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  BFH-Urteil vom 13.2.1996 (VII R 89/95) BStBl. 1996 II S. 436

Zahlt das FA bei der Zusammenveranlagung aufgrund des gegenüber einem Ehegatten ergangenen Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses auch den auf den anderen Ehegatten entfallenden Einkommensteuererstattungsbetrag an den Pfändungsgläubiger aus, so kann es von diesem die Rückzahlung dieses Betrages verlangen.

AO 1977 § 37 Abs. 2; ZPO § 829 Abs. 1, § 835 Abs. 1, § 836 Abs. 1; EStG § 36 Abs. 4 Satz 3.

Vorinstanz: Hessisches Finanzgericht (EFG 1995, 598)

Sachverhalt

Der Kläger und Revisionskläger (Kläger) erwirkte beim Amtsgericht einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, durch den ein Anspruch des mit seiner Ehefrau zusammen veranlagten Vollstreckungsschuldners gegen den Beklagten und Revisionsbeklagten (Finanzamt - FA -) auf Auszahlung des Lohnsteuererstattungsanspruchs für das Jahr 1991 gepfändet und dem Kläger zur Einziehung überwiesen wurde. Das FA zahlte, nachdem durch den Einkommensteuerbescheid 1991 ein Erstattungsanspruch der Eheleute in Höhe von 1.500 DM festgesetzt worden war, diesen Betrag an den Kläger aus. Nachdem die Ehefrau des Vollstreckungsschuldners dem FA mitgeteilt hatte, daß ihr Ehemann verstorben sei und sie die Erbschaft ausgeschlagen habe, nahm das FA eine Aufteilung des Erstattungsanspruchs zwischen den Eheleuten vor, wonach auf den Ehemann lediglich 100 DM und auf die Ehefrau 1.400 DM entfielen. Mit Rückforderungsbescheid vom 21. April 1993 forderte das FA den Kläger zur Rückzahlung des der Ehefrau zustehenden Erstattungsbetrages in Höhe von 1.400 DM auf.

Die nach erfolglosem Einspruch gegen den Rückforderungsbescheid erhobene Klage wies das Finanzgericht (FG) ab. Zur Begründung führte das FG in seinem in Entscheidungen der Finanzgerichte (EFG) 1995, 598 veröffentlichten Urteil aus, daß das FA den Rückforderungsanspruch zu Recht auf § 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO 1977) gestützt und gegen den Kläger als Leistungsempfänger geltend gemacht habe. Da der Kläger durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß ermächtigt worden sei, das Recht des Vollstreckungsschuldners im eigenen Namen geltend zu machen und der Drittschuldner nur an ihn mit befreiender Wirkung habe leisten können, sei nur der Kläger Adressat der rechtsgrundlosen Zahlung des FA. Aufgrund seiner rechtlichen Stellung könne der Pfändungsgläubiger auch nicht einem Anweisungsempfänger, Vertreter, Boten oder einer Zahlstelle des Vollstreckungsschuldners gleichgestellt werden. Die Leistung an den Kläger sei ohne Rechtsgrund erfolgt, da die Ehefrau die Erbschaft ausgeschlagen habe und die Voraussetzungen des § 36 Abs. 4 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) im Streitfall deshalb nicht gegeben seien, weil die Auszahlung nicht an einen der Ehegatten, sondern an den Kläger erfolgt sei.

