landesrechtlichen Vorschriften ausreichend, wenn diese wenigstens noch zum Zeitpunkt der Einlegung der Revision besteht (vgl. Senatsurteil vom 13. April 1994 II R 93/90, BFHE 174, 380, BStBl II 1994, 817). Diese Voraussetzung ist jedoch im Streitfall nicht erfüllt.

Der Senat kann daher im Streitfall nicht überprüfen, ob das FG das GrEStG BW zutreffend angewendet hat. Dies schließt auch eine Überprüfung der Frage aus, ob eine Billigkeitsmaßnahme gebietende sachliche Härte vorliegt. Erlaß aus sachlichen Gründen ist zu gewähren, wenn die Besteuerung eines Sachverhalts, der unter einen gesetzlichen Besteuerungstatbestand fällt, im Einzelfall mit Sinn und Zweck des Steuergesetzes nicht vereinbar ist und dadurch ein Überhang des gesetzlichen Tatbestands über die Wertungen des Gesetzgebers besteht (ständige Rechtsprechung des BFH; vgl. Senatsurteil vom 20. Februar 1991 II R 63/88, BFHE 164, 114, BStBl II 1991, 541, m. w. N.). Die Entscheidung, ob nach diesen Grundsätzen im Einzelfall eine sachliche Härte vorliegt, erfordert daher eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem betreffenden Steuergesetz und den in diesem zum Ausdruck gekommenen Wertungen des Gesetzgebers. Kann das Revisionsgericht aber mangels Revisibilität des betreffenden Steuergesetzes dessen Auslegung durch das FG nicht überprüfen, so kann es notwendigerweise auch nicht überprüfen, ob eine sachliche Härte i. S. § 227 AO 1977 vorliegt (vgl. zur Frage § 42 AO 1977 i. V. m. irrevisiblem Landesrecht Senatsentscheidung in BFHE 178, 222, BStBl II 1995, 738). Überprüfen kann der Senat jedoch, ob das FG ansonsten bei der Auslegung des § 227 AO 1977 revisibles Bundesrecht beachtet, insbesondere die bundesrechtlichen Grundsätze über Ausübung und Grenzen des Ermessens richtig angewendet hat.

Diese eingeschränkte Überprüfung des FG-Urteils im Streitfall ergibt, daß das FG unter Verstoß gegen Bundesrecht einen Ermessensfehlgebrauch des FA angenommen hat.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH sind für die gerichtliche Nachprüfung von Ermessensentscheidungen die tatsächlichen Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung maßgeblich. Denn aus dem Wesen einer Ermessensvorschrift, einen Spielraum dafür zu geben, unter einer Mehrzahl rechtlich zulässiger Verhaltensweisen wählen zu lassen, folgt, daß die durch § 102 FGO dem Umfang nach umschriebene gerichtliche Rechtskontrolle der Ermessensentscheidung nur auf den Zeitpunkt der Entscheidung durch die Verwaltungsbehörden selbst bezogen sein kann (vgl. BFH-Urteil vom 26. März 1991 VII R 66/90, BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545, m. w. N.). Auch das Bundesverwaltungsgericht (BVerwG) vertritt - entgegen der Auffassung des Klägers - diesen Rechtsstandpunkt (vgl. BVerwG-Urteil vom 23. August 1990 8 C 42/88, Neue Juristische Wochenschrift 1991, 1073, 1075). An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest. Ob die Behörde das ihr eingeräumte Ermessen fehlerfrei ausgeübt hat, kann daher nur auf der Grundlage der Verhältnisse beurteilt werden, die der Behörde im Zeitpunkt der letzten Ermessensausübung bekannt waren oder bekannt sein mußten (BFH in BFHE 164, 7, BStBl II 1991, 545, 546). Die Rechtmäßigkeit einer Ermessensentscheidung kann nicht von einer späteren Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse (vgl. z. B. BVerwG vom 20. Mai 1980 1 C 82.76, BVerwGE 60, 133, 136) oder auch der Erkenntnisse der ermessensausübenden Behörde abhängen. Es ist den Betroffenen bei veränderter Sachlage vielmehr zuzumuten, insoweit ein neues Verwaltungsverfahren in Gang zu setzen.

Gegen diesen Grundsatz der Maßgeblichkeit der Sach- und Rechtslage bzw. des Erkenntnisstands und der Erkenntnismöglichkeit des FA zum Zeitpunkt des letzten Verwaltungshandelns hat das FG verstoßen.