Mit der Revision macht der Kläger geltend, das FG sei zu Unrecht davon ausgegangen, daß in Fällen, in denen das FA aufgrund eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses einen irrtümlich für gegeben erachteten Lohnsteuererstattungsanspruch des Pfändungsschuldners an den Pfändungsgläubiger ausgezahlt habe, Leistungsempfänger i. S. von § 37 Abs. 2 AO 1977 der Pfändungsgläubiger sei. Insbesondere könne die rechtliche Stellung eines Pfändungsgläubigers nicht der eines Zessionars gleichgesetzt werden. Auf den Pfändungsgläubiger seien vielmehr die Grundsätze übertragbar, die der Bundesfinanzhof (BFH) für die Fälle entwickelt habe, in denen das FA aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten an einen Dritten ausgezahlt habe oder in denen der Dritte lediglich als Vertreter, Bote oder Zahlstelle des Erstattungsberechtigten aufgetreten sei. Der BFH habe in diesen Fällen erkannt, daß sich der Rückforderungsanspruch nicht gegen den tatsächlichen Empfänger der Zahlung, sondern gegen den nach materiellem Steuerrecht Erstattungsberechtigten richte. Eine Übertragung dieser Grundsätze auf den Streitfall führe zu dem Ergebnis, daß als Leistungsempfänger nicht der Kläger als Pfändungsgläubiger, sondern nur der Pfändungsschuldner in Betracht komme, denn der Pfändungsgläubiger habe lediglich das Recht zur Einziehung der Forderung erlangt, er sei jedoch nicht Inhaber der Forderung geworden. Daher habe sich der Wille des FA ausschließlich auf die Erfüllung des Steuererstattungsanspruches gegenüber dem Pfändungsschuldner gerichtet. Von seiner Rechtsnatur her stelle sich der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß als eine Anweisung aufgrund hoheitlicher Anordnung des Vollstreckungsgerichtes dar.

Der Kläger beantragt, das Urteil des FG, den Rückforderungsbescheid und die Einspruchsentscheidung aufzuheben.

Das FA beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unbegründet.

Das FG hat zu Recht das Bestehen eines Rückforderungsanspruches des FA gegen den Kläger bejaht. Der Kläger als Pfändungsgläubiger ist als Leistungsempfänger des an ihn ohne Rechtsgrund ausgezahlten Erstattungsbetrages anzusehen.

1. Ist eine Steuer ohne rechtlichen Grund gezahlt oder zurückgezahlt worden, so hat derjenige, für dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist, nach § 37 Abs. 2 AO 1977 gegenüber dem Leistungsempfänger einen Anspruch auf Erstattung des gezahlten oder zurückgezahlten Betrages. Diese Vorschrift gilt sowohl für den Erstattungsanspruch des Steuerpflichtigen gegen das FA als auch für den umgekehrten Fall der Rückforderung einer rechtsgrundlos gezahlten Steuererstattung durch das FA (Urteil des Senats vom 1. März 1990 VII R 103/88, BFHE 160, 128, BStBl II 1990, 520). Die Rechtsfolgen treten auch dann ein, wenn der rechtliche Grund für die Zahlung oder Rückzahlung später wegfällt (§ 37 Abs. 2 Satz 2 AO 1977).

Der gegen den Leistungsempfänger geltend zu machende Rückforderungsanspruch setzt voraus, daß die Zahlung ohne rechtlichen Grund erfolgt ist, weil auf die Leistung nach materiellem Recht kein Anspruch bestand. Im Streitfall wurde dem Kläger durch den Pfändungs- und Überweisungsbeschluß lediglich der Lohnsteuererstattungsanspruch des Pfändungsschuldners zur Einziehung überwiesen. Hinsichtlich des der Ehefrau zustehenden Erstattungsbetrages hatte der Kläger jedoch keinen Anspruch und keine Einziehungsermächtigung erlangt.

a) Entgegen der Auffassung des Klägers konnte das FA mit der Auszahlung des beiden Ehegatten anteilig zustehenden Erstattungsbetrages an den Kläger keine schuldbefreiende Leistung gegenüber der Ehefrau des Pfändungsschuldners erbringen. Ihr gegenüber konnte die Tilgungswirkung des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG nicht eintreten. Die Auszahlung durch das FA stellt sich daher im Verhältnis zur erstattungsberechtigten Ehefrau als rechtsgrundlose Vermögensverschiebung dar.

Die Anwendbarkeit von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG wird zwar nicht bereits dadurch ausgeschlossen, daß die Auszahlung tatsächlich nicht an einen der beiden Ehegatten erfolgte. Die Entstehungsgeschichte der Vorschrift weist darauf hin, daß der Begriff "Auszahlung" keine unmittelbare Zuwendung einer Geldleistung voraussetzt, sondern auch eine Aufrechnung oder Gutschrift mitumfaßt (vgl. Begründung der Bundesregierung zum Entwurf des § 124 des Steuerreformgesetzes, BTDrucks 7/1470 S. 300, und Boeker in Lademann/Söffing/Brockhoff, Kommentar zum Einkommensteuergesetz, § 36 Rdnr. 93).

Eine Einschränkung des Anwendungsbereiches von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG ergibt sich jedoch aus dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift, die lediglich der Verwaltungsvereinfachung dient und der Finanzbehörde ein Auswahlermessen einräumt, mit befreiender Wirkung an den einen oder anderen Ehegatten zu leisten. Dabei handelt es sich um einen gesetzlich geregelten Fall einer widerlegbaren Vermutung in bezug auf die Einziehungsvollmacht (vgl. Gmach, Rechtsverhältnisse bei zusammen zur Einkommensteuer veranlagten Ehegatten im Erstattungsfall, Betriebs-Berater - BB - 1981, 726, 729), da bei einer intakten Ehe die Annahme gerechtfertigt erscheint, daß die Erstattung an einen Ehegatten stets mit Wissen und Wollen des anderen Ehepartners in Einklang steht (vgl. Urteil des FG Münster vom 13. Dezember 1979 IV 2800/79 L, EFG 1980, 309). Das Auswahlermessen des FA kann jedoch eingeschränkt sein, wenn dieses erkennt oder erkennen mußte, daß ein Ehegatte mit der Auszahlung des auf ihn entfallenden Teils des Erstattungsbetrages an den anderen Ehegatten aus nachvollziehbaren Gründen nicht einverstanden ist oder wenn sich aus sonstigen Umständen ergibt, daß die Vorgehensweise des FA nicht gebilligt wird (vgl. Bergmann, Die Behandlung von Erstattungsansprüchen im Steuerrecht, BB 1992, 893, 894).

Da § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG lediglich der Verwaltungsvereinfachung dient und eine aus dem Ehestand abgeleitete und gesetzlich geregelte Vermutung einer gegenseitigen Empfangsbevollmächtigung enthält, verbietet es sich nach dem Sinn und Zweck dieser Vorschrift, diese Vermutung auch auf das Einverständnis eines Ehegatten zur Auszahlung des ihm zustehenden Erstattungsbetrages an einen Pfändungsgläubiger des anderen Ehegatten zu erstrecken. Auch bei einer intakten Ehe kann nicht unterstellt werden, daß ein Ehegatte damit einverstanden ist, daß sein Erstattungsanspruch vorbehaltlos zur Tilgung von Schulden des anderen Ehegatten eingesetzt wird.

Dies gilt insbesondere bei einem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß, der auf Veranlassung eines Dritten ohne Mitwirkung und sogar gegen den erklärten Willen des Pfändungsschuldners ergehen kann. Bezieht sich danach die gepfändete Forderung ausschließlich auf den Lohnsteuererstattungsanspruch eines Ehegatten, so ist das Auswahlermessen des FA dahin gehend eingeschränkt, daß eine schuldbefreiende Auszahlung i. S. von § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG des dem anderen Ehegatten zustehenden Betrages an den Pfändungsgläubiger nicht in Betracht kommt. Eine dennoch vorgenommene Auszahlung erfolgt gegenüber dem Pfändungsgläubiger ohne rechtlichen Grund, da der mit der Vermögensverschiebung verfolgte Zweck nicht erreicht werden kann.