Das FG ist der Auffassung, die Baubehörde habe objektiv rechtswidrig gehandelt bzw. die 1983 erteilten Baugenehmigungen seien objektiv rechtswidrig gewesen. Da die Finanzbehörden diese objektive Rechtswidrigkeit bei der Ablehnung des Billigkeitsbegehrens des Klägers nicht berücksichtigt hätten, seien sie ermessensfehlerhaft von einem nur unvollkommen erörterten bzw. unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen. Diese Annahme des FG ist rechtsfehlerhaft. Zum Zeitpunkt des letzten Verwaltungshandelns lagen - vom Kläger nicht ausgenutzte - Baugenehmigungen vor. Diese Baugenehmigungen entsprachen zwar nicht in vollem Umfang dem ursprünglichen Antrag des Klägers, waren von diesem aber nicht angefochten worden. Bei diesem Sach- und Erkenntnisstand der Finanzbehörden konnten diese ohne Pflichtverstoß von der Rechtmäßigkeit des Handelns der Baubehörde ausgehen. Da der Kläger die Entscheidung der Baubehörde zunächst selbst rechtlich hingenommen hat, waren die Finanzbehörden im Rahmen ihrer Verpflichtung zur Ermittlung und vollständigen Erörterung des für ihre Ermessensentscheidung maßgeblichen Sachverhalts jedenfalls nicht gehalten, von sich aus die wahre Baurechtslage zu erforschen. Sie haben insoweit ihr Ermessen zutreffend ausgeübt. Entgegen der Auffassung des FG kann die in Ausübung pflichtgemäßem Ermessens erfolgte Ablehnung des Billigkeitsbegehrens des Klägers nicht nachträglich dadurch ermessensfehlerhaft und damit rechtswidrig werden, daß sich - nach Auffassung des FG - nachträglich die objektive Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Baubehörde zum Nachteil des Klägers herausgestellt habe. Diese Betrachtungsweise verstößt gegen den Grundsatz, daß für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Ermessensausübung der Verwaltung bei Entscheidung über Billigkeitsmaßnahmen der Zeitpunkt des letzten Verwaltungshandelns maßgeblich ist. Da die später zutage getretene möglicherweise bestehende objektive Rechtswidrigkeit des Handelns der Baubehörde dem FA zum maßgeblichen Zeitpunkt unbekannt war und auch bei pflichtgemäßem Verhalten nicht bekannt sein mußte, kann diese nachträgliche Erkenntnis in die Beurteilung nicht einbezogen werden. Entgegen der Auffassung des Klägers liegt insoweit auch kein Fall eines - möglicherweise auch in diesem Zusammenhang zulässigen - Rückschlusses auf einen zum Zeitpunkt des letzten Verwaltungshandelns vorliegenden Sachverhalt vor (vgl. dazu z. B. BVerwG-Urteil vom 28. November 1980 2 C 24.78, Deutsche Verwaltungsblätter 1981, 460, 464). Eine später zutage getretene möglicherweise bestehende objektive Rechtswidrigkeit des Verhaltens der Baubehörde läßt allenfalls einen Rückschluß darauf zu, daß diese Rechtswidrigkeit auch bereits zum Zeitpunkt der Entscheidung der Finanzbehörden über die Billigkeitsmaßnahme vorlag. Sie läßt aber keinen Rückschluß darauf zu - und das ist entscheidend -, daß diese Rechtswidrigkeit den Finanzbehörden bekannt war oder bekannt sein mußte. Das FG hat daher zu Unrecht deswegen die ablehnenden Bescheide der Finanzbehörde aufgehoben und das FA verpflichtet, über das Begehren des Klägers unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Die Entscheidung des FG ist daher aufzuheben.

2. Der Senat kann - wie dargelegt - selbst nicht entscheiden, ob eine sachliche Härte vorliegt.

Die nicht spruchreife Sache ist daher zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an das FG zurückzuverweisen. Ausgehend von der Rechtsauffassung des erkennenden Senats wird das FG die Rechtmäßigkeit der Ablehnung der begehrten Billigkeitsmaßnahme (erneut) überprüfen und sich dabei ggf. mit der Frage des Vorliegens einer sachlichen Härte auseinandersetzen (vgl. allgemein zu Billigkeitsmaßnahmen bei der Nacherhebung von Grunderwerbsteuer z. B. Senatsurteile vom 27. Juni 1973 II R 78/72, BFHE 110, 298, BStBl II 1973, 862, und vom 17. Oktober 1984 II R 137/82, BFHE 142, 177, BStBl II 1985, 103).