b) Ein Rechtsgrund für die Zahlung könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn eine Gesamtgläubigerschaft der zusammenveranlagten Ehegatten bestünde, so daß sich der gepfändete Erstattungsanspruch eines Ehegatten materiell-rechtlich auf die anteiligen Erstattungsansprüche beider Eheleute erstreckte. Wie der erkennende Senat mehrfach entschieden hat, ergibt sich aus § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG jedoch keine Gesamtgläubigerschaft der Ehegatten mit der Folge, daß jedem Ehegatten eine eigenständige Anspruchsberechtigung zustünde, kraft derer er den Erstattungsanspruch des anderen Ehegatten gegenüber dem FA geltend machen könnte (vgl. Urteile des Senats vom 19. Oktober 1982 VII R 55/80, BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, sowie vom 2. Februar 1995 VII R 105/94, BFH/NV 1995, 781, und Beschluß des Senats vom 12. März 1991 VII S 30/90, BFH/NV 1992, 145). Bei zusammenveranlagten Eheleuten steht der Erstattungsanspruch, der sich nach der Steuerfestsetzung und Abrechnung mit den Vorauszahlungen und/oder Lohnsteuerabzugsbeträgen ergibt, demjenigen Ehegatten zu, der die zu erstattende Steuer an das FA gezahlt hat bzw. auf dessen Rechnung die Zahlung bewirkt worden ist. Daher ist es dem FA aufgrund der fehlenden Gegenseitigkeit verwehrt, gegen den Erstattungsanspruch des einen Ehegatten mit rückständigen Steuerschulden des anderen Ehegatten aufzurechnen (vgl. Urteile des Senats in BFHE 137, 146, BStBl II 1983, 162, und vom 25. Juli 1989 VII R 118/87, BFHE 157, 326, BStBl II 1990, 41, m. w. N.). Insbesondere in den Fällen der Drittberechtigung (z. B. Abtretung, Verpfändung oder Pfändung) hat das FA zu prüfen, welcher Ehegatte den zu erstattenden Betrag gezahlt hat und wem demnach die materielle Anspruchsberechtigung zusteht.

Da dem Kläger im Streitfall der auf die Ehefrau des Pfändungsschuldners entfallende Erstattungsanspruch nicht zur Einziehung überwiesen war und dem FA auch die Tilgungswirkung des § 36 Abs. 4 Satz 3 EStG nicht zugute kommt, hat der Kläger diesen Betrag ohne rechtlichen Grund erlangt.

2. Entgegen seiner Auffassung ist der Kläger auch als Leistungsempfänger i. S. von § 37 Abs. 2 AO 1977 anzusehen und damit Schuldner des Rückforderungsanspruches.

a) Der Rückforderungsanspruch richtet sich gegen den "Leistungsempfänger", der in Fällen, in denen an dem Erstattungsvorgang mehrere Personen beteiligt waren, mit dem Empfänger der Zahlung (Überweisung) nicht identisch sein muß (vgl. Urteil des Senats vom 6. Februar 1990 VII R 97/88, BFHE 160, 197, BStBl II 1990, 671, m. w. N.). In Fällen der Abtretung eines Steuererstattungsanspruchs und der Auszahlung an den Abtretungsempfänger (Zessionar) hat der Senat in ständiger Rechtsprechung entschieden, daß sich der Rückforderungsanspruch des FA wegen rechtsgrundloser Erstattung gegen den Zessionar richtet. Dieser ist deshalb als Leistungsempfänger anzusehen, weil das FA willentlich an ihn geleistet hat und er den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Betrag aus eigenem - erworbenem - Recht erhalten hat (vgl. Urteile des Senats vom 6. Dezember 1988 VII R 206/83, BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223; vom 14. Februar 1989 VII R 55/86, BFH/NV 1989, 751, und vom 14. September 1993 VII R 3/93, BFH/NV 1994, 441).

Auch im Fall einer Sicherungsabtretung ist Leistungsempfänger der Zessionar, selbst wenn bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise der Abtretende (Zedent) Forderungsinhaber bleibt und sich der Zessionar nach der getroffenen Sicherungsabrede zunächst aus dem zu sichernden Anspruch befriedigen muß. Wie der Senat entschieden hat, ist für die Einstufung des Zessionars als Leistungsempfänger auch bei der Sicherungsabtretung maßgebend, daß der zur Sicherheit abgetretene Zahlungsanspruch rechtlich auf den Zessionar übergeht und daß das FA den Willen hat, an den neuen Rechtsinhaber zu leisten (vgl. Urteil des Senats vom 31. August 1993 VII R 69/91, BFHE 173, 1, BStBl II 1995, 846). Selbst bei Unwirksamkeit der Abtretung hat es der Senat als gerechtfertigt angesehen, für den Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO 1977 allein den Zessionar als Leistungsempfänger in Anspruch zu nehmen (vgl. Urteile des Senats in BFH/NV 1989, 751, und in BFH/NV 1994, 441, m. w. N.). In den vorstehend dargestellten Fällen entsteht durch die rechtsgrundlose Zahlung des Erstattungsbetrages an den Abtretungsempfänger ein eigenständiges, auf Beseitigung der unrechtmäßigen Zahlung gerichtetes, Steuerschuldverhältnis und ein eigenständiger Anspruch auf Rückerstattung nach § 37 Abs. 2 AO 1977, der als solcher nicht identisch mit dem ursprünglichen Anspruch aus dem Steuerschuldverhältnis zum Zedenten ist.

Eine abweichende rechtliche Beurteilung ist nur dann geboten, wenn das FA aufgrund einer Zahlungsanweisung des Erstattungsberechtigten an einen Dritten ausgezahlt hat oder wenn der Dritte, an den ausgezahlt worden ist, lediglich als Vertreter, Bote oder Zahlstelle für den nach dem Steuerrecht Erstattungsberechtigten aufgetreten ist. Diesen Fällen ist gemeinsam, daß der tatsächliche Zahlungsempfänger den Zahlungsanspruch nicht aus eigenem Recht geltend machen konnte und daß das FA seine Leistung nur mit dem Willen erbracht hat, eine Forderung gegenüber dem tatsächlichen Rechtsinhaber zu erfüllen. Daher ist nicht der tatsächliche Empfänger der Zahlung, sondern der nach materiellem Steuerrecht Erstattungsberechtigte Leistungsempfänger i. S. von § 37 Abs. 2 AO 1977, so daß sich der Rückforderungsanspruch des FA bei rechtsgrundloser Erstattung gegen den Anweisenden bzw. gegen den Vertretenen richtet (vgl. Senatsurteile in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, und in BFH/NV 1994, 441, 443).

b) Entgegen der Auffassung des Klägers lassen sich die für die Anweisungsfälle entwickelten Grundsätze nicht auf den Fall der Forderungspfändung übertragen.

Eine Vergleichbarkeit mit der Anweisung ist bereits deshalb nicht gegeben, weil der Pfändungs- und Überweisungsbeschluß vom Vollstreckungsgericht ohne Zutun des Pfändungsschuldners ausgeht und sogar gegen dessen ausdrücklichen Willen ergehen kann. Der Zahlungsvorgang wird daher nicht durch den Pfändungsschuldner veranlaßt und kann dessen Willen auch nicht zugerechnet werden (vgl. Lieb, Bereicherungsrechtliche Fragen bei Forderungspfändungen, Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis - ZIP - 1982, 1153, 1155).

Des weiteren bestehen zwischen der Rechtsstellung des Pfändungsgläubigers und der Rechtsstellung eines Anweisungsempfängers wesentliche Unterschiede, die einer rechtlichen Gleichbehandlung im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO 1977 entgegenstehen. Regelmäßig bestehen zwischen dem Angewiesenen und dem Anweisungsempfänger keinerlei Rechtsbeziehungen, aus denen Ansprüche des Anweisungsempfängers gegen den Angewiesenen abgeleitet werden könnten (vgl. zum Zuwendungsprinzip bei der Anweisung Dörner, Kondiktion gegen den Zedenten oder gegen den Zessionar?, Neue Juristische Wochenschrift - NJW - 1990, 473, 474, und Tiedtke, der Rückforderungsanspruch des Finanzamts als erneuter Steueranspruch, Finanz-Rundschau - FR - 1980, 1, 2). Durch seine Zahlung erbringt der Angewiesene eine Leistung gegenüber dem Anweisenden, die zugleich eine Vermögenszuwendung des Anweisenden gegenüber dem Anweisungsempfänger darstellt, dem gegen den Angewiesenen jedoch kein eigenes einklagbares Recht zusteht.

Im Gegensatz dazu erwirbt der Pfändungsgläubiger durch die Überweisung der Forderung zur Einziehung ein eigenes Einziehungsrecht, das ihn zwar nicht an die Stelle des Forderungsinhabers treten läßt, ihn jedoch ermächtigt, die Forderung im eigenen Namen geltend zu machen. Die Überweisung ermächtigt ihn zu allen im Recht des Schuldners begründeten, der Befriedigung dienenden Maßnahmen; er darf daher im eigenen Namen die Forderung einziehen, mit ihr aufrechnen und auf Leistung an sich klagen (vgl. Urteil des Bundesgerichtshofs - BGH - vom 8. Oktober 1981 VII ZR 319/80, BGHZ 82, 28).

Demgegenüber tritt die noch bestehende Forderungsinhaberschaft des Pfändungsschuldners in den Hintergrund, da dieser mit der Pfändung der Forderung nicht mehr berechtigter Zahlungsempfänger ist (§ 829 Abs. 1 der Zivilprozeßordnung - ZPO -) und der Drittschuldner mit befreiender Wirkung nur noch an den nunmehr berechtigten Pfändungsgläubiger leisten kann.

Die mit der Änderung der Erfüllungszuständigkeit herbeigeführte Konkretisierung der Leistungspflicht beeinflußt auch die Willensbetätigung des Drittschuldners. Dieser verfolgt mit der Zahlung an den Pfändungsgläubiger nicht mehr nur den Zweck, den gegen ihn gerichteten Anspruch des Pfändungsschuldners zu erfüllen, sondern auch das Einziehungsrecht des Pfändungsgläubigers zum Erlöschen zu bringen, um sich damit vor jeder weiteren Inanspruchnahme zu schützen. Unter Berücksichtigung der besonderen Interessenlage des Drittschuldners (hier: FA) ist das FG im Streitfall zu Recht von einer willentlichen Leistung des FA an den Kläger ausgegangen. Dieser Umstand und die einer Forderungsinhaberschaft zumindest angenäherte Rechtsstellung des Klägers rechtfertigen es, ihn als Leistungsempfänger i. S. von § 37 Abs. 2 AO 1977 anzusehen.

c) Auch die Rechtsprechung des BGH zum zivilrechtlichen Bereicherungsanspruch weist in diese Richtung. Zwar können die §§ 812 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) auf den öffentlich-rechtlichen Rückforderungsanspruch aus § 37 Abs. 2 AO 1977 keine unmittelbare Anwendung finden, da dieser Anspruch Ausdruck eines übergeordneten und allgemein herrschenden Prinzips ist, daß derjenige, der vom Staat auf Kosten der Allgemeinheit etwas erhalten hat, grundsätzlich verpflichtet ist, das Erhaltene zurückzuzahlen (vgl. Senatsurteile in BFHE 155, 40, BStBl II 1989, 223, und in BFHE 160, 197, BStBl II 1990, 671, m. w. N.). Jedoch ist der Rechtsgedanke des § 812 Abs. 1 BGB auch im Rahmen des § 37 Abs. 2 AO 1977 zu beachten (vgl. Senatsurteil in BFHE 160, 128, 130, BStBl II 1990, 520).

Für die bereicherungsrechtliche Abwicklung von Vorgängen, an denen mehr als zwei Personen beteiligt sind, lehnt der BGH jede schematische Lösung ab und stellt unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles insbesondere auf den Zweck ab, den die Parteien nach ihrem zum Ausdruck gekommenen Willen verfolgt haben. Aufgrund der mit der Zahlung an den Pfändungsgläubiger verbundenen Zwecksetzung hat der BGH einem Drittschuldner, der bei mehrfacher Forderungspfändung irrtümlich an einen nachrangigen Vollstreckungsgläubiger geleistet hat, einen Bereicherungsanspruch gegen den nachrangigen Pfändungsgläubiger zugesprochen (vgl. BGH-Urteil in BGHZ 82, 28). Zur Begründung führt der BGH aus, es könne nicht angenommen werden, daß der Drittschuldner mit der Zahlung lediglich den Zweck verfolge, seine Verbindlichkeiten gegenüber dem Vollstreckungsschuldner zu erfüllen. Vielmehr sei sein Interesse auch darauf gerichtet, mit der Zahlung das Einziehungsrecht des Pfändungsgläubigers zum Erlöschen zu bringen, da er nur in diesem Fall der Gefahr entgehe, noch einmal zahlen zu müssen. Zudem komme die Pfändung und Überweisung einer Forderung in ihren Auswirkungen der Abtretung sehr nahe, wirtschaftlich stehe sie ihr sogar gleich.

Die zivilrechtliche Literatur ist dieser Ansicht gefolgt und hat eine Direktkondiktion beim Pfändungsgläubiger auch für den Fall der Pfändung einer nicht existenten Forderung zugelassen (vgl. Canaris in Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 2. Bd., Besonderer Teil, 2. Halbbd. 13. Aufl., S. 239, und für den Fall der §§ 1282, 1288 Abs. 2 BGB Damrau in Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 2. Aufl., § 1288 Rdnr. 6; Riedel/Wiegand in Staudinger, Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch, 12. Aufl., § 1288 Rdnr. 5, und Palandt/Bassenge, Bürgerliches Gesetzbuch, 54. Aufl., § 1288 Rdnr. 2), denn für den bereicherungsrechtlichen Ausgleich ist es irrelevant, ob die Pfändung und Überweisung deshalb ins Leere geht, weil die Forderung einem anderen Gläubiger zusteht, oder deswegen, weil die Forderung überhaupt nicht existiert (vgl. Lieb, a. a. O., S. 1156).

Der Pfändungsgläubiger ist somit als Leistungsempfänger i. S. des § 37 Abs. 2 AO 1977 anzusehen, weil er den ohne rechtlichen Grund ausgezahlten Erstattungsbetrag aus eigenem Recht (dem Einziehungsrecht gemäß § 835 Abs. 1, § 836 Abs. 1 ZPO) und durch eine willentliche Leistung des FA erhalten hat. Eine abschließende Beantwortung der von der Revision aufgeworfenen hypothetischen Frage, gegen wen das FA etwaige Einwendungen gegen die Zahlungspflicht aus dem Pfändungs- und Überweisungsbeschluß geltend machen könnte, ist durch den Streitfall nicht veranlaßt. Mit der fehlerhaften Überweisung des der Ehefrau des Pfändungsschuldners zustehenden Erstattungsbetrages an den Kläger (Pfändungsgläubiger) ist ein vom ursprünglichen Steuerschuldverhältnis zum Pfändungsschuldner losgelöster, ausschließlich auf Beseitigung der unrechtmäßigen Vermögensverschiebung ausgerichteter Rückforderungsanspruch entstanden (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung-Finanzgerichtsordnung, 15. Aufl., § 37 AO 1977 Tz. 30), den das FA zu Recht gegen den Kläger geltend gemacht hat.